Titel: Neues Verfahren die Häute und Felle zu gerben und die Catechusäure von dem Gerbestoff beim Gerben mit Catechu zu trennen, worauf sich Dr. Alexander Turnbull im Russell-square, Grafschaft Middlesex, am 26. Sept. 1844 ein Patent ertheilen ließ.
Fundstelle: Band 97, Jahrgang 1845, Nr. XVII., S. 61
Download: XML
XVII. Neues Verfahren die Haͤute und Felle zu gerben und die Catechusaͤure von dem Gerbestoff beim Gerben mit Catechu zu trennen, worauf sich Dr. Alexander Turnbull im Russell-square, Grafschaft Middlesex, am 26. Sept. 1844 ein Patent ertheilen ließ. Aus dem London Journal of arts, Mai 1845, S. 234. Mit Abbildungen auf Tab. I. Turnbull's Verfahren die Häute und Felle zu gerben. Beim Gerben ist es sehr schwierig den Gerbestoff (die Gerbesäure) mit der leimhaltigen Hautfaser so in Berührung zu bringen, daß sie sich leicht mit einander verbinden und zwar aus verschiedenen Gründen: 1) man entzieht den Häuten und Fellen durch Einweichen in eine Kalkauflösung das Haar und die Epidermis, bei welcher Operation sie eine beträchtliche Menge Kalk einsaugen, wobei ihnen ein Theil der gallertartigen Substanz als auflösliche Gallerte entzogen oder die gallerthaltige Faser so verändert wird, daß sie sich mit dem Gerbestoff nicht mehr schnell verbinden kann; die Poren der Haut werden so mit Kalk imprägnirt, daß der Gerbestoff nicht mehr bis in das Herz derselben eindringen kann. 2) Wenn man Catechu als Gerbematerial benuzt, erhält man ein Leder, welches leicht und schwammig ist, vom Wasser leicht durchdrungen wird und eine dunkle röthliche Farbe hat; dieß wird durch die Catechusäure oder andere schädliche Bestandtheile des Catechu verursacht. 3) Wenn man Eichenrinde und die anderen Gerbematerialien (besonders auch Divi-divi und Sumach) behufs des Gerbens mit Wasser mischt, erzeugen sie durch die Einwirkung der atmosphärischen Luft Gallussäure, welche ein Auflösungsmittel des (thierischen) Leims und folglich beim Gerben schädlich ist; diese Säure bewirkt auch eine Ausdehnung der Hautporen – und da sie sich der Verbindung des Gerbestoffs mit dem Leim widersezt, so ist das so erzeugte Leder leicht, porös und von geringer Güte. Der Hauptzwek der Erfindung ist, diese Schwierigleiten und Hindernisse zu beseitigen und die Vereinigung der leimhaltigen Hautfaser mit dem Gerbestoff zu bewirken. Die erste der erwähnten Schwierigkeiten soll dadurch beseitigt werden, daß man entweder den Kalk auszieht, womit die Häute und Felle imprägnirt sind; oder ihnen gleich anfangs das Haar und die Epidermis ohne Anwendung von Kalk entzieht. Bekanntlich besizt der Zukerstoff (sowohl Rohr- als Traubenzuker) die Eigenschaft, Kalk aufzulösen: deßgleichen der Holzgeist. Um daher den Kalk, womit die Felle imprägnirt sind, auszuziehen, bereitet man sich eine Auflösung von 14 Pfund Sägespänen und 4 Pfd. Rohzuker oder Melasse in 600 Pfd. Wasser (man kann auch bloß 28 Pfd. Sägespäne auf 600 Pfd. Wasser anwenden); wenn man warmes Wasser benuzt, muß man die Flüssigkeit vor der Anwendung erkalten lassen. Die Häute werden in diese Auflösung zwei bis vier Tage lang eingeweicht; dadurch wird ihnen aller Kalk entzogen und sie verbinden sich dann so leicht mit dem Gerbestoff, daß das Gerben in sehr kurzer Zeit beendigt ist. Das Verfahren, wodurch der Patentträger den Häuten und Fellen das Haar und die Epidermis entzieht, besteht darin, daß er sie entweder in eine Auflösung von Zukerstoff einweicht, oder in eine Auflösung von Kochsalz. Bei der ersten Methode bewirkt der Zukerstoff, daß sich der Leim oder das wirkliche Fell ausdehnt; er erweicht die Epidermis, ohne die leimhaltige Faser zu benachtheiligen, so daß die Häute dann sehr leicht zu enthaaren sind. Bei der zweiten Methode zieht die Kochsalzauflösung die Epidermis zusammen ohne auf den Leim zu wirken, und trennt sie von der wirklichen Haut, so daß das Haar leicht beseitigt werden kann, ohne den Leimstoff zu benachtheiligen, welcher die Basis des Leders bildet. Die Zukerauflösung wird aus 14 Pfd. Rohzuker oder Melasse und 1000 Pfund Wasser bereitet und auf einer Temperatur von 8 bis 21° R. erhalten; die Felle werden 5 bis 10 Tage lang darin gelassen. Die Kochsalzauflösung bereitet man aus 14 Pfd. Salz und 1000 Pfd. Wasser und erhält sie auf 17 bis 30° R.; die Felle werden 3 bis 6 Tage lang darin gelassen. Um die Japonsäure oder Catechusäure nebst anderen schädlichen Substanzen, welche im Catechu enthalten sind, von dem Gerbestoff zu trennen, wird das Catechu in ein feines Pulver verwandelt und mit warmem Wasser behandelt, bis es gänzlich aufgelöst ist; die, Flüssigkeit gießt man nach dem Erkalten in ein großes Faß, welches mit einem zweiten Boden aus feinem Drahttuch oder Leinwand versehen ist; die Catechusäure und übrigen schädlichen Stoffe, welch im Catechu enthalten sind, bleiben dann zurük, weil sie in kaltem Wasser unauflöslich sind, und man erhält somit eine reine Gerbeflüssigkeit. Leztere ist auch zum Conserviren von Segeltuch viel zwekmäßiger als ungereinigtes Catechu. Um die Bildung von Gallussäure oder Ellagsäure zu verhindern, welche durch die Einwirkung von atmosphärischer Luft in der Gerbflüssigkeit erzeugt werden, zerreibt der Patentträger die Eichenrinde, das Divi-divi etc. zu einem feinen Pulver und sorgt dafür, daß sie während des Gerbeprocesses nicht mit atmosphärischer Luft in Berührung kommen können. Nachdem die Häute oder Felle auf die angegebene Weise vorbereitet, gut gewaschen und gereinigt worden sind, schreitet der Patentträger zum Gerben derselben auf zweierlei Art, entweder: 1) durch die Anwendung einer neuen physischen Kraft, welche von der gewöhnlichen Capillar-Attraction oder dem hydrostatischen Druk verschieden ist; oder 2) in Kufen, welche der Art mit einander verbunden sind, daß eine ununterbrochene Circulation der Gerbeflüssigkeit so lange stattfindet, bis die Häute gegerbt sind. Der Patentträger bemerkt hier, daß wenn man zwei Flüssigkeiten von verschiedener Dichtigkeit durch eine Membran von einander trennt, zwei entgegengesezte Ströme, einer auswärts und der andere einwärts erzeugt werden; der stärkere Strom geht durch die Membran und häuft sich auf derjenigen Seite an, wo die Flüssigkeit das größte specifische Gewicht hat, auf welcher Seite der Membran dieselbe sich immer befinden mag; und der schwächere oder kleinere Strom geht durch die Membran zur entgegengesezten Flüssigkeit; dieser Austausch dauert so lange fort, bis die Flüssigkeiten auf jeder Seite der Membran von gleichem specifischen Gewicht sind, es müßte denn eine chemische Veränderung oder eine Verstopfung der Membran sie verhindern. Der Strom in einer Richtung wird „Endosmose,“ derjenige in der entgegengesezten Richtung „Exosmose“ genannt. Diese physische Kraft soll nun zum Gerben der Häute auf folgende Art angewandt werden: – Man näht die zu gerbende Haut zu einem Sak zusammen und bringt die zu Pulver gemahlene Eichenrinde hinein, nämlich zwei Pfund davon auf jedes Pfund der auf obige Weise vorbereiteten nassen Haut; dann näht man die Oeffnung, durch welche die Eichenrinde hineingebracht wurde, so zu, daß nur noch eine kleine Mündung bleibt, durch welche der Sak mit kaltem oder warmem Wasser gefüllt wird; nachdem er voll ist, wird diese Mündung mittelst hölzerner Seitenstüke, die man zusammenschraubt, ebenfalls geschlossen, so daß die atmosphärische Luft ausgeschlossen ist. Man bringt den Sak sodann in einen Kasten mit Gerbeflüssigkeit aus Catechu, welche auf angegebene Weise von Catechusäure und Extractivstoffen gereinigt worden ist. Fig. 43 zeigt die Anordnung dieser Kasten A: B sind die Röhren zum Abführen der Flüssigkeit, welche durch die. Häute ausschwizt; sie gelangt aus diesen Röhren in das Hauptrohr C, welches zum Reservoir D führt. Auf das gereinigte Catechu wirkt die atmosphärische Luft nicht mehr nachtheilig ein; die aus Eichenrinde bestehende Gerbeflüssigkeit befindet sich aber innerhalb der Haut, ist also gegen die Einwirkung der Luft geschüzt und kann somit keine Gallussäure erzeugen. Um das specifische Gewicht der Flüssigkeit in den Kästen zu erhöhen und dadurch ihre Wirkung zu beschleunigen, versezt man sie mit Rohzuker im Verhältniß von 14 Pfund auf 500 Maaß1 Maaß gleich dem Raum welchen 2 Pfd. Wasser einnehmen. Catechu-Auflösung. Zwischen den zwei getrennten Flüssigkeiten beginnt nun der Proceß der „Endosmose“ und „Exosmose“ und der Gerbestoff passirt rasch durch die Haut, bis sie vollkommen gegerbt ist; die Säke werden gelegentlich gedreht und wenn sie durch Ausschwizen zum Theil leer wurden, wieder mit Wasser gefüllt. Während des Gerbeprocesses ist es nöthig das Gewicht der Flüssigkeit in den Kästen zu erhöhen, damit die Wirkung fortdauern kann; dieß geschieht dadurch, daß man die Catechu-Auflösung mit etwas Zuker versezt. Um mit gemahlenen Akerdoppen (Eichelkappen), Sumach, Divi-divi etc. zu gerben, bringt man beiläufig halb so viel davon als von der Eichenrinde in die Säke; das Catechu darf man nur als gereinigte Gerbeflüssigkeit in die Säke füllen (im Verhältniß von 50 Pfd. auf die Haut; 1 Pfd. Catechu ist gleich 4 Pfd. Eichenrinde). Fig. 44 zeigt die Behälter oder Kufen zum Gerben nach der zweiten Methode, nämlich so angeordnet, daß eine beständige Circulation der Gerbeflüssigkeit unterhalten wird. Man bringt in diese Kufen eine hinreichende Menge Gerbeflüssigkeit aus Catechu oder Eichenrinde, Divi-divi, Akerdoppen, Sumach etc., so daß nur noch für die Häute und Felle, welche darin auf einander gelegt werden, wie beim gewöhnlichen Gerbeverfahren, Raum genug bleibt; die Kufen werden dann oben geschlossen, um die atmosphärische Luft auszuschließen. Um die Gerbeflüssigkeit in beständiger Circulation zu erhalten, sind die Kufen oben und unten mit einer Saugpumpe verbunden. A ist die Saugpumpe; B, B die Kufen; C Saugrohr D, D Röhren, welche vom Boden der Kufen zum Saugrohr führen E ist das große Drukrohr, welches mit dem oberen Theil der Kufen durch die Röhren F, F verbunden ist. G, G sind Röhren, welch die Kufen oben mit einander verbinden, damit sie nicht überlaufen können. Durch die Wirkung der Saug- oder Drukpumpe wird die Gerbeflüssigkeit schnell aus den Kufen ausgezogen, nämlich durch die Röhren D, D und C, und wieder durch die Röhren E und F, F die verschiedenen Kufen getrieben, so daß die Flüssigkeit beständig in Bewegung oder Circulation erhalten wird. Die Kufen können in Schuppen oder Zimmern über einander und neben einander aufgestellt werden; will man sie aber in den Boden einlassen, so muß man sie construiren und anordnen wie Fig. 45 zeigt, wo dieselben Buchstaben dieselben Theile wie in Fig. 44 bezeichnen. Das Verfahren ist dann dasselbe, nur müssen in lezterem Falle die Röhren, durch welche die Flüssigkeit abgezogen wird, am oberen Theil der Kufen einmünden und beinahe bis auf den Boden derselben hinabreichen. Wenn man das Catechu auf angegebene Weise behandelt, um den Gerbestoff von der Catechusäure und den Extractivstoffen zu trennen, beträgt der Rükstand im Faß wenigstens die Hälfte des angewandten Catechu. Man kann denselben aber reinigen und wieder zum Gerben anwendbar machen; zu diesem Ende bringt man ihn in Darrpfannen, welche auf 57° R. geheizt sind und rührt ihn in Berührung mit atmosphärischer Luft beständig um, bis er die Farbe und das Aussehen des ursprünglichen gepulverten Catechu angenommen hat; wenn man dieses Material nun auflöst und filtrirt, wird man finden daß es fast so viel Gerbestoff noch liefert, als anfänglich das Catechu abgab. Häute und Felle, welchen auf angegebene Weise der Kalk entzogen worden ist, oder welche nach obiger Methode ohne Anwendung von Kalk enthaart worden sind, lassen sich auch nach dem gewöhnlichen, Verfahren viel leichter gerben als bisher und liefern dabei ein schwereres und besseres Leder.

Tafeln

Tafel Tab.
                                    I
Tab. I