Titel: | Ueber die Anfertigung von Stiftstiefeln und den Gebrauch der dazu erforderlichen Werkzeuge. |
Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. XC., S. 333 |
Download: | XML |
XC.
Ueber die Anfertigung von Stiftstiefeln und den
Gebrauch der dazu erforderlichen Werkzeuge.
Aus dem Berliner Gewerbe-, Industrie- und
Handelsblatt Bd. XVI Nr. 1 u. 2.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Ueber die Anfertigung von Stiftstiefeln und den Gebrauch der dazu
erforderlichen Werkzeuge.
Die holzgenagelte Fußbekleidung (Stiftstiefeln), eine amerikanische Erfindung, welche
der Schuhmachermeister Andresen in Preußen eingeführt und
sich um deren Verbreitung mit uneigennüzigem Eifer verdient gemacht hat, findet bei
allen Einsichtsvollen und Unparteyischen immer mehr Eingang und verdrängt wegen
ihrer großen Vorzüge im Interesse des verbrauchenden Publicums, wie in dem der
Schuhmacher, die alte Art Schuhzeug mehr und mehr.Es mag hiebei bemerkt werden, daß sich diese Art der Verbindung von einzelnen
Ledertheilen auch ganz besonders zur Verbindung bei Treibriemen für
Maschinen, für wasserdichte Schlauche, Feuereimer und sonstiges dergleichen
Lederwerk ganz vorzüglich eignet.A. d. O.
Es dürfte daher an der Zeit seyn, zu einer allgemeinen Verbreitung eine ausführliche
Beschreibung der Art und Weise der Herstellung dieses Schuhzeugs mitzutheilen:
A. Anweisung
zur Anfertigung und Reparatur der Stiftstiefeln.
Die Stiftstiefeln werden eben so zugeschnitten und die
Schafte derselben eben so angefertigt, wie bei gewöhnlichen Stiefeln. Der sogenannte
Rand fällt indessen fort und die Sohle wird mit dem
übrigen Theil des Stiefels durch dreierlei vierkantige, auf einer Maschine aus
trokenem zähem Holz geschnittene Stifte, den sogenannten Sohlenstiften, als den kürzeren und feineren, den Kappenstiften, als den mittleren, und den Absaz- oder Flekenstiften, als den größeren
und stärkeren, verbunden.
Für jede Stiftart ist zum- Vorstechen ein besonderer gerader Pfriemen oder Orth
erforderlich, da die durch ihn gestochenen runden Löcher der Stärke der Stifte
angemessen, jedoch der besseren Haltbarkeit wegen etwas kleiner seyn müssen.
Ist die Brandsohle genau nach dem Maaße und dem Leisten
zugeschnitten und auf lezterem durch drei eiserne Nägel, die später wieder
herausgenommen werden, befestigt, so wird der Leisten mit
seinen Weiterungen in den Stiefel gethan, das Oberleder und der Hintertheil
des Schafts mit der Kappe wie gewöhnlich, jedoch ein wenig weiter, und so scharf
umgezwikt, daß das umgebukte Leder auf allen Seiten etwa 1/2–5/8 Zoll über
die Brandsohle hinübergreift, und vorläufig durch einige eiserne Nägel mit der
lezteren in derselben Art verbunden, als ob der Rand angestochen werden sollte.
Reicht das nach der gewöhnlichen Schablone zugeschnittene Ober- oder
Kappenleder bei einem sehr langen und breiten Fuß nicht gleich 1/2–5/8 Zoll
über die Brandsohle hinweg, so muß es angefeuchtet und mit der Zwikzange mehr
ausgerekt werden, was ohne allen Nachtheil für die Dauerhaftigkeit der Stiefeln
geschehen kann. Die Anfänger glauben meistentheils das Oberleder müsse, wie der
Hintertheil des Schafts, zu Stiftstiefeln weiter und länger geschnitten werden; sie
überzeugen sich jedoch im Fortgang der Arbeit bald, daß es nicht nöthig sey.
Ist die Arbeit bis auf den erwähnten Punkt geführt, dann wird das Oberleder durch um 1/5 ihrer Länge verkürzte, die Kappe und der Hintertheil des Schafts aber,
weil hier das Leder doppelt liegt, durch unverkürzte
Sohlenstifte auf der Brandsohle so befestigt, daß in das Oberleder auf je 2
Zoll Länge etwa 5, in den Hintertheil des Schafts und die Kappe jedoch, um den Absaz herum, auf je 2
Zoll Länge etwa 9–10 Stifte eingeschlagen werden (vergl. Fig. 4).
An der Spize des Stiefels, wo das Oberleder beim Umlegen
von drei Seiten her kleine Falten schlägt, wird der obere Theil dieser Falten
weggeschnitten und ihr mit der Brandsohle durch verkürzte Sohlenstifte verbundener
Rest vermittelst des Hammers vollkommen eben geklopft.
Die Verkürzung der Sohlenstifte, die in dieser Gestalt Heftstifte
genannt werden, geschieht nur zur Schonung des Leistens, da die Stifte unverkürzt zu
tief in ihn eindringen, ihn beschädigen und sehr bald abnüzen würden. Um den
Arbeitern diese immer etwas zeitraubende Verkürzung zu ersparen, können die Stifte
von vorne herein so kurz angefertigt, und die Heftstifte
als eine vierte Art den übrigen Stiftarten angereiht
werden.
Die Verbindung der Kappe mit der Brandsohle muß sehr
sorgsam geschehen und wohl darauf geachtet werden, daß die hiezu verwendeten Sohlenstifte durch das Leder des Hintertheils des
Schafts, der Kappe und der Brandsohle bis in den Leisten hineindringen, weil, falls
hier die Befestigung nachlassen sollte, eine Reparatur sehr schwierig auszuführen
ist.
Nachdem die drei eisernen Nägel aus der Brandsohle gezogen worden, wird die Kante des
umgezwikten Ober-, Hinter- und Kappenleders ein wenig abgeschärft und der Raum zwischen
demselben auf der unbedekten Brandsohle mit einer aus Abfallleder geschnittenen
einfachen Einlage ausgefüllt, abgeebnet, die Einlage fest
gekleistert und ihr Rand nach allen Seiten hin abgeschärft.
Hiebei ist zu merken, daß der beste Theil der gewöhnlich fahlledernen und niemals
starken Einlage zum Gelenk genommen oder dorthin gelegt wird, wo sich die Sohle
zwischen dem Ballen und Absaz verjüngt, um hier dem Stiefel oder vielmehr der Sohle
mehr Steife oder Festigkeit zu geben. Um diese noch mehr zu erhöhen, wird die
Einlage hier durch ein Stük Sohlenabfallleder verstärkt, welches aufgekleistert,
nach allen Seiten hin abgeschärft und an seinen beiden Enden und in feiner Mitte
durch einen Sohlenstift mit der Einlage und der Brandsohle noch inniger verbunden
wird.
Die Verstärkung der Einlage ist
nöthig, damit der Stiefel sich beim Ausziehen im Gelenk nicht einbiegen und das
Ausziehen erschweren kann. Keinenfalls darf zur Einlage Span genommen werden, weil
dieser sich zerbrökelt und die spätere Reparatur, vornehmlich das Verfielen der
Sohle in ihrer Mitte, wenn auch nicht unmöglich, doch weniger dauerhaft macht und
erschwert. Schuhmachern, welche sich einmal an den. Gebrauch der Spaneinlage gewöhnt
haben, wird es sehr
schwer, sich dieser alten Gewohnheit zu entäußern, und man hat in der Regel große
Mühe, sie von der Unzwekmäßigkeit der Spaneinlage bei Stiftstiefeln zurükzubringen.
Endlich wird die Sohle, welche entweder nach der
Brandsohle, aber ein wenig größer als diese, oder nach dem bis hieher vollendeten
Stiefel genau in der Größe und Form geschnitten ist, die sie beim fertigen Stiefel
haben muß, auf die Einlage gelegt, sorgsam aufgepaßt, aufgekleistert und mittelst
drei in ihrer Mitte eingeschlagener eiserner Nägel, die später wieder herausgenommen
werden, befestigt und vom Gelenk aus rund herum, bis wieder zum Gelenk, und zwar auf
dem umgezwikten Theil des Oberleders durch zwei Reihen Sohlenstifte, von denen die
äußere Reihe zuerst und die Stifte der zweiten Reihe hinter
den Zwischenräumen der ersteren eingeschlagen werden, und auf dem
umgezwikten Theil des Hinterschafts und der Kappe durch eine Reihe Kappenstifte
festgenagelt (vergl. Fig. 5). Damit die Stifte einer Reihe genau in eine und dieselbe Linie zu
stehen kommen, wird diese vorher, und zwar 1/4 Zoll vom Sohlenleder und die zweite
Linie 1/8 Zoll von der ersteren entfernt, beide aber parallel mit dem Sohlenrande,
vermittelst eines Schuhmachermessers oder irgend eines anderen Instruments
vorgezeichnet (eingerissen). Die Stifte der zweiten Reihe werden aber hinter den
Zwischenräumen der Stifte der äußeren Reihe eingeschlagen, damit die Sohle mit dem
Oberleder desto inniger verbunden, dem Staub und der Feuchtigkeit das Eindringen in
den Stiefel desto mehr erschwert, und das Sohlenleder nicht an gleichen Stellen
durch die Stiftlöcher geschwächt werden.
Der Orth muß beim Einschlagen der Löcher etwas schräg gehalten werden, so daß er sich
nach außen neigt, und daß, wenn man ihn mittelst eines Hammerschlags bis in den
Leisten hineintreibt, die etwas kleinere Brandsohle auch von ihm respective 1/4 und
3/8 Zoll von ihrer Kante durchbohrt wird.
Dieß ist um so wichtiger, als hievon zum Theil die Dauerhaftigkeit der Versohlung
abhängt.
Davon, ob es geschehen, und ob die Stifte sämmtlich durch die Brandsohle hindurch
gekommen sind, kann man sich sehr leicht durch den Augenschein und das Gefühl
überzeugen, wenn man, nachdem der Stiefel fertig und der Leisten herausgenommen ist,
in jenen hineinblikt und nach der Spize zu hineintastet.
Hat der Arbeiter sich einmal an das richtig geneigte Halten des Orths gewöhnt, so
wird er kaum jemals dagegen wieder verstoßen.
Auf jeden Zoll Länge kommen etwa sieben Stifte in einer Reihe, mithin in beiden
Reihen vierzehn Stifte.
Um dem Gelenke noch mehr Festigkeit zu geben, erhält dasselbe auf jeder Seite drei
Stiftreihen, wie in Fig. 6, oder statt der dritten Reihe, in der Mitte zwischen den
Seitenreiben zwei Stiftreihen, 1/8 Zoll weit von einander entfernt, wie Fig. 7
zeigt.
Das vollständige Zuschneiden der Sohle, bevor sie
aufgestiftet wird, ist deßhalb nöthig, weil sie sich so innig mit dem Oberleder und
Schaft verbindet daß, wenn sie später, wie es bei gewöhnlichen Randstiefeln
geschieht, beschnitten und geändert werden sollte, der Schuhmacher Gefahr laufen
würde in das Oberleder und den Hintertheil des Schafts einzuschneiden.
Die Anfertigung der Absäze geschieht erst, wenn die Sohle
vollständig befestigt ist, und unterscheidet sich kaum von der an gewöhnlichen
Stiefeln; nur wird vom Stiftschuhmacher der Unterfleken erspart. Statt dessen nagelt
er einen hufeisenförmigen Randunterfleken (Köder) auf,
wozu er sich des Sohlenabfallleders bedient und den er auf ähnliche Weise aus einem
geraden Lederstreifen herstellen kann, wie er bei der Stiefelspize verfuhr, indem er
die oberen Theile der bei der Biegung des geraden Lederstreifens entstehenden Falten
fortschneidet und den Unterfleken eben klopft; vergl. Fig. 8 und 9; Fig. 9 zeigt den Köder und
den Hintertheil des Stiefels.
Dieser wird, je nachdem seine Stärke es erfordert, entweder mit Kappenstiften, wenn
diese noch bis in den Leisten hineinreichen sollten, oder besser mit Absazstiften aufgenagelt. Er hat den Zwek, die Sohle, die
sich hier über dem Leisten ein wenig gewölbt hat, unter dem Absaz abzuebnen; es muß
daher auch seine innere Kante abgeschärft werden.
Jeder Absazfleken wird besonders mit Absazstiften
aufgenagelt. Hat der Absaz die verlangte Höhe erhalten, so wird er mit dem Köder,
wie es bei gewöhnlichen Stiefeln geschieht, beschnitten. Ein Heraufklopfen der Sohle
um den Hintertheil des Schafts oder der Kappe, ein sogenannter Anschlag, der häufig den gewöhnlichen Stiefeln gegeben wird, scheint nicht
zwekmäßig. Jedoch kann die Sohle, wenn sie nicht ausreichen sollte, unter dem Absaz
angestükt werden. Ein Anschlag dieser Art, wie ein
solches Anstüken genannt wird, ist unschädlich.
Die alleinige Schwierigkeit bei Herstellung von Stiftstiefeln besteht für den
Anfänger im Einschlagen der hölzernen Stifte, läßt sich indessen sehr bald
überwinden. Ist mit dem geraden runden Orth durch Hülfe des Hammers das Loch für
einen Stift gestochen und dieser mit dem Daum- und Zeigefinger und einen kurzen und scharfen
Hammerschlag in jenes so weit hineingedrükt, daß er feststeht, so muß der
Hauptschlag mit dem Hammer so geführt werden, daß er den Stift in der Richtung
seiner Achse trifft und ihn seiner ganzen Länge nach in die Sohle, das Ober-
oder Kappenleder, die Brandsohle und noch ein wenig in den Leisten hineintreibt.
Fällt der Hammer nicht in der Richtung der Achse des Stifts auf diesen, so springt
lezterer entweder fort, oder er zerbricht, und ist der Schlag nicht kräftig genug,
so dringt der Stift nicht seiner ganzen Länge nach ein, zersplittert zum Theil und
bekommt einen Kopf. Durch das Zerbrechen des Stifts erwächst indessen kein Nachtheil
für die Haltbarkeit des Stiefels; denn es läßt sich in den alten Stift wieder ein
neues Loch schlagen und ein zweiter, dritter etc. Stift eintreiben, bis es gelingt,
diesen mit einem Schlage seiner ganzen Länge nach in die Sohle etc. zu bringen.
Nachtheiliger ist es dagegen, wenn durch zu schwache Hammerschläge die Stifte Köpfe
bekommen und nicht durch andere ersezt werden. Sie greifen dann nicht gehörig durch
die Brandsohle hindurch und die Sohle trennt später. Um sich das Eindringen der
Stifte in die Orthlöcher zu erleichtern, sind die Schuhmacher sehr geneigt sich
starker und ekig geschliffener Orthe zu bedienen. Wenn hiedurch auch allerdings kein
wesentlicher Nachtheil entsteht, da die elastische Sohle, von der keine Masse beim
Einschlagen der Löcher verloren geht, sich dennoch ausdehnt und fest an die Stifte
anschmiegt, so leuchtet es doch ein daß, wenn die vierkantigen Stifte in kleine
runde Löcher eingekeilt werden, dieß besser sey und daß je kleiner diese Löcher
sind, desto größer die Haltbarkeit der Sohlenbefestigung vom ersten Augenblik an
werden müsse.
Zur Conservation der Leisten ist es vortheilhaft, den Orth
und demnächst die Stifte in die Orthlöcher so zu sezen, daß die Kante ihrer breit
zugeschärften Spize in die Richtung der Stiftreihe zu stehen kommt.
Ist der Stiefel fertig und der Leisten herausgenommen, so
wird mittelst einer löffel- und einer stempelförmigen Raspel jede Spize der durch die
Brandsohle hindurchreichenden Stifte abgebrochen und die Fläche, auf der die
Fußsohle im Stiefel zu stehen kommt, geebnet.
Laufen sich beim Gebrauch der Stiftstiefeln einzelne Stellen der Sohle an der Spize
(a, Fig. 10) unter den Ballen
(b und d), ja selbst
unter der Mitte des Fußblattes (c) durch, so können sie
dadurch ausgebessert werden, daß man einen ihrer Größe
angemessenen Fleken darauf legt, diesen rund herum mit zwei Stiftreihen aufnagelt,
und damit er nicht drükt
und beim Gehen nicht abgestoßen werden kann, seine unter den Stiefel fallende Kante
abschärft. Bei Ausbesserungen dieser Art, vornehmlich unter der Mitte der Sohle, muß
das zur Reparatur zu verwendende Leder dem der schadhaften Sohle ähnlich, d.h. weder
zu stark noch zu hart seyn.
Ein Auflegen solcher Fleken kann ohne Nachtheil mehrmals
wiederholt, und dadurch das Versohlen der Stiefeln sehr zurükgehalten werden. Muß
man endlich hiezu schreiten, so darf die zerrissene Sohle – welche, so dünn
sie auch abgelaufen seyn mag, dennoch ungemein fest sizt – nicht mit der
Zange abgerissen, sondern sie muß bis zum Gelenk abgeschnitten werden, weil man
sonst Gefahr läuft, die Stifte aus der Brandsohle heraus und die Einlage loszureißen
oder irgend eine andere Trennung zu bewirken. Auch bei dieser Arbeit muß, wie bei
Anfertigung neuer Stiefeln, die Sohle, bevor sie aufgelegt und rund herum und quer
über das Gelenk hinüber angestiftet wird, in der Gestalt und Größe ausgeschnitten
werden, welche sie beim fertigen Stiefel haben soll, weil sie, aufgelegt, viel zu
innig mit dem Oberleder verbunden ist, um ohne Gefahr dieses zu verlezen,
beschnitten werden zu können; vergl. Fig. 2.
Sollte beim Abtrennen der zerrissenen Sohle sich ergeben, daß auch die Brandsohle durchgelaufen ist, wie es wohl, jedoch nur
selten, bei den Stiefeln solcher Leute zu geschehen Pflegt, deren Füße stark
schwizen, so kann die Reparatur derselben, wie folgt, bewerkstelligt werden.
Der schadhafte Theil der Brandsohle, gewöhnlich zunächst der Stiefelspize gelegen,
wird, so weit er vom umgebukten Oberleder unbedekt ist, herausgeschnitten.
(Es sey z.B. bis zur Linie ab, Fig. 12 geschehen.)
Ist hierauf der stehen gebliebene Theil der alten Brandsohle, quer über den Stiefel
herüber, um nicht zu drüken, zugeschärft, so wird der neue Brandsohlentheil so
zugeschnitten, daß er den ganzen inneren Raum des vordern Stiefels (c, d, e, f) ausfüllt, und über die alte Brandsohle, aber
um die Breite des umgebukten Oberleders (c, a und b, f) schmäler geschnitten, noch so weit etwa bis (g, h) nach außen herüberreicht, daß hier zu seiner
Verbindung mit der alten Brandsohle zwei Reihen Heststifte eingeschlagen werden
können. Dann wird der neue Brandsohlentheil in die richtige Lage gebracht, der
Leisten in den Stiefel geschoben, die neue Brandsohle in der gewöhnlichen Art durch
Heftstifte (von c über d und
e bis f) mit dem
Oberleder und durch eine eben solche, aber engere Stiftreihe, 1/8 Zoll von der
zugeschärften Kante (a, b) der alten Brandsohle
entfernt, mit dieser verbunden, die Einlage aufgekleistert und zunächst der vorher
auf dieser
bezeichneten Endlinie (g, h) des neuen Brandsohlentheils
eine zweite Reihe Heft- oder Sohlenstifte, je nach der Dike des Leders
eingeschlagen, welche zur größern Sicherheit, beide Brandsohlen – die neue
und alte – mit der Einlage verbindet. – Der neue Brandsohlentheil muß
nach außen, d.h. zwischen der alten Brandsohle und Einlage übergreifen, weil dadurch
das Drüken verhindert wird. – So weitläufig die Beschreibung dieser einfachen
Reparatur ist, so leicht läßt sie sich in der Praxis ausführen.
B. Beschreibung und Gebrauch der Werkzeuge zur Anfertigung von
Stiftstiefeln.
1. Die Stifte und das
Stiftschneiden.
Zur Anfertigung der Stifte bedient man sich am vortheilhaftesten des trokenen
Rüstern- oder Ahornholzes.
Die Holzstifte
müssen
5/16 Zoll
lang und
1/12
Zoll stark
die Sohlenstifte
–
7/16 –
–
–
1/12
–
–
die Kappenstifte
–
5/8
–
–
–
1/9–1/8
–
–
die Fleken- oder
Absazstifte
–
7/8
–
–
–
1/7
–
–
seyn.
Aus einem kleinen Kloz von 1 Zoll Länge und Breite schneidet man also:
wenn er
5/16 Zoll
Höhe hat,
144 Holzstifte
–
–
7/16 –
–
–
144 Sohlenstifte
–
–
5/8 –
–
–
–
–
7/8 –
–
–
wie sie Fig. 13, A und B in zwei
Seitenansichten, C in Obenansichten darstellt.
Das Schneiden der Stifte geschieht auf einer eigens dazu angefertigten
Maschine.
Diese kleinen Maschinen werden von der Maschinen-Anstalt Neukrantz, Metzke und Comp. in Berlin angefertigt und
sind durch diese, wie auch durch Hrn. Schuhmachermeister Andresen, Stechbahn Nr. 3, für dieselben
Preise zu beziehen. Dieselbe kostet, inclusive aller übrigen hier näher
beschriebenen Werkzeuge zur Stiefelfabrication, wie einiger Orthe, Proben von
Stiften etc. und einer gedrukten Instruction zum Gebrauch derselben zwischen
9–10 Thlr., die bei der Bestellung von Auswärts franco einzusenden sind.
Hr. Andresen ist auch
zugleich bereit denjenigen, die sich persönlich näher unterrichten wollen, dazu
in seiner Werkstatt Gelegenheit zu verstatten.Seit der immer größeren Verbreitung der Stiftstiefeln sind indeß bereits
die Anforderungen gestiegen und man verlangt und erhält anstatt der vier
verschiedenen Sorten, deren schon circa 15
und noch dazu mit Unterabtheilungen. Nachdem die obengenannte
Maschinenbauanstalt Neukrantz, Metzke und
Comp. früher durch eine nicht ganz unbedeutende Bestellung solcher
kleinen Maschinen zum Schneiden der Holzstifte für fast alle Garnisonen
der preußischen Armee, veranlaßt wurde sich für diesen Gegenstand näher
zu interessiren, ist es dem Besizer derselben gelungen, ein System von
Maschinen und Apparaten zu construiren und auszuführen, mittelst welcher
er im Stande ist, diese Stifte mit fachen, wie mit vierseitigen Spizen, wie sie bereits in Schiffsladungen von
Amerika über Bremen nach Berlin gekommen sind (und wie sie Fig.
14 in verschiedenen Ansichten darstellt), in solcher
Vollkommenheit und Genauigkeit und mit solcher Schnelligkeit
herzustellen, daß ihm die Fabrication dieser Stifte ungleich billiger zu
stehen kommt, wie nach der bisherigen Weise, und wodurch er sich selbst
zur Etablirung einer solchen Stiftfabrik veranlaßt gesehen hat.A. d. O.
2. Die Orthe (Fig. 15)
sind ganz gewöhnliche gerade runde Orthe, die indessen für
die flachspizigen Stifte keine runde, sondern eine breit zugeschärfte Spize
haben.
Der Orth
für die
Heft- oder Sohlenstifte
hat
1/2
Zoll
Durchmesser
– –
– –
Kappenstifte
–
1/9–1/8 –
–
– –
– –
Absazstifte
–
1/7
–
–
Die flachspizigen Stifte sind mithin nur um ihre Kante stärker, als die
Orthlöcher weit.
Bei den vierseitig gespizten oder amerikanischen können rund zugespizte Orthe
angewendet werden.
Damit die Orthe beim Hammerschlag nicht zu tief in den Leisten eindringen, können
sie dadurch verkürzt werden, daß man sie zunächst des Hefts mit Scheiben, aus
starkem Leder geschnitten, umgibt (c, c, Fig. 15)
und nur so viel von ihnen frei läßt, als eindringen soll. Dieß ist vornehmlich
für den Orth zu Absazstiftlöchern zu empfehlen.
Sollen aus irgend einem Grund tiefere Löcher geschlagen werden, so nimmt man nach
Bedürfniß eine oder mehrere Scheiben ab, die später leicht wieder hinauf
geschoben werden können.
3. Die Raspeln. (Fig. 17*
in zwei Seitenansichten.)
Die löffelförmige Raspel, 4 Zoll lang, 1 3/4 Zoll breit, mit einem langen Stiel
versehen, dient zum Abbrechen der Stiftspizen im vorderen Theil des Stiefels.
Ihre vorderen Schneiden sind gegen vorn, die hinteren gegen hinten gerichtet.
Sie wirkt also ebensowohl beim Vorschieben, als auch beim Zurükziehen, und
demgemäß muß die Raspel auch gebraucht werden. Man thut bei ihrem Gebrauch wohl, wenn man nicht
zu stark auf sie drükt, weil durch ein heftiges Drüken die Brandsohle unnöthig
rauh gemacht wird. – Läßt sie sich im Stiefel leicht hin und her bewegen,
ohne irgend einen Widerstand zu finden, so ist die Arbeit geschehen, und die
Gehefläche im Stiefel geebnet.
Die stempelförmige Raspel (Fig. 16
und 17
in Ober- und Seitenansicht)
besteht aus einer runden, ein wenig gewölbten Scheibe von
1 3/4 Zoll im Durchmesser, mit Raspelschneiden in der Richtung der Halbmesser
und wird gebraucht, um die Spizen der Stifte abzubrechen, welche zunächst am
Absaz und durch diesen in den Stiefel hineinreichen. Beim Gebrauch dreht man sie
um die Achse ihres Stiels rechts herum, weil nur bei einer solchen Drehung ihre
Zähne schneiden, die Stiftspizen abbrechen und die Gehefläche im Stiefel ebnen
können.