Titel: | Ueber die Präcipitation verschiedener organischer und unorganischer Stoffe durch thierische Kohle; von Fr. Weppen. |
Fundstelle: | Band 98, Jahrgang 1845, Nr. CVIII., S. 404 |
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CVIII.
Ueber die Praͤcipitation verschiedener
organischer und unorganischer Stoffe durch thierische Kohle; von Fr. Weppen.
Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, August 1845,
S. 241.
Weppen, über die Präcipitation verschiedener organischer und
unorganischer Stoffe durch thierische Kohle.
Es ist bekannt, daß die thierische Kohle eine Menge ganz verschiedenartiger
Farbstoffe aus ihren Auflösungen niederschlägt. Gerade die Verschiedenheit der
präcipitirten Substanzen ließ vermuthen, daß sich jene Wirkung der Kohle noch weiter
erstreken werde als bloß auf Farbstoffe. Diese Vermuthung hat sich bestätigt; auch
bittere Stoffe, Harze und gerbstoffhaltige Substanzen werden von der thierischen
Kohle niedergeschlagen.
Ueber die zu den folgenden Versuchen angewendete thierische Kohle bemerke ich, daß
sie durch wiederholtes Auskochen von Beinschwarz mit Salzsäure erhalten, vollständig
ausgewaschen und gelinde geglüht worden war.
I. Organische
Stoffe.
1) Bittere Stoffe.
Es wurden jedesmal 10 Gran der Substanz mit 2 Unzen kochendem Wasser übergossen und
der filtrirte Aufguß so lange mit Kohle geschüttelt, bis der bittere Geschmak sich
gänzlich verlor.
Namen des bitteren Stoffs.
Quantität der Kohle.
Wermuth
30
Gran
Coloquinten
30
—
Gentianwurzel
20
—
Columbowurzel
10
—
Quassia
30
—
Cascarillrinde
30
—
Bitterklee
30
—
Eine Auflösung von 3 Gran Aloeextract in 2 Unzen Wasser wurde durch 40 Gran Kohle
ganz geschmaklos.
2) Harze.
Eine Drachme der officinellen Guajac-Harztinctur und der Jalappentinctur wurde
mit eben so viel Alkohol verdünnt. Es bedurfte nun für jene 13, für diese 25 Gran
Kohle, um das darin enthaltene Harz so weit zu fällen, daß durch Zusaz von Wasser
eine kaum merkliche Trübung entstand.
3) Adstringirende Stoffe.
Eine Auflösung von 1 Gran Galläpfelextract in einer halben Unze Wasser bedarf 20
Gran, von einem halben Gran reinem Gerbstoff in eben so viel Wasser 10 Gran, ein
Aufguß von 10 Gran Ratanhawurzel und eben so viel Chinarinde in zwei Unzen Wasser
bedarf 20 Gran Kohle, um dann nicht mehr auf Eisensalze zu reagiren.
II. Unorganische Stoffe.
Daß die thierische Kohle gewisse Metallsalze aus ihren Auflösungen in Wasser oder
Weingeist niederschlägt, ist eine schon länger bekannte Thatsache. Ich habe
gefunden, daß sich diese Wirkung wahrscheinlich auf alle Metallsolutionen erstrekt,
obwohl das eine Metall mehr Kohle zur Fällung bedarf als das andere, und daß sie
nicht abhängig ist von der chemischen Constitution der Metalloxyde, ob sie die
Formel: MO oder M2
O3 haben.
Mit folgenden Salzen wurden Versuche gemacht:
Schwefelsaures Kupferoxyd
Salpetersaures Nikeloxyd
—
Zinkoxyd
—
Kobaltoxydul
—
Eisenoxydul
—
Silberoxyd
—
Chromoxyd
—
Queksilberoxydul.
Salpetersaures Queksilberoxyd.
Essigsaures Bleioxyd.
Brechweinstein.
Zinnchlorür.
Sublimat.
Essigsaures Eisenoxyd.
Auf einen Gran dieser Salze, in einer halben Unze Wasser gelöst, waren im
Durchschnitt 30 Gran Kohle zur Fällung erforderlich, doch hielt es aus weiter unten
anzugebenden Gründen schwer, die Fällung ganz vollkommen zu machen; auf vermehrten
Zusaz von Kohle wurden nur die Reactionen immer weniger deutlich.
Wenn man diejenigen Salze, deren Basen von Aezammoniak nicht gefällt oder durch ein
Uebermaaß desselben wieder aufgelöst werden (Kupfer, Zink, Silber, Blei im
Bleizuker) mit Aezammoniak versezt, so bedarf man viel weniger Kohle zur Fällung,
und dieselbe tritt sehr bald vollständig ein.
Nicht bloß die basischen Metalloxyde werden durch Kohle niedergeschlagen, sondern
auch gewisse Metallsäuren. Bleioxyd in Aezkali gelöst wird gefällt, eben so werden
aus antimonsaurem Kali und wolframsaurem Ammoniak die Säuren niedergeschlagen.
Dagegen war keine Wirkung merkbar auf arseniksaures und arsenigsaures Natron; auch
arsenige Säure, in Wasser gelöst, konnte durch Kohle nicht ganz entfernt werden.
Zweifach chromsaures Kali und Chromsäure werden von der Kohle reducirt, in der Kälte
zwar langsam, aber doch vollständig. Das Chromsäure Kali geht dabei in kohlensaures
über.
Ferner werden aus dem Jodqueksilber-Jodammonium das Jodqueksilber, aus den
Auflösungen von Schwefelantimon und Schwefelarsenik in Schwefelammonium die Sulfide
durch Kohle niedergeschlagen. — Eine Auflösung von Jod in Wasser oder in
Jodkalium wird durch Kohle bald entfärbt. Dagegen gelingt es nicht, den Schwefel aus
seinen Auflösungen in Alkohol oder Terpenthinöhl durch Kohle zu entfernen. Selbst
nach einem großen Zusaz derselben hinterließ die filtrirte Flüssigkeit, über
Silberblech erhizt, noch Spuren von Schwefelsilber.
Salze mit alkalischer Basis, Weinstein, Blutlaugensalz, Gyps, Alaun, auch Kalkwasser,
scheinen von Kohle nicht afficirt zu werden, dagegen tritt eine Reaction auf
Chlorbarium ein, besonders wenn der Lösung einige Tropfen Aezammoniak zugesezt
werden.
Bei der Fällung der Metallsalze durch Kohle können drei Fälle eintreten. Entweder
wird das Salz ganz unzersezt absorbirt, oder das darin enthaltene Oxyd wird
reducirt, oder endlich die Salze werden als basische niedergeschlagen. Die mit
einigen Salzen (mit schwefelsaurem Eisenoxydul und Sublimat) angestellten Versuche
haben das Leztere gezeigt. Bald nach Einwirkung der Kohle fängt die Auflösung des
Salzes an deutlich sauer zu reagiren, und bei quantitativer Bestimmung findet man
den größten Theil der Säure in der Flüssigkeit wieder. Diese Spaltung der Salze in
saure und basische ist Ursache, warum die lezten Spuren der Basen so schwer durch
Kohle zu entfernen sind: die freiwerdende Säure verhindert die vollständige Fällung,
wie denn auch ein Salz, dem man zuvor freie Säure zugesezt, von Kohle wenig oder gar
nicht afficirt wird. Auch kann man durch Kochen aus der Kohle, welche zur Fällung
gedient hat, mit Säure, die in derselben niedergeschlagenen Oxyde oder basischen
Salze fast ganz wieder ausziehen, obwohl die lezten Spuren davon der Wirkung der
Säuren hartnäkig widerstehen.
Mulder hat in seiner Physiologie angegeben, daß das Blei
aus dem Bleizuker durch Kohle metallisch gefällt werde. Wenn dieß der Fall wäre, so
würde man durch Kochen der ausgewaschenen Kohle mit Essigsäure nicht Bleioxyd
ausziehen können. Ob leicht reducirbare Metalloxyde, z. B. Silberoxyd, durch Kohle
nicht metallisch gefällt werden, habe ich nicht untersucht.
Es ist kürzlich behauptet worden, die Fällung der Metallsalze durch Kohle rühre von
den Kalksalzen her, welche sich aus derselben durch Behandlung mit Säuren nicht ganz
ausziehen lassen. Man würde in diesem Fall bei Anwendung eines Salzes, dessen Säure
mit Kalkerde eine leicht lösliche Verbindung gibt, in der über der Kohle stehenden
Flüssigkeit ein Kalksalz finden. Ich prüfte obige Angabe, indem ich 10 Gran Sublimat
in zwei Unzen Wasser gelöst, mit 10 Scrupeln Kohle schüttelte, aus der sauer
reagirenden filtrirten Flüssigkeit die lezten Spuren von Queksilber durch
Schwefelwasserstoff entfernte und abdampfte. Die lezten Tropfen der Flüssigkeit
zeigten allerdings deutliche Reaction auf Kalkerde. Die zu diesem Versuche
angewendete Kohle wurde mit Salzsäure ausgekocht, ausgewaschen und nochmals mit 10
Gran Sublimatlösung behandelt. Zum zweiten- und drittenmal erhielt ich in der
Flüssigkeit Spuren von Kalksalz. Da die Kohle, welche zu allen diesen Versuchen
diente, beim Verpuffen mit Salpeter und Auflösen der Salzmasse in Wasser nur einen
sehr geringen Rükstand ließ, der überdieß nur theilweise in Salzsäure löslich war,
so war es mir sehr unwahrscheinlich, daß durch Sublimatlösung eher ein Kalkgehalt
aus derselben ausgezogen wurde, wie durch kochende Salzsäure, und wenn es der Fall
war, so würde sich der Kalkerdegehalt bei dreimaliger Behandlung mit Sublimat doch
wohl verloren haben. Entweder rührte also die Kalkerde von dem Wasser her, oder von
den Gefäßen, in denen die Flüssigkeit eingedampft war. In der That, als ich in
derselben Fayenceschale eine gleiche Quantität Wasser bis auf einige Tropfen
eindampfte und nun einen Tropfen Salzsäure zusezte, erhielt ich mit oxalsaurem
Ammoniak deutliche Reaction auf Kalk. Hienach und in Betracht, daß die Kohle auch
Substanzen niederschlägt, wo die Fällung sicherlich nicht von einem Gehalt derselben
an Kalksalzen herrühren kann, namentlich Jod, ist es sehr unwahrscheinlich, daß die
Wirkung auf Metallsalze von den Kalksalzen bedingt wird.