Titel: Ueber die Anwendung des Dampfhammers zur Bearbeitung des Eisens und der Dampf-Rammmaschine zum Einrammen der Pfähle; von A. Morin.
Fundstelle: Band 99, Jahrgang 1846, Nr. XVIII., S. 81
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XVIII. Ueber die Anwendung des Dampfhammers zur Bearbeitung des Eisens und der Dampf-Rammmaschine zum Einrammen der Pfähle; von A. Morin. Aus den Comptes rendus, Dec. 1845, Nr. 23. Morin, über die Anwendung des Dampfhammers und der Dampf-Rammmaschine. Die Akademie hörte mit großem Interesse einen Vortrag von Dupin über gedeckte Rheden oder Zufluchtshäfen, welche für die Frankreich gegenüber liegende englische Küste projectirt wurden. Der von der großbritannischen Regierung an die ausgezeichnetsten Marineofficiere, Civil- und, Militäringenieure ergangene Aufruf zu den wichtigen Untersuchungen beizutragen, welche dieser Gegenstand erheischen dürfte, wurde als ein nachahmungswürdiges Beispiel bezeichnet. Die Ausführung dieser großen Arbeiten wird bedeutende Kosten veranlassen, welche die englische Regierung gewiß nicht davon abschrecken werden, vie sie aber sicherlich zu vermindern suchen wird durch Anwendung aller Mittel, welche die Wissenschaft und Technik jetzt zu Gebot stellen. Bereits wurde eine Commission aus Civil- und Militäringenieurs gewählt, welche den Auftrag erhielt, alle Arsenale zu besichtigen und die Bauten und Ausgaben zu bestimmen, welche erforderlich sind, um sie auf das vollkommenste und vollständigste mit den Mitteln zur Ausführung des Plans zu versehen. Für die Herstellung der meisten Vertheidigungs- und Angriffsmittel sind besonders zwei neue durch Dampf bewegte Apparate von Wichtigkeit, auf deren Leistungen ich die Aufmerksamkeit der Akademie und unserer Regierung lenken möchte. Stampfhammer. Man sah in der (Pariser) Industrieausstellung im Jahr 1844 den neuen Dampfhammer, in Frankreich Stampfhammer (marteau pilon) genannt, dessen Erfindung in Frankreich von den HHrn. Schneider und Comp. zu Creusot, in England von Hrn. Nasmyth zu Patricroft bei Manchester in Anspruch genommen wird.Er ist beschrieben im polytechn. Journal Bd. LXXXVIII S. 101. Wie es sich auch mit dem Recht auf diese Erfindung verhalten mag, so ist es ausgemacht, daß sie den Hütten und der Industrie überhaupt bei der Erzeugung und Bearbeitung des Eisens die größten Dienste zu leisten vermag und auch bereits leistet. Die Anwendung dieser sinnreichen Maschine verbreitet sich in England immer mehr in den Hütten und Maschinenfabriken. Mittelst derselben wird geschweißt, und es werden Stücke von den größten Dimensionen sowohl als von der gewöhnlichen Größe mit aller Leichtigkeit geschmiedet, daher z. B. die Verfertigung der großen Wellbäume der Dampfschiffe nicht mehr die geringste Schwierigkeit darbietet. Das Gewicht dieser Hämmer steigt bis 2500 oder 3000 Kilogr. und darüber und ihre Hubhöhe kann nach Belieben verändert werden von 1 Meter und darüber bis zu den kleinsten Entfernungen herab, so daß der Arbeiter sich ihrer ohne Unterschied zum Schweißen, Strecken, Ausarbeiten und Vollenden mit gleicher Leichtigkeit bedient. So sah ich auf dem Eisenhammer zu Bolton denselben Hammer nacheinander zum Schweißen, Schmieden und Ausarbeiten einer Dampfschiff-Welle, dann zum Zängen von 15 Luppen aus dem Puddelofen verwenden; jede Luppe wurde in einer Minute gezängt, ohne daß soviel Abgang entstand, wie durch die gewöhnlichen Hämmer. Hierauf wurden die 15 beim Zängen erhaltenen Stücke, ebenfalls eines in der Minute, geschmiedet, wobei sie eine vollkommene Reinheit und Regelmäßigkeit der Form erhielten; endlich diente derselbe Dampfhammer zum Schweißen zweier Eisenstangen von 30 Millimeter im Gevierte. Will der Arbeiter, um die Dimensionen der Stücke in Augenschein zu nehmen, den Gang des Hammers innehalten, ohne ihn ganz aufzuhalten, so schwebt und schwingt sich diese ungeheure Masse oberhalb des Arbeitsstücks, ohne es zu berühren und wartet, so zu sagen, den Augenblick ab, wo sie ihre Wirkung wieder beginnen soll. Obgleich schon mit den gewöhnlichen großen Hämmern Wellbäume für transatlantische Dampfschiffe aus Packeten von Stangeneisen von 80 Centimetern bis zu 1 Meter im Gevierte geschmiedet werden können, so zweifle ich doch nicht, daß man durch Anwendung des Dampfhammers noch weit vollkommnere Resultate erzielt und dieser Apparat in der Folge für alle derartigen Arbeiten die andern großen Hämmer ersetzen wird. Uebrigens ist die Vorzüglichkeit dieses Hammers schon so anerkannt, daß in diesem Jahr von der englischen Regierung deren mehr als 20 von verschiedenem Gewichte von 250 bis 2500 Kil. für die Zeughäuser zu Woolwich, Portsmouth, Deptford, Devonport, Pembroke, Shearneß und Chatam bestellt wurden. Rammklotz. — Das Princip der Construction des Dampfhammers wurde vielleicht mit noch auffallenderm Erfolg zum Einrammen der Pfähle angewandt. Die Maschine besteht aus einem gußeisernen Gerüst, welches auf den Kopf des einzurammenden Pfahls zu stehen kömmt und zugleich dem Dampfcylinder als Träger und dem Rammklotz als Führer dient. Es geht hieraus hervor, daß der ganze Apparat von dem Pfahl selbst getragen wird und in dem Maaße niederer geht, als dieser einsinkt. Die den Dampf aus dem Kessel in den Cylinder leitenden Röhren sind sinnreich articulirt und gestatten dem Cylinder dem Pfahl zu folgen.Diese Maschine ist im polytechn. Journal Bd. XCIV S. 9 beschrieben. Ich kann einige zu Devonport beobachtete Resultate mittheilen. Es handelte sich darum, behufs der Aushöhlung eines neuen Docks ein 488 Meter langes Wehr, aus einer doppelten Reihe 13,80 bis 20 Meter langer und 0,35 bis 40 Centimeter im Gevierte starker Pfähle, welche so nahe als möglich an einander stehen, herzustellen. Der auf den Pfahl gebrachte Apparat, den Cylinder, die Leitvorrichtung und den Hammer inbegriffen, wog 7000 Kilogr.; der Hammer (Rammklotz) wog allein 3000 Kilogr. Die größte Geschwindigkeit war 70–80 Schläge in der Minute; die mittlere Geschwindigkeit 60 Schläge per Minute. Die mittlere Tiefe der Einrammung der Pfähle variirte von 9 bis 12 Meter. Der Boden, in welchen sie eingerammt wurden, bestund zunächst aus einer 1,20 bis 1,50 Meter dicken Schicht hartem Gestein, einer 6,10 Meter dicken Schicht einer Ablagerung von Meerschlamm und einer 0,900 Meter dicken Schicht Thon, unter der sich eine Schiefermasse befand, in welche die Pfähle noch beiläufig 0,300 Meter einsanken. Um einen Pfahl zu befestigen und an seine Stelle zu bringen, sind 20 Minuten erforderlich; um ihn 9 bis 12 Meter tief einzurammen, nur 2 bis 3 Minuten. Bei einer Tagesarbeit von 10 Stunden wurden bis 32 Pfähle eingerammt; durchschnittlich aber 16 per Tag. Da man gewöhnlich auf 12 bis 14 Kilogr. Gewicht des Rammklotzes ein Ziehseil und einen Mann rechnet, so wären für einen gewöhnlichen Rammklotz von demselben Gewicht, welcher dasselbe leistet wie der Dampf-Rammklotz, 80 Mann erforderlich. Allerdings bedient man sich zu demselben Zweck schon der Dampfmaschinen welche Windetrommeln umdrehen, um die sich das den Rammklotz hebende Seil wickelt; allein diese Maschinen rammen täglich nur vier Pfähle ein. Es ist oft der Fall, daß ein einziger Schlag des Rammklotzes den Pfahl 5 bis 6 Meter tief eintreibt und ein besonderer Vortheil, welchen diese Maschine gewährt, ist der, daß die zufälligen Hindernisse, welche bei dem gewöhnlichen Rammverfahren die Pfähle so oft aus der Richtung bringen, beim neuen Rammklotz sehr wenig Einfluß haben, weil seine Masse und die Schnelligkeit der Einrammung keine Abweichung gestatten. Auch können mit dieser Vorrichtung wirkliche Wände aus Pfählen vollkommen regelmäßig hergestellt werden. Endlich wird der Kopf der Pfähle durch den mit geringer Geschwindigkeit erfolgenden Stoß durchaus nicht beschädigt, was schon so constatirt ist, daß man das Beschlagen des Pfahlkopfs mit Reifen, welches sonst zu geschehen pflegt, unterläßt. Der Vortheil welchen die Vergrößerung der Masse des Rammklotzes im Verhältniß zu der des Pfahls, sowohl hinsichtlich des Nutzeffects als der Erhaltung des Pfahlkopfes gewähren muß, wurde schon vor langer Zeit von Hrn. Poncelet und auch Hrn. Ardant in seinem Cours de construction (lithographirt zu Metz) in Anregung gebracht; Hrn. Nasmyth aber war es vorbehalten, durch die von ihm gemachte glückliche Anwendung der directen Wirkung des Dampfs die Gränzen alles dessen, was durch andere Mittel hätte erstrebt werden können, zu übertreffen. Schließlich bemerke ich, daß die Zeitersparung durch Anwendung der Dampf-Rammmaschine bei den Arbeiten zu Devonport auf zwei Jahre angeschlagen wird.