Titel: Ueber die Wiedergewinnung des Jods aus den Bädern; von Labihe, Apotheker zu Louviers.
Fundstelle: Band 99, Jahrgang 1846, Nr. LVI., S. 216
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LVI. Ueber die Wiedergewinnung des Jods aus den Bädern; von Labihe, Apotheker zu Louviers. Aus dem Journal de Chimie médicale, Dec. 1845, S. 638. Labihe, über die Wiedergewinnung des Jods aus den Bädern. Im October 1844 machte ich mit Hrn. Chantrel ein Verfahren zur Wiedergewinnung des Jods aus Iodbädern, deren sich Kranke bedient haben, bekannt, welches wir der Verwaltung der Spitäler mitgetheilt hatten, und zu dessen Prüfung eine Commission ernannt wurde;Polytechnisches Journal Bd. XCIV S. 245. da man aber in den Spitälern wegen Iodmangels die Iodbäber ganz einstellte, konnte die Commission keinen Bericht erstatten. Folgendes sind die Resultate unserer gemeinschaftlichen und der dann von mir fortgesetzten Versuche hierüber. Die große Menge der im Spital St. Louis gebrauchten Iodbäder brachte uns auf den Gedanken, ein Verfahren aufzusuchen, um das Jod aus solchem Badwasser, welches per Bad noch 20–25 Gramme theils freies, theils an Kalium gebundenes Jod enthält, auf wohlfeile Weise wieder zu gewinnen; beinahe 1½ Kilogr. Jod gingen täglich im Spital St. Louis verloren. Das Abdampfen des Wassers war natürlich unausführbar. Zuerst wollten wir das Iodkalium durch Chlor zersetzen und dadurch das Jod in Freiheit setzen, allein es blieb vermittelst des gebildeten Chlorkaliums aufgelöst. Da wir diese Auflösung als mit Jod gefärbtes Wasser betrachteten, wollten wir die entfärbende und absorbirende Wirkung der Kohle benutzen, um dann das Jod aus dieser Kohle zu ziehen; die Flüssigkeit wurde vollkommen entfärbt und das Wasser enthielt kein Jod mehr; aber wir waren nicht im Stande, mittelst Erhitzens das Jod von der Kohle zu trennen; alle unsere Versuche scheiterten. Wir versuchten nun uns durch Stärkmehl des Jods zu bemächtigen; mit dem Kartoffelstärkmehl gelang uns dieß besser, als mit der Weizenstärke, weil sich der entstandene Niederschlag schneller zu Boden setzt, als im letzteren Falle, wo er lange in der Flüssigkeit suspendirt bleibt. Wir wollten das Jod mittelst Säuren, Schwefel- oder Salpetersäure ausziehen und aus dem Stärkmehl Zucker oder Oxalsäure machen; dieß ging aber zu lange her; wir suchten daher wieder ein anderes Mittel, und zwar schweflige Säure, bei welcher wir dann auch stehen blieben. Wir verfuhren wie folgt: Da diese Bäder eine Auflösung von Jod in Iodkalium enthalten, bemächtigt man sich zuvörderst des freien Jods durch Kartoffelstärkmehl, zersetzt hierauf das Iodkalium mittelst Chlor, welches man nicht in Ueberschuß zusetzt und setzt dann wieder mit Wasser angerührtes Stärkmehl (ungefähr 500 Gramme auf 25–30 Gramme Jod) zu; rührt von Zeit zu Zeit während einer Stunde um, läßt dann absetzen, gießt ab und sammelt den Bodensatz, rührt diesen in etwas Wasser, durch welches man einen Strom schwefliger Säure streichen läßt, bis der Bodensatz ganz entfärbt ist; es bildet sich Hydriodsäure und Schwefelsäure; man läßt absetzen, gießt ab, süßt das Stärkmehl aus, vereinigt die Waschwasser mit der Mutterlauge und sättigt mit Kali. Hiedurch bilden sich schwefelsaures Kali und Iodkalium; es setzt sich auch etwas Schwefel ab; man dampft nun bis zur Syrupsconsistenz ab und behandelt den Rückstand mit Schwefelsäure und Braunstein, um das Jod daraus zu gewinnen. Das durch schweflige Säure entfärbte und ausgewaschene Stärkmehl kann wieder zu neuen Operationen benutzt werden. Dieß ist das Ergebniß meiner mit Hrn. Chantrel angestellten Versuche; seitdem aber fand ich, daß die Kohle, welche zum Ausziehen des Jods aus dem Wasser diente (Iodkohle), mit dem Jod eine innige Verbindung eingegangen hat. Warmer sowohl als kalter Alkohol löst nur sehr wenig Jod aus dieser Iodverbindung auf; wird solche Kohle bis zum Rothglühen erhitzt, so entweicht kein Jod; wenn man sie aber einäschert, so findet man bei Behandlung der Asche mit Braunstein und Schwefelsäure in derselben das Jod wieder; noch leichter gewinnt man es wieder, wenn man die Kohle mit Kali einäschert. Auch das Iodstärkmehl ist eine innige Verbindung, denn wenn man es einäschert, so findet man das Jod in der Asche wieder und es verflüchtigt sich durchaus keines während des Einäscherns; viel leichter aber gewinnt man das Jod daraus durch dessen Einäschern mit einem Alkali, so daß auch dieses Verfahren zur Gewinnung des Jods aus den Bädern benutzt werden könnte. Man verfährt wie folgt: Nachdem man das Iodstärkmehl gesammelt hat, vermengt man es mit gepulvertem gebranntem Kalk, und rührt es in eine dicke Kalkmilch, so daß man einen Teig erhält. Diese Mischung wird in einem eisernen Gefäße eingeäschert; man sammelt die Asche und behandelt sie mit Schwefelsäure und Braunstein, um das Jod daraus zu gewinnen. Dieses Verfahren gelang mir vollkommen und das Einäschern geht mit dem Kalk sogar leichter vor sich als bei Iodstärkmehl allein.