Titel: Ueber die Fortschritte welche die Rübenzuckerfabrication in den letzten zwei Jahren in der Gegend von Magdeburg gemacht hat; von Professor K. Siemens in Hohenheim.
Fundstelle: Band 99, Jahrgang 1846, Nr. LXVIII., S. 263
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LXVIII. Ueber die Fortschritte welche die Rübenzuckerfabrication in den letzten zwei Jahren in der Gegend von Magdeburg gemacht hat; von Professor K. Siemens in Hohenheim. Aus Riecke's Wochenblatt für Land- und Hauswirthschaft, 1846, Nr. 3. Siemens, über Fortschritte in der Rübenzuckerfabrication. Auf einer Reise nach Norddeutschland hatte ich im Monat October v. J. Gelegenheit, mehrere Rübenzuckerfabriken der Madeburger Umgegend in Augenschein zu nehmen und mich von den Verbesserungen, welche diese Fabrication hier in den letzten zwei Jahren erhalten, wiederum zu unterrichten. Wer sich für das immer schönere Aufblühen dieses segensreichen Gewerbzweigs interessirt, wird mit Freuden die rastlose Thätigkeit beobachten, womit man hier unter den bisher nicht günstigen Verhältnissen an seiner Vervollkommnung arbeitet. Diese Thätigkeit scheint gegenwärtig mit der festen Begründung der Fabrication für Deutschland gekrönt zu seyn, denn die jetzigen höheren Zuckerpreise sind sicher zum Theil auch eine Folge des Siegs, den die deutschen Zuckerfabriken über die Bestrebungen, sie durch die Concurrenz zu erdrücken, errungen haben. Man hat sich überzeugt, daß die Intelligenz mit deutscher Beharrlichkeit hier mehr leistete, als sich nach den Ergebnissen der Vervollkommnung, die die Rübenzuckerfabrication seit so vielen Jahren den Bemühungen der Franzosen verdankte, erwarten ließ. Die mütterliche Pflege hat das deutsche Kind schnell erstarken lassen; seit mehr als zehn Jahren dankt es nur dieser jede begründete Verbesserung. Soll die Fabrication aber eine allgemeinere Verbreitung finden, so ist es nöthig, daß man die Kräfte derer, die ihre ganze Thätigkeit ihrer Vervollkommnung widmen, nicht jetzt schon durch höhere Besteuerung lähmt, sollte diese auch später nöthig und bei Einzelnen bereits ohne Nachtheil auferlegt werden können. Daß die einheimische Zuckerfabrication für die Folge im Stande ist, dem Staate das zu leisten, was sie demselben durch die Concurrenz mit dem ausländischen Zucker entziehen wird, steht nach den bis jetzt schon erlangten Resultaten sicher zu erwarten. Der Staat darf aber nicht glauben, auf dem bisher befolgten Wege durch eine höhere Besteuerung der Fabrication des Zuckers eben so zu nützen, wie dieß durch die Besteuerungsweise der Brennereien in Preußen wirklich der Fall gewesen ist. Bei letzteren erforderte die Art der Besteuerung das Bestreben, eine möglichst concentrirte gegohrene Masse zu gewinnen, wodurch zugleich eine vollkommnere Gährung und dadurch eine größere Ausbeute an Branntwein erlangt wurde. Die Besteuerung der verarbeiteten Rübenmenge trägt aber direct nichts dazu bei, die möglichste Zuckerausbeute aus denselben zu erhalten. Mehr würde die Besteuerung der Fabrication schon nützen, wenn sie den Verbrauch an Brennmaterial möglichst zu beschränken geböte, womit ich jedoch die Zweckmäßigkeit einer solchen Besteuerung nicht aussprechen will. Einer größeren Verbreitung der Rübenzuckerfabrication tritt, wie die Erfahrung so vielfältig zeigt, zunächst aber noch das Hinderniß entgegen, daß der Landwirth bis jetzt nur beschränkt den Rübenbau zweckmäßig auszuführen versteht. Es fehlt im allgemeinen noch an der dazu nöthigen höheren Cultur des Bodens, deren dieser aber fähig ist und sicher auch, bei dem jetzigen Streben die Landwirthschaft zu fördern und zu pflegen, bald erlangen wird. Die Provinz Sachsen liefert hievon mit jedem Jahre neue Beweise, indem man dort immer häufiger Zuckerfabriken mit den größeren Wirthschaften verbunden findet. In diesen Wirthschaften wird der Rübencultur die geeignete Bodenfläche zugetheilt und für diese eine nach Beschaffenheit derselben passende Rotation gewählt, worin meist mehrere Rübenernten auf einander folgen und diese häufig nur mit einer Sommerfrucht wechseln. Bei der Auswahl der Fläche ist hauptsächlich ein warmer thätiger Boden wünschenswerth, da ein solcher zum Gedeihen der jungen Pflanzen unbedingt nöthig ist, denn wenn diese nicht freudig wachsen, so liefern sie später keine zuckerreichen, gehörig ausgebildeten, länger haltbaren Rüben. Aus diesem Grunde sind kalte oder feuchte, sich nicht leicht erwärmende Böden für den Rübenbau nicht geeignet und müssen, wenn sie dazu benutzt werden sollen, durch Aufführen von Kalk und solchem Compostdünger verbessert werden, dessen Bestandtheile den Boden lockern und wo möglich dunkler färben. Da, wo bereits Fabriken vorhanden sind, werden solche weniger zum Rübenbau geeignete Felder durch die Abfälle der Fabrik sehr bald in den erforderlichen Stand gesetzt. Diese Abfälle sind so geeignet zur Verbesserung des Bodens, daß man jetzt schon nicht selten Güter findet, die bei der Einräumung von 1/6–1/5 ihrer Ackerfläche zum Zuckerrübenbau dennoch nicht weniger Getreide ernten als früher; was zum Theil aber auch durch die Futterabfälle der Fabrik verursacht wird. Durch eine tiefe Auflockerung des Bodens im Herbst und fleißige Bearbeitung im Frühjahr sucht man das Gedeihen der jungen Pflanzen zu befördern, denn in einem flachen, nicht gelockerten Boden erhalten die Rüben viele Nebenwurzeln, wodurch sie viel Abfall und weniger Saft liefern. Frische Düngung wird möglichst vermieden, und wo diese der Acker und die Fruchtfolge verlangt, wählt man dazu einen gut verrotteten Compostmist, der vor Winter untergepflügt wird. Die Aussaat geschieht möglichst früh und auf guten Böden meist so dicht, daß nur eine Bearbeitung mit der Hand möglich wird. In der Nähe von Magdeburg sah ich viele Rüben breitwürfig und so dicht gesäet, daß jede Pflanze kaum ½ Fuß von der andern entfernt stand. Die Leute haben dort durch den starken Cichorienbau, den man zugleich betreibt, eine große Fertigkeit in der Behandlung, dem Reinigen und Auflockern solcher dicht bepflanzten Aecker. Das jährliche Pachtgeld eines solchen, unter Spatencultur stehenden Ackers ist gegenwärtig auf 24–26 Thaler per Magdeburger Morgen (51–55 fl. per württemberger Morgen) gestiegen. In Beziehung der Rübenvarietät gibt man jetzt auch im Magdeburgischen der röthlichen Quedlinburger Rübe immer mehr den Vorzug, obgleich immer noch einige Fabrikanten die ganz weiße schlesische Rübe allen andern vorziehen, weil sie mehr adstringirende Bestandtheile enthalte, wodurch ihr Zucker weniger einer Zersetzung unterworfen sey. Inwieweit dieß begründet ist, müßten comparative Versuche entscheiden; jedenfalls ist die röthliche Rübe zuckerreicher und weit haltbarer, auch liefert sie weniger Abfall als die ganz weiße, indem sie eine weit kleinere Blattkrone treibt und nicht leicht aus dem Boden hervorwächst. Hiebei ist aber zu bemerken, daß nicht alle Rüben mit röthlicher Schale diese guten Eigenschaften besitzen. Nach meinen Beobachtungen finden sie sich nur bei solchen Rüben, die verhältnißmäßig kleine Blätter mit langen dünneren Blattstielen haben und bei welchen letztere oberhalb einen scharf begränzten, rothen, 2–3 Linien breiten Streifen zeigen. Nur diese Rübe halte ich für die geeignetste zur Zuckerfabrication und war schon seit einer Reihe von Jahren bemüht, sie durch sorgfältige Auswahl der Samenträger constant und in größerer Menge zu gewinnen. Wie wenig richtige Sorgfalt bis jetzt noch auf die Auswahl der Samenträger verwendet wird, zeigt die große Verschiedenheit, welche man noch immer in der Form der Rübe und Beschaffenheit der Blätter findet, die doch die mannichfaltigen Spielarten derselben gewiß näher bezeichnen, als die Größe der Rübe, nach welcher man meist noch die Samenträger wählt. Nur die Form der Rübe ist in etwas zu berücksichtigen, sonst sollte man allein nach dem Stand, der Form, der verhältnißmäßigen Größe der Blätter und ihrer besondern Beschaffenheit die Samenträger wählen. Erst wenn man die richtige Sorgfalt hierauf verwendet, wird es sich zeigen, ob die Ausartung der Rübenvarietäten wirklich so groß ist, wie man es jetzt immer vorschützt, um die Qualität der Rüben auf einem solchen Felde zu entschuldigen. Die Pflege der Rübenfelder wird nur den jungen Pflanzen zugewendet und besteht in der zeitigen Zerstörung alles Unkrauts und fleißigem Auflockern der Ackerkrume. Bei der sorgfältig ausgeführten Ernte und Aufbewahrung der Rüben habe ich nichts neues Bemerkenswerthes kennen gelernt. Vollständige Trennung der Blattkronen und der möglichste Schutz gegen Sonne und Luft, also schnelle Bedeckung der geernteten Rüben werden als nöthige Bedingung zur guten Erhaltung derselben immer mehr anerkannt. Mehrere Fabrikanten wollen gefunden haben, daß die Bedeckung der Rübenhaufen mit Stroh schädlich sey, weil dieß die so nachtheilige Erwärmung trotz aller Luftzüge zu sehr begünstige, und ziehen es deßhalb vor, die Rüben zunächst mit Erde zu bedecken, da diese die erzeugte Wärme besser ableitet. Eine Bedeckung der Erde mit Laub, Stroh oder sonstigen Abfällen zum Schutze gegen Frost macht eine stärkere Lage von Erde unnöthig. Unstreitig ist die Ableitung der sich erzeugenden Wärme äußerst wichtig, da letztere das Keimen der Rüben befördert. Wie nachtheilig aber dieses Keimen auf die Fabrication einwirkt, davon ist man zum Theil durch traurige Erfahrungen überzeugt und sucht es deßhalb auch um jeden Preis zu verhüten, was durch Gewinnung einer reifen oder zeitigen Rübe zunächst geschieht. Diese erhält man aber nur auf geeignetem und gut vorbereitetem Boden, durch Vermeidung einer frischen Düngung, durch zeitige Aussaat und durch eine sorgliche Pflege der jungen Pflanzen. In Bezug auf die Verarbeitung der Rüben behauptet noch immer das ältere Reib- und Preßverfahren seine allgemeinere Verbreitung. Es hat, wie schon erwähnt, in neuester Zeit wieder manche Vervollkommnungen erhalten, die uns dem gewünschten Ziele immer näher bringen. Im wesentlichen bestehen diese in einer erlangten größeren Vereinfachung und dadurch möglichen Beschleunigung der Fabrication. Es ist kein Arcanum entdeckt worden, wodurch man aus denselben Rüben und mit demselben Aufwande mehr und besseren verkäuflichen Zucker gewinnt, und dennoch ist alles dieses erlangt worden. Um das Reiben zu erleichtern und einen feineren Brei und dadurch mehr Saft zu gewinnen, leitet man häusiger als früher eine geringe Menge Wasser auf den Reibcylinder, welchem Wasser einige Fabrikanten zur sofortigen Abstumpfung der in der Rübe enthaltenen Säure eine kleine Quantität Ammoniak beimischen. Das Auspressen des Breies geschieht jetzt allgemein zwischen Blechtafeln statt der früheren Weidengeflechte, die nie gehörig rein zu halten sind. Zur Gewinnung von mehr Saft findet man das Erwärmen der einmal gepreßten Kuchen häufig wieder eingeführt, wobei man aber große Sorgfalt darauf verwendet, daß die Erhitzung nicht bis zum Erweichen des Breies fortgesetzt werde, was, in Verbindung mit der rascheren Verarbeitung des gewonnenen Safts, die so leicht erfolgende Alteration des erwärmten Safts beseitigt zu haben scheint. Daß aber der früher bemerkte Nachtheil einer Erwärmung des Breies hauptsächlich durch das zu starke Erhitzen desselben herbeigeführt wurde, bestätigen die Beobachtungen, welche man hier in Hohenheim bei der Ausführung des Dombasle'schen Macerationsverfahrens machte, indem man fand, daß bei der Verarbeitung der hier bis jetzt immer noch nach frischer starker Düngung gewachsenen Rüben hauptsächlich das Kochen nachtheilig einwirke. Da aber dieses Kochen bei der Ausführung der Dombasle'schen Methode im Winter 1841 zu Roville ohne Nachtheil stattfand, so führt dieß auf die Vermuthung, daß es hauptsächlich bei der Verarbeitung schlechterer Rüben nachtheilig einwirke. Die Läuterung des Safts geschieht ganz auf bisherige Weise, man sucht die Erhitzung bis auf 60° R. möglichst zu beschleunigen, setzt dann eine reichliche Portion Kalk hinzu und läßt mit diesem die Erhitzung bis zum Kochen langsam erfolgen, damit der Kalk zu seiner Wirkung die nöthige Zeit behält. Ohne ein stärkeres Aufwallen des Safts eintreten zu lassen, wird diese Temperatur, bei welcher man auch die richtige Menge des Kalkzusatzes beurtheilen kann, so lange erhalten, bis sich die hinreichende Wirkung des Kalks durch die Entwickelung eines mehr oder weniger starken Ammoniakgeruchs zu erkennen gibt, was jedoch noch von Wenigen, wohl nur aus Mangel an Beobachtung, als ein Zeichen der richtigen Scheidung bemerkt worden ist. Nach der Läuterung ist am sichersten die Güte des Safts zu beurtheilen; er wird hier um so heller oder reiner (blank) und weniger gefärbt erscheinen, je besser die Rüben waren und je rascher er gewonnen und erhitzt wurde. Schlechtere Rüben, sowie eine langsamere Gewinnung und Erhitzung des Safts machen die Anwendung einer größeren Menge von Kalk erforderlich, aber es wird nicht nur durch dessen Verbindung mit dem in größerer Menge vorhandenen Schleimzucker der Saft dunkler gefärbt, sondern durch die Menge des Kalks auch die Wirkung der später anzuwendenden Kohle bedeutend geschwächt. Auf die Defecation folgt in der Regel Filtration über Kohle, wozu man in den meisten Fabriken nicht mehr wie früher die bereits zur zweiten Filtration benutzte, sondern eine andere wiederbelebte Kohle verwendet. Man hat die Benützung jener Kohle zur Filtration des dünnen Safts meist deßhalb aufgegeben, weil selten beide Filtrationen in einem und demselben Locale ausgeführt werden und dadurch der Transport und selbst schon das Umpacken der Kohle aus einem Filter ins andere nicht bloß umständlich, sondern auch nur zum größten Nachtheil für den darin noch vorhandenen Saft geschehen kann. Ganz zweckmäßig läßt sich dieser Nachtheil namentlich bei der jetzigen Anwendung sehr großer Filter beseitigen, wenn man die Einrichtung trifft, daß der geläuterte Saft zu demselben Filter geleitet wird, welches bereits zur Filtration des abgedampften Safts diente. Die dadurch erlangte Ersparung an Kohle und namentlich die Vermeidung einer größeren Verdünnung des Safts ist doch nicht unbedeutend und wird die Kosten einer solchen Einrichtung bald lohnen. Die erste Concentration oder Abdampfung wird in der Regel bis auf 18–20° Baumé fortgesetzt, worauf die zweite Filtration folgt. Bei den zum Abdampfen gebräuchlichen Hallet'schen Pfannen hat man in neuerer Zeit die Einrichtung getroffen, daß die Retourröhren das condensirte Dampfwasser nicht aufwärts ableiten, sondern durch die Mitte des Bodens, wie bei den Pecquer'schen Pfannen, direct dem Dampfkessel wieder zuführen, was eine nicht unbedeutende Menge Dampf erspart. Meist findet man aber statt dieser runden Schlangenpfannen entweder Pecquer'sche oder den Crespel'schen ähnliche Pfannen, die eine weit leichtere Reinigung der Dampfröhren zulassen als jene Hallet'schen. Die leichtere Reinigung ist aber in Bezug des Dampfverbrauchs bei dem ersten Abdampfen von größter Wichtigkeit, weil der sich hier absetzende Kalk die Röhren sehr bald mit einer für die Durchleitung der Wärme nachtheiligen Kruste überzieht. Eine von dem verdienstvollen Fabrikanten Hrn. Hecker in Staßfurt zuerst eingeführte Neuerung ist die Anwendung sehr großer, ganz geschlossener Filter, wodurch augenscheinlich bedeutende Vortheile erreicht werden. Es erhalten diese Filter eine Höhe von 10 bis 20 Fuß bei 1½ bis 3 Fuß Durchmesser; sie sind von Eisenblech angefertigt und haben oben und unten Mannlöcher zum Einfüllen und Ausleeren der Kohle. Die Zuleitung des Safts geschieht von einem 10–20 Fuß höherstehenden Reservoir, wodurch ein stärkerer Druck verursacht wird, der die Wirkung der Kohle zu befördern scheint; zugleich wird aber auch dadurch das Durchfließen des Safts durch die hohe Kohlensäule beschleunigt. Vor Beginn der Filtration wird die Kohle in dem Filter durch oben zugeleiteten Dampf erhitzt oder ausgedämpft, was ihre Wirksamsamkeit erhöht und das so nachtheilige Erkalten des Safts verhindert. Zu demselben Zweck wird der Saft auch in den Reservoiren durch Dampfröhren stets auf einer höheren Temperatur erhalten. Es ist zwar schon eine alte Erfahrung, daß das Erkalten des Safts nachtheilig einwirkt, man hat es aber nicht für so wichtig gehalten, um allem aufzubieten es zu verhüten. Dieses Erkalten des Safts findet bei einem unordentlichen und namentlich bei einem kleineren Betriebe so häufig statt und schmälert dadurch den Erfolg desselben nicht unbedeutend. Die Anwendung größerer Filter vereinfacht die Arbeiten der Fabrik ungemein, denn selbst der größte Betrieb macht nur drei solcher Filter nöthig, wovon eines für den abgedampften, ein anderes für den geläuterten Saft in Gebrauch ist, während das dritte ausgeleert, gereinigt und gefüllt werden kann. Die Benützung eines solchen Filters dauert in der Regel 24 Stunden; man kann sie aber auch auf länger ausdehnen, nur darf sie nicht unterbrochen werden. Die Größe der Filter richtet sich nach der Menge der täglich verarbeiteten Rüben. Ihre Wirkung ist höchst überraschend; ich sah bei einem solchen, mit etwa 20 Cntr. nur wiederbelebter Kohle gefüllt, den 20grädigen Saft von 300 Cntr. Rüben anfangs wasserhell und erst nach 24 Stunden weingelb gefärbt durchfließen. Die Gewinnung eines so schönen Safts ohne Anwendung von frischer Kohle verdankt man zum Theil aber auch der großen Sorgfalt, welche man auf die Wiederbelebung der gebrauchten Kohle verwendet, wovon ich später noch einiges sagen werde. In den meisten Fabriken benützt man zum Einkochen des gereinigten Safts Vacuumpsannen, bei welchen die Luftleere durch Luftpumpen und Condensation erhalten wird. Ein solcher Apparat liefert denn aber auch aus dem schönen Safte eine Zuckermasse, aus der man in vielen Fabriken sogleich einen guten Meliszucker darstellt. Der vom ersten Product gewonnene Syrup wird sofort in Reservoiren gekocht, wozu man gegenwärtig meist eiserne Behälter von 3–4 Fuß Breite, 2 Fuß Höhe und 10–15 Fuß Länge anwendet. Sobald die Krystallisation erfolgt ist, wird die Melasse aus mehreren im Boden des Behälters angebrachten Oeffnungen abgelassen, die Krystalle aber in den fast allgemein eingeführten Schützenbach'schen Kästen weiter gereinigt und als feiner Farinzucker verkauft. Das Reinigen des Zuckers sowohl in den Formen als Kästen geschieht nur durch Decken mit Zuckerwasser und Klärsel. In neuerer Zeit hat man angefangen aus dem auf den Kasten gereinigten Zucker gleichfalls einen Hutzucker darzustellen, wozu man ihn nach dem Zerreiben etwas angefeuchtet in eine Messingform schlagen soll. Ich hatte keine Gelegenheit diese Operation mit anzusehen, kann sie daher auch nicht näher beschreiben, eben so wenig den damals in der Fabrik von Hennige und Wiese gemachten Versuch, das Decken des Zuckers durch Aussaugen des Syrups zu beschleunigen, wie man dieß schon früher in Frankreich versuchte und was ich hier nur erwähne, um zu zeigen, wie unermüdlich thätig man an der Vervollkommnung der Fabrication arbeitet. Hieher gehören auch die Versuche, die man anstellte, um den Saft durch Centrifugalkraft aus dem Breie zu gewinnen, wobei man zwar zu keinem befriedigenden Resultate gelangte dagegen aber dieselbe Vorrichtung und zwar mit gutem Erfolge zur Reinigung der zweiten und dritten Producte anwandte, indem diese damit sehr rasch vom Syrup befreit wurden. Ich sah die letztere Vorrichtung in der gräflich Stollberg'schen Maschinenfabrik zu Magdeburg, wo sie nach dem Entwurfe des dortigen Fabrik-Inspectors, Hrn. Schöttler, angefertigt worden ist. Die ganze Rübenzuckerausbeute, welche man gegenwärtig erhält, ist zu 7–8 Proc. anzunehmen, wovon man 3–4 Proc. als Melis, 2–3 Proc. als Farinzucker und 1–2 Proc. als Syrup in den Handel bringt. An Melasse erhält man höchstens 2 Proc. der verarbeiteten Rüben, sie wird theils verfüttert, meist aber zu Branntwein verarbeitet. Die Wiederbelebung der Kohle geschieht, wie erwähnt, mit großem Fleiße und beschränkt dadurch die Anschaffung neuer Kohlen auf ein sehr geringes Quantum. Nach dem Gebrauche gibt man die Kohle sogleich in größere Behälter und übergießt sie hier mit Wasser, dem man auf 100 Quart etwa 1 Pfd. Salzsäure zusetzt; mit diesem Wasser erfolgt sehr bald eine lebhafte Gährung, die nach 8 Tagen vollendet ist. Nach dieser Gährung und dem Ablassen des Wassers übergießt man die Kohle noch einigemale in dem Behälter mit frischem Wasser und bringt sie dann in kleine Standen, wo man sie so lange mit salzsäurehaltigem Wasser übergießt, bis sie den aufgenommenen Kalk verloren hat. Um dieß genau zu erkennen, wendet man in einigen Fabriken das von dem Hrn. Chemiker Schatten in Halberstadt angegebene VerfahrenPolytechn. Journal Bd. XCV S. 104. an, was darin besteht, daß man eine gewisse Menge der Kohle mit einer bestimmten Menge Essig erhitzt und dann durch völlige Neutralisation untersucht, wie viel Kalk noch in der Kohle vorhanden war. Es soll dieser verdiente Chemiker seit einiger Zeit ein besseres Verfahren zur Wiederbelebung der thierischen Kohle erfunden haben, welche Erfindung mir von einigen Fabrikanten, die sie anwenden wollten, sehr gerühmt wurde. Worin dieß bessere Verfahren besteht, konnte mir als Geheimniß nicht mitgetheilt werden; so viel ich aber vermuthe, besteht es in einer besseren Befreiung der Kohle von den aufgenommenen schleimigen Theilen, die selbst durch fleißiges Waschen nicht entfernt und wodurch beim späteren Glühen die Poren der Kohle nach und nach ganz verstopft werden. Zum bequemeren Waschen findet man noch selten ganz geeignete Vorrichtungen, und ich glaube hier nochmals auf die hier in Hohenheim zu diesem Zweck angewandte Vorrichtung aufmerksam machen zu dürfen, die früher beschrieben und dadurch noch zu verbessern ist, daß man den Boden des unteren Theils vom Schlemmcanal aus einem fein durchlöcherten Eisen- oder besser Kupferblech anfertigt, von welchem das Wasser in den darunter stehenden Schlammbehälter abfließt, die gröbere Kohle aber zurückgehalten wird. Das Ausglühen der Kohle geschieht im Magdeburgischen fast allgemein in den bekannten schmalen aufrechtstehenden Cylindern, die unten durch Schieber, oben aber durch Kapseln verschlossen werden. Durch sorgfältigen Verschluß, namentlich oberhalb, ist ein Verbrennen der Kohle wohl zu vermeiden, jedenfalls ist die Ersparung an Brennmaterial bei dieser Art des Ausglühens größer als der Vortheil, den man bei der Wiederbelebung in Töpfen durch größere Schonung der Kohle erlangen will.