Titel: Ueber ein neues Beleuchtungssystem, hauptsächlich für Dampfboote; von Gaudin.
Fundstelle: Band 99, Jahrgang 1846, Nr. LXXXVII., S. 358
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LXXXVII. Ueber ein neues Beleuchtungssystem, hauptsächlich für Dampfboote; von Gaudin. Aus den Comptes rendus, Januar 1846, Nr. 4. Gaudin, über ein neues Beleuchtungssystem. Ich beschäftige mich seit mehreren Jahren mit der Anwendung des Drummond'schen Lichtes und es ist mir endlich gelungen, dasselbe ohne Anwendung von Wasserstoffgas hervorzubringen, indem ich letzteres durch den Dampf von Aether oder Alkohol ersetze. Ich habe nach diesen Principien einen Beleuchtungsapparat construirt, welchen ich fanal sidéral nenne und der von der königlich französischen Marine sorgfältig geprüft wurde. Es hat sich dabei ergeben, daß man mit dieser Schiffslaterne (deren Leuchtkraft höchstens fünfzehn Kerzen gleichkommt) ein Schiff in Entfernung von einem Kilometer zu unterscheiden im Stande ist. Dieses Jahr wurde ich von dem Marineminister beauftragt, sie an den Dampfbooten der Flotte anzubringen, weßwegen ich mich nach Toulon begab; nachdem ich mich mit den Bedingungen dieser Aufgabe vertraut gemacht hatte, brachte ich an jeder Luckenklappe eine Laterne an, welche allen Wünschen der Commission entsprach; diesesmal mußte ich mich jedoch auf ein Licht beschränken, welches nicht so kräftig ist, durch stürmische Witterung nicht erlöscht und durch seinen Glanz die Schiffe und die Richtung ihres Laufs in jeder Entfernung anzeigen kann, während man sie bisher auf gut Glück dirigirte, indem man zum gegenseitigen Signalisiren nur Oellampen hatte, die jeden Augenblick auslöschen und nur einen schwachen Schimmer verbreiten. Wenn man Fregatten von 450 Pferdekrästen beobachtet hat und weiß, daß diese ungeheuren Massen sich mit einer Geschwindigkeit von zehn bis zwölf Knoten bewegen und wegen ihrer großen Länge dem Steuerruder nur sehr langsam gehorchen, so begreift man, welche Gefahr damit verbunden ist, daß man sich nicht deutlich und augenblicklich sehen oder signalisiren kann. Alle Capitäne versicherten mir, daß sie einem Zusammenstoßen sehr häusig kaum entgehen, und daß sie während der Nachtfahrten stets in Angst und Unruhe sind. Die fragliche Schiffslaterne besteht aus einem Sauerstoffbehälter, aus welchem das Gas unter dem Druck einer Quecksilbersäule von 3 bis 4 Millimeter in das Centrum einer Weingeistflamme ausströmt und zwar durch eine senkrechte Röhre, welche die Achse des Dochts bildet und oben mit einem sehr kleinen Loch versehen ist; der so erzeugte senkrechte Flammenpfeil bringt ein Magnesiakügelchen, welches an einem Platindraht befestigt ist, zu intensivem Weißglühen; endlich ist die Lampe mit einem parabolischen Reflector versehen, in dessen Brennpunkt sich das Kügelchen befindet und in eine sehr enge Laterne eingeschlossen, die an ihrem Vordertheil mit einem Planglas versehen ist. Für eine Beleuchtung, welche dem Licht von zehn Kerzen gleichkommt, verbraucht man stündlich 17 Liter Sauerstoffgas. Ich bin daher der Ansicht, daß diese Schiffslaterne sich auch bei den Locomotiven und Eilwagen als vortheilhaft erweisen dürfte, weil man damit den Weg vor sich auf mehrere hundert Meter beleuchten kann; deßgleichen dürfte sie bei den Nachttelegraphen eine nützliche Anwendung finden.