Titel: Ueber die Erzeugung des Avanturinglases; von Fremy und Clémandot.
Fundstelle: Band 99, Jahrgang 1846, Nr. CIX., S. 465
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CIX. Ueber die Erzeugung des Avanturinglases; von Fremy und Clémandot. Aus den Comptes rendus, Februar 1846, Nr. 8. Fremy und Clémandot, über die Erzeugung des Avanturinglases. Die Fabrication gefärbter Gläser hat in der letzten Zeit in Frankreich so große Fortschritte gemacht, daß die dortigen Glasfabriken wenigstens in vielen Fällen mit den böhmischen die Concurrenz bestehen. Ein Product konnte man jedoch bisher in Frankreich nicht erzeugen, nämlich das Avanturinglas, welches bis jetzt nur in Venedig dargestellt wird und dessen Bereitungsart vollkommen geheim gehalten wurde. Schöne Muster von venetianischem Avanturinglas sind sehr selten und werden sogar mit 200 Frcs. per Kilogramm bezahlt. In der Absicht das Geheimniß dieser Fabrication aufzufinden, haben wir zahlreiche Versuche in der Krystallglasfabrik zu Clichy angestellt und waren so glücklich Resultate zu erhalten, welche zwar noch nicht die letzte Vollkommenheit erreicht haben, aber doch hoffen lassen, daß man nun im Stande seyn wird das Avanturinglas in Frankreich darzustellen. Chemische Analysen, welche hauptsächlich von Wöhler und Barreswil angestellt wurden, ergaben, daß der venetianische Avanturin aus einem zarten Glase besteht, worin sich metallisches und krystallisirtes Kupfer suspendirt befindet. Um dasselbe darzustellen, handelte es sich also darum, Kupfer im geschmolzenen Glase krystallisiren zu lassen, so daß die metallischen Krystalle in der Glasmasse zerstreut bleiben. Wenn man nun bedenkt, wie leicht oxydirbar und schmelzbar das Kupfer ist und alle Umstände berücksichtigt, welche sich der Krystallisation des Metalls und der gleichförmigen Vertheilung seiner Krystalle im schmelzenden Glas widersetzen können, so begreift man, wie schwierig unsere Aufgabe war. Die Wahl der Verbindung, welche durch den Einfluß der Hitze metallisches Kupfer erzeugen mußte, war ebenfalls sehr schwierig; wir konnten keine Körper anwenden, welche, um Kupfer zu erzeugen, eine zu niedrige oder zu hohe Temperatur erfordert hätten, weil im erstern Falle das Metall sich vor dem Schmelzen des Glases zusammenballt, im zweiten Fall aber in Fluß kommt, sich vom Glase trennt und auf dem Boden des Hafens ansammelt. Auch darf sich das metallische Kupfer nicht in Folge von Reactionen bilden, wobei sich entweder viel Gas entwickelt oder aus dem Glase ein gefärbter und unauflöslicher Körper niederschlägt. Wir mußten also eine Verbindung ausmitteln, welche bei dem Schmelzpunkt des Glases metallisches Kupfer erzeugt. Nachdem wir ohne Erfolg die Wirkung verschiedener Metalle auf das durch Kupferoxyd gefärbte Glas versucht hatten, bemühten wir uns das Kupferoxydul durch andere niedere Metalloxyde, namentlich Eisenhammerschlag, zu reduciren. Der Eisenhammerschlag verwandelt in der Hitze das Kupferoxydul schnell in metallisches Kupfer, indem er selbst in Eisenoxyd übergeht. Diese Reaction schien uns zu unserem Zweck vollkommen geeignet; es entsteht dabei reines Kupfer, während ein Metalloxyd (Eisenoxyd) erzeugt wird, welches im Glase auflöslich ist und dasselbe nur schwach gelblich färbt. Die Bildung von kieselsaurem Eisenoxyd schien uns sogar ein glücklicher Umstand, weil dasselbe das Glas dichter macht und folglich die Ablagerung der metallischen Krystalle erschweren muß; in der That hat sich auch unsere Erwartung bei den Versuchen vollkommen bestätigt. Erhitzt man nämlich ein Gemenge von 300 Theilen gestoßenem Glase, 40 Theilen Kupferoxydul und 80 Theilen Eisenhammerschlag zwölf Stunden lang und läßt es dann sehr langsam erkalten, so erhält man eine glasige Masse, welche eine Menge Krystalle von metallischem Kupfer enthält. Der schwierigste Punkt bei der Fabrication des Avanturins, welcher darin besteht ein Glas zu erzeugen, das in seiner Masse glänzende und gleichförmig vertheilte Kupferkrystalle enthält, schien uns also vollkommen gelöst. Die Muster von Avanturin, welche wir der Akademie übergaben, sind zwar nicht ganz durchsichtig, was dem Glanze der metallischen Krystalle schadet und diese Krystalle scheinen uns auch nicht groß genug zu seyn, wir hoffen aber in kurzer Zeit vollkommen genügende Producte liefern zu können. Bei Vergleichung unseres Avanturins mit dem zu Venedig fabricirten, vermittelst eines guten Mikroskops, haben wir uns überzeugt, daß in beiden das Kupfer in regelmäßigen Octaëdern krystallisirt ist.