Titel: Ueber einige Farben-Extracte, welche in der Reichsgräflich Lippe'schen Extractfabrik zu Wittingau in Böhmen verfertigt werden, und deren vortheilhafte Verwendung in der Druck- und Färbekunst; von Dr. W. H. v. Kurrer.
Autor: Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND]
Fundstelle: Band 101, Jahrgang 1846, Nr. LXIV., S. 301
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LXIV. Ueber einige Farben-Extracte, welche in der Reichsgräflich Lippe'schen Extractfabrik zu Wittingau in Böhmen verfertigt werden, und deren vortheilhafte Verwendung in der Druck- und Färbekunst; von Dr. W. H. v. Kurrer. v. Kurrer, über einige Farben-Extracte. A. Von dem Rhamnin-Extract. Unter der Benennung Rhamnin-Extract wird ein gelbfärbendes Pigment dargeboten, welches als Ersatzmittel für die theuren orientalischen Gelb- oder Kreuzbeeren in den Druck- und Färbereien mit großem Vortheil verwendet werden kann. Dieser Extract ist das Product einiger einheimischen gelbfärbenden Pflanzen und erscheint in dicker syrupartiger Consistenz mit beiläufig nur 20 Proc. Wassergehalt. Um die fremdartigen Beimengungen, welche der Darstellung einer reinen gelben Farbe hinderlich sind, zu beseitigen, habe ich die Schwefelsäure als das beste Mittel gefunden. Fällungen mit thierischem Leim, mit Eiweiß, mit Aetzkalk oder Behandeln mit Weizenkleie lieferten mir weniger befriedigende Resultate, so daß ich die Schwefelsäure als dasjenige Agens erkenne, welches am geeignetsten seyn dürfte mit dem Rhamninpigment, wenn dasselbe in Gesellschaft mit mehr oder weniger Gelbbeerenpigment verwendet wird, die besten und dauerhaftesten, gelben und grünen, Dampffarben für den Baumwollen-, Halbwollen- und Mousselin de laine-Druck zu liefern, weil ohne einen verhältnißmäßigen Zusatz von Gelbbeerenpigment nie ein ganz genügendes Resultat zu erzielen ist. Nach mancherlei Versuchen habe ich ein Verfahren ermittelt, mit Rhamnin-Extract in verhältnißmäßiger Verbindung mit Gelbbeerenabsud Dampf- und Applicationsdruckfarben darzustellen, die in Beziehung auf Solidität und Lebhaftigkeit nicht hinter solchen stehen, welche bis jetzt mit dem gelben Farbstoff der Gelbbeeren meist allein, öfters auch in Gesellschaft von Gelbholz und Quercitronextract erzeugt werden. Mein Verfahren dergleichen Farben darzustellen, besteht in folgendem: Fällung der fremdartigen Bestandtheile aus dem Rhamnin-Extract durch Schwefelsäure.   4 1/4 Pfd. Rhamnin-Extract werden in einem kupfernen Kessel überdem Feuer in 20 3/4 Pfd. Wasser gelöst; nach der Auflösung bei 55° R. Wärme 16 Loth weiße, nicht rauchende Schwefelsäure mit 16 Loth Wasser verschwächt, die verdünnte Säure unter beständigemUmrühren nach und nach in die Extractauflösung eingerührt, inhölzerne oder steinerne Gefäße ausgegossen, erkaltet, über Nachtstehen gelassen, wonach den andern Tag die obenstehendeFlüssigkeit, mit Wasser bis auf 6° Baumé verschwächt, für denGebrauch der Farben verwendet wird. Bei dieser Operation verbindet sich die Schwefelsäure mit den fremdartigen Bestandtheilen, schlägt sich damit zu Boden, und es bleibt in der überstehenden Flüssigkeit das reinere Pigment aufgelöst zurück. Durch die Verbindung der Schwefelsäure mit den fremdartigen Bestandtheilen wird erstere so vollkommen gebunden, daß jede nachtheilige Wirkung auf die Faser der baumwollenen Gewebe aufgehoben wird. Verwendung des durch Schwefelsäure gereinigten Rhamnin-Extracts für Dampfgelb, Dampfgrün und Aetz- oder Beizgelb für Baumwollgewebe. Im Dampffarbendruck bedient man sich bald einer goldgelben, bald einer mehr ins Orange übergehenden Farbe. Diese beiden Farben werden auf folgende Weise zusammengesetzt. Goldgelb.   1 Maaß Rhamnin-Extract-Brühe, 6° Baumé,   1/4 Maaß Gelbbeerenbrühe, 4° B. mit 10 Loth Weizenstärke angerührt.   8 Loth gepulverter eisenfreier Alaun in 1/8 Maaß heißem Wasser gelöst, diefreie Säure des Alauns mit 1 Loth essigsaurem Natron neutralisirt in dieFarbe gegeben, dann verkocht, kalt gerührt,   2 Loth reines Zinnsalz in wenig Wasser gelöst, dann die freie Säure mit1/2 Loth essigsaurem Natron abgestumpft und die gelbe Farbe damitgeschärft. Statt dem Alaun kann man auch 3/8 Maaß essigsaure Thonerde von 10° B. nehmen und nach dem Erkalten die Farbe mit 1 1/2 Loth abgestumpftem Zinnsalz schärfen. Flüssiges Zinnchlorür mit essigsaurem Natron neutralisirt, läßt sich ebenfalls statt krystallisirtem Zinnsalz verwenden. Dampfgelb mehr in Orangefarbe übergehend. 1 Maaß Rhamninbrühe, 6° B., 1/2 Maaß Gelbbeerenbrühe, 4° B., mit 12 Loth Weizenstärke angerührt, dann 8 Loth Alaun wie vorhin abgestumpft und die Farbe nach dem Erkalten mit 1 1/2 Loth Zinnsalz in wenig Wasser gelöst, mit 1/2 Loth essigsaurem Natronneutralisirt, geschärft. Statt Alaun kann man auch 3/8 Maaß essigsaureThonerde nehmen und 1 1/2 Loth abgestumpftes Zinnsalz beibehalten.Abgestumpftes, flüssiges Zinnchlorür läßt sich ebenfalls statt Zinnsalzverwenden, wenn 2 Loth desselben in Anwendung gebracht werden Für dampfgrüne Farben ist die Zusammensetzung folgende: Dampfgrasgrün. 1/2 Maaß Rhamninbrühe, 6° B., 1/2 Maaß Gelbbeerenbrühe, 4° B., 1/8 Maaß Wasser, 1/4 Maaß essigsaure Thonerde, 10° B., 10 Loth gepulvertes blausaures Kali,   3 Loth gepulvertes Kleesalz, werden über dem Feuer warm gemacht, wenn dieSalze aufgelöst, mit 28 Loth fein gepulvertem Gummi verdickt, kalt mit2 Loth der untenstehenden Zinnauflösung geschärft. Dampfgrün mit einem Stich ins Bläuliche. 1/2 Maaß Rhamninbrühe, 6° B., 1/4 Maaß Gelbbeerenbrühe, 4° B., 1/8 Maaß Wasser, 1/4 Maaß essigsaure Thonerde, 10° B., 8 Loth gepulvertes blausaures Kali, 3 Loth gepulvertes Kleesalz werden über dem Feuer warm gemacht, wenn dieSalze aufgelöst, mit 24 Loth fein gepulvertem Gummi verdickt, dann ganzerkaltet mit 2 Loth der nachstehenden Zinnauflösung geschärft. Zinnauflösung für dampfgrüne Farben. In   3 Pfd. Salpetersäure, 34° B., mit 16 Loth Wasser verdünnt, wird   4 Pfd. krystallisirtes reines Zinnsalz aufgelöst. Manipulation. Die bereiteten Dampffarben läßt man zur innigen Vereinigung des Pigments mit den Salzen über Nacht stehen, druckt sie den andern Tag, hängt die gedruckte Waare 24 bis 36 Stunden auf, dämpft 25 Minuten lang, hängt wieder über Nacht auf, wonach die gedruckte Waare eine halbe Stunde im Fluß eingehangen, geschweift, leicht überdroschen, wieder geschweift, ausgewunden und im Schatten abgetrocknet wird. Die mit Rhamnin-Extract dargestellten gelben und grünen Farben zeichnen sich durch eine viel größere Dauerhaftigkeit aus, als die mit Gelbbeeren allein, oder mit Gelbbeeren und Gelbholz oder Quercitronextract erzeugten. Für mit Zinnbasis vorbereitete weiße baumwollene Gewebe, wo alle Farben für die Bildung des Musters bloß eingedämpft und nicht gefärbt werden, kann man sich ebenfalls der gelben und grünen Dampffarben, wie für den Eindruck zuvor in Krapp gefärbter Waare bedienen. Aetz- oder Beizgelb um Oliven- und andere Böden gelb zu ätzen 1 1/2 Maaß Rhamninbrühe, 6° B.,   1/2 Maaß Gelbbeerenbrühe, 4° B., mit   16 Loth Weizenstärke verkocht, kalt gerührt und mit 16 bis 24 Loth Zinnsalz,je nach der Tiefe der Grundfarbe, die zu ätzen ist, geschärft. Verwendung des mit Schwefelsäure behandelten Rhamnin-Extracts im Chaine Coton- und Mousseline de laine-Druck. Für Chaine Coton-Waare, in welcher die Kette aus Baumwolle und der Schuß aus Schafwolle besteht, können die gelben Dampffarben, welche im Baumwollendruck dienen, ebenfalls verwendet werden, wogegen die grüne Farbe der Baumwoll- und Wollenfaser zugleich entsprechend mit blausaurem Kali und Indigo-Carmin (Bleu soluble) auf folgende Art dargestellt wird. Es wird eine Mischung von 1/2 Maaß Rhamninbrühe, 6° B., mit 1/2 Maaß Gelbbeerenbrühe, 4° B. gemacht, in welcher   4 Loth Indigo-Carmin gleichförmig zertheilt werden. In der einen Hälftedieser Auflösung werden   8 Loth gepulvertes blausaures Kali gelöst und mit 24 Loth fein gepulvertem Gummi verdickt. In der andern Hälfte werden   8 Loth gepulverter eisenfreier Alaun gelöst, alsdann beide Auflösungenzusammengebracht, und nach gänzlichem Erkalten die Farbe mit 1 1/2 Loth Schwefelsäure und zuletzt mit 1/2 Loth salzsaurem Zinnoxyd (Zinnchlorid) geschärft. Je mehr Indigo-Carmin hinzugegeben wird, um so dunkler erscheint die grüne Farbe. Die gedruckte halbwollene Waare wird 30 Minuten lang gedämpft. Dampffarben für ganz schafwollene Stoffe. Für ganz schafwollene Stoffe (Mousseline de laine) werden die Druckfarben auf folgende Weise dargestellt. Schönes reines Dampfgelb.   3/4 Maaß Rhamninbrühe, 6° B.,   1/4 Maaß Gelbbeerenbrühe, 4° B., mit   8 Loth Weizenstärke verkocht, vom Feuer genommen und noch lauwarm 12 Loth gepulverter eisenfreier Alaun eingerührt. Noch lebhafter und intensivererscheint die gelbe Farbe, wenn derselben nur 8 Loth Alaun undnach gänzlichem Erkalten 2 Loth mit essigsaurem Natron neutralisirtesZinnsalz zugesetzt wird. Dampfgrün. 5/8 Maaß Rhamninbrühe, 6° B., 3/8 Maaß Gelbbeerenbrühe, 4° B., 1/8 Maaß Wasser, 6 Loth Alaun, 1 1/2 bis 2 Loth Indigo-Carmin werden über dem Feuer mit 20 Loth feingepulvertem Gummi verdickt, dann ganz erkaltet, mit 1 Loth Zinnchlorid geschärft. Je mehr der grünen Farbe im Verhältniß Indigo-Carmin zugesetzt wird, um so dunkler e scheint sie. Die gedruckte Mousseline de laine-Waare wird 30 Minuten lang gedämpft. Der Inhalt einer Maaß Flüssigkeit ist bei der Zusammensetzung aller vorstehenden Druckfarben zu 2 Pfd. 28 Loth Wiener Gewicht Wasser angenommen. Das Gewicht ist gleichfalls Wiener. Schließlich habe ich noch zu bemerken, daß bei Verwendung dieses Extracts gegen persische Gelbbeeren bei der Darstellung der verschiedenen Druckfarben ein reiner Gelbgewinn von 35 bis 50 Proc. resultirt. Anwendung in der Schafwoll- und Tuchfärberei. Mit Alaun, Weinstein und Zinnauflösung, oder auch mit Scharlach-Composition für sich allein angesottene Schafwolle oder Wollentuch nimmt mit dem Rhamninpigment ein schönes überaus lebhaftes und dauerhaftes Gelb an, daher es für Scharlach, gelbe und grüne Tücher, sowie für alle solche Farben zu empfehlen ist, wobei ein Pflanzengelb erforderlich wird. Das Rhamningelb fixirt sich mit der Schafwolle viel fester als Gelbholz- oder Quercitronpigment und gibt daher weit dauerhaftere Farben. Mit Alaun und Weinstein allein angesotten, wird hingegen nur eine Nankinfarbe erzeugt. Von dem Rhamnin-Extract kosten die 100 Pfd. Wiener Gewicht 90 Gulden Conventionsmünze und kann derselbe unter der Adresse Hrn. Fabrikdirector Schöne aus der Fabrik in Wittingau direct bezogen werden. B. Von dem Neu-Catechu. Das sogenannte Neu-Catechu, welches in der Fabrik zu Wittingau in trockener Gestalt bereitet wird, ist ein Pflanzenpigment, welches in den Fichten, Tannen und Kieferbäumen in flüssigem Zustande präexistirt. Als Handelsproduct erscheint es in Stücken von glänzend schwarzer Farbe, löst sich in heißem Wasser leicht auf ohne einen Rückstand zu hinterlassen, schmeckt süßlich-bitter, zusammenziehend, und besteht nach einer in der polytechnischen Anstalt zu Dresden angestellten Analyse in 100 Theilen aus: Eisengrünendem Gerbstoff 32,2 Gallussäure 35,0 Färb- und Extractivstoff 18,8 Rückstand an ungelöster Pflanzenfaser 12,0 In der böhmischen encyclopädischen Zeitschrift (daraus im polytechn. Journal Bd. XCVIII S. 335) befindet sich eine Abhandlung von Hrn. Professor Balling über Neu-Catechu und die Verwendung desselben in der Druck- und Färbekunst, an welche ich hier als Fortsetzung über diesen Gegenstand meine eigenen darüber kürzlich unternommenen Versuche im Baumwollendruck anreihe. Das Verfahren, dessen man sich bisher bediente, das Neu-Catechu in den Kattundruckereien analog dem ostindischen mit Kupfersalzen und Salmiak versetzt, aufzudrucken und zur Befestigung der Farbe die gedruckte Waare in einem sauren chromsauren Kalibade durchzunehmen, hat der gehegten Erwartung durchaus nicht entsprochen. Durch vergleichende Versuche habe ich gefunden, daß die mit Kupfersalzen und Salmiak geschärften Neu-Catechuaufdruckfarben, wenn sie in einem 45° R. warmen doppelt-chromsauren Kalibade durchgenommen werden, viel weniger als die ungeschärften sich in der Farbe dem ostindischen Catechu nähern und stets nur ein Braun mit einem starken Stich ins Graue erscheint. Mit ungeschärfter Neu-Catechubrühe von 8 bis 1 Grad Baumé herab und mit Gummi oder auch hellgebrannter Stärke Verdikt, lassen sich hingegen nach meiner Beobachtung von der dunkelsten bis zur hellsten Abstufung solide braune Farben erzeugen, wenn die damit bedruckten baumwollenen Gewebe in einem 45° R. warmen doppelt-chromsauren Kalibade passirt, nachher gleich rein gewaschen und abgetrocknet werden. Die Farbentöne mit ungeschärftem Neu-Catechu kommen denen des ostindischen Catechu am nächsten; sie eignen sich ganz vorzüglich für flache Bandstreifen, Deckmuster und für den so beliebten irisirten Druck, weil durch dieselben ganz weich anzufühlende gleichförmige Böden und breite Streifen erhalten werden, wenn die gedruckte Waare nach 24 Stunden bei 45° R. Wärme im doppelt-chromsauren Kalibade passirt wird. Nach der Entwicklung und Befestigung der Farben in diesem Bade wird sogleich gut gewaschen und abgetrocknet. In solchen Druckfabricaten lassen sich alsdann Dampfgrün, Dampfblau, Dampfgelb und Dampfoliven, so wie auch andere Dampf- und Waschfärben anbringen. Neu-Catechu kosten die 100 Pfd. Wiener Gewicht 14 Gulden Conventions-Münze. Ein Pfund desselben in 8 Pfd. heißem Wasser gelöst, liefert 9 Pfd. Flüssigkeit zu 4° Baumé. Anlangend die Verwendung des Neu-Catechu in der Schafwollen- und Seidenfärberei sind in einigen Werkstätten ebenfalls günstige damit unternommen worden, und zwar in der Schafwollenfärberei zur Hervorbringung der Drap-, braunen und Olivenfarben; für helle Drapfarbe grundirt man das Tuch mit Weinstein und färbt eine Stunde kochend im Neu-Catechubade. Um dunkle Drapfarben zu erhalten, wird die helle Drapfarbe gelüftet, nachher in einem Wasserbade, welchem auf 40 Maaß Wasser 2 Loth Grünspan zugesetzt werden, eine halbe Stunde lang gesotten. Für Dunkelbraun wird das Tuch mit Weinstein vorbereitet, dann 2 Stunden im Neu-Catechubade gekocht, hernach gerösteter Eisenvitriol hinzugesetzt, noch eine Stunde gekocht, die Farbflotte etwas abgekühlt, auf 40 Maaß derselben 1 Loth Soda zugegeben und abermals eine halbe Stunde lang gekocht. Wenn statt der Soda Potasche verwendet wird, erhält man eine dunkle Olivenfarbe. In der Seidenfärberei werden mit dem Neu-Catechu ins Gelbliche sich neigende silbergraue Nüancen bis ins Falbgraue übergehend erzielt, wenn auf ein Pfund Seide 2 Loth Farbmaterial in Anwendung gebracht, die Seide in der wässerigen Auflösung gebadet und nachher in einem kalten Wasserbade, dem einige Tropfen Essigsäure zugesetzt, durchgespült wird. Für steingraue Farbenabstufungen werden auf 1 Pfd. Seide 3 Loth Neu-Catechu genommen, die Seide in der wässerigen Flüssigkeit gebadet, dann gewaschen und zuletzt in einem essigsauren Eisenbade gegrünt. Braunschwarz wird erhalten, wenn dem mit 3 Loth Neu-Catechu bereiteten Bade ein Zusatz von 3 Loth Alaun, 2 Loth Indigoauflösung und der Decoct von 2 Loth. Campecheholz zugesetzt wird. C. Von dem schwarzen Seidengrund. Der unter dem Namen schwarzer Seidengrund zu Wittingau bereitete Extract erscheint in trockener Form, ist spröde, leicht brüchig, von dunkelbräunlich schwarzer Farbe, bitter zusammenziehendem Geschmack, und in heißem Wasser leicht löslich. Er besteht nach einem im Laboratorium der polytechnischen Anstalt zu Dresden angestellten Versuche in 100 Theilen aus: Eisenbläuendem Gerbstoff 45,7 Gallussäure 15,0 Färb- und Extractivstoff nebst Verlust   8,3 Rückstand an ungelöster Pflanzenfaser 31,3 Der schwarze Seidengrund ist das in concrete Gestalt gebrachte Product unseres einheimischen Eichensaftes; er wurde wie das Neu-Catechu durch den fürstlich Oettingen-Wallerstein'schen technischen Rath Hrn. Rietsch zuerst fabrikmäßig dargestellt, und bietet ein ganz vorzügliches Ersatzmittel für die theuern Galläpfel in der Färbekunst, hauptsächlich zum Schwarzfärben der Seide, so wie auch verschiedener Modefarben dar. In der Seidenfärberei nimmt er, wie die Resultate erweisen, welche die ausgezeichnetsten Seidenfärber in Wien, Leipzig und Dresden damit erhielten, eine wichtige Rolle besonders beim Schwarzfärben ein, für welches die geeignetste Basis das holzsaure Eisen ist, womit das schönste sogenannte Hamburger Schwarz in ausgezeichnetem Glanz und tiefer dauerhafter Farbe dargestellt werden kann, wobei die schätzenswerthe Eigenschaft nicht zu verkennen ist, daß die Gewichtsvermehrung der Seide durchs Färben gegen Campecheholz 40, gegen Knoppern 6 bis 10 Proc. beträgt, und wenn zwei Theile schwarzer Seidengrund auf ein Pfund Seide beim Färben verwendet werden, die Gewichtsvermehrung noch viel höher gestellt werden kann. Es lassen sich damit in der Seidenfärberei auch schöne Modefarben von Silberfarb, Isabelle, von Canel bis Lohbraun, dann von Kastanienbraun bis in dunkel Weichselbraun übergehend darstellen, wenn 1 Pfd. Seide mit zwei und mehreren Loth schwarzem Seidengrund kürzere oder längere Zeit gebadet, dann in einem Wasser durchgenommen werden, dem einige Tropfen Essigsäure zugesetzt sind. Graue Farben-Abstufungen bis ins tiefste Schwarz übergehend, erreicht man, wenn 1 Pfd. Seide in einem Bade mit 5 Loth schwarzem Seidengrund gekocht und nachher mit holzsaurem Eisen gebeizt wird. Je tiefer man den Ton wünscht, um so länger muß das Bad und um so concentrirter das Beizbad angewendet werden. Dieses Farbmaterial zeichnet sich noch dadurch in der Seidenfärberei vortheilhaft aus, daß damit die sämmtlichen Modefarben durch schwächere oder stärkere Bäder dargestellt und mit den hiefür geeigneten Agentien in den Nüancen viel leichter nach vorgelegten Musterproben zu erreichen sind, als dieses durch Mischungen anderer Pigmente, z.B. Gelbholz, Fisetholz, Campecheholz etc. für selbe Farbentöne der Fall ist. Auch in der Schafwollenfärberei wurden statt der Galläpfel, dem Sumach und den Knoppern glückliche Versuche gemacht, ein dauerhaftes Schwarz mit dem schwarzen Seidengrund darzustellen. Ein Schönfärber zu Budweis in Böhmen färbt in Mitwirkung desselben ein schönes tiefes Schwarz auf folgende Art: Ein Stück gut gereinigtes Wollentuch von 36 Wiener Ellen Länge, wird ohne alle Vorbeize in dem Absude von 5 Pfd. Campecheholz eine Stunde lang angesotten, herausgenommen, in demselben Bade 2 1/2 Pfd. schwarzer Seidengrund gelöst, das Tuch wieder hineingebracht, 1 1/2 bis 2 Stunden darin gekocht, und durch Zusatz von 2 Pfd. Eisenvitriol das Tuch in einem und demselben Bade ausgefärbt. Im Kattundruck habe ich mit dem schwarzen Seidengrund die nachfolgenden Resultate erhalten: Wenn dieses Farbmaterial mit Wasser auf 4° B. gestellt und mit Gummi, Salep oder hellgebrannter Stärke Verdikt aufgedruckt, nachher 24 Stunden lang aufgehangen, alsdann in einem 55° R. warmen Bade von gleichen Theilen doppelt-chromsaurem Kali und Kochsalz durchgenommen wird, erhält man eine schöne, dauerhafte Pamina-Modefarbe. Mit 3, 2 bis 1 Grad starker schwarzer Seidengrundbrühe werden in dem benannten Bade schöne Abstufungen von Fleischfarbentönen erhalten, die auf dieselbe Weise wie Neu-Catechu ohne Schärfung mit Vortheil verwendet werden können, weil die Farben sich ebenfalls durch große Weichheit und besondere Lüster auszeichnen, und wie bei Neu-Catechu nachher Dampf- und Waschfarben angebracht werden können. Ein Pfund trockener schwarzer Seidengrund in 7 Pfd. heißem Wasser aufgelöst, liefert 8 Pfd. Flüssigkeit von 4° B. Wenn dem Krapp- oder Garancinbade im Verhältniß etwas schwarzer Seidengrund in Wasser gelöst zugesetzt wird, so erscheint die schwarze Aufdruckfarbe (essig- oder holzsaures Eisen) tiefer als ohne Zusatz, ohne daß das Roth (essigsaure Thonerde) alterirt wird. Das Pigment des Krapps oder des Garancin schlägt sich dadurch weniger in den weißen Grund ein, daher beim Färben solcher Fabricate der schwarze Seidengrund ein Agens darbietet, ein intensives Schwarz zu erzeugen, ohne einem lebhaften Roth hinderlich zu seyn und der weiße Grund reiner erhalten bleibt. Schwarzer Seidengrund kosten die 100 Pfd. Wiener Gewicht 24 Gulden Conventionsmünze.