Titel: Ueber das Spratzen des Silbers; von H. Rose.
Fundstelle: Band 102, Jahrgang 1846, Nr. LVIII., S. 299
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LVIII. Ueber das Spratzen des Silbers; von H. Rose. Rose, über das Spratzen des Silbers. Folgendes ist ein Auszug der Abhandlung des Hrn. Prost H. Rose über diesen Gegenstand, welche in Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1846 Nr. 6 erschien. „Die Erscheinungen des Sprechens hat man bisher nur beobachtet, wenn die Oberfläche des Silbers mit Luft in Berührung war; sie können aber auch unter anderen Umständen stattfinden. Schmilzt man einen Regulus von reinem Silber unter einer Decke von Potasche oder von Kochsalz, oder von einem Gemenge von beiden Salzen, so findet man nach dem Erkalten und dem Zerschlagen des Tiegels den Regulus mit ebener blanker Oberfläche unter der Salzdecke. Wirft man aber auf die geschmolzene Masse einige Krystalle von Salpeter oder von salpetersaurem Natron und läßt langsam erkalten, so findet man, daß der Silberregulus unter der geschmolzenen Decke des Salzes auf dieselbe Weise gespratzt hat, als wenn das Silber allein, ohne Salzdecke, beim Zutritt der Luft geschmolzen und erkaltet wäre. Die Decke des Salzes hatte gewöhnlich eine Höhe, von drei bis vier Zoll. Da das specifische Gewicht der angewandten Salze mehr als das Doppelte vom Wasser ist, so war der Druck, unter welchem das Spratzen stattfand, außer dem der Atmosphäre, nicht ganz so bedeutend wie von einem Fuß Wasser oder von einem Zoll Quecksilber. Der Sauerstoff, welchen das Silber unter der Decke des Salzes aufgenommen hatte, ist ihm durch das salpetersaure Salz zugeführt worden. Es ist hiebei bemerkenswerth, daß der Sauerstoff aus demselben bis zu dem Silber auf dem Boden des Tiegels hat dringen können, da der Salpeter ein leichteres specifisches Gewicht hat, sowohl als Kochsalz wie auch als Potasche. Und wäre auch sein specifisches Gewicht etwas schwerer als das der genannten Salze, so würde doch während der Sauerstoffentwickelung der sich zersetzende Salpeter auf der Oberfläche des geschmolzenen Salzes erhalten werden. Die geschmolzenen Salze müssen sich daher wie zwei Salzauflösungen von ungleichem specifischen Gewicht innig mischen, wenn das salpetersaure Salz noch nicht allen Sauerstoff verloren hat, der aus demselben, wenn es nicht mit leicht verbrennlichen Körpern in Berührung gebracht wird, sich nur langsam entwickelt. Damit das Spratzen des Silbers unter einer dicken Salzdecke vor sich gehen kann, ist es nothwendig, daß dieselbe aus leicht schmelzbaren Salzen besteht, und daß das Silber früher erstarren kann, ehe dieselbe ihren flüssigen Aggregatzustand verliert. Vermehrt man nach dem Zusatz des salpetersauren Salzes das Feuer sehr stark, so findet man oft nach dem Erkalten den Regulus mit ebener Oberfläche. Dieß geschieht aber wohl nur dann, wenn das Spratzen schon stattgefunden hatte und der Regulus von neuem zum Schmelzen gebracht worden ist. Wenn Chlorsilber durch Schmelzen mit kohlensaurem Alkali reducirt wird, so hat der erhaltene Regulus stets eine vollkommen ebene Oberfläche. Man kann fragen, warum in diesem Fall kein Spratzen stattfindet, da bei der Reduction sich neben Kohlensäuregas auch Sauerstoffgas entwickelt, das von dem reducirten Silber aufgenommen werden könnte. Aber die Zersetzung des Chlorsilbers durch kohlensaures Alkali findet schon bei einer so niedrigen Temperatur statt, daß bei derselben nicht einmal das alkalische Chlormetall, noch viel weniger das Silber geschmolzen zu seyn braucht. Wenn die Temperatur darauf bis zu dem Punkt erhöht wird, daß das Silber zum Schmelzen gebracht wird, so ist lange vorher schon das Sauerstoffgas entwichen. Es findet daher auch kein Spratzen des Silbers unter einer dicken Salzdecke statt, wenn man auf die geschmolzene Masse eine Substanz wirft, die zu schnell Sauerstoffgas entwickelt, wie chlorsaures Kali. Ich habe vermittelst desselben unter denselben Verhältnissen, wie ich die salpetersauren Alkalien anwandte, nie ein Spratzen des Silbers bewirken können, auch wenn es in bedeutender Menge genommen wurde. Dahingegen kann das zweifach-chromsaure Kali ein Spratzen des Silbers veranlassen, wenn man Krystalle dieses Salzes in einen Tiegel bringt, in welchem feines Silber unter einer dicken Decke von Kochsalz zum Schmelzen gebracht worden ist. Es bildet sich hiebei Chromoxyd, das nach Auflösung des Kochsalzes und des entstandenen einfach-chromsauren Kali's als feine talkartige Schüppchen erhalten werden kann, welche den Blättchen von manchem Chloritschiefer ähnlich sind. Schmilzt man Silber unter einer breiartigen Salzdecke, so findet kein Spratzen statt, auch wenn dem Metall hinreichend Sauerstoff zugeführt wird. Wirft man z.B. gepulverten Braunstein auf geschmolzenes Kochsalz, das über einem Regulus von feinem Silber fließt, so lange, bis das Salz dadurch dickflüssig geworden ist, so findet man die Oberfläche des Silbers eben. Bisweilen indessen hatte der Regulus starke Verästelungen in die Höhe getrieben, die oft von der Länge eines Zolls waren. Aber diese gingen nur von dem Rande des Silbers aus, da, wo dasselbe die Wände des Tiegels berührte; die Oberfläche des Metalls war auch in diesem Fall eben. Vielleicht hatte der Braunstein, der gegen Kochsalz ein bedeutend hohes specifisches Gewicht hat, beim Hineinwerfen Silber in die Höhe getrieben, das dann sogleich erstarrt war. Hiebei fand immer ein Verlust an Silber statt. Ich sah mich daher genöthigt, eine Reihe von Versuchen über die Einwirkung des Kochsalzes auf metallisches Silber anzustellen. Die Erscheinungen, die hiebei stattfinden, sind von Einfluß für die Erfolge, die bei den Processen thätig sind, welche mancher Methode der Amalgamation der Silbererze vorhergehen. Schon Winkler hat gezeigt, daß das metallische Silber in der lichten Rothglühhitze das Kochsalz zerlegt, daß sich Chlorsilber bildet, und daß die Menge des sich bildenden Chlorsilbers mit der Zartheit des metallischen Silbers steigt, welches mit dem Kochsalze in Berührung kommt.Die europäische Amalgamation der Silbererze; von Winkler S. 176. Beim Rösten von feinem Plattsilber mit Kochsalz konnte er fast die ganze Menge des Metalls in Chlorid verwandeln; Silberfeile wurde aber nur zum Theil auf diese Weise verändert. Winkler gibt nicht an, welche Veränderung das Kochsalz, nachdem es das Chlor an das Silber abgetreten hat, erleidet. Plattner hat später diese Versuche wiederholt und bestätigt. Er röstete ferner Gemenge von fein zertheiltem Silber und Kochsalz theils mit einem großen Ueberschuß von Eisenoxyd, theils mit Kupferoxyd; es wurde aber durch diese Zusätze die Menge des sich bildenden Chlorsilbers nicht vermehrt. Ich habe die Versuche in Thontiegeln aus der Porzellanfabrik von Meißen mit gut passenden Deckeln angestellt, so daß der atmosphärischen Luft während des Versuchs nur ein sehr beschränkter Zutritt gestattet werden konnte. Wurde ein Silberregulus mit Kochsalz in einem solchen Thontiegel lange in einem Windofen geschmolzen, so verflüchtigte sich ein großer Theil des Kochsalzes; aber das geschmolzene Salz enthielt viel Chlorsilber, löste sich deßhalb in vielem Wasser zu einer milchigen Flüssigkeit auf, die durch Zusatz von Ammoniak klar wurde. Aus der klaren ammoniakalischen Lösung schlugen Säuren das Chlorsilber wiederum nieder. Der Silberregulus hatte an Gewicht verloren. Je länger das Schmelzen fortgesetzt wurde, desto größer war natürlich dieser Gewichtsverlust. Ein Regulus von 27,8 Grammen, mit 4 Loth Kochsalz 2 1/2 Stunden bei sehr starker Hitze geschmolzen, hatte sich um 0,75 Gramme, also um 2,7 Proc. vermindert. Während dieses langen Schmelzens war das Kochsalz vollständig verflüchtigt worden; der Regulus hatte nicht gespratzt, wahrscheinlich wohl, weil die letzten Theile des Salzes sich verflüchtigt hatten, als das Metall schon angefangen hatte zu erstarren. Bei Versuchen, bei welchen das Erhitzen nicht so lange fortgesetzt wurde und nur ein Theil des Kochsalzes sich verflüchtigt hatte, war der Gewichtsverlust nicht so bedeutend. Ein Silberregulus von 27,05 Gr., mit 8 Loth Kochsalz geschmolzen, hatte einen Gewichtsverlust von 0,35 Grammen, also von 1,29 Proc. erhalten. Derselbe, noch einmal mit 6 Loth Kochsalz geschmolzen, wog 0,3 Gramme weniger, der Gewichtsverlust betrug also 1,12 Proc. In beiden Fällen war zwar die Auflösung des Kochsalzes stark milchig und es setzte sich aus ihr viel Chlorsilber ab, aber sie zeigte sich gegen die Reagenzpapiere nicht im mindesten alkalisch. Die filtrirte Auflösung gab, mit salpetersaurer Quecksilberoxydulauflösung im Uebermaaß versetzt, nur, wie reine Kochsalzauflösung, einen vollkommen weißen Niederschlag. Andererseits entwickelte der geschmolzene Silberregulus, mit Wasser in Berührung gebracht, durchaus keine Gasbläschen, so daß man fragen kann, auf welche Weise sich das Natrium abgeschieden hat. Offenbar hat sich dasselbe als Natron mit den entweichenden Dämpfen des Kochsalzes verflüchtigt. Dieß ist wenigstens glaublicher, als daß es mit der Masse des Tiegels ein Silicat gebildet hat. Jene Ansicht wird dadurch wahrscheinlicher gemacht, daß die Bildung des Chlorsilbers durch Schmelzung von Kochsalz und Silber vermehrt wird, wenn man in der schmelzenden Masse die Oxydation des Natriums begünstigt. Ein Silberregulus von 38,9 Grammen wurde mit 8 Loth Kochsalz geschmolzen; in die geschmolzene Masse wurde Braunstein geworfen. Der Gewichtsverlust des Silbers betrug 0,7 Gramme oder 1,8 Proc. Der procentische Verlust wäre unstreitig noch höher ausgefallen, wenn eine geringere Menge des Silbers angewandt wäre, denn gewiß ist hiebei, um eine größere Menge von Chlorsilber zu erhalten, die Masse des Silbers gleichgültiger, als die des Kochsalzes und als die Dauer des Schmelzens. Das Kochsalz hatte sehr viel Chlorsilber aufgenommen, aber die filtrirte Auflösung zeigte sich auch in diesem Fall nicht im mindesten alkalisch, auch hatte sich nicht die geringste Spur von Chamaeleon minerale gebildet. Die ganze Menge des Natrons war also im Entstehungsmomente abgeschieden worden. Die gleichzeitige Anwesenheit von Natron und von Chlorsilber in der geschmolzenen Masse ist auch insofern nicht gut möglich, da beide bekanntlich sich augenblicklich auf trocknem Wege zersetzen. Die Bildung des Chlorsilbers wird also nur dadurch bedingt, daß das Natron in dem Maaße abgesondert wird, als es entsteht. Wird Silber mit Kochsalz geschmolzen und in die geschmolzene Masse Krystalle von salpetersaurem Natron geworfen, so hat man freilich auch einen, wiewohl geringen, Verlust von Silber. Aber dieser Verlust rührt von dem Spratzen des Silbers her, wodurch sehr kleine Metallkügelchen beim Zerschlagen des Tiegels eingesprengt in der Salzmasse gefunden werden. In derselben ist kein Chlorsilber aufzufinden; sie reagirt auch in der Auflösung stark alkalisch. Eben so wenig bildet sich Chlorsilber, wenn ein Silberregulus mit einem Gemenge von Kochsalz und kohlensaurem Natron geschmolzen und in die geschmolzene Masse salpetersaures Natron geworfen wird. Der Gewichtsverlust des Silbers ist unbedeutend, beträgt kein halbes Procent und entsteht durch eine Menge von kleinen, schon mit den Augen, besser durch die Lupe, sichtbaren Silberkügelchen, die durch das Spratzen in die Salzmasse gedrungen sind. Eben so wie das Silber kann auch das Kupfer das Kochsalz zersetzen. Wird reines Kupfer unter einer Kochsalzdecke geschmolzen, so entweichen die Kochsalzdämpfe mit azurblauer Flamme; die zurückbleibende Salzmasse aber sieht fast wie reines geschmolzenes Kochsalz aus. In Wasser aufgelöst, gibt sie eine etwas milchige Trübung, aber reagirt nicht alkalisch. Sie löst sich klar in Ammoniak, die Auflösung ist schwach blau, aber durchs Stehen wird die blaue Farbe intensiver. In dem Kochsalz ist also Kupferchlorür enthalten. Schmilzt man eine Legirung von Silber und von Kupfer mit Kochsalz, so wird nur, selbst wenn das Silber in der Verbindung vorwaltet, Kupferchlorür, nicht Chlorsilber gebildet und das Kupfer schützt das Silber gegen den Angriff durch das Salz. Ich wandte zu diesen Versuchen 12löthiges Silber (preußische Thaler) an. Die Auflösung der Salzmasse ist auch in diesem Fall nie alkalisch. Aber die Verflüchtigung des Kochsalzes und die Bildung des Kupferchlorürs ist weit beträchtlicher, wenn der Versuch in Thontiegeln, als in hessischen Tiegeln angestellt wird. Offenbar wird diese Wirkung durch die größere Porosität der Thontiegel hervorgebracht. – Ein preußischer Thaler, mit 6 Loth Kochsalz im Thontiegel geschmolzen, zeigte einen Verlust von 0,43 Grammen, oder von 1,93 Proc. – Die Legirung, noch einmal mit 7 Loth Kochsalz in einem hessischen Tiegel ungefähr eben so lang geschmolzen, gab einen Verlust von nur 0,15 Grammen oder von 0,69 Proc. Die Erscheinungen, welche Kupfer und Wismuth beim Erstarren zeigen, haben zwar mit dem Spratzen des Silbers Aehnlichkeit, aber die Ursache ist, wie schon Karsten bemerkt, eine andere als beim Silber. Beim Gold hat man nie ein Spratzen bemerken können, auch mir gelang es nicht, die Erscheinung hervorzubringen, als ich Gold unter einer Decke von Potasche und Kochsalz schmolz und Salpeter auf die geschmolzene Masse warf. Auch beim Erstarren großer Massen von Quecksilber zeigte sich keine Erscheinung, welche Aehnlichkeit mit dem Spratzen des Silbers hatte.“