Titel: Ueber die Anordnungen, wodurch man den Einfluß des schädlichen Raums bei den Dampfmaschinen vollständig oder theilweise aufheben kann; von Hrn. Combes.
Fundstelle: Band 105, Jahrgang 1847, Nr. I., S. 1
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I. Ueber die Anordnungen, wodurch man den Einfluß des schädlichen Raums bei den Dampfmaschinen vollständig oder theilweise aufheben kann; von Hrn. Combes. Aus den Comptes rendus, 1er semest. 1847 Nr. 10. Combes, über die Anordnungen, wodurch man den Einfluß des schädlichen Raums bei den Dampfmaschinen vollständig oder theilweise aufheben kann. Der Raum, welcher zwischen dem am Ende seines Weges angelangten Kolben einer Dampfmaschine, dem Cylinderboden und der Zulassungsöffnung begriffen ist, schadet wegen des Dampfs, welcher sich darin aufhalten muß, ehe der anfängliche Druck gänzlich auf den Kolben ausgeübt wird; er kann sogar das Mitreißen flüssigen Wassers durch den Dampf, welcher sich darin mit großer Geschwindigkeit niederschlägt, begünstigen. Man vermindert letztern Uebelstand, indem man die Schieber so regulirt, daß die Verbindung mit dem Condensator vor dem Ende des Kolbenlaufs unterbrochen wird; der schädliche Raum bleibt alsdann mit Dampf gefüllt, welcher dichter als derjenige im Condensator ist. Damit aber sein Einfluß bei den eincylindrigen Maschinen gänzlich aufgehoben würde, müßte 1) die Expansion des bewegenden Dampfs so weit getrieben werden, bis seine Spannung gleich derjenigen im Condensator wird; 2) die Verbindung mit dem Condensator in dem Augenblick unterbrochen werden, wo die aus dem schädlichen Raum und dem Rest des Kolbenlaufs zusammengesetzte Capacität zu der Capacität des schädlichen Raums in demselben Verhältniß stünde wie der anfängliche Druck zum Druck im Condensator. Bei einer Maschine wo der anfängliche Druck 3 Atmosphären betrüge, der Druck im Condensator 2/10 Atmosphären, und der schädliche Raum 1/20 von dem durch den Kolbenlauf erzeugten Volum, müßte die Expansion des Dampfs im Cylinder bis auf 2/10 Atmosphäre getrieben werden, daher man den Dampf nur während 1/50 des Kolbenlaufs zulassen dürfte; und die Verbindung mit dem Condensator müßte unterbrochen werden, sobald der Kolben die 2/10 seines Weges zurückgelegt hätte. Es ist praktisch unmöglich, diesen Bedingungen bei den eincylindrigen Maschinen mit Condensator zu entsprechen. Anders aber verhält es sich bei den einfach-wirkenden Dampfmaschinen; bei diesen ist der Raum, welcher den bewegenden Dampf enthält, niemals in directer Verbindung mit dem Condensator, von welchem er durch den Kolben und das Gleichgewichts-Ventil isolirt ist. Während des rückgängigen Kolbenlaufs ist der Cylinder nicht in Verbindung mit dem Condensator, und man brauchte bloß das Gleichgewichts-Ventil nach einem leicht zu bestimmenden Bruchtheil des Kolbenlaufs zu schließen, damit der Dampf im schädlichen Raum bis zum anfänglichen Druck comprimirt würde. So müßte man bei einer einfach-wirkenden Maschine, wo der schädliche Raum 1/20 von dem durch den Kolbenlauf erzeugten Volum wäre und der Inhalt des Gleichgewichts-Rohrs 1/15 vom Gesammt-Volum des Cylinders, in der Voraussetzung daß der anfängliche Druck des Dampfs 3 Atmosphären beträgt und die Expansion bis auf 1/2 Atmosphäre getrieben wird, das Gleichgewichts-Ventil schließen, wann der Kolben die 0,73 seines Weges zurückgelegt hätte. Der Dampf würde während des achten Theils des Kolbenlaufs zugelassen. Es ist klar, daß wenn zwei einfach wirkende Maschinen so miteinander verkuppelt würden, daß sie wie eine einzige doppelt-wirkende Maschine auf eine Welle wirken, deren Bewegung durch ein Schwungrad regulirt wird, durch das Schließen der Gleichgewichts-Ventile an den erwähnten Stellen des rückgängigen Laufs der Kolben der Einfluß der schädlichen Räume vollständig verschwinden müßte; letztere wären nach dem Oeffnen des Ventils mit Dampf von dem anfänglichen Druck gefüllt; man würde bei jedem Kolbenaufgang nur die in den Cylinder eingelassene Dampfmenge verdichten. Der Widerstand, welcher durch die Compression des Dampfs am Ende des Kolbenniedergangs erzeugt wird, würde durch die Expansion desselben Dampfs bei dem folgenden directen Aufgang gänzlich ausgeglichen. Bei den in Cornwallis gebräuchlichen einfach-wirkenden und nicht verkuppelten Maschinen wird der Dampf ebenfalls gegen das Ende des Kolbenniedergangs im schädlichen Raum comprimirt, nämlich durch das Gewicht der Pumpenstangen; aber der Druck dieses Dampfs, welcher lediglich dem Gewicht dieser Stangen das Gleichgewicht hält, bleibt nothwendig unter dem anfänglichen Druck: der Einfluß des schädlichen Raums wird folglich nur zum Theil aufgehoben. Um bei den sogenannten Woolf'schen oder zwei-cylindrigen Dampfmaschinen den Einfluß des schädlichen Raumes im kleinen Cylinder zu vernichten, braucht man nur die Verbindung zwischen den entgegengesetzten Enden des kleinen und des großen Cylinders abzusperren, wann ersterer noch genug Dampf enthält um diesen Raum mit Dampf vom anfänglichen Druck zu füllen. Die Stellung des Kolbens, bei welcher die Absperrung stattfinden muß, hängt in jedem Falle nur von der Größe des schädlichen Raumes ab und von dem Bruchtheil des Kolbenwegs, während dessen die Zulassungs-Oeffnung offen blieb. Nachdem so der Zufluß des Dampfs in dem geeigneten Augenblick unterbrochen ist, kann von Seite der schädlichen Räume kein anderer Kraftverlust mehr stattfinden als derjenige, welcher von der Expansion des Dampfs herrührt, wenn man am Anfang jedes Kolbenaufgangs die entgegengesetzten Enden der zwei Cylinder in Verbindung setzt, und dieser Kraftverlust läßt sich noch vermindern, wenn man in den Verbindungs-Röhren Dampf von einem höheren Druck einschließt als er auf den großen Kolben am Ende seines Wegs stattfindet. Dieses Vertheilungs-System wurde bei einer von Farcot construirten zweicylindrigen Maschine von 20 bis 30 Pferdekräften in Anwendung gebracht. Der Austritt des Dampfs aus dem kleinen Cylinder kann durch ein System von drei Kolben aufgehalten werden, welche an derselben Stange befestigt und sämmtlich in einem verticalen Cylinder enthalten. sind. Diese Kolben werden in den geeigneten Augenblicken durch eine einfache Vorrichtung verdrängt. An jedem Ende des großen Cylinders befinden sich zwei Ventile mit doppeltem Sitz: das eine, zum Eintritt des Dampfs, ist am Ende des Canals angebracht welcher vom kleinen Cylinder kommt; das andere, für den Austritt des Dampfs, ist am Ende eines weiten Rohrs angebracht welches in den Condensator ausmündet. Nach den Dimensionen dieser Maschine muß der Uebergang des Dampfs von dem kleinen in den großen Cylinder bei 8/10 des Kolbenwegs unterbrochen werden, wenn man den Dampf in den kleinen Cylinder während des ganzen Kolbenweges einläßt; bei 6/10 wenn der Dampf während der Hälfte des Kolbenlaufs eingelassen wird; bei 4/10 wenn der Dampf während des vierten Theils des Kolbenwegs zugelassen wird. Ueberdieß sollte man das Eintritts-Ventil des Dampfs in den großen Cylinder, welches sich am Ende des Verbindungs-Rohrs befindet, sogleich schließen, nachdem der Uebergang des Dampfs abgesperrt ist, damit das Verbindungsrohr mit Dampf gefüllt bleibt dessen Spannung größer als der zuletzt stattfindende Druck ist, und auch damit der Kraftverlust durch die Expansion des Dampfs (bei Herstellung der Verbindung zwischen den entgegengesetzten Enden der zwei Cylinder) so klein als möglich ist. Für einen anfänglichen Druck von 3 Atmosphären, einen Druck im Condensator von 1/10 Atmosphäre, welcher einer Temperatur von 46° C. entspricht, und eine Dampfzulassung während ein Viertel des Wegs vom kleinen Kolben, ergibt die Berechnung für die Kraft, welche bei gleichem Dampfaufwand auf die Kolben übertragen wird, für die mit dem neuen System versehene Maschine einerseits und andererseits für diejenige, wobei dieses System unbenutzt bleibt, Zahlen, welche sich zu einander wie 105,8 zu 100 verhalten. Die Vortheile, welche durch das neue System erzielt werden, wachsen übrigens mit der Größe der Expansion und mit dem Verhältniß des anfänglichen Drucks des zugelassenen Dampfes zum Druck im Condensator. Die Ersparniß dürfte in der Praxis noch größer seyn als sie die Berechnung ergibt, weil in dem Augenblick des Oeffnens der Zulassungsöffnungen comprimirter Dampf im schädlichen Raum vorhanden ist – ein vortheilhafter Umstand.