Titel: Ueber das Aetherisiren der Bienen; von Hrn. Thiernesse, Professor an der Veterinärschule zu Paris.
Fundstelle: Band 105, Jahrgang 1847, Nr. CVI., S. 455
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CVI. Ueber das Aetherisiren der Bienen; von Hrn. Thiernesse, Professor an der Veterinärschule zu Paris. Aus dem Moniteur industriel, 1847, Nr. 1158. Thiernesse, über das Aetherisiren der Bienen. Die Idee, die Bienen zu ätherisiren, um den von ihnen erzeugten Honig sammeln zu können, ohne sie zu tödten, hatte zuerst Hr. Defays, Repetitor an der Veterinärschule zu Brüssel. Er hatte sich damit unterhalten, die Drohnen zu ätherisiren und dabei gefunden, daß diese Insecten durch die Dünste des Schwefeläthers sehr leicht zum Erstarren zu bringen sind. Er wußte wohl welchen bedeutenden Verlust man jährlich bei der Bienenzucht durch die Zerstörung der Schwärme hat, deren Honig man ausnehmen will und kam so auf den Nutzen, welchen man aus dem Aetherisiren ziehen könnte. Ich kaufte, um hierüber Versuche anzustellen, einen Bienenkorb, und benutzte zum Einleiten des Aetherdunstes den sehr einfachen Apparat des Hrn. Defays. Dieser Apparat besteht aus einem Glasballon, dessen einzige Tubulatur mit einem Kork verstopft ist, durch welchen zwei Glasröhren gehen, deren eine bis auf den Boden des Gefäßes, in die darauf befindliche Aetherschicht hinabreicht, die andere aber nur ein paar Zoll unter den Stöpsel hinabgeht, und die sich beide außerhalb des Ballons umbiegen, erstere in stumpfem Winkel, um leicht in den Mund des Operateurs zu gehen, und die zweite in rechtem Winkel, um horizontal, durch einen angepaßten Stöpsel hindurch, in eine der Oeffnungen des Bienenkorbs hineinzulaufen, dessen andere Oeffnung man vorher nur unvollkommen verschloß, damit die Luft beständig eindringt, ohne daß die Bienen heraus können. Um den Aether in Dunstform in den Korb gelangen zu lassen, brauchte man nur durch die bis auf den Boden des Ballons hinabgehende Röhre Luft einzublasen. Am Anfang dieser (um 8 Uhr Abends vorgenommenen) Operation, d.h. während der ersten Secunden, kamen die Bienen in Bewegung und ließen ein sehr starkes Summen vernehmen, welches dann immer schwächer wurde, bis es vor Verlauf einer Minute beinahe ganz aufhörte. Nun wurde der Bienenkorb aufgehoben; der ganze Schwarm lag auf dem Brett, auf welchem der Korb stand, erstarrt. Keine einzige Biene war in den Scheiben geblieben. Man konnte folglich diese herausnehmen und den Honig bequem daraus ziehen; allein wir beschränkten uns bei diesem ersten Versuch daraus, die Bienen in ihrer Betäubung zu beobachten; nachdem nun nach ungefähr 1/4 Stunde noch keine davonzufliegen Miene machte, wurde der Korb wieder über sie gestürzt. Nun weiß ich zwar nicht, wie viel Zeit noch verstrich, bis sie von ihrer Erstarrung wieder auflebten; am andern Morgen aber waren sie so lebendig und kräftig wie vorher. Ich werde diese Versuche fortsetzen. Sollte sich, wie zu hoffen ist, die Anwendbarkeit der Aetherisirung bei der Bienenzucht bewähren, so wäre damit der Landwirthschaft ein großer Dienst erwiesen. In England bedient man sich des Wasserdunstes, um die Bienen zum Erstarren zu bringen und den Honig ausnehmen zu können, ohne sie ersticken zu müssen, wie dieß letztere in Belgien und Frankreich zu geschehen pflegt. Allein jenes Verfahren hat seine Uebelstände. Durch das Einleiten von Wasserdämpfen in die Bienenkörbe werden die Flügel der Bienen feucht und dadurch die Bienen bisweilen auf ziemlich lange Zeit außer Stand gesetzt ihre Ausflüge zu machen, was dann immer den Verlust einer mehr oder weniger großen Anzahl von Individuen jeden Schwarms zur Folge hat. Es ist dieß aber nicht die einzige schlimme Folge; die Scheiben müssen durch den Wasserdampf auch feucht werden, und die Feuchtigkeit kann, wegen des mangelnden Luftzugs im Korb, nur schwer verdunsten und verursacht alsdann den Schimmel, welcher der Gesundheit der Bienen schädlich ist und die Entwickelung einer Krankheit (galerie de la cire) zur Folge hat. In Deutschland bringt man die Bienen durch Räuchern mit Tabak zum Erstarren, sowohl um ihnen andere Körbe geben und den Honig sammeln zu können, als auch zuweilen um die Verschmelzung zweier Schwärme, die zu schwach sind, um getrennt erhalten zu werden, zu bewerkstelligen. Man kennt dieses Mittel auch in Belgien, macht aber nicht viel andern Gebrauch davon, als um einen Schwarm von einem Korb in einen andern zu versetzen. Außerdem, daß der Tabakrauch die Gesundheit der Bienen und die Honigproduction benachtheiligen kann, ist es auch ziemlich schwer, ihn in den Korb eindringen zu machen. Es scheint demnach das Aetherisiren vor den übrigen Verfahrungsweisen den Vorzug zu verdienen für alle, welche die Bienenzucht aus Speculation betreiben. Da die Unschädlichkeit des Aetherisirens der Bienen erwiesen ist, so leuchtet ein, daß es ein Vortheil ist, den Schwarm, welchen man seines Honigs beraubt, zu erhalten, nicht nur damit er vor dem Ende der Saison noch einen neuen Schwarm erzeuge, sondern auch, weil er durch seine Beraubung zur Erzeugung neuer Mengen Honigs getrieben wird. Denn bekanntlich trachten die Bienen, durch ihren Institut getrieben, Wintervorräthe zu sammeln und sie schleunigst wiederherzustellen, wenn ihnen ein Theil derselben entzogen wurde.