Titel: Ueber den Traubenzucker (Glucos); von Dubrunfaut.
Fundstelle: Band 107, Jahrgang 1848, Nr. LXXXVI., S. 358
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LXXXVI. Ueber den Traubenzucker (Glucos); von Dubrunfaut. Aus den Annales de Chimie et de Physique, Oct. 1847, S. 178. Dubrunfaut, über den Traubenzucker. Dumas gab mehreren Zuckersubstanzen von undeutlicher oder warzenförmiger Krystallisation den Namen Glucos (glucose). Dieser Körper, gleichviel ob aus Früchten, Honig, diabetischem Harn oder aus Stärke und Holzfaser (durch geeignete Behandlung mit Schwefelsäure) gewonnen, ist immer identisch. Das durch Einwirkung des Malzes auf Stärke zuerst von mir dargestellte Glucos wurde als mit den erwähnten Traubenzuckerarten identisch betrachtet, bis Biot durch optische Beobachtungen im Malzglucos ein größeres Drehungsvermögen, obgleich von derselben Richtung, zu beobachten glaubte. So fand Biot daß ein schönkrystallisirtes und durch Alkohol gereinigtes Glucos, welches von Jacquelain auf eigenthümliche Art dargestellt worden war, eine doppelt so große Drehung besitzt, als Traubenglucos. Durch Bereitung eines Malzglucos und dessen Reinigung mittelst Alkohols nach der von Guérin angegebenen Methode, war ich im Stande dessen Eigenschaften, namentlich die optischen, welche bisher nur an unreinen Producten beobachtet worden waren, aufs Neue zu ermitteln. Dieser Zucker scheint, wie der aus Trauben, eine rhomboedrische Gestalt zu haben, nimmt wie dieser, beim Krystallisiren an Volum zu, liefert bei der Gährung dieselbe Menge Alkohol, erleidet aber die in der vorstehenden Abhandlung angeführte Wahlgährung nicht. Er ist in Alkohol etwas weniger löslich als der Zucker aus Trauben, und wird durch Kochen mit Wasser und durch Alkalien weniger verändert. Sein Drehungsvermögen ist dreimal größer als das des Traubenzuckers. In der frischen Auflösung zeigt er nicht, wie der letztere, eine andere Drehung als diejenige, welche er einige Stunden nach der Auflösung besitzt. Man wird sich nämlich aus meinen Beobachtungen (polytechn. Journ. Bd. CII S. 304) erinnern, daß das Traubenglucos und verwandte Zuckerarten zur Zeit ihrer Auflösung in Wasser eine zweimal so starte Drehung haben, als einige Stunden später. Malzzucker, lange genug mit Schwefelsäure gekocht, erzeugt einen mit dem Traubenglucos vollkommen identischen Zucker. Derselbe Zucker ist das gährungsfähige erste Product der Einwirkung von Säuren auf Stärke und das Endproduct der Einwirkung kleberartiger, stickstoffhaltiger Materien auf dieselbe Substanz. Man findet ihn in den Producten der freiwilligen Zersetzung der Stärke, welche von Saussure untersucht wurden; ferner als gährungsfähiges Product bei Kirchoff's schönem Versuche; so auch bei meiner Methode der Zuckerbildung aus Kartoffelstärke durch Malz und Aufgüsse desselben; endlich bildet er die Basis der gährungsfähigen Abkochungen von Getreidekörnern etc. Der von Jacquelin dargestellte und von Biot untersuchte Stärkezucker mit doppelter Rotation ist bloß ein Gemenge zu gleichen Theilen von zweierlei Glucosarten, mit einfacher und dreifacher Drehung. Diese beiden zusammen in Gährung versetzten Zuckerarten zeigen bei der optischen Prüfung die Eigenschaften eines einfachen Zuckers, d.h. sie erleiden durch die geistige Gährung keine Wahlzerlegung. Wenn man die Drehung verschiedener unmittelbar oder mittelbar gährungsfähigen Substanzen, welche durch Veränderung der Kartoffelstärke entstehen, mißt und diese Drehungen auf Gewichte dieser Zuckerarten bezieht, welche eine gleiche Menge Alkohol zu erzeugen vermögen, so gelangt man zu einem Resultat, welches für das Studium der optischen Reactionen nicht ohne Interesse ist. Denn nimmt man nach dieser Methode das Rotationsvermögen des seit einiger Zeit aufgelösten Traubenglucos als Einheit an, so wird das Rotationsvermögen desselben Glucos, sogleich nach seiner Auflösung beobachtet, = 2 seyn; der Malzzucker wird ein Drehungsvermögen = 3 haben. Das Dextrin endlich, welches verschiedene gährungsfähige Körper zu erzeugen vermag, sogleich nach dem Flüssigwerden der Kartoffelstärke durch den Malzaufguß beobachtet, wird unter gleichen Umständen ein Drehungsvermögen = 4 haben. Die Alkoholäquivalente dieser wohl bestimmten, von der Kartoffelstärke abgeleiteten Producte besitzen also Drehungsvermögen, die, mit Biot's Apparat gemessen, unter sich in bestimmten Verhältnissen wie die Zahlen 1, 2, 3 und 4 sind.