Titel: Ueber die Anwendbarkeit und Vorzüge enger Schornsteine für Dampfkessel-Oefen.
Fundstelle: Band 108, Jahrgang 1848, Nr. LVI., S. 261
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LVI. Ueber die Anwendbarkeit und Vorzüge enger Schornsteine für Dampfkessel-Oefen. Ueber die Anwendbarkeit und Vorzüge enger Schornsteine für Dampfkessel-Oefen etc. Seit einer Reihe von Jahren werden in Wien die sämmtlichen Privat- und öffentlichen Gebäude mit engen Rauchschlotten gebaut, welche der k. k. Hofbaurath Hr. Paul Sprenger zuerst einführte; die Anlage derselben gewährt entschiedene Vorzüge, und während die bei älteren Gebäuden schliefbaren achtzehnzölligen Rauchfänge zuweilen bei verschiedenen Witterungsverhältnissen rauchen, nämlich den Rauch nicht durchlassen und ihn in der entgegengesetzten Richtung durch die Ofenthüren treiben, ist dieser Fall bei einem richtig angelegten runden und engen Schlotte niemals vorgekommen. Auch ist seit Jahren in Wien kein Neubau aufgeführt worden, wobei nicht ausschließend enge Rauchfänge angetragen wurden. Diese Erfahrungen führten natürlich auf die Ansicht, daß die sehr hohen und weiten Schornsteine industrieller Unternehmungen, denen gewöhnlich schwarze, dichte Rauchwolken entsteigen, und deren Errichtung man bei Kesselfeuerungen zum Betriebe von Dampfmaschinen etc. für unerläßlich hielt, durch mehrere enge, runde Rauchschlotte ersetzt werden könnten, welche weit niedriger sind, den First der Dächer der Werkgebäude nicht weit zu überragen brauchen, und in einer nicht bedeutenden Mauerdicke Platz finden, dadurch geringere Baukosten veranlassen, und dem ökonomischen Verbrennen förderlich sind. In der letzten Zeit bot sich den Mitgliedern der Abtheilung für Baukunst (des niederösterreichischen Gewerbvereins) eine schickliche Gelegenheit dar, solche Feuerungsanlagen mit mehreren engen Schlotten, eine im Bahnhofe zu Grätz, die andere im Bahnhofe zu Pesth, jede für eine zwölfpferdige Dampfmaschine, wirklich zur Ausführung zu bringen, welche dem erwarteten Erfolg vollkommen entsprachen. Bauanlage im Grätzer Bahnhofe. Zur Speisung der Hochdruck-Dampfmaschine am Grätzer Bahnhofe, welche mit Dämpfen von 4 bis 5 Atmosphären arbeitet, sind seit drei Jahren zwei Dampfkessel, jeder für 12 Pferdekräfte berechnet, aufgestellt und haben bisher ununterbrochen ohne Störung ihren Dienst versehen. Die Kessel bestehen aus Cylindern von 29 1/2 Wiener Zoll Durchmesser, mit zwei Bouilleurs, jeder von 13 Zoll Durchmesser und einer vom Feuer berührten Länge von 15 und 14 1/2 Fuß. Die gesammte Feuerfläche jedes Kessels beträgt 144 Quadratfuß, daher 12 Quadratfuß für jede Pferdekraft. Der Rauch- oder Feuerzug eines jeden Kessels mündet in zwei enge runde Schlotte von 12 Zoll Durchmesser und einer Höhe von 43 1/2 Wiener Fuß, von der Sohle an gemessen. Je zwei Schlotte eines Kessels haben ein gemeinschaftliches Register an der Stelle, wo sich der Rauch noch nicht zu den beiden Schlotten spaltet. Der Verbrauch an Braunkohle ist im Durchschnitte per Woche von 6 Arbeitstagen, zu 13 Arbeitsstunden, 150 Cntr. der bekannten Voitsberger Braunkohle (bituminösem Holze), und 1/4 Klafter 30zölligen weichen Holzes zum Anheizen, d. i. 16 Pfd. Braunkohle per Stunde und Pferdekraft. Die Verbrennung bei dem Kessel geschieht trotz des schlechten Brennstoffes lebhaft, und Rauch wird bloß bei dem Aufschütten frischer Kohle, sowie bisweilen bei feuchtem Wetter sichtbar. Der Werk-Director der Haupt-Reparaturwerkstätte ist mit der Leistung der engen Schornsteine vollkommen zufrieden. Wenn man die angeführten Daten vergleicht, und berücksichtigt, daß diese engen Schornsteine unter keinen günstigen Umständen aufgeführt sind, indem die Braunkohle von geringer Qualität ist und zu ihrer Verbrennung viel Zug erfordert wird, überdieß die Kessel an jedem Tage durch 11 Stunden nicht geheizt werden, so muß die Anwendung der engen Schornsteine als vollkommen gelungen und nachahmungswerth erkannt werden. Bauanlage im Pesther Bahnhofe. Die Bauanlage der engen Schornsteine im Pesther Bahnhofe für zwei Dampfmaschinen, jede von 12 Pferdekräften, ist folgende: Zu jedem der drei Dampfkessel gehören zwei Rauchfänge, jeder von 12 Zoll Durchmesser, also zusammen sechs, von 56 Fuß Höhe, welche unten durch Register abzusperren sind. Die Dampfkessel selbst sind cylindrisch von 18 1/2 Fuß Länge, 4 1/2 Fuß Durchmesser, und durch dieselben führt ein 19zölliges Feuerrohr. Die Größe des Feuerrostes beträgt circa 9 Quadratfuß; die Länge nämlich 3 Fuß 9 Zoll, die Breite 2 Fuß 6 Zoll. Vor der Hand arbeitet bloß Eine Dampfmaschine, und diese nur mit 6 Pferdekräften bei 2 1/2 Atmosphären Dampfdruck, indem der Bau der gesammten Werkstätten noch nicht vollendet ist. Nach einem Berichte des dortigen Maschinen-Directors ist während der Feuerung dieses Dampfkessels kein Rauch bei der oberen Mündung des Schornsteines sichtbar, und mit der Leistung dieser Feuerung erklärt sich derselbe vollkommen zufrieden. Bisher hat man nur mit Holz gefeuert, und es werden in 11 Arbeitsstunden, bei der Arbeitsleistung von 6 Pferdekräften, 9/16 Klafter 30zölliges hartes Holz consumirt, was für 1 Pferdekraft per Stunde noch nicht 1/125 Klafter 30zölliges Holz beträgt. Diesen Resultaten zufolge gehört die in Rede stehende Anlage zu den ökonomischsten Leistungen bei Kesselfeuerungen; es darf aber hiebei nicht unerwähnt bleiben, daß einen großen Antheil an dieser Oekonomie die Hochdruckmaschinen mit variabler Expansion nach der Mayer'schen Construction haben. Nach den Leistungen der beiden genannten Kesselfeuerungen, deren eine mit Braunkohle, die andere mit Holz betrieben wird, ist man berechtigt der industriellen Welt die Anlage enger Rauchfänge bei Kesselfeuerungen als vortheilhaft anzuempfehlen, zum mindesten innerhalb der Gränzen, welche die beiden vorliegenden Feuerungsanlagen zeigen. Es ist unzweifelhaft, daß eine längere und mehrseitige Erfahrung die Dimensionen der Rauchfänge und der übrigen wesentlichen Theile der Feuerungsanlagen noch zweckmäßiger bestimmen wird, als dieselben aus den vorliegenden zwei Beispielen abgeleitet werden können40); durch die bisher gewonnenen günstigen Resultate ist aber immerhin in der vorliegenden Frage ein bedeutender Fortschritt gemacht. (Aus zwei Berichten des Hrn. P. Sprenger in den Verhandlungen des niederösterreichischen Gewerbvereins, 14tes Heft, 1848.)