Titel: Ueber den Farbendruck auf Papier; von Hrn. Jomard.
Fundstelle: Band 108, Jahrgang 1848, Nr. LXXVII., S. 366
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LXXVII. Ueber den Farbendruck auf Papier; von Hrn. Jomard. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Juni 1847, S. 325. Jomard, über den Farbendruck auf Papier. Am Anfange unseres Jahrhunderts fühlte man bei Herausgabe des Werkes über die Expedition nach Aegypten das Bedürfniß einer verbesserten Vervielfältigung colorirter Bilder. Die Aufgabe war, eine richtige Vorstellung der damals in Europa noch unbekannten ägyptischen Malereien zu geben. Die Gegenstände, wenn gleich in flachen Farben (ohne Schattirungen) gemalt, boten wegen der Schönheit und Mannichfaltigkeit der Töne dennoch Schwierigkeiten dar. Die größte Genauigkeit und die Vervielfältigung bis zu 1000 Exemplaren waren erforderlich, was damals nicht bewerkstelligt werden konnte, wegen der Unvollkommenheit der Punctur und der schlechten Beschaffenheit der Druckfarben. Doch wurde das Werk mit einem colorirten Blatt zum ersten Band begonnen, welches mittelst vier Platten gedruckt wurde. Der damit beauftragte Conté strebte nach besseren Verfahrungsweisen; er starb aber im Jahr 1805; die Aufgabe fiel nun andern zu. Insbesondere mußte man vermeiden, daß Töne durch ihr Aufeinandertreffen sich verdoppelten. Man muß wissen, daß die ägyptischen Malereien auf einem mehr oder weniger hellen, einfarbigen Grund angebracht und die Figuren am Rand durch einen sehr deutlichen, gewöhnlich rothen Strich begränzt sind. Die Farben sind ein glänzendes Dunkelblau, ein lebhaftes Roth, ein dem Chromgrün ähnliches Grün, Gelb und Weiß etc. Der Director der oben erwähnten Arbeiten faßte den Plan: 1) den Grundton durch eine, mittelst der Gravirmaschine mit gedrängten Linien bezogene Platte hervorzubringen, um dann das auf diese Weise mit einem schwachen gleichmäßigenGedruckte Parallelstriche von einem hellen Ton erscheinen dem Auge wirklich nur wie ein ganz gleichförmiger Farbenton. Ton versehene Papier mit den andern Theilen des Gegenstandes zu bedrucken; 2) mittelst einer zweiten Platte das auf die Kupferplatte aufgetragene Roth und Blau zu drucken; 3) und dann den rothen Strich zur Begränzung der Umrisse zu drucken. Dadurch reducirte er die Schwierigkeit der Puncturen auf einen einzigen Abzug; um den Zweck aber sicherer zu erreichen, ließ er sehr feine Puncturen machen und die Abdrücke auf halb-trockenem Papier ausführen. Das Grün wurde mittelst einer, auf das Blau aufgetragenen, gelben Farbe von Hand hervorgebracht das leichteste, was man sich denken kann; Weiß, wenn solches zu geben war, wurde durch den hellen Ton des Grundes hervorgebracht. Der Drucker mußte auf die Genauigkeit der Punctur die größte Sorgfalt verwenden. Auf diese Weise wurden 5 bis 6 Farben sehr schnell und mit sehr geringen Kosten erhalten; die Abzüge waren alle höchst übereinstimmend; die Platte für den Grund war nicht zu rechnen und so waren in der That nur zwei Platten und zwei Abzüge die ganze Arbeit. Für die Farben wurden die besten im Handel vorkommenden ausgewählt. Soviel über den Druck mit flachen Farben (ohne Schattirung); für andere Gegenstände wie Thiere, Vögel, Pflanzen, Felsarten u.s.w. mußte man ein anderes Verfahren anwenden. Diese naturhistorischen Gegenstände in 300 Exemplaren von großen Dimensionen mit der gehörigen Sorgfalt von Malern ausführen zu lassen, wäre zu kostspielig gewesen. Man bediente sich einer einzigen Kupferplatte, welche in punktirter Manier mit dem Grabstichel oder der Roulette gravirt wurde. Man malte alle Hauptfarben auf das Kupfer, und hierauf erst wurden die Nebentöne aufgetragen und endlich die Ausarbeitung vorgenommen. Zweierlei Coloristen (bloße Illuminirerinnen) hatten diese oder jene Töne nach einer speciellen Vorlage auszuführen, welche für jede Classe dieser Coloristen anders und von dem fertigen Muster sehr verschieden war. Die erste Classe verrichtete eine nur vorbereitende Arbeit, die zweite eine etwas schwierigere; zuletzt kam der Maler, welcher nur noch die letzte Hand anzulegen und nach dem Original der Malerei die Vollendung zu geben hatte. Auf diese Weise erhielt man große und schöne Blätter mit sehr wenig Kosten, welche sonst 10–20mal soviel Zeit und Geld gekostet und am Ende doch nur falsche Vorstellungen gegeben hätten. Ungefähr ebenso wurde für Blumen verfahren. Die Kunst mit mehreren Farben zu drucken, ist sehr alt. Die Bibliothek in Paris besitzt solche polychrome Kupferstiche vom 16ten und selbst vom löten Jahrhundert. Die Farben darauf sind immer flach. Auch die geologische Karte von Frankreich wird in der National-Buchdruckerei in flachen Farben ausgeführt. In Deutschland, sowie auch in Frankreich, werden schon lange mehrfarbige Karten ausgeführt, entweder um auf diese Weise die Straßen, den Lauf der Canäle, die Eisenbahnen etc. zu bezeichnen, oder um durch flache Töne die Umgränzung von Gegenden, Provinzen, statistische Andeutungen oder geologische Schichten auszudrücken. Als Beispiel könnte die Raffelsberg'sche Karte von Europa und zahlreiche andere genannt werden; mehr als 6–7 Farben wurden aber sowohl beim Druck mit Metallplatten, als beim Steindruck schwerlich angewandt. Der Druck mit 26 Platten und 26 Farben mit mathematisch genauem Zusammentreffen, wie derselbe in der National-Druckerei zu Paris stattfindet, ist sonach ein wirklicher Fortschritt, durch welchen bei naturgeschichtlichen und andern Gegenstände die ins kleinste gehenden Unterscheidungsmerkmale ausgedrückt werden können. Doch ist dieses Verfahren immer nur für gleichförmige Töne z.B. rein conventionelle geologische Angaben anzuwenden, niemals aber in den schönen Künsten und zur Reproduction eigentlicher Malerei.