Titel: Vergleichung der Producte der Melkkuh und des Mastochsen in volks- und landwirthschaftlicher Beziehung; von H. Durand in Caen.
Fundstelle: Band 110, Jahrgang 1848, Nr. LXXXI., S. 432
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LXXXI. Vergleichung der Producte der Melkkuh und des Mastochsen in volks- und landwirthschaftlicher Beziehung; von H. Durand in Caen. Aus den Comptes rendus, Jul. 1848, Nr. 5. Durand, über die Producte der Melkkuh und des Mastochsen. Um von unseren Weiden die größtmögliche Menge von Nahrungsstoffen zu erzielen, ist es nicht genug auf einem Stück Boden die größtmögliche Menge Gras zu erzeugen, sie zur zweckmäßigsten Zeit des Wachsthums und in solcher Menge als Futter zu reichen, daß das Vieh vollkommen genährt werde; sondern es muß auch eine Auswahl unter den Thieren getroffen werden, durch deren Vermittelung diese Stoffe an uns gelangen. Wir haben es hier nur mit dem Rinde zu thun. Diese Thiergattung bildet für uns zweierlei Apparate, indem sie die in den Weiden enthaltenen nützlichen Stoffe zu unserer Benützung in Form von Milch oder von Fleisch an uns liefern. Welcher von diesen beiden Apparaten aber gewinnt uns aus derselben Menge Gras die größte Menge Nahrungsstoffe? Diese Frage beabsichtige ich in Gegenwärtigem zu beantworten. Die Kuh und der Ochs mit welchen ich diese vergleichenden Versuche anstellte (von der race cotentine), waren erst 6 Jahre alt und wogen erstere 560 Kilogr., letzterer 545 Kilogr. Die Producte beider wurden nur vom 1. Mai an bis zum 1. Aug. mit einander verglichen. Während dieser Zeit befanden sich diese Thiere auf der Weide, wo sie Futter nach ihrem Geschmack in hinreichender Menge fanden. Die Milch der Kuh wurde jeden Tag gemessen und der Ochs von Zeit zu Zeit gewogen. Rechnet man alle Milch, welche die Kuh in den Monaten Mai, Juni und Juli gab, zusammen, so beträgt sie 1779 Liter. Der Ochs welcher am 1. Mai 545 Kil. gewogen hatte, wog am 5. Juni 605 Kil., am 15. Jul. 665 Kil. und am 1. August 679 Kil. Er nahm sonach in 92 Tagen um 134 Kil. zu. Die 1779 Liter Milch enthielten 82 Kil. Caseïn mit Inbegriff der unauflöslichen Salze, 64 Kil. Butter und 92 Kil. Milchzucker einschließlich der auflöslichen Salze. Nehmen wir an, der Ochs habe in seinen Geweben die Hälfte der Fettsubstanz aufgenommen, welche die Kuh in ihrer Milch gab, so bleiben noch 102 Kil. fettloses Fleisch übrig, die, in der Art ausgetrocknet daß alles freie Wasser entfernt wird, kaum mehr das Viertheil ihres ursprünglichen Gewichts darstellen. Der Ochs gab mithin nur halb soviel Fettsubstanz und nicht ganz das Drittheil der stickstoffhaltigen Substanz, welche von der Kuh erhalten wurde; ferner gab letztere noch 90 Kil. einer andern Substanz, welche größtentheils aus Milchzucker besteht, der als Nahrungsstoff dem Zucker gleichkommt. Hinsichtlich des Unterschieds in der Menge der von den zwei Thieren gelieferten Producte entstand nun die Frage: entweder verzehrt die Kuh, unter übrigens ganz gleichen Umständen, mehr Nahrungsstoffe als der Ochs, oder, wenn dieses nicht der Fall ist, so zieht sie einen viel größern Nutzen aus denselben. Um durch Versuche und Beobachtungen diese Frage zu entscheiden, war nöthig: 1) eine Analyse der festen und flüssigen Excremente beider Thiere; 2) die Ermittelung der von beiden in 24 Stunden verzehrten Menge Futters. Der Mist des Ochsen und der Kuh, unter gleichen Umständen untersucht, enthielten beinahe gleiche Mengen Wassers, gleiche Mengen Gras-Ueberreste und auch gleiche Mengen in Aether auflöslicher Substanz; der Harn beider enthält ziemlich gleich viel Harnstoff und hippursaures Kali. Die Kuh verzehrte im Durchschnitt täglich noch einmal soviel Gras als der Ochs und gab auch ungefähr das doppelte Gewicht Mist. Der Unterschied der erhaltenen Resultate erklärte sich also durch die Verschiedenheit in den Quantitäten des von den beiden Thieren verzehrten Futters. So lange sich der grasende Ochs noch in den ersten 3–4 Monaten seiner Mästung befindet, zieht er also einen ebenso großen Nutzen aus seinem Futter wie die Melkkuh. Vergleicht man aber den Mastochs und die Melkkuh hinsichtlich des Nutzens, welchen der Landwirth aus ihnen ziehen kann, so findet man, daß diese viel mehr einträgt als jener. Von jedem Gesichtspunkt aus betrachtet, ist also eine gute Melkkuh das vortheilhafteste Mittel, um aus den Weideplätzen die in ihnen enthaltenen Nahrungsstoffe zu ziehen.