Titel: Ueber den Proceß der Sodabereitung; von Bodo Unger.
Fundstelle: Band 111, Jahrgang 1849, Nr. LXXI., S. 335
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LXXI. Ueber den Proceß der Sodabereitung; von Bodo Unger. Im Auszug aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1848, Bd. LXVII Heft 1. Unger, über den Proceß der Sodabereitung. Die Versuche, welche der Verf. in seiner früheren Abhandlung (polytechn. Journal Bd. CIV S. 50) mittheilte, wurden angestellt um das Verhalten der Körper, welche die Beschickung für rohe Soda ausmachen, bei verschiedenen Graden der Glühhitze zu studiren, oder um die Producte der Einwirkung von Kohle auf Glaubersalz und von Glaubersalz auf Kreide kennen zu lernen. Auf diesem Wege fortschreitend, hat der Verf. weiter untersucht, was aus Glaubersalz, Kreide und Kohle wird, wenn sie, innig gemengt, einer steigenden Hitze ausgesetzt werden; dabei hat sich ergeben, daß die Beschickung durch bloßes Glühen sich keineswegs in rohe Soda verwandeln läßt, und daß unter den Gasen des Flammofens, welche die Fabrikanten auf die Beschickung einwirken lassen, es der Wasserdampf ist, welcher die Erzeugung von roher Soda möglich macht. I. Ueber die Veränderungen, welche die Sodabeschickung in steigender Hitze erfährt. Ein Gemisch aus 100 Theilen wasserfreiem Glaubersalz, 100 Kreide und   55 Kohle von Buchenholz wurde in einem bedeckten hessischen Schmelztiegel eine Stunde lang einer Temperatur ausgesetzt, welche nicht sehr viel unter dem Schmelzpunkte von reinem Silber lag. Nach dem Erkalten wurde die Masse, welche sich in der Mitte des Tiegels befand, herausgenommen und zur Untersuchung verwendet. Ebenso wurde mit einem andern Theile der Beschickung verfahren, nur mit dem Unterschiede, daß die Temperatur dem Schmelzpunkte des Silbers noch näher kam, und ferner mit einem dritten, vierten, fünften und sechsten Theile bei stufenweise gesteigerter Hitze. Der Inhalt des sechsten Tiegels wurde am stärksten geglüht und zwar bei einer Temperatur, bei welcher Kupfer zu erweichen beginnt. Die geglühten Massen waren nicht geschmolzen und hatten alle das nämliche Ansehen; dieß kam daher, weil die angewandte Kohle zu einem so zarten Staube zerrieben war, daß sie, die kleinsten Theile von Kreide und Glaubersalz ganz umhüllend, ihr Zusammenschmelzen verhinderte. Bei der großen Hitze, welcher insbesondere die letzterwähnten Beschickungen ausgesetzt wurden, hätte sonst das Ganze zusammenschmelzen müssen. Die gedachten Massen sollen in Nachstehendem mit den Zahlen 1 bis 6 bezeichnet werden, so daß Nr. 1 das am schwächsten, Nr. 6 das am stärksten geglühte Product bedeutet. Die Untersuchung der geglühten Massen erstreckt sich allein auf die gebildeten Natronsalze; der dabei eingeschlagene Gang war folgender: 15 Gram. davon wurden mit kaltem Wasser so lange digerirt, bis die Natronsalze sich aufgelöst hatten, die aus einfach und zweifach Schwefelnatrium, kohlensaurem, unterschwefligsaurem, schwefelsaurem und ätzendem Natron bestanden. Schwefligsaures Natron war nie zugegen. A. Von der in 3 Theile getheilten Lösung wurde der erste Theil 5 Minuten lang mit lockerem, reducirtem Silber gekocht, dann von demselben abgegossen, zur Verwandlung des Schwefelnatriums in Natron mit Kupferoxyd rasch aufgekocht, filtrirt und mit einer Schwefelsäure neutralisirt, von welcher 10 Kubikcentimet. 1 Gramm trockenen kohlensauren Natrons sättigten. Der abgelesene Bürettengrad (1 Grad = 1 Kubikcentimet.), durch 10 getheilt, zeigt wie viel Gramme kohlensauren Natrons die Flüssigkeit enthalten würde, wenn neben kohlensaurem Natron auch Natron und Schwefelnatrium in kohlensaure Salze verwandelt wären. War das Silber bei der Digestion schwarz geworden – ein Zeichen daß die Lösung zweifach Schwefelnatrium enthielt – so wurde es bei 100° getrocknet und gewogen, darauf durch Glühen der Schwefel ausgetrieben und die Gewichtsabnahme ermittelt; die Differenz aus beiden Wägungen gibt die Hälfte des Schwefels an, welcher in 5 Gramm. der geglühten Masse mit Natrium zu zweifach Schwefelnatrium verbunden ist. In einer Auflösung von einfach Schwefelnatrium bleibt Silber im Kochen weiß. B. Der zweite Theil der Auflösung wurde mit überschüssigem Chlorsilber kalt geschüttelt; das Chlorsilber verwandelt das Schwefelnatrium in Kochsalz und wird zu Schwefelsilber. Das kohlensaure und ätzende Natron bleibt unverändert, so lange man nicht erhitzt. War unterschwefligsaures Natron in der Flüssigkeit, so bleibt es mit Chlorsilber verbunden in Auflösung. Die Flüssigkeit wurde abfiltrirt und mit der erwähnten Probesäure neutralisirt; der abgelesene Bürettengrad durch 10 getheilt, gibt an, wie viel Gramme kohlensauren Natrons die Flüssigkeit enthalten würde, wenn neben dem kohlensauren Natron auch das ätzende Natron in kohlensaures Salz verwandelt wäre. Zur Bestimmung des unterschwefligsauren Natrons wurde die neutrale Flüssigkeit mit Schwefelnatrium gefällt, das Schwefelsilber abfiltrirt, getrocknet, durch Glühen zu Silber reducirt, das Silber aber gewogen. Ein Aequivalent Silber entspricht einem Aequivalent des unterschwefligsauren Natrons. C. Der dritte Theil der Lösung wurde zur Umwandlung des Schwefelnatriums in Natron mit Kupferoxyd gekocht, das Filtrat zur Zersetzung des kohlensauren und schwefelsauren Salzes im Sieden mit Chlorbarium gefüllt, die abfiltrirte Lösung aber mit Salzsäure neutralisirt, von welcher 10 Kubikcentimeter einen Gramm trocknen kohlensauren Natrons sättigen. Der abgelesene Bürettengrad, durch 10 getheilt, gibt an, wie viel Gramme kohlensauren Natrons die Flüssigkeit enthalten würde, wenn Natron und Schwefelnatrium in kohlensaure Salze umgewandelt wären. Zur Bestimmung des schwefelsauren Natrons wurde der Niederschlag, welchen Chlorbarium erzeugt hatte, nachdem er ausgewaschen war, im Sieden mit Salzsäure versetzt, der schwefelsaure Baryt abfiltrirt, ausgewaschen, geglüht, gewogen, und aus seinem Gewicht der Gehalt an Glaubersalz berechnet. Die Bestimmung der Natronsalze auf dem angegebenen Wege, mit Ausnahme des Glaubersalzes, erfordert etwa 3 Stunden Zeit. In Betreff der vorgedachten drei Neutralisationsproben mit titrirter Säure ist folgendes zu bemerken: Zieht man die bei C gefundene Zahl von der bei A gefundenen ab, so erhält man die Zahl für das kohlensaure Natron; diese zweimal genommen, gibt den Gehalt an kohlensaurem Natron in 100 Theilen der geglühten Masse an. Zieht man die so gefundene Zahl von der bei B gefundenen ab, so erhält man die Zahl für das Aetznatron, welche, 1,17mal genommen, den Gehalt an Aetznatron in 100 Theilen der geglühten Masse anzeigt. Zieht man endlich die bei B gefundene Zahl von der bei A gefundenen ab, so erhält man die Zahl für das Schwefelnatrium, welche, 1,47mal genommen, den Gehalt an Schwefelnatrium in 100 Theilen der jeglichen Masse anzeigt. Die Bestimmung des zweifachen Schwefelnatriums, des unterschwefligsauren Natrons und des schwefelsauren Natrons ergibt sich aus dem oben Angeführten von selbst. Nach diesem Verfahren wurde für die 6 genannten Proben folgende Zusammensetzung gefunden: 1. 2. 3. 4. 5. 6. kohlensaures Natron 10,0 14,2 25,8 14,0   7,0   0,2 Natron   0,5   0,7   1,9   7,0   7,0   8,3 Schwefelnatrium   0,3   0,6   0,9   6,9 11,8 15,8 zweifaches Schwefelnatrium   0   0   0,1   0,0   0,0   0 unterschwefligsaures Natron   0   0   0,4   0,6   0,9   1,6 schwefelsaures Natron 26,5 23,2 10,3   3,5   3,2   1,6 Dieser Tabelle zufolge wächst mit zunehmender Hitze der Gehalt an ätzendem Natron, Schwefelnatrium und unterschwefligsaurem Natron; das zweifache Schwefelnatrium tritt in so geringer Menge auf, daß es übergangen werden kann. Den Gehalt an kohlensaurem Natron bezeichnet die Tabelle als wachsend bis zur Silberschmelzhitze, darüber hinaus aber wieder als abnehmend. Die Tabelle gibt indessen nicht in Wahrheit den Gehalt an ätzendem und kohlensaurem Natron in den geglühten Massen an, weil in Folge der Hitze, welcher die Beschickungen ausgesetzt waren, nothwendig die Kreide oder ein Theil derselben in kaustischen Kalk verwandelt seyn mußte, das kohlensaure Natron aber vollständig kausticirt wird, wenn es, in kaltem Wasser aufgelöst, mit einem Ueberschuß von kaustischem Kalk zusammenkommt. Um deßhalb zu erfahren, wieviel faustisches Natron in einer der geglühten Massen enthalten sey, wurde nach Erhitzung bis auf 130° C. durch Glühen mit chromsaurem Bleioxyd die Quantität Wasser bestimmt, welche das Natron aufgenommen haben mußte, da es bei seiner Bildung ohne Zweifel mit Wasserdampf in Berührung gewesen war. 2,113 Gramme geglühter Masse vom Versuch 6 gaben 0,006 Wasser oder 0,3 Proc. Da die 8,3 Proc. Natron, welche die Tabelle angibt, mit 2,1 Proc. Wasser zu Natronhydrat hätten verbunden seyn müssen, der gefundene Wassergehalt indessen nur den siebenten Theil davon beträgt, so ist anzunehmen, daß ätzendes Natron in den Glühproducten nicht wesentlich enthalten war. Demnach bestanden die löslichen Salze in 100 Theilen aus: 1. 2. 3. 4. 5. 6. kohlensaurem Natron 10,8 15,4 29,0 26,0 19,0 14,4 einfachem Schwefelnatrium   0,3   0,6   0,9   6,9 11,8 15,8 unterschwefligsaurem Natron 0 0   0,4   0,6   0,9   1,6 schwefelsaurem Natron 26,5 23,2 10,3   3,5   3,2   1,6 Sowie aber das ätzende Natron erst durch das Uebergießen der Glühproducte mit Wasser gebildet wurde, so konnte das gefundene Schwefelnatrium oder ein Theil desselben durch Einwirkung des aufgelösten kohlensauren Natrons auf das Schwefelcalcium entstanden seyn; wir müssen nämlich annehmen, daß der Gyps, welcher beim Glühen der Beschickung durch Umsetzung des Glaubersalzes und der Kreide gebildet wurde, durch die umgebende Kohle eine theilweise Reduction erlitt. Der Verfasser untersuchte das Zersetzungsverhältniß zwischen Natron und Schwefelcalcium in verdünnter kalter Lösung und fand, daß bei einem Ueberschuß von letzterem ungefähr der vierte Theil vom Natron in Schwefelnatrium verwandelt wurde. Gesetzt nun, das in der Tabelle aufgeführte Schwefelnatrium wäre zum vierten Theile durch die Einwirkung der Natronlösung auf das Schwefelcalcium entstanden, und wir addirten diesen vierten Theil, auf kohlensaures Natron berechnet, demselben hinzu, so finden wir es dennoch bestätigt, daß in einer Sodabeschickung der Gehalt an kohlensaurem Natron durch Glühen bis etwa zur Schmelzhitze des Silbers wächst, bei höherer Temperatur allmählich wieder abnimmt. II. Von der Einwirkung glühender Wasserdämpfe auf die Beschickung. Wird Sodabeschickung, welche in einem hohen Tiegel sehr heftig geglüht wurde, noch glühend mit siedendem Wasser übergossen, so entweicht eine große Menge Wasserstoff, welcher an der Luft verbrennt. Setzt man das Uebergießen mit Wasser so lange fort, bis die Oberfläche feucht bleibt, so findet man nach dem Erkalten im Innern des Tiegels eine dünne Schicht von fertiger Soda, welche auf der untern Seite von der unversehrten schwefelnatriumhaltigen Masse begränzt wird. Wird Sodabeschickung wie oben heftig geglüht, das Product aber nach dem Erkalten in einem Rohre, durch welches Wasserdampf strömt, nochmals zum Glühen gebracht, so wird es ebenfalls in rohe Soda verwandelt, aber nur an denjenigen Stellen, wo die Temperatur eine gewisse Gränze einhielt. Diese wurde durch verschiedene Legirungen festgestellt, welche, in Glas eingeschlossen, auf Kohle zwischen der Masse lagen. Es zeigte sich, daß rohe Soda noch gebildet wurde bei einer Temperatur, in welcher 1 Theil Zinn auf 9 Theile Silber schmolz, bis herab zu derjenigen etwa, in welcher gleiche Theile Zinn und Silber schmolzen: die Masse, welche oberhalb und unterhalb dieser Wärmegrade lag, war unverändert und man konnte sie nicht rohe Soda nennen. Wenn indessen eine Beschickung mit Hülfe von Wasserdampf zu roher Soda wird, so ist es möglich, daß nicht der Wasserdampf direct die Ursache davon ist, sondern daß die anderen gasförmigen Körper, welche durch seine Einwirkung auf die Beschickung gebildet werden, die Veranlassung zur Erzeugung der Soda gaben. Vor allen ist es die Kohle, welche durch Wasserdampf am schnellsten verändert wird: die Producte sind hauptsächlich Wasserstoff und Kohlensäure, wenn die Hitze, wie bei den letzten Versuchen, den Schmelzpunkt des Silbers nicht erreicht; Kohlenoxydgas tritt nur spärlich auf. Der Wasserstoff reducirt hierbei mit Leichtigkeit das Glaubersalz, den Gyps schon schwieriger. Die Kohlensäure wirkt sehr wenig auf das Schwefelnatrium, was man aus der Thatsache schließen muß, daß Glaubersalz mit Kohle im Glühen Kohlensäure entweichen läßt, während Schwefelnatrium zurückbleibt: gegen Schwefelcalcium verhält sie sich ganz ähnlich. Wenn der kohlensaure Kalk in größerer Hitze und unter der Begünstigung des Wasserdampfes die Kohlensäure abgegeben hatte, so wird dieselbe in dieser niedrigeren Temperatur vom Kalte wieder angezogen. Hieraus erkennen wir, daß es nicht die gasförmigen Zersetzungsproducte des Wasserdampfes mit der Kohle allein sind, welche so vortheilhaft auf die Beschickung wirken, sondern daß der unzersetzte Wasserdampf eine Hauptrolle dabei spielen muß. Wenn aber ohne ihn jenes charakteristische Gemenge, die rohe Soda, nicht zu Stande kommt, so liegt die Frage nahe, ob nicht gerade derjenige Körper, durch welchen richtig beschaffene rohe Soda sich von schlechter unterscheidet, ob nicht die schwerangreifliche Verbindung von Schwefelcalcium mit Kalk dem Wasserdampfe ihren Ursprung verdankt. Zur Lösung dieser Frage wurde Schwefelcalcium in Wasserdampf geglüht und zwar auf die Art, daß reiner schwefelsaurer Kalk auf Platin in einem Rohre erhitzt wurde, durch welches feuchtes Wasserstoffgas strich. Der Glühverlust bewegte sich in drei Versuchen um 47,5 Proc. und es entwich während der Dauer der Operation Bleisalze schwärzender Schwefelwasserstoff, doch nicht so stark, daß er durch den Geruch vernehmbar war. Das Product der Glühung verhielt sich gegen neutrale Metallsalzlösungen und gegen kalte Natronlösung ähnlich wie die basische Verbindung, doch wurden die Bleisalze etwas bräunlich gefärbt und die Natronlösung zersetzte beim gelinden Erwärmen ein wenig Schwefelmetall; den Analysen nach enthielt es außer Calcium und Schwefel noch Sauerstoff; die Formel, welche dem Resultat am nächsten kommt, ist 1 Aequivalent Kalk auf 12 Aequiv. Schwefelcalcium, vielleicht 9 SCa + 3 CaS, CaO, oder 9 Aequiv. gewöhnliches auf 1 Aeq. basisches Schwefelcalcium. Es wurde dann auch Gyps in Wasserdampf erhitzt, welcher zuvor mit glühender Kohle in Berührung war, also in einem Gemenge von Wasserdampf, Wasserstoff und Kohlensäure. Der Glühverlust bewegte sich in vier Versuchen um 46,5 Proc. und es entwich, wie bei dem vorigen Versuche, Schwefelwasserstoff. Das Product verhielt sich gegen neutrale Metallsalzlösungen und gegen Natronlösung wie basisches Schwefelcalcium; die Analyse ergab auf 12 Theile basisches Schwefelcalcium 1 Theil kohlensauren Kalk. Die Temperatur, in welcher auf diese Art das basische Schwefelcalcium entsteht, hat weite Gränzen, von mäßiger Glühhitze nämlich an bis weit über den Schmelzpunkt des Silbers hinaus. Unter dem Einfluß von Wasserdampf verliert Schwefelcalcium also einen Theil seines Schwefels, und dieser wird durch Sauerstoff ersetzt (4 CaS + HO = 3 CaS, CaO + SH); bei gleichzeitiger Einwirkung von Kohlensäure entsteht daneben kohlensaurer Kalk: er rührt unstreitig daher, daß Schwefelcalcium im Glühen, freilich langsam, unter Freilassung des Schwefels die Kohlensäure zu Kohlenoxyd reducirt, worauf die neugebildete Kalkerde sich mit Kohlensäure sättigt. In einer Sodabeschickung treffen Wasserdampf und Kohlensäure aber nicht nur das Schwefelcalcium, sondern auch das Schwefelnatrium. Nach Art der ebenerwähnten Versuche kann man mit diesem Körper indessen nicht verfahren, weil er zu leicht verdampft und die Apparate zu stark angreift; wohl aber läßt sich aus der letzten Tabelle, welche den Gehalt an Natronsalzen in mehr oder minder heftig geglühten Beschickungen angibt, ein Schluß ziehen. Wenn Wasserdampf und Kohlensäure mit glühendem Schwefelnatrium zusammenkommen, so können die Producte auf der einen Seite nicht etwa oxydirtes Schwefelnatrium und Wasserstoff seyn, weil Wasserstoff das Oxyd im Momente seiner Bildung wieder reduciren würde, und auf der andern Seite nicht kohlensaures Natron und Schwefelwasserstoff, weil dieser das Natron gleich wieder zersetzen würde. Hiernach läßt sich nur abnehmen, daß Wasserdampf und Kohlensäure in großer Hitze auf Schwefelnatrium nicht wesentlich reagiren, was auch durch die Tabelle bestätigt wird. Es mögen hier noch die Bemerkungen, welche früher übergangen wurden, ihre Stelle finden. Ein Blick auf die zusammengestellten Resultate zeigt uns, daß ein großer Unterschied zwischen den drei ersten und den übrigen Gemengen ist. Die ersten drei lassen sich ohne Zweifel als wirkliche rohe Soda betrachten, in welcher sehr viel Glaubersalz unzersetzt geblieben ist. Dann tritt plötzlich mit dem vierten Versuche eine große Menge Schwefelnatrium auf, welche in den folgenden noch anwächst: zwischen dem dritten und vierten Versuche steht gleichsam eine Scheidewand, welche beide trennt, obgleich die angewandten Wärmegrade nur wenig von einander verschieden sind. Wir sehen aber den Grund dieser scheinbaren Unordnung leicht ein, da wir wissen, daß die Hitze der ersten drei Versuche mit derjenigen zusammenfällt, in welcher sich bei Gegenwart von Wasser rohe Soda bilden kann und daß die Kohlen beim Verbrennen Wasser geben: beim vierten Versuche wurde die günstige Temperatur schon überschritten. Zugleich lehrt uns die weiterhin eintretende Verminderung des kohlensauren Natrons, daß sich dieses mit dem anfangs gebildeten basischen Schwefelcalcium wieder umsetzt in dem Maße, als die Hitze steigt; wohin sollte das kohlensaure Natron sonst gekommen seyn? Indessen ist der Ausdruck vielleicht nicht richtig, daß Schwefelnatrium sich unterhalb der Silberschmelzhitze mit Kalk umsetze, und in höherer Temperatur umgekehrt das Schwefelcalcium mit dem Natron. Es scheint vielmehr der Fall zu seyn, daß Schwefelnatrium auf kohlensauren Kalk stark reagirt und sehr viel schwächer auf freien Kalk, und daß das Auftreten von vielem Schwefelnatrium in starker Hitze von der Abwesenheit der kohlensauren Kalkerde bedingt wird. Denn aus der tabellarischen Uebersicht (ich verweise auf die zuerst gegebene, da sie diejenige Quantität an kohlensaurem Salze als ätzend aufführt, welche in der geglühten Masse äquivalent als freie Kalkerde enthalten war) geht hervor, daß die Kreide in demselben Maße kaustisch geworden war, als Schwefelnatrium der Umsetzung entgangen, wohingegen das Schwefelnatrium da fehlt, wo freie Kalkerde nicht gebildet war. III. Theorie der Sodabereitung. Da die Ansicht des Verfassers über den Proceß der Sodabereitung, welche derselbe früher aussprach, durch die später mitgetheilten Versuche eine Modification erfahren hat, so gibt er dieselbe in Nachstehendem noch einmal im Zusammenhange. Man kann sich den Proceß aus zwei verschiedenen zusammengesetzt vorstellen, von denen der eine die Bildung von kohlensaurem Natron durch Umsetzung von Glaubersalz und Kreide begreift, der andere diejenige des basischen Schwefelcalciums auf Kosten des reducirten Glaubersalzes und der Ofengase. Vom Glaubersalze ist es indessen nur der dritte Theil, welcher auf directem Wege durch Umsetzung zu kohlensaurem Natron wird; die größere Menge Glaubersalz wird erst zu Schwefelnatrium reducirt, und zwar durch Kohle, Wasserstoff- und Kohlenoxydgas. Der Wasserstoff entstammt der Kohle von Feuerung und Beschickung, und solche Braunkohlensorten welche in Fabriken angewendet werden, liefern beim Verbrennen eine Quantität Wasser, welche gewöhnlich der Hälfte ihres ganzen Gewichtes gleichkommt. Indem der Wasserdampf die glühende Kohle trifft, verwandeln beide sich in Wasserstoff und Kohlensäure, und bei bedeutend hoher Hitze reducirt der Wasserstoff die letztere zu Kohlenoxyd. Der Quellen für das Kohlenoxyd sind vorzüglich drei: die jetzt erwähnte, sodann die glühende Berührung von Kohle mit kohlensaurem Kalk und in sehr großer Hitze die mit freier Kohlensäure. Die Producte, welche im Sodaofen entstehen, sind je nach der Temperatur verschieden: oberhalb der des schmelzenden Silbers sind sie die Sulphurete von Natrium und Calcium, sowie die Oxyde beider, aber in dem Verhältniß von vielem Schwefelnatrium zu wenig Schwefelcalcium und umgekehrt von wenig Natron zu vielem Kalk. Etwas unterhalb der bezeichneten Hitze und tiefer herab in einem ziemlich geräumigen Spielraum werden Glaubersalz und Gyps noch reducirt, der Gyps jedoch nur langsam. Das Schwefelnatrium setzt sich in dieser Temperatur mit dem kohlensauren Kalk um und das entstandene Schwefelcalcium verändert sich bei feuchter Flamme in basisches und setzt den vierten Theil seines Schwefels als Schwefelwasserstoff in Freiheit, welcher aber von kaustischem oder kohlensaurem Natron momentan gebunden wird, worauf das neuerzeugte Schwefelnatrium die Kreide, die im Ueberschuß vorhanden ist, in die basische Schwefelverbindung überführt, ein Spiel der Verwandtschaften, welches nach und nach alles Schwefelnatrium bis auf eine Spur verschwinden läßt. Man kann sich folgendes Bild von dem Vorgange in einem Sodaofen entwerfen. Die Hitze sey im Anfang groß, so daß sie Kupfer schmelze, so nimmt das Schwefelnatrium rasch überhand, die Kohlensäure geht aus der Kreide fort; bis auf die beigemengte Kohle ist alles im feuerflüssigen Zustande und wird vom Wasserdampf nicht angegriffen. Schreitet dann die Abkühlung so tief herab, daß geschmolzenes Silber erstarren würde, so bewirkt, indessen die halbgahre Soda noch flüssig bleibt, die nunmehr durch Wasserdampf (und Kohle) herbeigeführte Bildung von basischem Schwefelcalcium einen Niederschlag, so daß die Masse sich immer mehr verdickt, wenn auch die Temperatur nicht tiefer sinkt. Die Fabrikanten halten es für ausgemacht, daß fertige Soda erst vollkommen werde, wenn sie aus dem Ofen hervorgezogen, in großen Klumpen langsam erstarre. Bevor sie fest wird, ist die Entwickelung von brennbarem Gase sogar noch stürmisch. Nach dem Erkalten ist in zahlreichen Blasenräumen reines Ammoniakgas enthalten, welches beim Zerschlagen der Stücke entweicht. Der Wasserstoff des Ammoniaks kann nur vom Wasser stammen und dieses kann in der glühenden Masse nur an Natron gebunden seyn. Hieraus erkennen wir, daß in einer Soda, welche den Ofen schon verlassen hat, die Einwirkung des Wassers noch fortdauert, und da mithin die Bedingungen zur Umwandlung der letzten Antheile von Schwefelnatrium in kohlensaures Salz bis zum Erstarren vollkommen gegeben sind, so ist die oben ausgesprochene Ansicht der Fabrikanten in hohem Grade glaubhaft.