Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 112, Jahrgang 1849, Nr. , S. 72
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Miscellen. Miscellen. Ueber die Anwendung der ausgedehnten Luft als Motor. Man hat viele Versuche angestellt, um die heiße Luft als Motor benutzen zu können. Unter diesen sind die Bemühungen des durch seine Entdeckungen in der Photographie bekannten Hrn. Niepce fast gar nicht berücksichtigt worden. Es wird die Praktiker interessiren, zu erfahren worin Hr. Carnot die Schwierigkeiten der Lösung dieses Problems sah, weßhalb wir aus dessen (im Buchhandel sehr selten gewordenen) Réflexions sur la puissance motrice du feu folgende Bemerkungen über Niepce's Versuche entnehmen: „Um die Ausdehnung der Luft durch das Feuer als Triebkraft zu benutzen, bedienten sich die HHrn. Niepce eines kleinen, von ihnen Pyroeleophor genannten Apparats. Derselbe war ein mit einem Kolben versehener Cylinder, in welchen man atmosphärische Luft von der gewöhnlichen Dichtigkeit trieb. Man warf eine sehr brennbare Substanz in sehr fein zertheiltem Zustande hinein, welche einen Augenblick in der Luft suspendirt blieb und entzündete diese Substanz hierauf. Die Verbrennung brachte ziemlich dieselbe Wirkung hervor, wie wenn die elastische Flüssigkeit ein Gemenge von Luft und brennbarem Gas, z.B. Luft und Kohlenwasserstoff gewesen wäre; es erfolgte eine Art Explosion und eine Ausdehnung der elastischen Flüssigkeit, welche man auf die Art benutzte, daß man sie vollständig gegen den Kolben wirken ließ, dem sie eine entsprechende Bewegung ertheilte. Diese sehr sinnreiche und wegen der Neuheit ihres Princips interessante Maschine hatte einen Hauptfehler. Die Substanz welche man als Brennmaterial benutzte, nämlich Bärlappsamen (Hexenmehl), ist offenbar zu theuer und andererseits war es schwierig ein Brennmaterial von mäßigem Preise aufzufinden, weil das Verfahren erheischt, daß solches ein leichtes Pulver bildet, welches sich schnell entzündet, seine Entzündung leicht fortpflanzt und wenig oder keine Asche hinterläßt. Anstatt dieses Verfahren einzuschlagen, wäre es nach meiner Ansicht zweckmäßiger gewesen, die Luft durch Druckpumpen zu comprimiren und sie dann durch einen vollkommen geschlossenen Feuerraum streichen zu lassen, in welchen das Brennmaterial in kleinen Portionen vermittelst einer mechanischen Vorrichtung geschafft wird; die Luft dann ihre Wirkung in einem Cylinder mit Kolben vollbringen und sie hierauf in die Atmosphäre entweichen zu lassen, oder sie auch in einen Dampfkessel ziehen zu lassen, um die ihr gebliebene Wärme zu benutzen. Die Hauptschwierigkeiten bei dieser Methode bestünden darin, den Feuerraum in eine hinreichend solide Hülle einzuschließen und dennoch die Verbrennung gehörig zu unterhalten, ferner die verschiedenen Theile des Apparats auf einer mäßigen Temperatur zu erhalten und eine schnelle Zerstörung der Cylinder und des Kolbens zu verhindern; ich halte diese Schwierigkeiten jedoch nicht für unbesiegbar.“ (Moniteur industriel, 1848 Nr. 1304.) Ueber die in Deutschland angestellten Versuche, den unter der Erde fortzuführenden Draht elektrischer Telegraphen mittelst Gutta-percha zu isoliren. Ueber diesen Gegenstand theilt ein Correspondent in Birmingham, dd. 24. Januar 1849 im Mechanics' Magazine Nr. 1330 Folgendes mit: „Ein Bericht in den Times über einige Versuche, welche neulich im Auftrag der südöstlichen Eisenbahn-Compagnie unter der Leitung des Hrn. Walker angestellt wurden, um das Isolirvermögen der Gutta-percha als Ueberzug des Leitungsdrahts zu bestimmen, veranlaßt mich Nachstehendes über ähnliche und entscheidende Versuche zu veröffentlichen, welche das preußische Gouvernement unter der Leitung des Artillerie-Officiers Hrn. Werner Siemens unlängst in großem Maaßstabe anstellen ließ. Hr. W. Siemens begann seine Versuche über das Isolirvermögen der Gutta-percha, des Kautschuks und ähnlicher Substanzen, während des Winters 1847–48, in der Absicht, den unter der Erde fortzuführenden Draht seines elektrischen Telegraphen mit einem vollkommen isolirenden Ueberzug zu versehen. Er erhielt damals in Preußen ein Patent für seinen elektrischen Telegraphen, welcher als ganz eigenthümlich betrachtet wird und sich von allen anderen unterscheidet, indem er für sich einen vollständigen elektrischen Apparat bildet, in welchem das elektrische Fluidum der alleinige Motor, sein eigener Regulator und Drucker ist – was den Vortheil gewährt, daß er sich allen Unregelmäßigkeiten der Batteriestärke anpaßt (vorausgesetzt, daß dieselbe nicht unter ein gewisses Minimum sinkt; daß er bis zu einem gewissen Grade schlechte Ströme zunutzemacht, sehr leicht zu handhaben ist und nur eine einzige Drahtlinie erfordert. Im Sommer 1847 erhielt Hr. Siemens Erlaubniß seinen Telegraphen auf der Eisenbahn zwischen Berlin und Potsdam (eine Entfernung von etwa 15 engl. Meilen) zu versuchen, wo er seitdem statt des früher angewandten Zeigertelegraphen fortwährend in Gebrauch war. Um ein allgemeines Vorurtheil gegen die Einführung elektrischer Telegraphen zu beseitigen – es entstand durch die großen Kosten, welche die Fortleitung des Drahtes durch die Luft mittelst Stangen veranlaßt, wobei durch starken Regen, Stürme etc. häufige Unterbrechungen fast unvermeidlich sind – nahm Hr. Siemens seine Versuche über das Isoliren des Drahts mit allem Eifer nochmals auf. Die Gutta-percha glaubte er zu diesem Zweck verwerfen zu müssen, wegen ihrer Neigung ein Hydrat zu werden, in welchem Zustand sie ein Leiter der Elektricität ist; er versuchte daher einen 4 engl. Meilen langen mit Kautschuk überzogenen Draht, welcher 30 Zoll unter die Oberfläche des Bodens eingegraben wurde. Die IsolirungIsosirung war jedoch unvollkommen; und nachdem er seine Methode, sowohl die Gutta-percha wasserfrei zu machen, als auch den Draht (zwischen gekerbten Walzen) mit ihr zu überziehen, verbessert hatte, kehrte er zu dieser Substanz zurück und vollendete eine Drahtlänge von 13 engl. Meilen, welche längs der Eisenbahn zwischen Berlin und Großbeeren 30 Zoll tief eingegraben wurde. Der Ueberzug dieser Drahtlinie war an wenigen Stellen unvollkommen, welche jedoch mittelst eines neuen Inductionsprocesses bald entdeckt und ausgebessert wurden; seitdem (etwa 18 Monate) war die Drahtlinie zur vollkommenen Zufriedenheit beständig in Gebrauch. Im März 1848 bot sich eine Gelegenheit dar, den Gutta-percha-Ueberzug einer strengeren Probe zu unterziehen. Die provisorische Regierung von Schleswig-Holstein beauftragte Hrn. Siemens gemeinschaftlich mit Prof. Himly den Hafen von Kiel gegen feindliche Kriegsschiffe in Vertheidigungsstand zu setzen. Die gegebene Zeit gestattete keine ausgedehnten Vorbereitungen. Es wurden große Säcke aus Gutta-percha angefertigt, deren jeder zwischen 2000 und 3000 Pfd. Schießpulver faßte; nachdem sie gefüllt und hermetisch verschlossen worden waren, versenkte man sie mittelst Ballast an verschiedenen Stellen des tiefen Wasserbetts. Jeder von ihnen war mit einem unter der Erde fortgeführten Draht versehen und mit einem Leitungsdraht, welcher längs des Bodens der See zu einer Centralstation führte, wo jede Mine nach Belieben entzündet werden konnte, um ein in ihren Bereich kommendes feindliches Schiff zu zerstören. Instrumente waren so angebracht, daß sie dem functionirenden Beamten die genaue Lage jeder Mine anzeigten. Diese Drähte wurden von Zeit zu Zeit probirt, wobei sich herausstellte, daß sie während mehrerer Monate in gutem Zustande blieben; nach und nach veränderte sich aber ihr Aussehen und nachdem sie sechs Monate in der See gelegen hatten, war die Gutta-percha in ein vollkommenes Hydrat verwandeltvewandelt, welches die Eigenschaft zu isoliren gar nicht mehr besaß. Ueberzogene Drähte, welche eben so lange Zeit in frisches Wasser eingetaucht waren, zeigten deutlich einige Veränderung, aber nur in sehr schwachem Grade. Diese Resultate veranlaßten Hrn. Siemens neue Versuche anzustellen; es gelang ihm endlich eine Gutta-percha-Composition zu bereiten, welche – soviel sich bis jetzt ergab – keine Verwandtschaft zum Wasser hat. Dieser Ueberzug, welcher ohne Zweifel völlige Sicherheit darbietet, wird jetzt für die Drähte aller elektrischen Telegraphen angewandt, welche das preußische Gouvernement herstellen läßt. Hr. Siemens hat unlängst die telegraphische Verbindung zwischen Berlin und Frankfurt a. M. vollendet (eine Entfernung von 445 engl. Meilen); eine andere telegraphische Linie, welche Berlin mit Köln verbinden soll, ist bereits bis Magdeburg hergestellt. Aller zu diesen Leitungen verwendete Kupferdraht wurde mittelst einer einzigen Maschine überzogen, welche Hr. Siemens und Hr. Halske mit einander construirt haben. Sie besteht aus einem horizontalen Cylinder mit einem beweglichen Kolben; eine Kammer am Ende dieses Cylinders ist mit sechzehn Löchern durchbohrt, von denen acht durch den Boden gehen und denselben Durchmesser wie der Draht selbst haben; die übrigen acht gehen durch die obere Seite, befinden sich den im Boden angebrachten Löchern genau gegenüber und haben den Durchmesser, welchen der überzogene Draht bekommen soll. Man steckt acht einzelne Drähte durch die Bodenlöcher; der Cylinder wird mäßig erwärmt und mit der Gutta-percha-Composition gefüllt, worauf man den Kolben vorwärts treibt; indem derselbe die halbflüssige Masse durch die größeren Löcher preßt, reißt sie die überzogenen Drähte merkwürdig schnell mit sich; der Draht selbst wird dabei nur in Folge seiner Adhäsion zu der ihn umgebenden Gutta-percha herausgetrieben. Wo der überzogene Draht durch große Flüsse, wie die Elbe, Weser etc. geführt werden mußte, schloß ihn Hr. Siemens in eiserne Röhren ein, um ihn gegen Beschädigung zu sichern.“ *      *      * Ein faßlich geschriebenes Werkchen, welches Jeden, der Interesse an der Sache hat, in Stand setzt auch ohne specielle Vorkenntnisse die elektromagnetische Telegraphie kennen zu lernen, erschien Ende v. J. unter dem Titel: Die elektromagnetische Telegraphie oder leichtfaßliche und specielle Beschreibung der vorzüglichsten elektromagnetischen Telegraphen-Apparate und die Anwendung derselben in der Praxis, von L. Drescher. 4to (38 Seiten). Mit 4 Tafeln Abbildungen. Kassel, Verlag von Th. Fischer. 1848.“ Textabbildung Bd. 112, S. 74 Der Verfasser theilt über die Isolirung der Leitungsdrähte mittelst Gutta-percha Folgendes mit: „Durch Anwendung der Gutta-percha ist es möglich geworden, die Leitung unter der Erde mit fast denselben Kosten herzustellen, als auf Stangen, und sind auch schon auf der Berlin-Potsdamer Eisenbahn Versuche damit angestellt worden, die bis jetzt recht erfreuliche Resultate geliefert haben. Der mit Gutta-percha überzogene Draht (nebenstehende Figur zeigt ihn im Querschnitte natürlicher Größe, wie er auf der Berlin-Potsdamer Eisenbahn angewandt wurde) wird 2–3 Fuß tief eingegraben und mit einer Lage von Sand umgeben, bevor er mit Erde bedeckt wird. Es ist dabei besonders darauf zu sehen, daß nicht eine Stelle von dem bloßen Metalle des Drahtes mit der Erde in Berührung komme, oder daß durch einen Ritz Wasser in die Gutta-percha-Hülle eindringen könnte, weil dadurch eine zu beträchtliche Nebenschließung entstehen würde. Ferner ist bei solchen Leitungen nöthig, daß man in bestimmten Entfernungen den Draht zu Tage gehen läßt, um sich einschleichende Fehler leichter auffinden zu können. Die an den Endpunkten der Leitung zu Tage gehenden Drahtenden werden gleichfalls mittelst Kupferplatten in leitende Verbindung mit der Erde gebracht.“ Bei dieser Gelegenheit wollen wir auf ein Specialwerk über die elektrische Telegraphie aufmerksam machen, welches unlängst in Frankreich erschien und worin dieser Gegenstand in seiner Entwicklung bis zu seinem gegenwärtigen Standpunkt in jeder Hinsicht erschöpfend behandelt ist; Verfasser desselben ist der auch in Deutschland durch sein Handbuch der Differential- und Integralrechnung bekannte Abt Moigno; es führt den Titel: Traité de Télégraphie électrique, contenant son Histoire, sa Théorie et la description des Appareils, avec les deux Memoires de M. Wheatstone sur la vitesse et la détermination des constantes de l'électricité et un Mémoire inédit d'Ampère sur la Théorie électro-chimique; par Mr. l'Abbé Moigno. Avec 16 planches. Paris. A. Franck, libraire-éditeur. 1849.“ Probe für Uranerze. Hr. Ad. Patera schlug in einer Versammlung von Freunden der Naturwissenschaften in Wien ein neues Probirverfahren vor, um den Urangehalt in den Uranerzen, insbesondere in jenen von Joachimsthal schnell und genau zu bestimmen. Die zu probirenden Erze sind verunreinigte Sorten von Uranpecherz zum Theil innig gemengt mit Schwefelkies, Kupferkies, Bleiglanz u.s.w. Eine gewogene Quantität davon wird in reiner Salpetersäure gelöst, die Flüssigkeit von der unlöslichen Kieselsäure abfiltrirt und mit kohlensaurem Kali im Ueberschusse versetzt. Hiedurch wird nun neutrales uransaures Kali aufgelöst erhalten, das, wenn Arsensäure und Schwefelsäure zugegen waren, mit diesen verunreinigt ist. Alle übrigen vorhandenen Metalle werden als kohlensaure Oxyde gefällt und werden abfiltrirt. Das gelöste neutrale uransaure Kali wird in einer vergoldeten Silberschale zur Trockne eingedampft und geglüht; es wird dadurch saures uransaures Kali gebildet, das im Wasser unlöslich ist, sich leicht auswaschen läßt, und aus dem man den Urangehalt leicht berechnen kann. Es dürfte ein ähnliches Verfahren bei der Darstellung des Urans im Großen eine Anwendung fiden. (Bericht über die Mittheil. von Freunden der Naturw. in Wien. Bd. IV.) Ueber die aus Ungarn in den Handel kommenden Nickelerze. Im vorhergehenden Band des polytechn. Journals S. 272 wurde ein von Hrn. Louyet veröffentlichtes Verfahren zur Darstellung des Nickels und Kobalts mitgetheilt, welches man im Jahr 1845 in einer Fabrik zu Birmingham anwandte und zwar bei einem aus Ungarn bezogenen Erz, welches gewöhnlich 6 Proc. Nickel und 3 Proc. Kobalt enthielt. Hr. Prof. Marchand bemerkt (im Journal für praktische Chemie, 1849 Nr. 4) über die aus Ungarn jetzt in den Handel kommenden Erze, daß dieselben bereits am Fundorte großentheils bearbeitet sind, indem sie zum Theil schon dort gepocht und geprüft werden, nachdem sie, wenigstens durch Handscheidung, ausgehalten sind. Sie sind daher oft von ganz besonderer Reinheit und Reichhaltigkeit. Ein Erz, welches bereits schwach abgeröstet war, enthielt: Nickel   22,01 Kobalt     1,56 Arsenik   38,38 Schwefel   15,09 Eisenoxyd               27,79 –––––– 103,83. Der Gewichtsüberschuß rührt von dem als Oxyd angenommenen Sauerstoff her. Stärker geröstete Erze kommen als sogenannte Oxyde in den Handel; ein solches enthielt: Nickeloxyd   54,50 Kobaltoxyd     5,50 Eisenoxyd   31,25 Thonerde     1,25 Arsenik     5,63 Kupferoxyd             1,25 Kieselsäure     5,37 ––––––– 104,75. Eine aus Bayern bezogene krystallinische Speise war frei von Kobalt; sie bestand aus: Nickel   33,43 Eisen   31,40 Arsenik                   36,92 –––––– 101,75. Ueber die Benutzung der Schlacken vom Schmelzen des Scheidegoldes mit Salpeter. Berichtigung. In der diesen Gegenstand betreffenden Abhandlung des Hrn. Dr. Max Pettenkofer im vorhergehenden (CXI) Band des polytechn. Journals lese man: S. 361 Z. 15 v. o. statt auf 1 Loth Gold 1 Loth Salpeter: – auf 1 Mark Gold 1 Loth Salpeter; S. 373 Z. 7 v. o. statt: 65 bis 70 Grammen Platin: – 20 bis 25 Grammen Platin. Veränderung in der Structur des Eisens bei Gewehrläufen. Hr. Feldmarschalllieutenant v. Augustin zeigte der Versammlung von Freunden der Naturwissenschaft in Wien (Berichte über deren Mittheil. Bd. III) mehrere abgebrochene Gewehrläufe vor, welche durch längere Zeit im Gebrauche gewesen waren, und deren Eisen dadurch eine ganz krystallinische Natur angenommen hatte. Insbesondere ein Stück derselben zeigt im Bruche ungemein schön hervorragende Heraëderflächen. Er erinnerte, daß man ähnliche Erfahrungen auch an den Axen der Eisenbahnwagen etc. gemacht habe, daß es noch als zweifelhaft betrachtet werden müsse, ob die Erschütterung allein, oder die mit derselben zugleich wirkende Erwärmung diese Veränderung des Aggregationszustandes hervorbringe und ob endlich jedes Eisen dieselben zu erleiden geeignet sey. Chemische Untersuchung gallisch-römischer Malerfarben; von Chevreul. Unter den Gegenständen, welche sich in dem 1845 zu Saint-Médard-des-Près bei Fontenay (Dpt. de la Vendée) entdeckten Grab einer gallisch-römischen Frau, offenbar einer Künstlerin, vorfanden, waren mehrere zur Malerei dienende, welche mir zur chemischen Untersuchung mitgetheilt wurden. Sie bestanden in farbigen Metalloxyden, wovon aber keines rein war; vier Muster enthielten hauptsächlich kohlensaures Blei- und Kupferoxyd, nebst Eisenoxyd, keines bot aber eine reine Farbe dar. Ein fünftes Muster enthielt außer diesen drei Oxyden phosphorsaures Eisen. Ein sechstes Muster enthielt außer den genannten Oxyden noch eine beträchtliche Menge Zinkoxyd mit einer Spur von Manganoxyd und Phosphorsäure. Ein siebentes Muster bestand hauptsächlich aus Veroneser Erde und einer blauen kupferhaltigen Substanz, welche alle Eigenschaften des ägyptischen Blau zu besitzen schien. Auch organische Substanzen wurden in dem Grabe aufgefunden, nämlich Kerzen von Bernstein zum Räuchern, Fichtenharz, Bienenwachs, ein Präparat aus Wachs und Harz; endlich ein Präparat aus Oelsäure bestehend, welches noch Talgsäure, Wachs und Kienruß enthielt. Es ist möglich, daß die Fettsäuren durch Veränderung eines verseifbaren fetten Körpers entstanden, welcher ursprünglich mit dem Wachs und Kienruß gemischt wurde; sie können diesen aber auch beigemischt worden seyn, nachdem man sie durch Zersetzung einer Seife mittelst Essigs oder Citronensafts gewonnen hatte. Endlich untersuchte ich zwei Stücke einer Wandmalerei, welche bei den Ausgrabungen in den Ruinen einer Villa in der Nähe des Grabes der gallisch-römischen Künstlerin entdeckt wurden. Diese Malereien waren auf einem Mörtel von fettem Kalk und Sand ausgeführt. Ihr Grund bestand aus dem erwähnten Gemenge von Veroneser Erde und ägyptischem Blau; auf diesen Grund war nach seinem vollkommenen Austrocknen eine Figur gemalt worden, zu deren Fleischdarstellung ein Gemenge von Eisenoxyd und Kreide oder gelöschtem Kalk verwendet wurde. Diese Malereien enthielten nur Spuren einer in Alkohol auflöslichen organischen Materie. (Comptes rendus, Januar 1849. Nr. 5.) Ueber die wasserfreie Salpetersäure; von Hrn. Deville. Durch Behandlung von salpetersaurem Silber mit ganz trockenem Chlorgas kann man die Salpetersäure in wasserfreiem Zustande isoliren, wo sie vollkommen durchsichtige und farblose sechsseitige Prismen bildet, deren Kanten oft über einen Centimeter lang sind, wenn sie sich langsam in einem Strom stark erkälteten Gases absetzen. Das Verfahren zu ihrer Bereitung ist folgendes: In eine Uförmige Röhre bringt man 500 Gramme getrocknetes salpetersaures Silber, welches im Apparat selbst bei 180° C. durch einen Strom trockner Kohlensäure ausgetrocknet wird. An diese Röhre wird eine andere Uförmige Röhre geschmolzen, welche sehr weit und unten mit einer kleinen Kugel versehen ist; in letzterer sammelt sich eine Flüssigkeit, welche sich während der Operation entbindet und außerordentlich flüchtig ist (salpetrige Säure?). Die Röhre mit salpetersaurem Silber wird in Wasser getaucht, auf welches man eine dünne Schicht Oel gießt und das man durch eine Weingeistlampe (welche durch einen Behälter mit constantem Niveau gespeist wird) erhitzt. Das Chlorgas tritt aus einem gläsernen Gasometer, aus welchem es durch langsames und constantes Einfließen von concentrirter Schwefelsäure verdrängt wird; es muß dann über Chlorcalcium und hierauf über Bimsstein, welcher mit concentrirter Schwefelsäure getränkt ist, laufen. Bei der gewöhnlichen Temperatur scheint keine Reaction stattzufinden; man muß das salpetersaure Silber auf 95° C. erwärmen und hierauf die Temperatur rasch auf 58 oder 68° C. sinken lassen, welche Gränze man nicht mehr überschreiten darf. Anfangs entbindet sich Untersalpetersäure, welche an ihrer Farbe und an ihrer leichten Verdichtung erkenntlich ist, dann, nachdem die Temperatur den niedrigsten Punkt erreicht hat, bilden sich die Krystalle in dem auf – 21° C. abgekühlten Recipient; sie setzen sich immer an demjenigen Theil desselben ab, welcher nicht in die Kältemischung taucht. Die Gase sind gefärbt und die kleine Kugel der abgekühlten Röhre enthält eine kleine Menge Flüssigkeit, die man aus dem Apparat ablassen muß, ehe man die Salpetersäure in den Recipient hinaustreibt. Letzteres geschieht leicht dadurch, daß man den Chlorstrom durch einen Strom von Kohlensäure ersetzt. Man hört dann auf, den Verdichter abzukühlen und taucht die Kugel – welche die Krystalle aufzunehmen hat – in eine Kältemischung. Das Chlor muß sehr langsam einströmen, nur drei bis vier Liter in 24 Stunden; es wird aber vom salpetersauren Silber nicht vollständig absorbirt; es entwickelt sich Sauerstoff, dessen Volum dem benutzten Chlorglas ziemlich entspricht. Ein solcher Apparat geht Tag und Nacht ohne Ueberwachung; nur muß man von Zeit zu Zeit die Schwefelsäure welche das Chlor verdrängt, den Weingeist für die Lampe und die Materialien für die Kältemischung ergänzen. (Journal de Pharmacie, März 1849. S. 207.) Als Hr. Dumas eine Glasröhre mit krystallisirter Salpetersäure einige Zeit aufbewahrt hatte, waren die Krystalle flüssig geworden. Er versuchte dann die Substanz mittelst einer Kältemischung wieder zur Krystallisation zu bringen; in Folge einer zufälligen Erschütterung, welche er ohne Zweifel der Röhre mittheilte, zersprang sie aber mit einem heftigen Knall. Er vermuthet daß sich die wasserfreie Salpetersäure allmählich in Untersalpetersäure und Sauerstoff zersetzt hatte; letzteres hätte in seinem comprimirten Zustande die Explosion veranlaßt. Jedenfalls muß man also das neue Product mit Vorsicht behandeln. (Comptes rendus, März 1849, Nr. 10.) Ueber den Gehalt des Saflors an rothem Farbstoff; von Hrn. Salvetat. Ich habe acht Sorten Saflor analysirt (im Original sind die Länder nicht angegeben aus welchen dieselben bezogen wurden), wobei es sich herausstellte, daß der Gehalt des Saflors an rothem Farbstoff (Carthamin) sehr verschieden ist; die Muster wurden nach einander mit Wasser, Alkohol und einer schwach alkalischen Lauge behandelt. 1000 Gewichtstheile gaben: Wasser, bei 16° R. verdunstet 60 115 45 48 60 80 114 60 Pflanzeneiweiß 38 40 80 17 40 40 15 30 Gelbe Materie a und auflösliche schwefelsaure Salze 270 300 300 261 260 200 240 260 Extractivstoff 50 44 60 41 36 40 65 54 wachsartiger Bestandtheil 10 8 12 15 7 6 6 8 gelber Farbstoff b 30 40 60 21 42 61 44 50 Carthamin (Saflorroth) 5 4 4 6 3 4 3 4 Holzstoff 504 417 384 560 494 467 504 500 Kieselerde 20 15 35 10 40 84 12 16 Thonerde und Eisenoxyd 6 8 16 5 10 16 4 5 Manganoxyd 1 1 3 5 1 1 a in kaltem Wasser auflösliche; b in Wasser unauflöslicher, in alkalischem Wasser auflöslicher. Gegen Ende vorigen Jahres ersuchte mich einer unserer geschicktesten Fabrikanten von Saflorroth, eine übelriechende Substanz zu untersuchen, die er während des Sommers bei einer Behandlung von Saflor erhalten hatte. Bei der Bereitung des Saflorroths nach seinem gewöhnlichen Verfahren, wobei er diese Substanz erhielt, hatte er keinen eigenthümlichen Umstand beobachtet, als etwa eine Temperatur-Erhöhung; früher hatte er jene Substanz niemals erhalten. Sie hatte das Ergebniß an Saflorroth bedeutend vermindert Die übelriechende Substanz, über verdünnte Schwefelsäure destillirt, gab eine ölige Flüssigkeit, welche hauptsächlich aus Baldriansäure bestand. Alle meine Bemühungen, das Carthamin direct in Baldriansäure umzuändern, waren vergeblich. (Annales de Chimie et de Physique, März 1849, S. 337.) Violette Färbung verschiedener Thrane durch Schwefelsäure. Der Stockfischleberthran (von Gadus Morrhua) soll durch concentrirte Schwefelsäure violett gefärbt werden. Doch kann, wie Matthew Husband bemerkt, diese Färbung nicht als Zeichen seiner Aechtheit gelten, weil auch der Thran einer andern Species (G. Merlucius: Merl. vulgaris), und ohne Zweifel mehrerer Weichflosser, ebenso reagiren. (Journal de Chimie médicale, Febr. 1849 aus dem Pharmaceutical Journal Bd. VIII S. 245.) Hanf, ein anästhetisches Mittel. Um einen anästhetischen (empfindungslosen) Zustand oder eine Narkose hervorzubringen, damit man eine chirurgische Operation, ohne daß sie empfunden werde, vornehmen kann, dürften wohl keine bessern Mittel zu finden seyn, als die Behandlung mit Aether oder Chloroform; dennoch ist es von Interesse, zu wissen, was die chinesische medicinische Litteratur darüber darbietet. Stanisl. Julien fand darüber folgendes: Hoa-tho, ein Arzt, 220–230 unserer Zeitrechnung, gab dem Kranken, wenn er bedeutende Operationen an ihm vorzunehmen hatte, ein (wahrscheinlich durch Destillation bereitetes) Hanfpräparat (Ma-yo) in Wein, durch welches derselbe in wenigen Augenblicken so fühllos wurde, als wäre er betrunken oder todt. Nach einer Anzahl Tagen (einem Monat, sagen Hoa-tho's Biographen) war der Kranke geheilt, ohne die mindesten Schmerzen empfunden zu haben. – Bekanntlich wird im Orient aus dem indischen Hanf ein, arabisch Hachich genanntes, Getränk bereitet, dessen sich Wollüstlinge bedienen, um sich in einen angenehmen Rausch zu versetzen, dessen fortgesetzter Gebrauch aber von ebenso schrecklichen Folgen seyn soll. (Comptes rendus, Februar 1849, Nr. 7.) Düngerbehandlung. Rübenbau. Der rühmlich bekannte englische Landwirth Mechi behandelt auf folgende Weise einen Theil seines Düngers. Zweimal wöchentlich wird der Dünger in eine mit wasserdichtem Cement ausgekleidete Grube gebracht, deren Grund tiefer liegt als das Niveau des sie umgebenden Bodens. Der Harn des frischen Düngers bildet in Verbindung mit dem Regenwasser (der Haufe ist nämlich nicht bedeckt) eine Art Bad, in welchem der untere Theil des Haufens sich befindet; von Zeit zu Zeit wird die Flüssigkeit oben wieder aufgeschüttet und der Haufen mit den Füßen recht stark eingetreten. Nach einigen Monaten bildet er eine compacte, feste Masse, welche in Stücke geschnitten werden kann; in diesem Zustand verliert er sehr wenig durch Verdampfung und Verflüchtigung von Gasen. Er gährt beinahe gar nicht mehr und hat seine besondere Bestimmung. Sobald nämlich auf den Getreidefeldern die Ernte vorüber ist, ackert er sie um und säet Rüben als Zwischenanbau. Wenn diese, ohne Düngung gebauten, Rüben stark genug sind, um sie einzeln zu verpflanzeln, so werden sie in Entfernungen von beiläufig 1 Fuß in jeder Richtung verpflanzt, und nun erst düngt Hr. Mechi. Der feste Massen bildende Dünger wird in flache Stücke geschnitten und mit so viel Wasser angerührt, daß man einen flüssigen Brei erhält. Diesen bringt man in große Fässer, welche auf 4 Rädern auf die Rübenfelder geführt werden. Zwei oder mehr Arbeiter öffnen einen großen Spund an der untern Seite und füllen mit der Masse Eimer, die sie mit einer Hand tragen, während sie mit der andern mittelst eines großen eisernen Löffels jeder Rübe ihre Portion von diesem halbflüssigen Dünger geben. Die Rüben wachsen dann so kräftig, daß sie ungemein groß werden und beinahe an einander stoßen. Sie erhalten durchaus nicht übertrieben viel Dünger, doch scheint er in dieser Form der Rübe (Turneps) vorzüglich zuzusagen. Nachdem die Rüben herausgenommen sind, findet man den umgeackerten und geeggten Boden sehr gleichförmig gedüngt und zum Anbau einer Frühernte sehr geeignet. (Moniteur industriel, 1848, Nro. 1295.) Verordnung der Regierung der Vereinigten Staaten hinsichtlich der Einfuhr verdorbener oder verfälschter Droguen und Präparate zum pharmaceutischen Gebrauch. Artikel 1. Der Senat und die Repräsentantenkammer der Vereinigten Staaten haben beschlossen, daß vom Tage gegenwärtiger Bekanntmachung an, alle pharmaceutischen Präparate und Droguen für Apotheker, welche in den Vereinigten Staaten eingeführt werden, ehe sie die Mauth verlassen, einer Untersuchung zu unterwerfen sind, um ihre Güte. Reinheit und Tauglichkeit zum medicinischen Gebrauch zu constatiren. Art. 2. Alle chemischen und anderen pharmaceutischen Präparate, welche unter dem Namen des Fabricanten eingeführt zu werden pflegen, müssen mit dem wahren Namen dieses letztern, sowie dem Ort der Fabrication, auf einer Etikette, einem Stempel oder dergl. versehen seyn; die nicht mit solchem versehenen Präparate werden confiscirt. Art. 3. Wenn die Prüfung genannter Droguen und Präparate ergibt, daß sie als verfälscht, oder in solchem Grade verdorben zu betrachten sind, daß sie den Vorschriften der Pharmakopöen und Dispensatorien der Vereinigten Staaten, Edinburghs, Londons, Frankreichs und Deutschlands nicht mehr entsprechen, so wird darüber Bericht erstattet und besagte Artikel können die Mauth nicht eher verlassen, als bis eine neue, von dem Eigenthümer oder dem Adressaten verlangte Untersuchung die frühere als irrig und die Waare für unschädlich und als Arzneimittel brauchbar erklärt. Art. 4. Wenn der Eigenthümer oder Adressat durch die erste Untersuchung nicht zufrieden gestellt ist, so ist er berechtigt eine neue Analyse auf seine Kosten zu fordern, und es wird ihm wenn er eine genügende Summe als Caution erlegt, ein von dem medicinisch-pharmaceutischen Collegium aufgestellter beeidigter Sachverständiger zugewiesen, der eine sorgfältige Analyse der fraglichen Artikel anstellt und darüber Bericht erstattet. Wenn dieser (das Endurtheil abgebende) zweite Bericht die erste Untersuchung für irrig und die Gegenstände obenerwähnten Vorschriften entsprechend erklärt, so ist die Absendung des Ganzen, unter Vorbehalt der gewöhnlichen Zollgebühren, gestattet; bestätigt hingegen der zweite Bericht den ersten, so bleibt die Waare consignirt und der Eigenthümer und Adressat kann, wenn er die Lagergebühren und anderen Spesen entrichtet und sich für die Ausfuhr der Waare über die Gränzen der Vereinigten Staaten verbindlich macht, dieselbe innerhalb sechs Monaten nach der vorgenommenen Prüfung wieder ausführen. Sind diese sechs Monate einmal verstrichen, ohne daß die Waare die Vereinigten Staaten verlassen hätte, so muß der Zolleinnehmer sie vernichten lassen, wobei jedoch der Eigenthümer oder Adressat alle Kosten gerade so zu tragen hat, als wenn er die Waare wiederausgeführt hätte. Art. 5. Dem Secretär des Schatzmeisteramts sind die zur Honorirung einer gewissen Anzahl die Untersuchungen anstellender Sachverständigen erforderlichen Summen, namentlich für die Häfen von New-York, Boston, Philadelphia, Baltimore, Charleston, Neu-Orleans etc. zur Verfügung gestellt; auch hat er den Zolleinnehmern die Instructionen zu geben, welche er zur Verhinderung der Einfuhr verfälschter und verdorbener Droguen und Arzneipräparate als erforderlich erachtet. Das Apotheker-Collegium zu New-York beschloß die Verbreitung dieser Verordnung durch mehrere pharmaceutische und chemische Journale des In- und Auslandes. (Journal de Pharmacie, Decbr. 1848.)