Titel: Ueber Fortpflanzung der Austern durch künstliche Befruchtungen; von A. v. Quatrefages.
Fundstelle: Band 113, Jahrgang 1849, Nr. XVIII., S. 73
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XVIII. Ueber Fortpflanzung der Austern durch künstliche Befruchtungen; von A. v. Quatrefages. Aus den Comptes rendus, Februar 1849, Nr. 9. Quatrefages, über Fortpflanzung der Austern durch künstliche Befruchtungen. Es wird allgemein angenommen, daß die Geschlechter bei den Austern vereinigt seyen. Versuche, welche ich vor einigen Jahren angestellt habe, führten mich zur gegentheiligen Ansicht, welche neuere Forschungen des Hrn. Blanchard bestätigen. Die Erfahrung lehrte mich aber, daß bei Weichthieren mit getrennten Geschlechtern künstliche Befruchtungen sehr leicht gelingen; man kann sonach dieses Verfahren bei Austern eben so gut anwenden wie bei der Fischzucht.Man vergleiche über die künstliche Fischzucht polytechn. Journal Bd. CX S. 387. Sogar wenn die Geschlechter vereinigt seyn sollten, halte ich das Verfahren, wenn auch minder leicht, doch eben so anwendbar, und bin überzeugt, daß die Industrie in dieser Anwendung der Physiologie eine neue Quelle des Gewinns finden würde. Mehrere Austernbänke in der Manche sind bereits so verarmt, daß sie aufgegeben werden mußten. Wenn man sie sich selbst überläßt, geht ihre Wiederbevölkerung immer nur sehr langsam vor sich; manchmal verschwindet sogar eine zu sehr erschöpfte Bank für immer. Kennt man aber einmal die zur Entwickelung der Austern geeigneten Plätze, so wäre durch Anwendung künstlicher Befruchtungen die schnelle Wiederbevölkerung leicht zu erzielen; denn nach einigen Beobachtungen, die ich zu machen Gelegenheit hatte, nehmen die einmal niedergelassenen Austern rasch zu. Um Austern auf einer erschöpften Bank anzusäen, müßten die befruchteten Eier bis auf den Boden selbst hinabgebracht werden, um die durch die Strömungen und Wellen sonst unvermeidlichen Verluste zu verhüten. Zu diesem Behufe müßte man die Befruchtung in Gefäßen, welche eine bedeutende Menge Wassers enthalten, vor sich gehen lassen; alsdann wären die Eier mittelst Pumpen, deren Röhren tief genug hinabgelassen würden, auf allen Stellen zu verbreiten, die früherhin als die reichsten bekannt waren.Diese bevorzugten Punkte sind manchmal sehr eng begränzt. So sah ich daß alle Fischer von Saint-Malo, selbst auf die Gefahr hin sich wechselseitig sehr zu schaden, sich auf einen Raum von höchstens 1000 Meter im Quadrat zusammendrängen, und doch ist die eigentliche Bank von viel größerm Umfang. Da durch die künstlichen Befruchtungen diese Austernfelder nach Belieben wieder bevölkert werden können, so wäre es natürlich unnütz, eine ganze, manchmal über eine Meile lange Bank anzusäen.Die im Jahr 1842 an den Küsten von Saint-Brieue entdeckte Bank, welche durch Mangel an Ueberwachung von den englischen Fischern in weniger als einem Jahre verwüstet wurde, hatte, wie man mich an Ort und Stelle selbst versicherte, beinahe 2 1/2 Meilen Länge und eine abwechselnde Breite von mehr als einer Viertelmeile. Außer diesen natürlichen Bänken, welche unterhalten und cultivirt werden könnten, glaube ich, wäre auch die Austernzucht in Teichen und künstlichen Behältern mittelst künstlicher Befruchtung leicht auszuführen. Doch wären hiezu Versuche, ja selbst Studien nothwendig, um die besten Verfahrungsweisen zu ermitteln. Ich erinnere, auf Urkunden gestützt, nur daran, daß die Auster die Gegenwart einer gewissen Menge Süßwassers nicht zu fürchten scheint. So trifft man sie z.B. in ziemlich großer Menge in der Rance, und zwar in einer solchen Höhe, daß sie beim niedersten Wasserstand sich in beinahe reinem Süßwasser befinden muß.Hr. Carbonel hat ein Verfahren zur künstlichen Befruchtung der Austern ermittelt, welches von demjenigen des Hrn. Quatrefages ganz verschieden ist.