Titel: Verfahren die in geringer Tiefe vorkommenden fließenden Wässer zu entdecken, um sie als Quellen zu Tage fördern zu können; von Daubrée.
Fundstelle: Band 113, Jahrgang 1849, Nr. XXX., S. 106
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XXX. Verfahren die in geringer Tiefe vorkommenden fließenden Wässer zu entdecken, um sie als Quellen zu Tage fördern zu können; von Daubrée. Aus den Comptes rendus, April 1849, Nr. 14. Daubrée, über das Entdecken fließenden Wässer in geringer Tiefe. Man kennt die Principien, wonach in einer Gegend von bestimmter geognostischer Beschaffenheit das in mehr oder weniger tiefen Schichten der Erdrinde sich bewegende Wasser aufzusuchen ist, wenn es durch Bohrbrunnen in die Höhe geführt werden soll. Es befindet sich aber an vielen Orten Wasser, welches sich in sehr geringer Entfernung von der Erdoberfläche bewegt und ganz unbenutzt sich wieder verliert; und doch kann solches mit geringen Kosten leicht in Form von Quellen zu Tage gefördert werden. Unmittelbar unter der Pflanzenerde kommen oft, selbst an Stellen, wo es weder eigentliche Anschwemmungen noch fließendes Wasser gibt, Felsentrümmer von eckiger Gestalt vor, welche nur geringen Zusammenhang besitzen und von derselben Beschaffenheit sind, wie die darunter liegende Gebirgsart. Auch liefern die, sowohl in geschichteten Flötzen, als in nicht schichtweise gelagertem Gebirge angebrochenen Steinbrüche, in der Regel erst in einer Tiefe von mehreren Decimetern oder manchmal mehreren Metern massive Steine, d.h. Steine in großen Blöcken. Die erwähnten Bruchstücke haben sich in der Höhe der Thäler und in der Regel in den Höhlungen des Bodens angehäuft, nachdem sie unter dem Einfluß der atmosphärischen Agentien aus ihrer frühern Lage abgelöst wurden. Diese Anhäufung, obschon sie an manchen Stellen durch Einstürze oder durch die Wirkung wilder Wässer langsam zunimmt, scheint in den meisten Fällen größtentheils bis auf jene Zeit zurückzugehen, wo die Gestaltung der Oberfläche des Bodens sich vollendete. Der Kürze wegen werde ich diese Ablagerung lockere Ablagerung an der Oberfläche (depôt-meuble superficiel) nennen. Wenn in einer Gegend Regen fällt, fließt ein Theil des Wassers, nachdem er unter die Pflanzenerde eingesickert ist, in die lockere Ablagerung der Oberfläche ab, welche das Wasser in der Regel besser eindringen läßt, als der Unterboden, und es dringt dann nicht tiefer hinab. In der Tiefe von einigen Metern geht dann auf den concaven Oberflächen des Unterbodens etwas ähnliches vor, wie wir es in Folge eines Platzregens auf der Oberfläche des Bodens selbst beobachten. Da nun die Gestaltung dieses Unterbodens von derjenigen der Oberfläche gewöhnlich wenig abweicht, so genügt die Untersuchung der innern erhabenen Form, um ziemlich annähernd die Stelle zu bestimmen, wo sich das Wasser der lockern Schicht ansammelt. Die Wässer der Oberfläche convergiren gegen den Boden des Trichters, welcher den Ursprung der Vertiefung (Mulde) bildet, d.h. am Anfang der Linie des größten Abhangs, welchen man Thalweg nennt. An einem beinahe vertical unter letzterm befindlichen Punkt sammelt sich ein Theil des eingedrungenen Wassers. Am Grund der lockern Ablagerung sickert es nach und nach durch, dem unterirdischen Thalweg folgend, bis es einen Bach antrifft, in welchen es abzieht, ohne seine verborgene Weglinie zu verlassen. Das in die lockere Schicht eingesickerte Wasser bewegt sich folglich ziemlich parallel mit den wildern Wässern auf der Oberfläche, nur mit dem Unterschiede, daß letztere sehr rasch laufen, während die unterirdische Bewegung durch Reibungen verzögert, wohl ganze Wochen lang nach dem Regen oder dem Schmelzen des Schnees, durch welche sie hervorgerufen wurde, fortdauern kann. Denken wir uns einen Halbkreis abhängigen Erdreichs von nur 500 Meter Radius, wo jährlich eine Wasserschicht von 0,6 Meter fällt und in dessen lockere Ablagerung ein Drittheil dieser Wassermenge eindringt, so beträgt das Volum, welches durchschnittlich während eines Jahres am Ursprung des unterirdischen Thalwegs hinzieht, 1,2 Liter per Secunde, d.h. es kömmt einer schwachen Quelle gleich. Die lockere Ablagerung enthält aber nicht bloß eingedrungenes Meteorwasser, sondern bekommt oft auch Zufluß von wirklichen Quellen. Wirklich entspringen im Erdreich jeder Art gerade in der Höhe der Thäler oder kleiner Vertiefungen des Bodens die meisten Quellen. Um an die Oberfläche zu gelangen, müssen diese Quellen folglich eine gewisse Schicht lockere Ablagerung durchdringen; sie können sich während dieses Durchgangs auch theilweise oder ganz darin verlieren. In letzterem Fall verfolgt das Wasser dieser Quellen, sowie das eingesickerte Wasser, den unterirdischen Thalweg, bis es sich mit einem nahen Bache vereinigt. Das Vorhergehende erklärt uns, warum in vielen Thälern, welche aller zu Tage gehenden Quellen und Bäche entbehren, in der Tiefe von einigen Metern Wasser zu finden ist. Dieses unterirdische Wasser verräth sich sehr oft, selbst dem minder geübten Beobachter, durch Wasserergießungen beim Anwachsen der Quellen, durch die wasserreiche Physiognomie der Vegetation in diesen Vertiefungen des Erdreichs, z.B. das Vorkommen kräftiger Weiden, endlich durch die Frische des Wiesengrases im Frühling.Doch kann man sich zur Entdeckung der Stellen, wo solche Wässer fließen, auch der minder genauen und auffallenden Merkmale bedienen, welche die Italiener beim Aufsuchen von Quellen anwenden; solche sind die Bildung von Dünsten über der Stelle im Sommer Morgens und Abends, das Vorhandenseyn von Mücken, welche nahe am Boden in Zügen umherziehen etc. Obgleich nun die äußere Gestaltung des Bodens und die Beschaffenheit seiner Oberfläche sehr wichtige Merkmale an die Hand geben, so muß doch noch seine Zusammensetzung berücksichtigt und besonders beachtet werden, ob er sehr undurchdringlich für das Wasser sey, wie der Thon, oder ob solches bis zu einer gewissen Tiefe leicht eindringe. Sobald nun die Gegenwart von Wasser in der lockern Ablagerung auf der Oberfläche sich als sehr wahrscheinlich ergeben hat, ist es sehr leicht, dieses Wasser in Form einer Quelle zu Tage zu lassen, wobei man so ziemlich nach den Anweisungen des Abbé Paramelle zu verfahren hat. Man stellt sich in der Höhe des Thales auf den oben bezeichneten Punkt, wo sich die Wasserfädchen am Ursprung des Thalwegs vereinigen. Senkrecht zur Linie des Thalwegs macht man einen querlaufenden 8 bis 10 Meter langen und 2 Meter breiten Graben, worin sich alles in den Unterboden dringende Wasser sammeln muß; man gräbt diesen Graben so tief aus, daß das in denselben abziehende Wasser einen Fall von einigen Centimetern bildet; hiezu reichen meistens vier bis fünf Meter Tiefe hin. Der Boden des Grabens muß eine doppelte Rampe haben, so daß die ihm zufließenden Wasserfäden sich auf einem und demselben Punkt vereinigen. Wenn die Quelle so abgeschnitten und gesammelt ist, gräbt man von der Querrinne aus nach der Achse des Thales einen Graben mit hinlänglichem Abfall für den Abfluß des Wassers. Dieser Abfall, welcher sehr schwach ist (unter 0,002 Meter), ist in der Regel viel kleiner als derjenige des Thalgrundes; der Grund des Grabens wird sonach mit der Oberfläche des Bodens an einem Punkte zusammentreffen, wo das Wasser von selbst hinaustritt und eine wahrhafte Quelle bildet.In der Querrinne, worin sich die Wässer sammeln, bildet man eine Leitung mittelst trockener Steine von 3 Decimeter Länge und Höhe; man füllt dann mit eckigen Steinen 2 Meter hoch auf und zuletzt mit irgend einer Erde. Das Material welches Wasser eindringen läßt, muß zuerst angebracht werden, damit, wenn das Wasser das vermuthete Volum übersteigt, es sich in dem aufgeschütteten Material verbreiten kann, damit ferner bei etwaigem Einstürzen der Leitung, der Lauf des Wassers auf dem Boden des Gerinnens nicht gehemmt werde. Von dem Fassungsgerinne aus wird das Wasser in das Längengerinne durch hölzerne Röhren geleitet. Das Volum der Quelle nimmt nach einigen Monaten zu. Vorstehende Bemerkungen betrachte ich als eine genügende Anleitung, um in vielen hügeligen Gegenden Quellen in geringer Tiefe zu entdecken. Es genügen dazu die einfachsten Kenntnisse über die Gestaltung des Bodens und seine Zusammensetzung.