Titel: Analyse zweier hydraulischer Kalke, eines englischen (Portland-Cement) und eines deutschen; von Anton Hopfgartner aus Wien.
Autor: Anton Hopfgartner
Fundstelle: Band 113, Jahrgang 1849, Nr. LXXVIII., S. 354
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LXXVIII. Analyse zweier hydraulischer Kalke, eines englischen (Portland-Cement) und eines deutschen; von Anton Hopfgartner aus Wien. Hopfgartner's Analysen zweier hydraulischer Kalke. Die Ursache der bedeutenden Verschiedenheiten sowohl in dem Grad als in der Zeit des Erhärtens verschiedener hydraulischer Kalke konnte wohl, nach vorausgegangenen Erfahrungen, bloß in der verschiedenen Zusammensetzung gesucht werden, und nur in Differenzen ihrer chemischen Bestandtheile konnte muthmaßlich die Erklärung für Erscheinungen liegen, die so häufig und oft so nachtheilig auftraten. Auf Veranlassung des Hrn. Professors Pettenkofer begann ich daher in dessen Laboratorium die Analyse zweier hydraulischer Kalke, die bei der auffallendsten Verschiedenheit in allen ihren physikalischen Eigenschaften sowohl, als auch ihrer Brauchbarkeit, am ehesten geeignet schienen die Ursache dieser Verschiedenheit erkennen zu lassen, nämlich eines englischen, unter dem Namen Portland-Cement bekannten, und eines hiesigen, aus einem in der Gegend von Tegernsee gebrochenen Mergel gebrannten. Der erstere ist in dem Zustande wie er in den Handel kommt, ein graues Pulver mit einem Stich ins Grünliche, fühlt sich sandig an und hat das specifische Gewicht 3,050. Mit Wasser zu einem ziemlich dicken Brei abgemacht, erhärtet er unter Wasser in sehr kurzer Zeit zu einer durch und durch gleichmäßig harten Masse, die schon nach einigen Tagen jedem Eindrucke mit dem Fingernagel widersteht. Der hiesige hingegen, ein leichtes, sich mehlig anfühlendes Pulver, hat das spec. Gewicht 2,723, erhärtet unter Wasser gebracht sehr langsam, blättert sich oft in größeren Massen, und ist, selbst wenn er in einigen Wochen die Festigkeit erlangt hat daß er keine Eindrücke mehr annimmt, in dem Kern der Masse weich und leicht zerreiblich. Die qualitative Analyse ergab für beide Sorten ein gleiches Resultat: Kieselerde, Kalk, Thonerde, Eisenoxyd, Magnesia, Kali und Natron, Kohlensäure, Phosphorsäure, Schwefelsäure und Wasser. Die Methode der quantitativen Untersuchung wurde mir von Hrn. Prof. Pettenkofer angegeben, unter dessen gütiger Anleitung ich dieselbe und alle darauf bezüglichen Versuche ausführte. Das Cement wurde so wie es in den Handel kömmt, also schon in ziemlich fein gepulvertem Zustande, zuerst mit Salzsäure behandelt und durch Eindampfen und abermaliges Lösen die Kieselerde abgeschieden und gewogen. Diese wurde mit Kalilauge gekocht und auf diese Weise der in Salzsäure und Kali unlösliche Theil, der als „Rückstand“ angegeben wird, bestimmt. In der von der Kieselerde abfiltrirten Lösung wurde der Kalk durch oralsaures Ammoniak gefällt und als kohlensaurer Kalk gewogen, hierauf nach Zusatz einer hinreichenden Quantität von weinsaurem Kali durch Ammoniak die Phosphorsäure, an Magnesia gebunden, als phosphorsaure Ammoniak-Magnesia, und die übrige Magnesia durch Zusatz von phosphorsaurem Natron gefällt; das Eisen, dessen Fällung durch Ammoniak, sowie die der Thonerde durch den Zusatz von weinsaurem Kali verhindert worden war, wurde durch Zusatz von Schwefel-Ammonium als Schwefeleisen, die Thonerde durch Wasserglas-Lösung als kieselsaure Thonerde kochend gefällt. Durch Glühen wurde das Schwefeleisen in Eisenoxyd verwandelt und durch Salzsäure aus der kieselsauren Thonerde letztere aufgelöst und unter den nöthigen Cautelen mit Ammoniak gefällt. Zur Bestimmung der Alkalien, sowie der Schwefelsäure, der Kohlensäure und des Wassers wurden frische Quantitäten verwendet. Bei Bestimmung der Alkalien wurde die Bittererde mit Barytwasser geschieden. Das Kali wurde als Kaliumplatinchlorid, das Natron als Chlornatrium gewogen. Die Kohlensäure wurde mit dem Will'schen Apparat bestimmt, das Wasser durch Glühen in einer Röhre, Darüberleiten eines wasserfreien Stromes atmospärischer Luft, und Aufsaugen des entweichenden Wassers in einem Chlorcalciumrohre. Folgendes ist die gefundene procentische Zusammensetzung: a) des deutschen hydraul. Kalks. b) des Portland-Cementes.         Kalk 52,11 54,11         Bittererde   3,05   0,75         Kali   1,00   1,10         Natron   0,25   1,66         Thonerde   3,38   7,75         Eisenoxyd mit Spuren von            Manganoxyd   3,20   5,30         Kieselerde 20,82 22,23         Kohlensäure   4,75   2,15         Phosphorsäure   2,55   0,75         Schwefelsäure   0,57   1,00         Unaufgeschlossener Thon (Sand)   1,90   2,20         Wasser   6,00   1,00 Aus diesen Daten ergibt sich zur größten Evidenz, daß der chemische Unterschied, welchen die hydraulischen Mergelarten zeigen, auf jenen Theil derselben fällt, welchen man bisher schlechtweg Thon genannt hat. Es ist deßhalb in Zukunft wohl zu unterscheiden zwischen Thon und Thon, da, wie in der Praxis längst bekannt ist, Mergelarten von ganz gleichem Thongehalt hydraulische Kalke von sehr verschiedener Güte liefern. Die einzelnen chemischen Beziehungen wird Hr. Prof. Pettenkofer in eigenen Bemerkungen zur obigen Analyse darlegen, auf welche ich deßhalb verweisen muß. Neben der chemischen Zusammensetzung ist von fast eben so entschiedenem Einfluß auf die Güte und Brauchbarkeit eines Cements seine Dichte und die Form der einzelnen Theilchen seines Pulvers, welche Eigenschaften auch mit dem größeren oder geringeren Gehalt an Alkalien u.s.w. zusammenhängen, da diese, durch die Bildung eines im Feuer leichtflüssigen Silicates ein wenn auch oft geringes Sintern und mit diesem eine Verdichtung und die Eigenschaft des Materials bedingen, sich einem Glase ähnlich, blättrig in unregelmäßig geformte vieleckige Theilchen zu pulvern. Daß der dichtere Cement, bei welchem in demselben Volum mehr bindendes Material vorhanden ist als in einem minder dichten, auch verhältnißmäßig die bessern Dienste leisten wird, ist a priori schon anzunehmen, wurde aber noch durch die Thatsache bestätigt, daß von Proben verschiedener Cemente, unter übrigens gleichen Umständen, diejenigen am schnellsten und vollständigsten erhärteten, die dem dichtesten angehörten. Eine bloß zum Vergleich ihrer Dichten dienende Zahl wurde dadurch bestimmt, daß die durch ein und dasselbe feine Sieb gleichgemachten Pulver beider Cemente nacheinander in dasselbe Gefäß eingestampft wurden, wo dann das absolute Gewicht der so auf dasselbe Volum gebrachten Pulver den gesuchten Ausdruck lieferte. Voraussätzlich hätten bei der wenigstens annähernden Gleichheit der Theilchen und des Volums, diese Gewichte im gleichen Verhältnisse stehen müssen, wie die entsprechenden spec. Gewichte, allein es ergab sich eine höchst bedeutende Differenz, die bei allen vielfältig wiederholten Versuchen immer als constante Größe auftrat und deßhalb nicht Ungenauigkeiten des Verfahrens zugeschrieben werden konnte. Diese auf die eben angegebene Art gefundenen Gewichte gleicher Volumina betrugen bei dem hiesigen 17,529 beim Portland 31,788 welche Zahlen im Verhältniß wie 1 : 1,813 stehen, während ihre schon oben angeführten spec. Gewichte sich verhalten wie 1 : 1,120. Unter dem Mikroskope zeigt sich der hiesige aus runden, der englische aus Theilchen von Schieferform bestehend, was sowohl der Art wie sich beide anfühlen, als auch ihrem übrigen Volumsverhalten entspricht.