Titel: Ueber die Zusammensetzung des Honigs; von Soubeiran.
Fundstelle: Band 113, Jahrgang 1849, Nr. LXXXIII., S. 384
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LXXXIII. Ueber die Zusammensetzung des Honigs; von Soubeiran. Aus den Comptes rendus, Juni 1849, Nr. 26. Soubeiran, über die Zusammensetzung des Honigs. Der Bienenhonig enthält zweierlei Zuckerarten, einen festen und einen flüssigen. Erstem betrachtet man als identisch mit dem Zucker, welcher sich mit der Zeit aus dem Traubensyrup oder dem durch Säuren modificirten Rohrzucker in Körnern absetzt. Der flüssige Theil des Honigs wurde noch wenig studirt; doch hat Biot nachgewiesen, daß er aus einem die Ebene des polarisirten Lichtes nach links drehenden Zucker bestehe. Die von mir angestellten Versuche ergaben, daß in dem Honig dreierlei Zuckerarten enthalten sind, nämlich körniger Trauben- (oder Krümel-) Zucker; ein anderer, die Ebene des polasirten Lichtes nach rechts drehender, durch Säuren veränderlicher Zucker; endlich ein Zucker mit Drehungsvermögen nach links, welches jedoch fast noch einmal so stark ist, als dasjenige des durch Säuren veränderten Rohrzuckers. Den Zucker, welcher das Drehungs-Vermögen nach rechts besitzt und der Veränderung durch Säuren fähig ist, fand ich im gewöhnlichen Honig; in größerer Menge kommt er in dem in den Honigscheiben der Bienenstöcke enthaltenen flüssigen Honig vor, so zwar, daß eine Auflösung dieses Honigs, deren Ablenkung = + 0,96 rechts war, nach der Einwirkung der Säuren einen Drehungswinkel in entgegengesetzter Richtung von – 13,78 links annahm. Mit dem Namen flüssiger Honigzucker bezeichne ich den flüssigen Zucker, welcher durch Auspressen des Honigs gewonnen werden kann. Meine Versuche wurden mit Zucker angestellt, den ich im Jahr 1841 auf diese Weise gewonnen habe, und der sich bis jetzt ohne irgend eine Veränderung oder ein Anzeichen von Kristallisation erhalten hat. Schon dieß würde hinreichen, um ihn von dem durch Säuren umgesetzten Zucker zu unterscheiden, der sicherlich zu einer festen Masse körnigen Zuckers erstarrt wäre. Doch besitzt der flüssige Honigzucker viele Eigenschaften, welche dem durch Säuren veränderten Rohrzucker angehören. Er ist, wie letzterer, unkrystallisirbar und kann in den Zustand des Gerstenzuckers übergeführt werden, welcher durchsichtig und fest ist, aber sehr leicht schmilzt. Auch ist der flüssige Honigzucker, wie der Rohrzucker, sehr empfindlich gegen die Einwirkung der Alkalien und wird durch sie leicht zerstört. Sie haben beide dieselbe chemische Zusammensetzung und verbinden sich in gleicher Menge mit den Alkalien. Nach diesen Eigenschaften könnte man sie also verwechseln; sie unterscheiden sich aber dadurch, daß der flüssige Honigzucker sich gar nicht in körnigen Zucker verwandelt und durch einen sehr großen Unterschied im Drehungsvermögen, welches beim flüssigen Honigzucker beinahe doppelt so groß ist. Aus meinen Versuchen gehen folgende Schlußsätze hervor: Der Honig ist ein Gemenge dreier verschiedener Zuckerarten, wovon eine der schon bekannt körnige Zucker ist. Eine andere ist der flüssige Zucker, welcher durch viele Eigenschaften sich dem durch Säuren veränderten Rohrzucker nähert; dadurch aber sich von ihm unterscheidet, daß er sich niemals in körnigen Zucker verwandelt und ein viel stärkeres Drehungsvermögen nach links besitzt. Das absolute Drehungsvermögen des flüssigen Honigzuckers bei + 13° C. für den rothen Strahl und 100 Millimeter Länge betrug – 33,103 links, während das des durch Säuren veränderten Zuckers unter gleichen Umständen nur 18,933° links gleichkam. Der flüssige Honigzucker behält sein Drehungsvermögen nach links, selbst wenn er in festen Zustand übergeführt wurde. Er gehört zu den wenigen Substanzen, bei welchen diese Eigenschaft nachgewiesen werden konnte. Die dritte im Honig vorkommende Zuckerart unterscheidet sich von dem Zucker in Körnern dadurch, daß sie der Veränderung durch Säuren fähig ist, und vom flüssigen Zucker durch ihr Drehungsvermögen nach rechts. Der Gehalt des noch flüssigen Honigs der Bienenstöcke an dieser Zuckerart vermindert sich mit der Zeit und sie kann in dem festgewordenen Honig sogar ganz verschwinden. Ich behalte mir ein weiteres Studium des Honigs aus den Stöcken, sowie der merkwürdigen Umwandlung des flüssigen Honigs der Stöcke in festen, bevor.