Titel: Ueber den geringsten Aufwand von Dampf und Brennmaterial in einer Condensations-Maschine mit Expansion, mit besonderer Rücksicht auf die Maschinen in Cornwallis und jene von Sims. Von N. Steinle, Hauptmann der königl. bayerischen Infanterie.
Autor: Nep. Steinle
Fundstelle: Band 114, Jahrgang 1849, Nr. I., S. 2
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I. Ueber den geringsten Aufwand von Dampf und Brennmaterial in einer Condensations-Maschine mit Expansion, mit besonderer Rücksicht auf die Maschinen in Cornwallis und jene von Sims. Von N. Steinle, Hauptmann der königl. bayerischen Infanterie. Steinle, über geringsten Dampfverbrauch der  Condensationsmaschinen mit Expansion. Die Vortheile der Anwendung der Expansion sind schon längst bekannt, doch scheint sich bis jetzt Niemand die Mühe genommen zu haben, die Gränze zu bestimmen, über welche hinaus die Vermehrung der Expansion die erzeugte Kraftsumme nicht mehr vermehrt. Der Verfasser dieses Aufsatzes hat diese Bestimmung in seinem „Technischen Handbuche des Eisenbahnwesens, Nördlingen 1847“ S. 379 für Locomotivmaschinen durchgeführt; die für solche gefundenen Resultate sind auch auf Hochdruckmaschinen ohne Condensation ähnlicher Construction anwendbar. Der Zweck dieses Aufsatzes ist zunächst, die ökonomischste Gränze der Expansion auch bei Hochdruckmaschinen mit Condensation festzustellen, welche wohl überhaupt den geringsten Dampfaufwand verlangen dürften. Wir wollen zuvor untersuchen, wie groß in einem Dampfcylinder von bestimmtem Durchmesser, beim Aufwande eines gewissen Gewichtes Dampf für jeden Hub, der Hub des Kolbens seyn muß, um nach Abzug des Gegendruckes im Condensator die größtmögliche dynamische Wirkung zu erzielen. Jede Vermehrung der Expansion vermehrt auch den dynamischen Effect auf die innere Seite des Kolbens, und in dem von uns betrachteten Falle würde also, von Reibungen und allen Veränderungen im Dampfe durch Temperaturunterschiede abgesehen, der Expansionsgrad unendlich groß werden sollen, wenn im Condensator ein absolutes Vacuum herrschen würde. Da dieß aber nicht der Fall seyn kann, so ist bei jeder Vermehrung der Expansion eine dynamische Kraftsumme zu überwinden, welche gleich ist dem Druck der Condensator-Atmosphäre auf die Kolbenfläche, multiplicirt mit jenem Wege des Kolbens, welchen er vom einen Expansionsgrade bis zum andern, also z.B. von 10 bis 11facher Expansion, zurücklegte. Wäre nun die dynamische Summe dieses Gegendruckes größer als der additionelle dynamische Zuwachs durch Steigerung des Expansionsgrades von 10 auf 11, so wäre diese Steigerung ein dynamischer Nachtheil. So bestimmte sich im allgemeinen für den gegebenen Fall die Größe der Expansion und mit ihr die Größe des Hubes, wenn man diese überhaupt sehr bedeutend machen könnte. Dieß ist aber nicht der Fall, sondern Rücksichten auf die Construction im allgemeinen und auf Räumlichkeit bestimmen von vornherein mit überwiegenden Gründen die vortheilhafteste Größe des Hubes für einen gegebenen Bewegzweck. Es handelt sich also in den meisten Fällen darum, den Durchmesser des Cylinders nach dem vortheilhaftesten Expansionsgrade zu bestimmen. In diesem Falle tritt die mit der Vergrößerung des Cylinders in gleichem (was wir vor der Hand annehmen wollen) Verhältnisse zunehmende Vergrößerung des schädlichen Raumes, der Vergrößerung des Expansionsgrades hindernd in den Weg, wie wir nun zeigen werden. Ist der schädliche Raum gleich 1/a multiplicirt mit dem vom Kolben durchlaufenen Raume, so beträgt, wenn ohne Expansion gearbeitet wird, der im schädlichen Raum enthaltene Dampf auch 1/a des für den Hub verbrauchten Dampfvolums; beträgt aber der Expansionsgrad n, so ist das Dampfvolum im schädlichen Raum = n/a mal des bei jedem Hube verwendeten Dampfvolums, welches wir B nennen wollen. Wenn aber auch dieses Dampfvolum im schädlichen Raume = (n . B)/a ist, so ist das Volum des Dampfes welches bei jedem Hube verwendet wird, um den schädlichen Raum auszufüllen, kleiner als (n . B)/a, weil beim Beginne des Einströmens kein Vacuum in dem schädlichen Raume bestand, sondern schon Dampf von der auf der Gegenseite des Kolbens stattfindenden Spannung (also in unserm Falle von der Spannung im Condensator) sich darin befand. Wir wollen aber diesen nur bei Hochdruckmaschinen ohne Condensation gewichtigeren Umstand vernachlässigen, und das zum Ausfüllen des schädlichen Raumes nöthige Dampfvolum für jeden Kolbenhub zu (n . B)/a annehmen. Dieser Dampf im schädlichen Raume wirkt nun zwar durch Expansion, aber nicht mit voller Pressung. Seine dynamische Wirkung beträgt bei gleichen Dampfgewichten nun pv × 2,3 log. n, während jene des Dampfes, welcher mit voller Füllung und mit Expansion wirkt, pv(1 + 2,3 log. n) Kil. Met. beträgt; hierin ist v das Dampfquantum, p der Dampfdruck in Metern Wassersäule. Ist nun die Wirkung des mit voller Füllung arbeitenden Dampfes = 1000, so ist der Verlust durch die schädlichen Räume = n/a × 1000. Die Erfahrungen, welche die Richtigkeit obiger dynamischer Berechnung bestätigen, sind in meinem „Eisenbahnhandbuche“ §. 562, 582 bis 588 angegeben. Setzen wir jenen Expansionsgrad, bei welchem der Dampf abgesperrt wird = n, jenen um einen Grad geringern = n – 1 = m, so veranlaßt das Steigen des Expansionsgrades von m auf n im schädlichen Raume einen Verlust von 1000/a (mn). Setzen wir den vom Kolben während des Steigens von m auf n zurückgelegten Weg = nm = 1; ferner den Druck im Condensator = A/4, während der volle Druck im Cylinder = 6A beträgt, so ist der Verlust durch den Gegendruck während des Steigens von m auf n gleich 1000/24n . Also ist die Summe des Effectverlustes beim Steigen von m auf n gleich 1000 [(mn)/a + 1/24n ]. Beim Steigen von m auf n beträgt hingegen der Gewinn an dynamischem Effecte 1000 × 2,3 (log. nlog. m); also ist der höchste Expansionsgrad dann erreicht, wenn 2,3 (log. nlog. m) = (mn)/a + 1/24n . Der Spielraum zwischen der geraden Fläche des Cylinderdeckels und dem Kolbenkörper bildet mit dem Raume im Innern des Schieberventils und im Dampfzuleitungscanale den schädlichen Raum. Da der schädliche Raum möglichst vermindert werden muß, so soll jeder Cylinder zwei Schieberventile bekommen, für jeden Dampfcanal eines, unmittelbar ober jeder Einströmungsöffnung. In diesem Falle ist dann die Höhe des als schädlicher Raum gedachten Cylinders eine constante, ungefähr zu 0,75'' anzunehmende Größe. Setzen wir nun beispielsweise den Hub auf 4', so ist a = (4 × 12)/0,75 = 64. Unsere obige Gleichung gestaltet sich dann folgendermaßen: 2,3 (log. nlog. m) = (mn)/64 + 1/24n ; log. nlog. m = (mn)/147,2 + 1/55,2 n. Die Totalsumme des Effectes = E, deren Berechnung im Interesse der Uebersichtlichkeit vor allem wünschenswerth ist, ergibt sich nach folgender Formel: E = 1000 [(1 + 2,3 log. n) – (n/24 + n/64)] = 1000 [(1 + 2,3 log. n) – 0,0573 n)]. Für die verschiedenen Werthe von n berechnen sich hinreichend genau genommen folgende Werthe von S: n = 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, S = 975, 1251, 1402, 1502, 1574, 1628, 1670, 1703, 1729, 1750. n = 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, S = 1766, 1779, 1789, 1796, 1801, 1804, 1805, 1805, 1804, 1801. Vorstehende Uebersicht zeigt, daß der Nutzeffect bei 17 und 18facher Expansion gleich ist, bei höhern Expansionsgraden aber fällt. Damit jedoch der Cylinder nicht eine Temperatur annimmt, welche sich der mittleren Temperatur des Dampfes während seiner Bewegung im Cylinder annähert, eine Temperatur, welche mit Zunahme der Expansion fällt und eine theilweise Condensation des einströmenden Dampfes veranlaßt, so muß der Cylinder einen selbst möglichst gegen Ausstrahlung geschützten Dampfmantel haben, wenn nicht geringere Expansionsgrade als die berechneten vortheilhafter seyn sollen. Einigermaßen muß der als der vortheilhafteste berechnete Expansionsgrad immer herabgesetzt werden, weil stärkere Kolben mehr Dampf durchlassen und mehr Reibung veranlassen; wir wollen dieß jedoch vernachlässigend und den besten Zustand der Maschinen voraussetzend, bei 17facher Expansion nach unserer obigen Berechnung den Nutzeffect eines verdampften Kubikfußes Wasser bestimmen. Ein englischer Kubikfuß Wasser, in Dampf von 6 Atmosphären aufgelöst, hebt 3,833,600 Pfd. 1 Fuß hoch, in einer Condensationsmaschine; bei 17facher Expansion aber 1,805 × 3,833,600 = 6,931,710 Pfd. Hievon sind aber die todten Widerstände der Maschine nebst dem dynamischen Aufwande für die Pumpen aller Kategorien in Abzug zu bringen. Stephenson fand den Nutzeffect der stehenden Maschinen der London-Blackwall Eisenbahn von 400 und 280 Pferden zu 96,75 und 95 Proc. Pambour fand den Nutzeffect der pumpentreibenden Dampfmaschinen in Brighton von ungefähr 15 Pferdekräften zu 88–92 Proc. Le Gavrian und Farinaux fanden den Nutzeffect ihrer zu Lille aufgestellten Balancier-Maschinen nach modificirtem Woolf'schen System und von 39,33 Pferdekräften zu 87,9 Proc. (Dieser verhältnißmäßig geringe Nutzeffect ihrer von der Société d'Encouragement mit dem Preise gekrönten und daher jedenfalls ausgezeichnet gearbeiteten Maschinen ist den zwei Cylindern des Woolf'schen Systems zuzuschreiben, durch welches der grüßte Dampfeffect nicht zu erreichen ist.) Da sich die Stärke der Condensations- und Speisepumpen nicht nach dem Cylinderdurchmesser, sondern lediglich nach dem Quantum der Verdampfung richten kann, so dürften die todten Widerstände bei Anwendung bedeutender Expansion weniger Procente des Nutzeffectes ausmachen, wenn auch die größern Kolben mehr Reibung verursachen und mehr Dampf durchlassen. Es dürften daher für stärkere Condensations-Maschinen, welche sich im besten Stande befinden, 94 Proc. Nutzeffect anzunehmen seyn. Hienach berechnet sich der auf die Schwungradwelle übertragene Nutzeffect eines Kubikfußes Wasser zu 6,931,710 × 0,94 = 6,527,808 Pfd. Nun wurde bei den Versuchen Henwood's mit Cornwallis'schen Kesseln ein K. F. Wasser durch 5,28 Pfd. bester Kohlen verdampft, also hebt 1 Pfd. der besten Walliser Kohlen in einer Condensations-Maschine, welche mit 6 Atmosphären und 17facher Expansion arbeitet, 1,236,330 Pfd. 1 Fuß hoch, ein Bushel von 94 Pfd. daher 116,250,000 Pfd. 1 Fuß hoch. Die vortheilhaftesten Resultate der Cornwallis'schen Maschinen gehen aber noch darüber hinaus, denn ein Bushel Kohlen soll 123 Millionen Pfd. nach den Kolbendimensionen berechneten Wassers gehoben haben, ausschließlich der Ueberwindung der todten Widerstände der Maschine selbst. Dieß wäre ein Beweis, daß unsere obige Berechnung um etwas zu geringe Resultate gegeben, weil die Cornwallis'schen Maschinen höchstens mit 8facher Expansion und 5 Atmosphären arbeiten. Es ist aber hier zu beachten, daß auch in unserer oben berechneten Tabelle sich der Nutzeffect bei 8 und 18facher Expansion nur verhält wie 17: 18; ferner daß bei den Cornwallis'schen Maschinen der Gegendruck im Condensator nur 1/12 Atmosphäre beträgt (Bernoulli's Handbuch der Dampfmaschinenlehre, S. 280); insbesondere aber daß die gehobene Wassermenge nach dem vom Kolben durchlaufenen Raum berechnet wurde, während die Kolben und Ventile immer und um so mehr bei den ungeheuren Druckhöhen Wasser durchlassen, welches also nicht gehoben zu werden braucht. Ich glaube mich zu erinnern gelesen zu haben, daß bei den Pumpen von Cornwallis oder jenen von Brighton das wirklichwirllich gehobene Wasser 0,9 des berechneten betrug, während gewöhnlich 0,8 angenommen wird. Bei der Annahme von 0,9 würde eine Leistung von 120 Millionen Pfund schon auf 120. 0,9 = 108 Millionen herunter sinken. Würden wir aber, was höchst wahrscheinlich der Fall ist, den Druck im Condensator nur zu 1/12 Atm. berechnen, so erhielten wir für unsere Maschine nahe an 119,25 Millionen Pfund. Uebrigens kann die Wirkung der Cornwallis'schen Maschinen nicht wohl erheblich übertroffen werden; nach unserer Rechnung kaum um 1/17. Jedenfalls glaube ich behaupten zu können, daß auch rotirende Maschinen gebaut werden können, deren Effect jenem der Cornwallis'schen Maschinen nicht nachsteht; ja daß rotirende Maschinen mehr Effect geben können, weil es bei dem fixen statischen Momente der Pumpen, wenigstens ohne Sims' Construction, unmöglich ist, daß ohne Beihülfe eines Schwungrades die Expansion weit genug getrieben wird, um mit dem stets abnehmenden Kraftmoment, trotz des beihelfenden Bewegungsmoments des Gestänges und der Wassersäulen, das stets fast gleichbleibende Lastmoment der Pumpe zu bewältigen. Eine Hauptursache des großen Effects der Cornwallis'schen Maschinen ist, daß die geringe Geschwindigkeit gegen das Ende des Hubes die Ausnutzung des Bewegungsmomentes des Gestänges gestattet. Das Bewegungsmoment der bewegten Massen wird aber durch die Natur der Kurbel auch bei rotirenden Maschinen ausgenützt, bei welchen die Dampfzuführung ungefähr nach 85 Proc. der Hublänge abgeschnitten wird (man vergl. mein Handbuch des Eisenbahnwesens S. 367); denn wäre dieß nicht der Fall, sondern noch ein Bewegungsmoment übrig, welches am todten Punkte durch Dampf, gewissermaßen durch ein dem Kolben vorgeschobenes Kissen besiegt werden müßte, so könnte eine Expansionsmaschine auch dann an ihrer Geschwindigkeit nichts verlieren, wenn man den Dampf etwas früher absperrte; die fehlende Dampfkraft müßte durch ein außerdem schädliches Bewegungsmoment ersetzt worden seyn. Aus diesem Grunde und wegen der Natur des Schwungrades dürste auch der Verwandlung der Kolbenbewegung in eine rotirende, nur die in Procenten nicht bedeutende Reibung an der Kurbel zur Last fallen. Einen weitern Vorzug begründen die Cornwallis'schen Maschinen in der Langsamkeit ihrer Condensation und ihrem geringen Condensatordruck. Es ist aber klar, daß bei sehr bedeutender Expansion in Maschinen jeder Art der Dampf schon bei Beginn der Verbindung mit dem Condensator eine so geringe Dichtigkeit hat, daß sie jene des Condensatordampfs nicht bedeutend übersteigt, also durch das Einspritzen von kaltem Wasser der Druck im Condensator sich um so mehr vermindert. Aus diesen Gründen ist wohl nicht zu bezweifeln, daß auch in rotirenden Maschinen das Bushel Steinkohlen 114 Millionen Pfd. hebt, was per Stunde und Pferdekraft 1,8 engl. Pfd. oder 0,87 Kilogr. der besten Walliser Kohle beträgt. Dieß wird bei den besterhaltenen und stärksten Maschinen, deren Kessel verhältnißmäßig sehr große Heizflächen haben und deren heiße Theile sorgfältigst gegen Ausstrahlung geschützt sind, der Fall seyn, wenn man ihnen diese hohen Expansionsgrade ertheilt; dann wird man aber auch zu ihrer Leistung die durch ein viel schwereres Schwungrad oder zwei Cylinder vermehrte Reibung rechnen müssen, so daß der Kohlenaufwand doch nie viel unter 1 Kilogramm oder 2 engl. Pfd. per Pferdekraft, an den jetzigen Schwungrädern gemessen, herabgebracht werden wird. Die schweren Schwungräder sind ein mit der Anwendung starker Expansionsgrade zusammenhängender Uebelstand. Es würde uns zu weit führen, die Reibung etc. bei einem größern Schwungradgewichte für die verschiedenen Fälle zu berechnen, und sie mit den durch Anwendung von zwei Cylindern (wobei ein leichteres Schwungrad angewandt werden kann) entspringenden größern Reibungen zu vergleichen; auch kann dieß der so schwer zu bestimmenden Kolben- und Stopfbüchsenreibung wegen nicht hinreichend genau geschehen. Doch wollen wir nach den Berechnungen Charbonnier's (polytechn. Journal Bd. XCIV S. 411) das Verhältniß der Schwungradgewichte bei verschiedenen Expansionsgraden angeben: 1, 1,125, 1,25, 1,50, 1,75, 2, 2,5, 10000, 10108, 10515, 11128, 11582, 11948, 12523, 3, 4, 5, 6, 8, 10, 20, 12992, 13698, 14282, 14781, 15625, 16338, 19020. Bei einer Maschine mit zwei Cylindern ohne Expansion findet Charbonnier das relative Gewicht des Schwungrades zu 1000, bei vierfacher Expansion aber zu 2200. In der Regel dürfte trotz des schwerern Schwungrades ein Cylinder vortheilhafter seyn; will man aber zwei Cylinder anwenden, so sollen sie an zwei sich rechtwinkelig kreuzenden Kurbeln arbeiten. Der Nutzeffect einer Woolf'schen Maschine, bei welcher ein und derselbe Dampf in zwei Cylindern arbeitet, ist viel geringer als jener einer einfachen Maschine, in deren Cylinder sich das für jeden Hub aufgewandte Dampfgewicht vollständig expandirt. Der Nutzeffect des aus dem Kessel in den kleinern Woolf'schen Cylinder tretenden Volldruckdampfes wird durch den Gegendruck des sich im größern Cylinder expandirenden Dampfes wesentlich beeinträchtigt, und die Expansion dieses Dampfes durch den rasch nachdringenden kleinern Kolben wieder verzögert, so daß man bei Woolf's System den Kolben einen viel größern cubischen Raum durchlaufen lassen muß als bei einem Expansionscylinder, wenn bei beiden gleiche Gewichte Dampf mit gleicher Spannung in den Condensator treten sollen. Bei der Woolf'schen Maschine hat also ein Cylinder einen Gegendruck zu überwinden, welcher beim Beginne des Hubes fast so groß ist als der Volldruck; ferner ist – den Cylinderdurchmesser einer einfachen Maschine gleich dem größern einer Woolf'schen angenommen – bis der Dampf gleichen Expansionsgrad erreicht, der Hub (folglich auch die Summe des Gegendruckes der Condensator-Atmosphäre) viel größer als bei einer einfachen Maschine. Es versteht sich also, daß letztere, bei welcher stets nur der Gegendruck des Condensators und nur bei dem erreichbar kleinsten Kolbenhube zu überwinden ist, den Woolf'schen Maschinen um so mehr vorzuziehen ist, weil in den Dampfcanälen des großen Woolf'schen Cylinders viel Kraft verloren geht, und das statische Moment der Woolf'schen Maschinen trotz ihrer zwei Cylinder gegen das Ende des Hubes sehr abnimmt, und also noch ein bedeutendes Schwungrad erfordert. Charbonnier berechnet das nöthige Schwungradgewicht einer Woolf'schen Maschine, deren großer Cylinder einen doppelt so großen Durchmesser hat als der kleine, zu 9850, wenn jenes Eines einfachen Volldruckcylinders = 10000 ist. Es erscheint also immer viel besser, bei Anwendung großer Expansion, wenn man keine Schwungradschwere, wie sie für Einen Cylinder nöthig ist, annehmen will, zwei nebeneinander stehende Cylinder statt einer Woolf'schen Maschine anzuwenden. Obige Behauptung in Beziehung auf den Brennverbrauch bestätigt sich auch durch die Maschinen von Le Gavrian und Farinaux in Lille (polytechn. Journal Bd. CXI S. 251). Das Woolf'sche Princip ist bei ihnen in Beziehung auf die directe Dampfwirkung in der Art abgeändert, daß der Dampf aus den kleinen Cylindern nicht am Ende des Hubes, sondern schon 22° vor selbem, also nach zurückgelegtem 0,9636 Hube in den großen Cylinder entweicht. Ist nun der Hub gleich, das Verhältniß beider Cylinderflächen 1 : 4, so ist die Expansion am Ende des Hubes im großen Cylinder 4/0,9636 = 4,1. Die Expansion ist also auch bei diesen Maschinen nicht weit getrieben, besonders wenn (was aus unserer Quelle nicht zu ersehen) der Dampf nicht mit geringem Atmosphärendrucke in den Cylinder tritt. Dieses Zurückbleiben hinter dem vortheilhaftesten Expansionsgrade, sowie die erwähnten dem Woolf'schen System principiell anklebenden Nachtheile, ließen trotz der von den genannten Mechanikern angewandten verhältnißmäßig sehr großen Heizflächen der Kessel, eines Vorwärmers und der sorgfältigsten Maaßregeln gegen Wärmeverlust durch Ausstrahlung, den SteinkohlenverbrauchStetnkohlenverbrauch per Stunde und Pferdekraft nicht unter 1,261 Kil. kommen, während der erreichbar geringste nach der Theorie und der Erfahrung an Cornwallis-Maschinen, wie oben entwickelt, nur 0,85 Kil. beträgt. Der englische Ingenieur Sims hat in neuerer Zeit zwei neue Arten rotirender Maschinen vorgeschlagen. Die eine (polytechn. Journal Bd. CIX S. 263) ist dem Principe nach eine Woolf'sche, nur sind Woolf's zwei Cylinder statt nebeneinander, untereinander gestellt, weßwegen ihr Brennverbrauch von 1,63 Kil. per Stunde und Pferdekraft nichts Ungewöhnliches ist. Die andere (polytechn. Journal Bd. CIX S. 330) beruht auf einem ganz neuen Principe, welches sich zur Aufgabe setzt, bei Anwendung der höchsten Expansionsgrade die Ungleichheit der Kraftmomente möglichst zu mildern, welches ferner eine Maschine schuf, deren Theile viel leichter aufzustellen sind und auch bei weniger sichern Fundamenten nicht leicht in Unordnung kommen. Der Dampf nähert hier ein Gewicht dem Centrum des Schwungrades, während er ein anderes gleiches von ihm entfernt, und umgekehrt. Die Bewegung erfolgt dann rein durch die Differenz der Hebelarme beider Gewichte. Wenn die Kurbelstange waagrecht steht, so muß der Hubwechsel eintreten, und in der Mitte des Hubes muß sie senkrecht stehen, wobei die Hebelarme beider Gewichte gleich sind, also die Maschine in ihrem todten Punkte steht. Die Ungleichheit von Kraft und Last ist wegen des beständigen Wechsels des wirkenden Hebelarmes bei Sims' Princip nicht so bedeutend als bei der Kurbelbewegung einer Volldruckmaschine, während doch jede Expansion möglich ist, weil die Richtung der Bewegung der Gewichte gegen das Ende des Hubes zu, sich immer mehr der Horizontalen nähert, also das zum Schieben des Gewichtes nöthige Kraftmoment, die Kolbenreibung außer Acht gelassen, im gleichen Verhältnisse fallen kann wie die Sinusse der Winkel, welche die Richtung der Bewegung mit der Horizontalen bildet. Durch Sims' Princip könnte nun allerdings ein Schwungradgewicht gespart werden, welches etwas größer ist als die Differenz des Schwungradgewichtes einer eincylindrischen Volldruck- und einer Expansionsmaschine. Folgende Berechnung wird aber zeigen, daß schon die Gewichte allein, welche die Bewegung erzeugen, diese Differenz bedeutend vermindern. Wir wollen für die Spinnerei in Logelbach bei Colmar, von deren jetzigen Watt'schen Maschine die Verhältnisse aus Morin's Leçons de Mécanique pratique etc. bekannt sind, die Gewichte einer Maschine nach Sims berechnen. Die jetzige Maschine spinnt Garne von den Nummern 40–60 und macht bei 40 Pferdekräften 19 Umdrehungen in der Minute; ihr Schwungring hat 6,1 Meter Durchmesser, 9450 Kilogr. Gewicht und 6,06 Meter Geschwindigkeit. Für die Maschine von Sims wollen wir nun annehmen, daß beim Hubwechsel das Verhältniß der Hebelarme beider Gewichte sehr vortheilhaft ist und 1 : 2 beträgt. Rechnet man in der Richtung des Radius für den vom Kolben, Cylinderdeckel, Stopfbüchse und Gewichten eingenommenen Raum 1 Meter, so ist der Rest des Halbmessers 3,05 – 1 = 2,05 Met. = 3/2 Hube, also die Hubhöhe 1,37 Meter. Da nun die Kolbenstange bei halbem Hube senkrecht steht, so kann man das drückende Gewicht als ein solches annehmen, welches beständig während der ganzen Rotation mit einem Hebelarme wirkt, der 3/4 des Kolbenhubes entspricht, also ungefähr einen Radius hat, welcher gleich ist dem Radius des Schwungrades 3,05 weniger einem Viertel-Kolbenhube von 0,342 Meter und der halben Breite des Gewichtes von 0,4 Meter, also = 3,05 – (0,342 + 0,4) 2,308 Meter. Der Radius des wirkenden Gegengewichtes ist dann um einen halben Hub, um 0,684 Meter kleiner. Folglich verhalten sich die beiderseitigen Hebelarme wie 2,308 : 1,624, und das Gewicht kann nur mit 100(2,308 – 1,624)/2,308, also nicht ganz 30 Proc. seiner Schwere auf die Bewegung einwirken. Das statische Moment der Dampfmaschine auf 2,308 Met. Radius reducirt, beträgt aber, da die Geschwindigkeit des Angriffspunktes der Kraft = (6,06 × 2,308)/3,05 = 4,57 Meter beträgt: (75 × 40)/7,57 = 656 Kil. Die Schwere beider wirkenden Gewichte beträgt also 2 × 656 × (100/30) = 4373 Kil. Nun beträgt aber, wenn man Charbonnier's Tabelle über die Gewichte der Schwungräder für diesen Fall anwendet, das Schwungradgewicht bei 17facher Expansion nahe 18000, also 8000 mehr als bei einer eincylindrigen Volldruckmaschine, folglich in diesem Falle 9450 × 0,8 = 7560. Dieß ist der Fall bei einer Spinnerei; bei Betrieben, welche weniger Regelmäßigkeit erfordern, bleiben Sims' Gewichte dieselben, das Schwungrad wird aber leichter. Es ist klar, daß das Verhältniß zwischen den Sims'schen Gewichten und jenen eines Schwungrades auch dann dasselbe bleibt, wenn man das Schwungrad mehr Rotationen machen läßt, denn sowohl die Sims'schen Gewichte als die Schwungringgewichte wachsen umgekehrt wie die Zahl der Rotationen. Es ist natürlich, daß man durch einen Zusatz von Schwungradgewicht, welcher viel geringer ist als dieses berechnete Gewicht, auch den mit den stärksten Expansionsgraden arbeitenden Dampfmaschinen die gleichförmige Bewegung einer Volldruckmaschine geben kann. Rechnet man nun noch zu den Gewichten des Sims'schen Systemes Cylinder, Kolben und Kolbenstange, so bekommt das Sims'sche Rad eine sehr bedeutende Schwere, welche jener eines schwereren Schwungrades nicht viel nachsteht, und welche um so mehr Reibung verursacht als beide Zapfen des Schwungrades, wie bei oscillirenden Maschinen, hohle heiße Dampfröhren von ziemlich großem Durchmesser sind. Der Mehrverbrauch an dynamischer Kraft in Folge dieser Reibung ist unstreitig größer als jene Reibung, welche z.B. eine Dampfmaschine ohne Balancier an der Kurbel und durch den schiefen Druck der Kurbelstange in der Führung veranlaßt. Außerdem wären noch jene Reibungen zu Lasten von Sims' Maschine zu rechnen, welche durch Uebertragung der rotirenden Bewegung des Schwungrades auf die hin- und hergehende der Pumpen jeder Kategorie veranlaßt wird. Im Ganzen aber ist die Sims'sche Maschine leichter; ihre Cylinder bilden mit das Gewicht des Schwungrades und die Säulen der Kolbenführung die Speichen desselben; sie schmiegt sich auch mehr der Räumlichkeit an, lauter Eigenschaften, welche sie für eine Schiffsmaschine mit vielschaufligen Ruderrädern besonders empfehlen, während ein einfacher Expansionscylinder sich mehr für das schöne zweischauflige Ruderrad Alban's eignet, und wohl auch für Kriegsdampfschiffe mit Ruderrädern, auf welchen Sims' Maschine den Kugeln zu sehr exponirt wäre. Für Spinnereien empfiehlt sich Sims' Maschine wegen der großen Gleichförmigkeit ihrer Bewegung bei geringerer Totalschwere. Somit blieben die alten Formen nur für Maschinen welche ohne Gleichförmigkeit gehen dürfen, und für solche mit sehr vielen Rotationen, welche Sims' heiße Zapfen nicht vertragen ohne sich trocken zu laufen. Sehr bedeutend sind übrigens für rotirende Maschinen die Vortheile von Sims' Construction nicht. Es dürften also rotirende Maschinen nach den Ideen von Sims nur dann einer Expansionsmaschine mit oder ohne Balancier und Einem Cylinder vorgezogen werden, wenn Mangel an Raum ist, und dann wohl nur für geringere Kräfte. Hingegen dürften die von Sims zum Pumpen vorgeschlagenen Maschinen (polytechn. Journal Bd. CIX S. 336) in Aufnahme kommen, denn nur auf diesem Wege ist es möglich bei Pumpmaschinen hohe Expansionsgrade anzuwenden. Wir haben nun allerdings die höchste dynamische Wirkung eines Pfunds Kohle, ferner den in Beziehung auf Dampfverbrauch vortheilhaftesten Expansionsgrad bestimmt; es ist aber sehr die Frage, ob es in den meisten Fällen im Ganzen genommen nicht ökonomischer ist, geringere Expansionsgrade zu wählen, besonders wenn die Maschinen nicht sehr stark sind und nicht ununterbrochen arbeiten. Dem Vortheil, welchen auf der einen Seite die Dampfersparniß für jede Steigerung der Expansion gewährt, stehen auf der andern Seite die bedeutenderen jährlichen Kosten für größere Cylinder, Dampfmäntel und schwerere Schwungräder gegenüber. Ich glaube, daß man bei mittleren Brennpreisen kaum über achtfache Expansion hinausgehen soll. Diese Ansicht läßt sich in Ziffern folgendermaßen rechtfertigen. Nach unserer obigen Berechnung verhält sich bei achtfacher Expansion der Nutzeffect zum höchsten erreichbaren wie 17 : 18; wenn also der geringste Brennverbrauch bei dem Nutzeffect 18 per Stunde und Pferdekraft 1,8 Pfd. engl. beträgt, so ist der Mehrverbrauch einer Maschine von 18 Pferdekräften per Stunde bei achtfacher Expansion kaum 1 Pfd., also bei täglich 12 Arbeitsstunden und 300 Arbeitstagen jährlich 3600 Pfd.; dieß gibt, den Centner Kohlen zu 30 kr. angenommen, eine jährliche Mehrausgabe von 18 fl. Nach den oben angeführten Rechnungen Charbonnier's würde sich das Schwungradgewicht bei 8 und 16facher Expansion etwa verhalten wie 15 : 17. Nehmen wir nun an, daß das Schwungrad unserer in Rechnung genommenen Maschine bei 8facher Expansion 6500 Kil. schwer ist, so müßte es bei 16facher um 866 Kil. schwerer seyn, welche also bei 8facher Expansion erspart würden, und im Anschaffungspreise auf 130 fl. anzuschlagen wären. Die jährlichen Kosten eines Schwungrades kann man wohl nicht unter 6 Proc. seines Anschaffungscapitales anschlagen, also den Betrag der Ersparniß am Schwungrade allein zu 7,8 fl. Rechnet man nun die Kosten stärkerer Cylinder, Kolben, weiterer Dampfmäntel, stärkerer Fundamente etc. hinzu, so wird man finden, daß 8fache Expansion so ziemlich die ökonomischste ist; doch entscheiden nur die localen Preise. Die vortheilhafteste Anwendung starker Expansion steht wohl bei den Seedampfschiffen in Aussicht, wo geringes Gewicht und Volum des mitzuführenden Brennmaterials so wichtig sind, und auch für etwas größere Kessel hinreichend entschädigen.