Titel: Ueber die Darstellung von Lichtbildern auf Glas; von Blanquart-Evrard.
Fundstelle: Band 114, Jahrgang 1849, Nr. XXII., S. 123
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XXII. Ueber die Darstellung von Lichtbildern auf Glas; von Blanquart-Evrard. Aus den Comptes rendus, August 1849, Nr. 8. Blanquart-Evrard, über die Darstellung von Lichtbildern auf Glas. Ich lege hiermit der Akademie der Wissenschaften photographische Bilder auf Papier vor, welche von Lichtbildern auf Eiweiß copirt wurden; die Idee, das durch Vermischung mit essig-salpetersaurem Silber für die Einwirkung des Lichts empfindlich gemachte und in dünner Schicht auf einer Glasplatte ausgebreitete Eiweiß für Lichtbilder anzuwenden, gehört Hrn. Nièpce Man vergl. polytechn. Journal Bd. CIX S. 48. an; sie ist die vollständigste Bestätigung des von mir für die Photographie auf Papier aufgestellten Princips. Ich bemerkte nämlich in meiner Abhandlung (polytechn. Journal Bd. CIV S. 33): „das tiefe Eindringen der photographischen Substanzen in den Papierzeug, in der Art, daß er zum Medium wird, in welchem die chemischen Reactionen vorgehen, die am Ende das photographische Bild liefern,“ ist die wesentlichste Bedingung für das Gelingen der Operation. Indem Hr. Nièpce vorschlug, statt des Papierzeugs einen ganz durchsichtigen und festen Körper anzuwenden, welcher die photographischen Substanzen in sich aufzunehmen vermag, eröffnete derselbe für die Photographie auf Papier eine neue Bahn. Meine Versuche führten mich auf ein Verfahren, das alle zur industriellen Anwendung der Photographie erforderlichen Eigenschaften vereinigt; denn die Matrizen, welche man mittelst meiner Zubereitungen auf Glas erhält, sind am Licht unveränderlich, verlieren, nachdem eine beliebige Zahl von Abzügen davon gemacht wurde, nichts von ihren Eigenschaften, können, wenn sie durch Zufall verloren gingen, wiederhergestellt werden, sofern nur noch ein einziges Abbild der verlornen Matrize vorhanden ist, und geben endlich bei jeder Witterung und bei jeder Temperatur und Beschaffenheit des Lichts befriedigende Resultate. Die Proben, welche ich heute vorlege, haben nur den Zweck zu beweisen, daß die Photographie dahin gelangt ist, die Modelle in dem ihnen eigenen Charakter zu reproduciren; sie bestehen in dem Abbild eines Miniaturporträts, in derselben Größe, wie das Original, und mit dem leichten und durchsichtigen Charakter dieser Art Malerei; in dem Abbild eines Porträts in Oel mit dem entgegengesetzten Charakter, kräftigen Schatten und glänzenden Lichtern; in einer Ansicht nach der Natur mit Figuren (Schimmeln), so wie einer Bronzestatue von merkwürdiger Vollendung; endlich in der Copie eines Kupferstichs von gleicher Größe, welche trotz der doppelten Schwierigkeit, Feinheit und Genauigkeit mit Kraft verbindet. Das Verfahren ist folgendes: man bringt in ein tiefes Gefäß das Weiße einer Anzahl von Eiern, reinigt es von allen festen oder undurchsichtigen Theilen mit Vermeidung von hinzutretendem Staub, welcher später Flecken verursachen würde. Nun setzt man 15 Tropfen einer gesättigten Jodkalium-Lösung zu, schlägt die Eier zu Schnee und läßt diesen stehen, bis er wieder flüssig wird. Man reinigt nun die Glasplatte, deren man sich bedienen will, mit Weingeist, legt sie auf einen Träger, über welchem sie hervorsteht, und gießt eine hinlängliche Menge Eiweiß darauf, welches man über die ganze Oberfläche derselben dadurch ausbreitet, daß man mit einem Stücke Glas in der Art darüber fährt, daß die Kante mit der Oberfläche der Glasplatte in Berührung bleibt, und das Eiweiß vor sich hertreibt, was man öfters wiederholt. Es hat diese, vielleicht kindisch erscheinende Operation den Zweck, das Eiweiß mit der Oberfläche der Glasplatte in vollkommene Berührung zu bringen, so daß sie von demselben noch recht gut bedeckt bleibt, wenn man auch an einer Ecke derselben alles Uebrige ablaufen läßt. Hierauf legt man die Platte ganz horizontal nieder und läßt sie trocknen. Nachdem das Eiweiß auf der Glasplatte gut getrocknet ist, wird es recht stark erhitzt (oder auch großer Kälte ausgesetzt, was auf dasselbe hinausläuft), bis die Eiweißschicht voller kleiner Risse erscheint (nur muß man dieß nicht zum vollkommenen Abspringen derselben treiben). Hierauf kann man die Glasplatte dem essig-salpetersauren Silber (in dem im polytechn. Journal Bd. CIV S. 35 angegebenen Verhältnisse bereitet) aussetzen. Diese Salzlösung muß mit dem Eiweiß auf einmal in Berührung gebracht werden, denn da das Eiweiß bei seinem Zusammentreffen mit dem essig-salpetersauren Silber sich zusammenzieht, so würden ebensoviele Absonderungen in der Schicht eintreten, als die Eintauchung wiederholt wird. Man bewerkstelligt dieß am leichtesten auf folgende Weise: man schüttet in eine Schale welche größer ist als die mit Eiweiß bestrichene Glasplatte, eine Schicht Salzlösung von 1/2 Centim. (2 Linien Höhe) und ertheilt sodann der Schale eine Neigung von 45°. Wenn sich so alle Flüssigkeit in dem untern Theile der Schale angesammelt hat, legt man den Rand der Glasplatte so, daß die mit Eiweiß bestrichene Seite dem Boden der Schale zugekehrt ist, läßt sie dann mit einer einzigen Bewegung in die Schale fallen und stellt die Schale horizontal auf den Tisch. Ist dieß geschehen, so zieht man sie gleich wieder heraus und taucht sie in eine andere Schale welche Wasser erhält, bewegt dasselbe einige Secunden stark und nimmt die Platte dann heraus; man läßt sie abtropfen, indem man sie an einer Ecke faßt und die andere stark auf den Tisch aufstößt. Die so erhaltenen Glasplatten sind photogenisch und können ebenso gut in feuchtem wie in trockenem Zustand angewandt werden, wenn man an entfernten Orten oder auf der Reise zu operiren hat. Auch kann man das Abbild sogleich nach der Aussetzung in der Camera obscura oder erst nach der Zurückkunft von der Reise zum Vorschein bringen. Diese Operation geschieht auf dieselbe Weise, wie ich sie für Papier früher beschrieb (polytechn. Journal Bd. CVII S. 193) nämlich durch Eintauchen der Glasplatte in ein gesättigtes Gallussäurebad; doch thut man gut, diesem Bad etwas essig-salpetersaures Silber zuzusetzen. Es ist zweckmäßig, das Abbild aus dem Gallussäurebad herauszunehmen, bevor seine verschiedenen Theile noch den gewünschten Ton angenommen haben; denn würde man die Wirkung zu weit gehen lassen, so könnte man die sich erzeugenden zu dunkeln Töne nicht mehr mildern, während, wenn die Nüancen zu schwach wären, man die Platte ohne Nachtheil von neuem der Einwirkung der Gallussäure aussetzen könnte, wenn sie auch schon zur Verfertigung einer großen Anzahl von Abbildern (Copien) gedient hätte. Hierauf wird die Glasplatte mit vielem Wasser abgewaschen und zuletzt durch eine Bromkaliumlösung (30 Gramme desselben auf 100 Gramme Wasser) gezogen, dann wieder mit vielem Wasser abgewaschen, worauf man sie trocknen läßt, indem man sie horizontal in der Camera obscura anbringt, wenn die Eiweißschicht einige Blasen gebildet und sich, in Folge der mehrmaligen Eintauchungen, stellenweise gehoben hat. Auf diese Weise erhält das Eiweiß auf der Glasplatte eine so außerordentliche Härte und Festigkeit, daß wenn ein unvollkommenes Lichtbild vernichtet werden soll, um die Glasplatte zu etwas neuem anzuwenden, man sich eines sehr kräftigen chemischen Agens bedienen muß, wie z.B. des Cyankaliums, um den Ueberzug ganz von der Glasplatte wegzubringen. Die positiven Bilder erhält man auf dieselbe Weise wie bei den Copien auf Papier (polytechn. Journal Bd. CIV, S. 32 und 275.)