Titel: Ueber den Widerstand der Zapfenreibung; von Oberbaurath F. A. v. Pauli.
Fundstelle: Band 114, Jahrgang 1849, Nr. XXXI., S. 172
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XXXI. Ueber den Widerstand der Zapfenreibung; von Oberbaurath F. A. v. Pauli. Aus dem Kunst- und Gewerbeblatt des polytechn. Vereins für Bayern, Sept. 1849. Mit Abbildungen auf Tab. III. Pauli, über den Widerstand der Zapfenreibung. Bei jedem rationellen Industriebetriebe ist es nothwendig jene Ausgaben genau in das Auge zu fassen, welche für die Fabricationsmittel und nicht für Rohstoffe erlaufen. Indessen diese ihrer Natur nach als mehr oder weniger constant zu betrachten sind, hängen die Ausgaben für die Erzeugungsmittel von den gewählten Einrichtungen oder Verfahrungsweisen ab. Die Ersparungen, welche unbeschadet des Zweckes in diesem Theile der Ausgaben sich alljährlich machen lassen, repräsentiren zu Capital erhoben dem Gewerbtreibenden den Betrag, um welchen das Geschäft mehr werth ist, indem ihm die Zinsen dieses Capitals in den Ersparungen zufließen. In der mechanischen Industrie, wo Werkzeuge oder Maschinentheile in tausendfachen Formen täglich in Bewegung sind, spielt die Reibung eine sehr beachtenswerthe Rolle. Nicht nur hängt von der guten Erhaltung der Zapfen und Lager oft der Erfolg der Maschinen ab, und ist der gute Bestand dieser Theile durch die anhaltende Reibung gefährdet; sondern es verschlingt auch nicht selten die Ueberwindung des durch die Reibung hervorgerufenen Widerstandes einen sehr beträchtlichen Theil der bewegenden Kraft. – In dieser zweifachen Hinsicht erscheint daher die Reibung als ein zehrendes Uebel, welches zwar vermindert, aber nie ganz beseitigt werden kann, und man nennt die auf die Zapfenreibung bei Maschinen verwendete Kraft eine verlorne Arbeit. Bei dem Eisenbahntransport zerfällt bekanntlich der Gesammtwiderstand nach seinen veranlassenden Ursachen in drei Hauptabtheilungen, in den der Schwere, den der Luft und den Widerstand der Reibung. Bei gleichen Verkehrsmassen nach beiden Richtungen und wenn die Steigungen der Bahn gewisse Gränzen nicht überschreiten, kann man bei der Erwägung des Gesammtdienstes von dem Widerstand der Schwere ganz Umgang nehmen. In diesem Fall beträgt nach den bisherigen Erfahrungen der Reibungswiderstand aller Zapfen 2/3 bis 3/4 der reinen Zugkraft. Dieses Verhältniß gab Veranlassung zu einer Reihe von Versuchen über Zapfenreibung, die den Gegenstand nachstehender Mittheilung bilden. Diese Versuche wurden in den Jahren 1847/48 in der k. Eisenbahnwagenbau-Anstalt zu Nürnberg unter der Leitung der beiden Maschinenmeister Werder und Hävel ausgeführt, welche sich mit großer Ausdauer denselben hingaben. Bekanntlich bestehen viele Recepte zu Legirungen für Metalllager, welche theils wegen ihres geringen Reibungswiderstandes, theils wegen ihrer Dauer von verschiedenen Seiten empfohlen worden sind. Der Zweck der angestellten Versuche nun war zu ermitteln: a) welche Lagerlegirung bei schmiedeisernen Zapfen den geringsten Widerstand erzeuge, und b) bei welcher Legirung am frühesten eine zerstörende Erwärmung eintrete. Im Verlaufe der bisherigen Betriebserfahrungen hatte die Vermuthung Raum gewonnen, es möchte die geringe Ausdehnung der in Angriff stehenden Lagerflächen an der zuweilen vorgekommenen Erhitzung der Zapfen einigen Antheil haben. Es wurde darum auch dieser Punkt in die Versuchsreihe gezogen, und zwar in der Weise, daß alle Versuche mit zwei Achsen angestellt wurden, deren eine einen größeren, deren andere dagegen einen kleineren Zapfen hatte, indessen alle anderen Verhältnisse gleich waren. Es war eine weitere Aufgabe der Versuche: c) zu ermitteln, ob durch eine geringe Vermehrung der gedrückten und sich reibenden Flächen wirklich eine Verminderung des Reibungswiderstandes herbeizuführen sey. Das erste Erforderniß zu diesen Versuchen war ein geeigneter Kraftmesser (Dynamometer). Der bis jetzt am meisten bekannte Dynamometer ist der Zaum von Prony. Mit diesem Instrumente wird die Arbeitsfähigkeit einer bewegenden Kraft gemessen, indem man sie durch die meßbare Arbeit eines Widerstandes ganz absorbirt. Im vorliegenden Falle sollte aber bei stunden- und tagelanger Andauer die Arbeit eines Widerstandes gemessen werden, welche möglicherweise sehr wechseln konnte. Der Prony'sche Zaum war deßhalb hier nicht anwendbar. Als schicklichste Vorrichtung erschien der Spiralfeder-Dynamometer von White. Das Princip dieses, wie es scheint, nicht sehr bekanntenIn der Eisenbahn-Zeitung von 1848 S. 317 (daraus mitgetheilt im polytechnischen Journal Bd. CX S. 242) beschreibt Hr. Ed. Schinz den von ihm erfundenen Dynamometer und bemerkt im Eingange, daß es bisher noch an einer einfachen Vorrichtung gefehlt habe die Kraft zu ermitteln, welche jeder einzelne Maschine einer größeren Fabrik absorbirt. – Hrn. Schinz scheinen die beiden dazu ganz geeigneten Dynamometer des White unbekannt geblieben zu seyn, welche derselbe in seinem New Century of Inventions, Manchester 1822, beschrieben hat. Der Dynamometer des Schinz hat sehr viele Aehnlickkeit mit dem Gewichtsdynamometer des White. Dynamometers beruht in Folgendem: Man denke sich eine Spiralfeder, gleich der einer Uhr, mit ihrem einen Ende an einer Achse, mit ihrem andern im Innern einer Rolle befestigt, welche concentrisch auf der Achse sich frei drehen kann. Steht nun einerseits mit der Achse irgend eine bewegende Kraft in Verbindung und andererseits mit der Rolle durch einen Treibriemen der Widerstand (hier die Versuchsachse mit dem belasteten Zapfen), so ist klar, daß wenn die Achse ihre Bewegung beginnt, zuvörderst die Spiralfeder sich aufwickeln und spannen muß, bis der Grad ihrer Spannung und beziehungsweise die Spannung des Treibriemens der Kraft des Widerstandes gleich ist. Es ist ferner klar, daß während der ganzen Dauer der Bewegung die Spannung des Treibriemens und beziehungsweise der Feder einen Maaßstab abgibt für die momentane Größe der Widerstandskraft, und daß, wenn man die Geschwindigkeit des Treibriemens aus der Anzahl der Umdrehungen der Rolle in der Zeiteinheit kennt, man sofort durch die Multiplication der Ziffern für Kraft und Geschwindigkeit, als Product den Ausdruck für die in Thätigkeit stehende Arbeit erhält. – Nach dem Satze, daß die Arbeit der bewegenden Kraft stets der Arbeit des Widerstandes gleich ist, können wir auch von der auf diesem Wege ermittelten Arbeit der bewegenden Kraft auf die Größe der Widerstandskraft schließen. Im vorliegenden Falle ist nämlich aus dem Durchmesser und beziehungsweise dem Umfange des Zapfens und der Anzahl seiner Umdrehungen in der Zeiteinheit bekannt, welchen Weg jeder Punkt seiner Oberfläche in derselben Zeit zurücklegt. Wird nun der Ausdruck für die Arbeit durch die Ziffer für den Weg dividirt, so erhalten wir die Größe der Widerstandskraft an der Oberfläche des Zapfens. Alles kömmt bei diesem Apparate darauf an, die Spannung der Spiralfeder während des Ganges der Vorrichtung stets kenntlich zu machen. – Jede Veränderung in der Spannung der Feder setzt eine Verrückung ihrer Endpunkte in deren gegenseitigen Stellung voraus oder, da diese an der Achse und der Rolle befestiget sind, eine Veränderung in der Stellung der Rolle zur Achse. Zur ruhigen Beobachtung dieser Veränderungen ist es nothwendig, dieselben bis außerhalb der rotirenden Theile fortzupflanzen. Dieses geschieht am einfachsten durch die Mitte der Drehungsachse. Zu diesem Ende ist in der Hauptachse und zusammenfallend mit der Drehungsachse eine kleine Oeffnung angebracht und in diese ein Stab eingepaßt, der sich leicht hinein- und herausschieben, jedoch nicht drehen läßt, sey es, indem man die Oeffnung und den Stab viereckig macht, oder einfacher noch, indem man dem Stab einen Führungsstift gibt, der sich in einem Längenschlitz der über das Lager hinaus verlängerten Achse bewegt. Umgibt man nun diese Achsenverlängerung mit einem Cylinder, der an seinem einen Ende an der Spiral- oder Treibrolle befestigt, einen spiralförmigen Schlitz enthält, in welchen der Führungsstift gleichfalls eingreift, so muß dieser Stift und mit ihm der Stab sich vor- oder rückwärts bewegen, sobald eine Veränderung in der Stellung der Spiralrolle zur Achse vor sich geht. Läßt man das spitze oder mit einer kleinen Kugel versehene Ende des eingeschobenen Stabes auf den kurzen Arm eines Fühlhebels wirken, der vermöge seines Gewichtes sich immer an das Ende des Stabes anlegt, oder mit demselben durch ein Hohlkugelgelenk verbunden ist, so kann man jede Veränderung in der Stellung oder Spannung der Feder in beliebig großem Maaßstabe an einem Gradbogen des Fühlhebels beobachten. Der spiralförmige Schlitz im Cylinder muß nicht gleichförmig steigend seyn; zur sicheren Beobachtung größerer Spannkräfte ist es vielmehr besser, wenn die Steigung im Anfang der Federspannung schwach und später steiler angenommen wird. Um den Gradbogen des Fühlhebels einzutheilen, stellt man die Hauptachse fest, hängt nach und nach eine Reihe von Gewichten an den Riemen der Federrolle und macht correspondirende Marken auf den Gradbogen. Nach dieser Auseinandersetzung des Princips bedarf die Abbildung des Versuchsapparates nur wenige Worte zur Erläuterung. Fig. 9 und 10 sind Längendurchschnitt und Endansicht des Dynamometers an sich, und Fig. 11, dann Fig. 12 Längen- und Endansicht des ganzen Versuchsapparates zur Messung der Zapfenreibung; Fig. 13 zeigt die Spiralfeder; Fig. 14 die beiden Zapfen der Versuchsachsen. Es ist Eingangs schon bemerkt worden, daß zwei Achsen mit Zapfen von verschiedener Größe den Versuchen unterzogen wurden. Dieses geschah gleichzeitig. Aus diesem Grunde wurden auf einer Dynamometerachse zwei Spiralrollen a, a mit Gradbogen b, b an den beiden Enden aufgezogen, deren eine die vornliegende Versuchsachse bewegte, die andere aber die rückwärtsliegende c, c. – Mittelst der festen und leeren Rolle d und e wurde die Bewegung von einer Transmissionsachse auf die Dynamometerachse übertragen. f, f sind die beiden Hebel, mittelst welchen die beiden Versuchsachsen c gleichmäßig belastet wurden, wie dieses später erörtert werden wird. Jede Versuchsachse hatte eigentlich drei Lager; die an dem Belastungshebel f und jene nicht daran liegende waren es indessen, welche der Computation unterstellt wurden, da ein verhältnißmäßig höchst unbedeutender Druck das dritte Lager traf. Wir gehen nun über zur speciellen Angabe der Dimensionen und Versuchsgegenstände. Die beiden belasteten Zapfen der einen Versuchsachse, welche wir mit K bezeichnet, hatte einen Durchmesser von 0,207 Fuß bayer. und von einem Rande der beiden Endhohlkehlen zum anderen, eine Länge von 0,412; die Zapfen der anderen Versuchsachse, welche wir mit G bezeichnen, hatte einen Durchmesser von 0,232' und eine Länge von 0,5'. Die Lager waren alle so construirt, daß sie nicht die volle Hälfte des Zapfens oder 180° umschlossen, sondern nur 120°; man kann daher die in reibender Berührung befindliche Fläche eines Lagers nach ihrer Projection auf eine Ebene, welche normal steht auf der Richtung des Druckes, bei der Achse K zu 7,386, bei der Achse G zu 10,046 bayer. Decimal-Quadratzoll annehmen. Es ist bereits oben bemerkt worden, daß bei Anfertigung der verschiedenen Metalllager nicht eine systematische Folge von Legirungen eingehalten wurde; es dienten vielmehr mannichfaltige Recepte zu Anhaltspunkten. Die weiter unten folgenden Angaben werden indessen zeigen, daß das Zinn in den vorwürfigen Fragen eine wesentliche Rolle spielt. Wir werden daher die Legirungen nach ihrem Zinngehalte ordnen und beziffern. Bestandtheile der Lager. Nummer derLegirung. Nach Gewichtstheilen. Nach Procenten des Gesammtgewichts. Zinn. Kupfer. Antimon. Zink. Blei. Wismuth. Gußeisen. Zinn. Kupfer. Antimon. Zink. Blei. Wismuth. Gußeisen. 192   8 1 95,5   4,0   0,5   2   30   2 1 90,9   6,1   3,0   3   48   1 4 90,4   1,9   7,7   4   50   1 5 89,3   1,8   8,9   5   24   1 2 88,9   3,7   7,4   6   20   1 2 87,0   4,3   8,7   7   21   5 1 77,8 18,5   3,7   8   29 11 5 64,5 24,4 11,1   9     8   1 4 61,6   7,7 30,7 10     1   5 16,7 83,3 11   18 2 4 75,0   8,3 16,7 12 2 1 66,7 33,3 13 1 100 Die durch die Dampfmaschine getriebene Achse, auf welcher die Spiraldynamometer befestiget waren, machten 153 1/3 Umdrehungen in einer Minute. Die Rollen der Dynamometer hatten 1,5' im Durchmesser, jene auf den Versuchsachsen 1,0', so daß diese sich nahe 230mal in der Minute umdrehten. Diese Umdrehungsgeschwindigkeit entspricht bei der allgemein üblichen Größe der Eisenbahnwagenräder einer Fahrgeschwindigkeit von 11 Poststunden oder 5 1/2 deutschen Meilen in der Zeitstunde, umfaßt daher die gewöhnlichen Vorkommnisse auf Eisenbahnen vollkommen. Die stärkste Belastung, welcher ein Radzapfen ausgesetzt ist, kommt bei den vierrädrigen Güterwagen vor. Sie kann, wenn man 1/10 für ungleiche Vertheilung der Ladung hinzurechnet, im höchsten Falle 33 Zollcentner betragen. Die Hebel der Versuchsmaschine wurden daher so belastet, daß auf jedem Zapfen ein Gewicht von 33 Centnern ruhte. Als Zapfenschmiere wurde gewöhnliches Maschinenöl genommen, um die Resultate der wirklichen Anwendung möglichst anpassend zu halten. Wir werden sogleich sehen, daß die schädliche Erwärmung bei manchen Lagern ziemlich bald eintrat. Um überzeugt zu seyn, daß hieran nicht etwa ein Constructionsfehler die Schuld trug, wurden solche Lager aufs Neue ausgeschliffen, und der Versuch wiederholt, wie denn überhaupt die ganze Reihe der Versuche mehrmals durchgeführt wurde. Bei diesen Gelegenheiten stellte sich heraus, daß das Zinn möglichst rein seyn muß, weßhalb zu empfehlen ist, zu den Lagern nur bestes englisches Blockzinn zu verwenden. Gewöhnliches käufliches Zinn wird stets ungünstigere Resultate liefern. Nachdem diese Cautelen nach Thunlichkeit berücksichtiget worden, stellten sich die Resultate fest, wie folgt: NummerdesLagers. Zugkraft amDynamometerbei dem Zapfen Zeit in Stundenbis zur schädlichenErhitzungdes Zapfens Bemerkung. G. K. G. K.   1   22   48 2 1 Bei den Versuchen G Nr. 2, 3, 4 und 6    wurden die Zapfen und Lager gar nie warm,   2     5   45         1/6     obschon während einer 11stündigen Arbeitszeit    im Gange gehalten.   3     7   35 2   4     7   38 1   5   40   75       1 1/2         2/3   6   12   12       1 1/2   7   22   57       1 1/2 1   8   38   62 1         1/2   9 150 175          1/6         1/6 Wurden sehr heiß und auf der Oberfläche    angegriffen. 10 120 125          1/6         1/6 Die Zapfen sehr heiß und rauh. 11 Nachdem die Zapfen in sehr wenigen Minuten    heiß geworden, sind die Lager geschmolzen. 12   60   75          1/6         1/6 Die Lager sind wegen Sprödigkeit leicht zerbrechlich    und darum unsicher. 13 115 125          1/6         1/6 Zapfen und Lager stark angegriffen und erhitzt. Es ist bekannt, daß bei Versuchen in so großem Maaßstabe selten eine Stetigkeit in den Resultaten der Beobachtungen erzielt wird, selbst wenn ein mathematisches Gesetz denselben zu Grunde liegt. Hier machte sich jeder Moment am Fühlhebel des Dynamometers kenntlich, wo das Oel nicht in hinreichender Menge auf die gleitenden Flächen sich verbreiten konnte; insbesondere schwankte der Dynamometerzeiger für die Achse K, so daß die vorgetragenen Zahlen nur dem geschätzten Mittel der Zeigerbewegungen entsprechen. Man konnte, während der Apparat im Gange war, die lebhafteste Ueberzeugung gewinnen, daß die größere Reibung bei den Zapfen K einzig daher rührte, daß das Oel durch den großen Druck von der verhältnißmäßig kleinen Berührungsfläche verdrängt wurde. Zur wissenschaftlichen Erschöpfung des Gegenstandes, zur Lösung aller Fragen erübriget noch ein weites Versuchsfeld. – Denn 1) sind die Einzelmetalle bezüglich ihrer Reinheit, oder die Legirungen im Ganzen chemisch nicht weiter untersucht worden, indessen hierauf ziemlich viel anzukommen scheint; 2) wurden die Versuche nur bei einerlei Druck und Geschwindigkeit gemacht. 3) Zur Bestimmung der Gränze und beziehungsweise des Druckes auf den Quadratzoll Lagerfläche, bei welchem das Schmiermittel nicht mehr entsprechend auf der Reibungsfläche sich erhalten kann, wäre es nothwendig, eine größere Anzahl von Achsen mit verschiedenen Zapfengrößen in den Kreis der Versuche zu ziehen. 4) Hier wurde nur einerlei Schmiermittel angewendet, nämlich Oel; möglich ist es, daß andere bereits vorgeschlagene oder angewendete Mittel ganz abweichende Resultate ergeben würden. 5) Um bei schwankenden Zugkräften die wahre mittlere Kraft, oder die gesammte Arbeit des Widerstandes in einer gegebenen Zeit zu erheben, müßte der Apparat etwas anders construirt werden. Unvollständig, wie diese Versuche sonach auch sind, so geben sie doch für die Praxis schätzbare Andeutungen. Hier begnügt man sich in den meisten Fällen mit der Ueberzeugung, daß unter den ungünstigsten Voraussetzungen ein gewisses Mittel sich am besten bewährt hat, und zweifelt nicht, daß gleiches auch bei günstigeren Verhältnissen der Fall seyn wird, wenn auch der Grad des Vorzuges sich ändert. Um eine vergleichende Uebersicht von Versuchsergebnissen zu bilden, ist es am zweckmäßigsten, dieselben graphisch darzustellen, was in Fig. 15 geschehen. Die waagrechte Linie ab ist in 100 Theile getheilt, und immer an jenen Punkten von senkrechten Linien durchschnitten, welche dem Zinngehalte der Legirungen nach Procenten des Gesamtgewichtes entsprechen. Auf diese Perpendikel sind der Ordnung nach die Versuchsergebnisse nach einem beliebigen Maaßstabe aufgetragen, und zwar oberhalb der Waagrechten die Zugkräfte am Dynamometer wie sie vorstehende Tabelle gab, und unterhalb die Bestandtheile der Legirung nach Procenten, zuerst Zinn, dann Kupfer, dann Antimon oder Zink. – Verbindet man die zusammengehörigen Punkte der einzelnen Perpendikel, so wird das Feld unterhalb der Waagrechten, also das der Legirungsbestandtheile, in drei Streifen getheilt; der erste, der des Zinnes, nimmt gleichmäßig ab, weil auch die Entfernungen der Perpendikel im Verhältniß zum Zinngehalte stehen; der zweite und dritte Streifen wechseln in der Dicke, weil, wie bereits Eingangs erwähnt, nicht ein stetig sich änderndes Verhältniß, sondern mehr zufällige Recepte den Mischungen zum Grunde lagen. Das obere Feld drückt, wenn die dem großen Zapfen angehörigen Punkte untereinander verbunden sind und ebenso die des kleinen, zwar bildlich nur dasselbe aus, was auf der zuletzt gegebenen Tabelle in Ziffern zu lesen ist; allein folgen die dargestellten Zahlenwerthe irgend einem Gesetze, so spricht sich dieses auffallender, lebendiger in der graphischen Darstellung aus. Uebersehen darf in dem vorliegenden Falle nicht werden, daß, wie bei allen Darstellungen von Versuchsergebnissen, von Beobachtungen, die möglichen Beobachtungsfehler das Bild verzerren. Wo es nicht darauf ankommt, die Gesetze in mathematische Ausdrücke zu fassen, nach welchen die Ergebnisse sich ordnen, begnügt man sich damit, zwischen den zusammengehörigen Beobachtungspunkten hindurch eine möglichst stetige vermittelnde Linie zu ziehen, wie wir dieses durch die Linie gg für den großen Zapfen, und durch kk für den kleinen Zapfen gethan haben. Außer den Beobachtungsfehlern mögen hier noch andere Umstände auf die Verzerrung des Bildes gewirkt haben. Wir haben oben bemerkt, daß das Zinn den Haupteinfluß auf die Größe des Widerstandes gehabt zu haben scheine; unmöglich können wir aber die übrigen Bestandtheile als indifferent betrachten. Da nun, wie aus dem die Mischung darstellenden Felde zu ersehen, die Menge von Kupfer und Antimon oder Zink nicht nur im Verhältniß zum Ganzen, sondern auch im gegenseitigen Verhältnisse der beiden genannten Metalle sehr abweichend ist, so dürfte auch dieser Umstand eine Verzerrung des Bildes veranlassen. Ob die Metalle, aus welchen die Legirungen angefertigt, stets gleich rein waren, müssen wir ebenfalls dahin gestellt seyn lassen, da sie nicht chemisch geprüft wurden. Auch ist es endlich denkbar, daß von Seiten des Gießers ein Versehen in der Composition stattgefunden. Nehmen wir vorläufig von den Ursachen der einzelnen Abweichungen Umgang, und verfolgen wir die Mittellinien gg und kk, so dürften sich als nicht zu bezweifelnde Ergebnisse darstellen: 1) Der kleine Zapfen veranlaßte durchgehends einen größeren Reibungswiderstand als der große. 2) Der geringste Widerstand ist bei 90 Proc. Zinngehalt; dafür sprechen die Legirungen Nr. 2, 3 und 4. Beträgt das Zinn mehr als 90 Proc., wie bei der Probe Nr. 1, so scheint die Composition zu weich zu werden; in dem Maaße wie der Zinngehalt weniger wird als 90 Proc., nimmt der Widerstand zu. Hienach blieben für Kupfer und Antimon 10 Proc. übrig. 3) Kupfer und Antimon dürfte den Legirungen Nr. 3 und 4 folgend zu 2 und 8 Proc. anzunehmen seyn. 4) Ein starkes Vorwalten des Antimons in der ganzen Mischung, wie bei der Legirung Nr. 9 mit 30 Proc., erhöht den Reibungswiderstand beträchtlich, indessen ein Uebermaaß von Kupfer, wie bei den Legirungen Nr. 7 mit 18,5 Proc. und Nr. 8 mit 24,4 Proc. keine auffallenden Abweichungen veranlaßt. 5) Antimon und Zink scheinen sich gegenseitig zu vicariren, so daß das eine Metall anstatt des anderen ohne wesentlichen Nachtheil genommen werden darf, wie aus den Proben Nr. 2 und 8 hervorgeht. 6) Außer der unter 4 bereits erwähnten Abweichung der Legirung Nr. 9 kommen nur noch zwei Fälle vor, wo die Messungsergebnisse mit der in der graphischen Darstellung gegebenen Scala nicht harmoniren. Die Legirung Nr. 5 zeigt sowohl in der Zeit bis zur schädlichen Erwärmung als auch in den Widerständen beider Zapfen sich sehr ungünstig. Vielleicht daß hier ein Versehen in der Mischung vorging. – Eben so auffallend ist der Widerstand des kleinen Zapfens bei der Legirung Nr. 6. – Von 20 Beobachtungen stimmen die übrigen 15 so gut mit der gezeichneten Scala überein, als man es unter den gegebenen Umständen nur erwarten kann. Die auf den Grund dieser Resultate bei der königl. Wagenbauanstalt angenommene Lagerlegirung besteht aus 90 Proc. Zinn, 2 Proc. Kupfer und 8 Proc. Antimon und hat bisher bezüglich der Dauer, des leichten und kalten Ganges allen Erwartungen entsprochen. Die dritte Frage, deren Lösung ein Zweck der Versuche war, ob nämlich durch eine Vergrößerung des Zapfens und beziehungsweise der belasteten sich reibenden Flächen, die Wahrscheinlichkeit der schädlichen Erwärmung sich vermindern lasse, findet sich durch das bereits Mitgetheilte vollständig bejahend beantwortet. Es ist durch diese Versuche weiter auf das Ueberzeugendste nachgewiesen, daß der Reibungswiderstand nicht bloß im Verhältniß steht zum Druck, wenigstens nicht außerhalb gewissen Gränzen. Denn bei dem großen Zapfen war die Belastung ganz gleich mit der bei dem kleinen. Wäre die durch die gleitende Reibung hervorgerufene Widerstandskraft nur von dem Drucke abhängig, so hätte sie hier bei beiden Zapfen gleich seyn und vermöge des längeren Hebels, an welchem sie bei dem großen Zapfen wirkte, an dem Dynamometer desselben die Inanspruchnahme einer größeren bewegenden Kraft zeigen müssen. Es ist aber gerade das Entgegengesetzte der Fall, und es läßt die zweite und dritte Spalte der zweiten Tabelle erkennen, daß der große Zapfen im Durchschnitt um 27 Proc. weniger Kraft zur Bewegung in Anspruch nahm als der kleine, bei den Compositionen, welche wir oben als die günstigsten bezeichnet haben, sogar nur 1/5. Die Dimensionen des Dynamometers und die relativen Geschwindigkeiten, welche wir bereits oben angegeben haben, setzen uns in die Lage für jeden Versuch den Reibungscoefficienten abzuleiten. Da die Arbeit (das Product aus Kraft und Weg) der bewegenden Kraft, gleich der Arbeit der Widerstandskraft ist; da ferner der Riemen zwischen dem Dynamometer und der Versuchsachse in der Secunde einen Weg machte von 12,163 Fuß, die Oberfläche des großen Zapfens aber einen Weg von 2,78 und die des kleinen einen Weg von 2,48 Fuß; da endlich der Widerstand bei jeder Zapfenart herrührt von dem zweimal vorkommenden Druck von 33 Zollcentnern, und man von der geringen Reibung des dritten Zapfens jeder Achse abstrahiren kann, so erhält man den Reibungscoefficienten in Procenten der Belastung für den großen Zapfen, indem man die zugehörigen Angaben des Dynamometers mit 12,163/(2,78 × 66,00) = 0,06629 multiplicirt, und jene für den kleinen, durch Multiplication mit (2,48 × 66,00)/12,163 = 0,07429. Auf diesem Wege erhält man nachstehende Tabelle. Nummerdes Lagers. Reibungscoefficient in Procenten derBelastung. Zapfen G. K.   1 1,458   3,566   2 0,331   3,343   3 0,464   2,600   4 0,464   2,823   5 2,652   5,572   6 0,795   0,891   7 1,458   4,234   8 2,519   4,606   9 9,943 13,000 10 7,955   9,286 Diese Zusammenstellung lehrt uns noch zweierlei, nämlich: 1) Versteht man unter Tragfläche die Projection der wirklich tragenden gekrümmten Fläche auf eine Ebene, die normal steht auf der Richtung des Druckes, so trafen auf den Decimalquadratzoll Tragfläche bei den großen Zapfen 328,6 Zollpfunde, bei den kleinen 446,80 Zollpfunde. In Folge des um 36 Proc. vermehrten Druckes stieg der Reibungscoefficient im Durchschnitt bei den verschiedenen Lagerlegirungen um 78 Proc. 2) Durch ein passendes Verhältniß zwischen dem Druck und der Zapfengröße läßt sich die Reibung sehr beträchtlich unter die bisherigen Annahmen zurückführen. Wir erinnern in dieser Beziehung, daß in dem jüngst erschienenen Buche von Weisbach S. 407–408J. Weisbach, der Ingenieur, eine Sammlung von Tafeln, Formeln etc. für Mechaniker u.s.w. Braunschweig bei Vieweg, 1848. der Reibungscoefficient bei Lagern aus Bronze, schmiedeisernen Zapfen und ununterbrochener Schmiere zu 5,4 Proc. angegeben ist.

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