Titel: Ueber die Oxydation und Abnutzung der Eisenbahnschienen; von R. Mallet.
Fundstelle: Band 114, Jahrgang 1849, Nr. LIX., S. 323
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LIX. Ueber die Oxydation und Abnutzung der Eisenbahnschienen; von R. Mallet.Aus einem Vortrag des Verfassers bei der Versammlung der brittischen Naturforscher in Birmingham. Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Nov. 1849, S. 342. Mallet, über die Oxydation und Abnutzung der Eisenbahnschienen. Die obere Fläche einer in Gebrauch befindlichen Eisenbahnschiene ist beständig in einem Zustand vollkommener Reinheit, frei von Oxyd und polirt; die übrigen Flächen der Schiene behalten den ursprünglichen rauhen Ueberzug, welcher aus schwarzem Oxyd besteht, das aber bald rostet (in rothes Eisenoxyd und basische Salze desselben übergeht). Nun ist nicht nur jedes Metall gegen seine eigenen Oxyde elektro-positiv, sondern es wird auch der polirte Theil einer Metallmasse, welche zum Theil polirt und zum Theil rauh ist, zuerst an dem rauhen Theil zerfressen (oxydirt). So lange eine Eisenbahnschiene in Gebrauch ist, ist sie daher durch ihre polirte obere Fläche beständig gegen das Rosten geschützt. Die Schienen welche außer Gebrauch sind, haben diese polirte obere Fläche nicht. Die obere Fläche der in Gebrauch befindlichen Schienen wird durch die darübergehenden belasteten Wagenräder schnell verdichtet und härter gemacht. Unter übrigens gleichen Umständen hängt die Corrosion jedes Eisens von seiner Dichtigkeit ab; sie ist um so geringer, je mehr das Eisen durch mechanische Mittel verdichtet worden ist. Da jedes Metall gegen seine eigenen Oxyde positiv ist, so befördert die auf dem Eisen haftende Rostschicht (so lange sie darauf bleibt) in hohem Grade die Corrosion des darunter befindlichen Metalls, und zwar um so mehr, je älter der anhaftende Rost ist. Es wurde nachgewiesen, daß der durch Luft und Wasser erzeugte Rost, welcher anfangs nur wenig rothes Oxyd enthält, sich nach und nach verändert, so daß immer mehr rothes Oxyd entsteht, daher er auch immer mehr elektro-negativ gegen seine eigene Basis wird. Nun bleibt der Rost auf einer nicht in Gebrauch befindlichen Eisenbahnschiene stets haften, daher er ihre Corrosion befördert und beschleunigt; der Rost welcher sich auf einer in Gebrauch befindlichen Eisenbahnschiene bildete, wird aber beständig durch die Schwingung abgeschüttelt und so diese Quelle verstärkter chemischer Wirkung entfernt. Aus dem Vorhergehenden folgt also: daß Eisenbahnschienen, welche einen Theil einer langen Linie bilden, sie mag in oder außer Gebrauch seyn, auf gleichen Flächen weniger zerfressen werden als ein kurzes Stück desselben Eisens unter ähnlichen Einflüssen. Schienen welche in Gebrauch sind, werden weniger zerfressen als solche außer Gebrauch; dieser Unterschied wird mit der Zeit immer geringer. Durch die Corrosion (Oxydation) wird eine Bahnschiene ohne Vergleich weniger abgenutzt als durch die über sie fahrenden Wagenzüge. Es ist höchst wahrscheinlich, daß die elektrischen und magnetischen Kräfte, welche in den Schienen durch den Erdmagnetismus und die darüber rollenden Wagenzüge entwickelt werden, in irgend einer Weise auf die bei der Corrosion des Eisens thätigen chemischen Kräfte reagiren; und daß daher die Richtung der Eisenbahnen gegen die magnetischen Pole in Bezug auf die Dauerhaftigkeit der Schienen nicht ganz gleichgültig ist. Der Verfasser schließt mit zwei praktischen Vorschlägen, welche aus dem Vorhergehenden folgen: 1) aus welcher Eisensorte die Schienen gewalzt seyn mögen, so sollten sie vor dem Gebrauch auf ihrer oberen Fläche und an den Seiten durch gleichförmiges Hämmern verdichtet und härter gemacht werden; und 2) alle Eisenbahnschienen sollten nach dem Geraderichten, bevor sie gelegt werden, auf etwa 400° Fahrenh. (163° Reaumur) erhitzt und dann mit gekochtem Steinkohlentheer überzogen werben. Solche Schienen bleiben bei beständigem Gebrauch (wie die Erfahrung in England gelehrt hat) über vier Jahre gegen jede Corrosion geschützt.