Titel: Ueber das Gießen der Stearinkerzen und ihr Poliren mittelst der Maschine; von Prof. Payen.
Fundstelle: Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XIV., S. 63
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XIV. Ueber das Gießen der Stearinkerzen und ihr Poliren mittelst der Maschine; von Prof. Payen. Mit Abbildungen auf Tab. I. Payen, über das Gießen und Poliren der Stearinkerzen. Im polytechn. Journal, Jahrgang 1848, Bd. CX S. 106 wurde die Fabrication der Stearinsäurekerzen mitgetheilt, wie sie Dumas in seinem Handbuch der angewandten Chemie beschreibt; was dieser Beschreibung Payen in seinem Précis de Chimie industrielle, Paris 1849, beifügt, betrifft im Wesentlichen nur das Gießen und Poliren solcher Kerzen. Gießen der Stearinkerzen. Die festen und weißen Brode von Stearinsäure, aus welchen Kerzen gegossen werden sollen, muß man zuerst bei der Temperatur des siedenden Wassers umschmelzen, nämlich in einem kupfernen Kessel mit doppeltem Boden, welcher durch Dampf erhitzt wird. Gewöhnlich setzt man der Stearinsäure 3 bis 5 Procent WachsProf. Knapp gibt in seinem Lehrbuch der chemischen Technologie, 1847 Bd. I, den Wachszusatz zu 1 1/2 bis 2 Procent an, welches Verhältniß in Deutschland wohl nicht überschritten wird. zu, welches ihre Krystallisation verworrener macht und verhindert daß die Kerzen zu zerreiblich ausfallen. Die metallenen Lichtformen sind den gewöhnlichen ähnlich, nur ist der Trichter (die Kapsel) auf deren oberen Oeffnung größer, damit die darin zurückbleibende geschmolzene Masse die Gase austreten läßt und die Form besser ausfüllt. Die jetzt gebräuchlichen Formen haben einen einzigen Trichter (aus Weißblech) für dreißig Kerzen (Fig. 7, 8 und 9). Man befestigt den Docht am oberen Theil der Form mit einer kleinen durchbrochenen Scheibe a, a' (Fig. 7), in deren Mitte sich ein Loch zum Durchziehen des Dochts befindet, welcher durch einen an seinem Ende gemachten Knoten zurückgehalten wird; am unteren Theil der Form A' hält ein hölzerner Stift den Docht in der Richtung seiner Achse gespannt. Diese Dochte sind zopfartig geflochten oder doch stark gedreht, damit man die Kerzen nicht zu putzen braucht; in Folge des Flechtens und einer Drehung, welche man dem Docht in dem Augenblick ertheilt wo man ihn mit dem Holzstift in der unteren Oeffnung anzieht, muß er sich beim Abbrennen der Kerze schwach zur Seite biegen und krümmen, so daß seine Spitze aus der Flamme hervorsieht und sich in Berührung mit der Luft ununterbrochen einäschert. Dessenungeachtet könnte noch Asche von dem Docht auf die Kerze gelangen und letztere beschmutzen; man hat es aber dahin gebracht, die Asche so zu reduciren, daß sie unbemerklich wird: hiezu genügt es, die Dochte in eine Auflösung von Boraxsäure zu tauchen. Diese Säure bildet mit dem Kalk und der Kieselerde der Asche ein schmelzbares Glas, welches man am Ende des Dochts bei seiner Verbrennung in Kügelchen glänzen sieht.In 1000 Gewichtstheilen Wasser löst man 3 Theile Boraxsäure auf und setzt noch 5 Theile concentrirter Schwefelsäure zu; letztere erleichtert die Einäscherung und trägt zum Krümmen des Dochts bei. Nachdem die Dochte in der Achse der Formen befestigt sind, bringt man letztere in Reihen von zwölf bis dreißig auf dem Trichter in den Heizapparat womit ihre Temperatur erhöht wird. Dieser Apparat A, B (Fig. 8 und 9) besteht aus Kästen von Eisenblech mit doppelter Hülle C, C, von denen jeder dreißig Formen aufnimmt; letztere sind mit einem Luftbad umgeben, welches mittelst eines in die doppelte Hülle C, C strömenden Dampfstrahls auf der Temperatur des siedenden Wassers erhalten wird. Durch einen Hahn r kann man die Luft aus der doppelten Hülle entweichen lassen; der Hahn r' dient zum Ablassen des condensirten Wassers. Sobald die Formen warm genug sind (etwa 36° R.), bringt man sie auf ein Gestell aus Holz und füllt sie mittelst eines Löffels mit langem Schnabel; man muß Stearinsäure anwenden, welche vorher geschmolzen wurde und zu krystallisiren beginnt: diese Vorsichtsmaßregel und das Erwärmen der Formen sind nöthig, damit die fette Säure dickflüssig laufen und die Formen anfüllen kann ohne zu gestehen, dann aber fast augenblicklich so rasch krystallisirt, daß man eine verworrene und feinkörnige Krystallmasse erhält. Nach dem Erkalten der Formen nimmt man den Holzstift weg, welcher den Docht zurückhält und zieht die Kerzen heraus; man bricht das Uebergußstück ab und schneidet den Docht unter der kleinen Scheibe weg. Die Abfälle werden in einem mit Silber plattirten Kessel mittelst Weinsteinsäure gereinigt und dann direct zum Gießen von Kerzen angewandt. Die gegossenen Kerzen müssen einige Zeit dem Licht und der Feuchtigkeit ausgesetzt werden, damit sie ganz weiß werden. In den Städten, wo der Platz beschränkt ist, kann hiezu ein auf den Fabrikgebäuden errichteter Altan mit Vortheil benutzt werden. Poliren der Kerzen. Endlich müssen die Kerzen noch beschnitten und polirt werden, was mittelst einer sehr einfachen Maschine Fig. 10 geschieht. Man legt die Kerzen alle in derselben Richtung in dem Trichter (Rumpf) A in Schichten über einander; eine cannelirte Walze B nimmt eine nach der andern auf und führt sie bei ihrer Umdrehung vor die Kreissäge C, welche sie abschneidet und auf ein endloses Wollentuch fallen läßt, welches durch die Rollen G, G, G gehalten wird und unter den Walzen H, H hinzieht. Während die den Rollen und Walzen ertheilte rotirende Bewegung das Wollentuch in Circulation setzt, werden zugleich drei andere Walzen, D, D', D'', welche mit Wollenzeug überzogen sind, in der entgegengesetzten Richtung bewegt, nämlich durch die drei Getriebe E, E', E'', welche drei auf einer gemeinschaftlichen Achse befindliche endlose Schrauben umdrehen. Die rotirende Bewegung aller Walzen und Rollen trägt dazu bei, daß die Kerzen vorschreiten, indem sie sich selbst rollen, von dem Augenblick an wo sie unter die Säge C fallen bis zur letzten Rolle G welche sie in den Recipient I abgibt. Da übrigens die drei Walzen D, D', D'', sowie ihre Getriebe und endlose Schraube, auf einem beweglichen Gestell angebracht sind, so erhalten sie eine rasche Hin- und Herbewegung in der Richtung ihrer Achse. Man begreift daher, daß die Kerzen, indem sie zwischen zwei Wollengeweben rollen, auf ihrem ganzen Woge in der Längenrichtung gerieben werden, folglich glatt und polirt in den Recipient gelangen, aus welchem man sie zum Verpacken herausnimmt.

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