Titel: Ueber den Anbau, das Rösten und die Behandlung des Leins. Dem französischen Minister für Ackerbau und Handel erstatteter Bericht, von Professor Payen.
Fundstelle: Band 119, Jahrgang 1851, Nr. XIV., S. 62
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XIV. Ueber den Anbau, das Rösten und die Behandlung des Leins. Dem französischen Minister für Ackerbau und Handel erstatteter Bericht, von Professor Payen. Aus dem Moniteur industriel, 1850, Nr. 1490 und 1491. Payen, über den Anbau, das Rösten und die Behandlung des Leins. Herr Minister! Sie beehrten mich mit dem Auftrage, in England einige für die französische Fabrik- und Ackerbau-Industrie wichtige Gegenstände zu studiren. Einer der wichtigsten ist ein in jüngster Zeit in Irland eingeführtes Verfahren den Lein zu rösten. Die Unschädlichkeit dieses Verfahrens für die Gesundheit und die Zweckmäßigkeit der übrigen damit verbundenen Arbeiten, rechtfertigen Ihre davon gehegten Erwartungen. Bis zum Jahr 1850 war das Verfahren beim Anbau, der Gewinnung und Zubereitung des Samens und der spinnbaren Fasern dieser Pflanze, in England und Irland im Vergleich mit Belgien und dem nördlichen Frankreich sehr zurückgeblieben. Zu jener Zeit organisirte sich eine Gesellschaft für die Emporbringung und Verbesserung des Leinbaues in Irland. Die Gründe dafür sind einleuchtend, denn die ganze Flachsproduction von England, Schottland und Irland betrug damals nur etwa den zehnten Theil des für den Industriebedarf jährlich in Großbritannien eingeführten Quantums. Nach Mac-Adam berechnet sich der Boden, welcher mit Lein cultivirt werden müßte, um den jährlichen Bedarf Großbritanniens zu produciren, auf 500,000 Acres. Zu einer fünfjährigen Wechselbewirthschaftung wären also 2,500,000 Acres Land erforderlich.Eine von der englischen Regierung hergestellte Statistik ergab hinsichtlich des in Irland mit Lein bebauten Landes folgende Resultate:Provinz Ulster49,549AcresProvinz Leinster1,239AcresProvinz Munster1,249AcresProvinz Connaught1,826Acres––––––––––––53,863Acres. Der irische Boden, durch die Trockenlegung (mittelst thönerner Abzugsröhren für das Wasser) verbessert, eignete sich zu dieser Cultur, deren Einführung die beste Aussicht eröffnete, die Noth dieses Landes zu mildern. Alle Umstände haben sich bisher vereinigt um den Flachsbau in Irland gewinnbringender, ja dringlicher zu machen; namentlich trugen dazu bei: die schlechten Kartoffelernten, welche den Anbau anderer Gewächse veranlassen mußten; die Aufhebung der Getreidezölle, welche die Bodenrente verminderte; die Verringerung des Arbeitslohns, wodurch er er leichter zu bestreiten ist; der größere Nutzen, der nach den neuern Verfahrungsweisen aus dem Leinsamen gezogen werden kann, durch Anwendung desselben zum Mästen und Futtern des Viehes; endlich die für die Gesundheit unschädliche amerikanische Röstmethode. Alles dieß hat natürlich den Eifer und die Bestrebungen der Gesellschaft für Emporbringung des Leinbaues unterstützt. Diese große, unter dem Protectorat der Königin und des Prinzen Albert stehende Gesellschaft, deren Fond durch Unterzeichnungen der meisten Notabilitäten Großbritanniens und Beiträge der RegierungAuf Antrag des Lordlieutenants von Irland wurden im Jahre 1848 25,000 und im Jahre 1849 55,000 Vf. St. Hülfsgelder bewilligt, um der Gesellschaft beizustehen und ihren nützlichen Bestrebnngen größere Verbreitung zu verschaffen. zusammengebracht wurde, beschäftigt dreißig landwirthschaftliche Ingenieure, welche das Ausland bereisen, um die besten Verfahrungsweisen zu studiren, sie in den jährlichen Berichten der Gesellschaft zusammenzustellen und unter den Bezirksvereinen und bei allen Pächtern zu verbreiten, welche ihre Beihülfe in Anspruch nehmen und zu den allgemeinen Kosten beitragen. Sonach ist es Irland, und vorzüglich Belfast, wo man die verbesserten Verfahrungsweisen des Leinbaues vereinigt und vergleichend versucht finden kann, und meine Reise fiel gerade in eine zum Vergleich der früheren ungünstigen Resultate mit den Vortheilen der neuern geeignete Zeit. Hinsichtlich des älteren Verfahrens überzeugte ich mich auf dieser Reise, daß man bisher in England und Schottland in der Regel den Lein in Folge der Anwendung seines Samens zur Viehmästung mit Vortheil cultivirte, wobei seine spinnbare Faser verloren geht, während man in Irland bei allen noch nicht verbesserten Culturen den Lein sammt dem Samen in die Flachsrösten bringt, indem man auf den Samen verzichtet und ausschließlich die spinnbare Faser benutzt. Diese zwei Thatsachen zeigen uns, daß es vortheilhaft seyn kann, sich in gewissen Gegenden auf den Ertrag des Samens, in andern Gegenden aber sich auf den Ertrag der spinnbaren Faser zu beschränken. Als ich vom 15. bis 20. September in Irland durch die Felder ging, auf welchen der Lein geerntet war, fand ich die großen Uebelstände des alten Röstens in stehendem Wasser, mit der Verbreitung der stinkenden Producte dieser ekelhaften und ungesunden Operation oft in hohem Grade vereinigt. Nachdem die Beseitigung dieser Uebelstände schon lange Zeit die Ackerbaugesellschaften in Frankreich, Belgien, England und Amerika beschäftigt hatte, mußte die irische Gesellschaft das neue Verfahren freudig begrüßen. Denn dasselbe befreit das Land von den mit dem Rösten verbundenen Gefahren, und vereinfacht noch dazu die Ernte-Arbeiten. Die Bestrebungen der Gesellschaft haben bereits ihre Früchte getragen. Nachdem man die Einführer des amerikanischen Verfahrens bestimmt hatte, die Hälfte der von den Concessionären des Patents geforderten Entschädigung nachzulassen, beförderten die Agenten der Gesellschaft die Errichtung eigener Etablissements an den Centralplätzen, wo die Leinenernten in Empfang genommen und nach dem neuen Verfahren behandelt werden. Ueberdieß ist die Feldarbeit bei der Ernte vereinfacht, welche in Folgendem besteht. Leinernte. — Wenn etwa zwei Drittel des Stengels vom Fuße aus gelblich geworden sind, der obere Theil aber noch grünlich ist, also vor der völligen Reife, wird der Lein auf zweimal ausgezogen, um, wenn er von ungleicher Höhe ist, die Producte gesondert zu erhalten, wobei man die sehr kurzen Stengel, welche den Werth des Uebrigen Verringern würden, ganz beseitigt. Die Stengel werden in Linien, in zwei mit der Spitze aneinander gelehnten Reihen, welche also ein spitzes Dach bilden, aufgestellt. In dieser Stellung trocknen sie in einigen Tagen aus; ein Theil der aus dem obern Theil der Stengel in die Samen übergehenden Säfte entwickelt diese Samen und bringt sie zur Reife. Der Lein wird nun in kleine Bünde gebunden, welche in zwei Reihen aufgestellt oder in viereckige Haufen gebracht werden, die auf Reisern oder Heidekraut aufliegen. In diesem Zustand bleibt er mehrere Tage, bis er an der Luft ganz ausgetrocknet ist; dann bringt man ihn in die Röstanstalten. Der Lein wird gewöhnlich noch im Boden stehend gekauft; die Besorgung der Ernte aber und die eben beschriebene Trocknung desselben, sowie den Transport in die Röstanstalt überläßt man dem Anbauer. Als mittleren Preis per Acre dieser Ernte bezahlt man 6–10 Pfd. St. Anstalten zum Auskörnen, verbessertes Rösten in denselben und Hecheln des Leins. Das neue Röstverfahren kam in Amerika, wo es auch erfunden wurde, zuerst mit Erfolg in Anwendung; es wurde unter der Benennung Schenck's patent system of steeping flax (Schenck's patentirtes System des Flachsröstens) in Irland eingeführt. In Cregagh wurde es von den französischen Ingenieuren Bernard und Koch ausgeführt und verbessert. In dieser Anstalt in der Nähe von Belfast belehrte ich mich über das neue Verfahren, wobei man mir mit größter Zuvorkommenheit entgegenkam. Auch besuchte ich die Fabrikanten der Brech- und Hechelmaschinen, die HHrn. Adam Brothers und Comp. (Soho foundry Belfast). Der in die Anstalt geschaffte Lein kann sogleich in Arbeit genommen oder zurückgelegt werden, zu welch letzterm Zweck man ihn wie das Getreide in Schober zusammenhäuft, welche mit Stroh oder Leinabfällen bcdeckt und durch Latten zusammengehalten werden. Auf diese Weise kann er ein Jahr oder auch mehrere Jahre aufbewahrt werden ohne zu verderben. Auskörnen und Abschneiden. — Der zu behandelnde Lein wird zuvörderst ausgekörnt mittelst eines sehr einfachen Werkzeugs, welches aus zwei hohlen, gußeisernen Cylindern von 12 Zoll Durchmesser und 14 Zoll Länge besteht, die beide horizontal an den zwei Armen eines Drehgestells angebracht sind, und deren beide Achsen sich in derselben verticalen Ebene befinden. Es genügt, den die Samen enthaltenden Theil jedes Flachsbündels ein- oder zweimal zwischen diesen zwei in entgegengesetzter Richtung sich drehenden Cylindern hindurchgehen zu lassen, um die Samen, welche mit ihren Hüllen abfallen, abzusondern; dann klopft man dasselbe Ende des Bündels gegen ein Faß, damit die etwa noch zwischen den Stengeln steckenden Samen und Hüllen herausfallen. Man schneidet hierauf die schrauben- oder rankenförmig gewundenen Wurzelenden ab, indem man das andere Ende desselben Büschels unter ein gewöhnliches Wurzelmesser bringt. Rösten. — Der Lein wild alsdann in die Röstkufen gebracht. Solcher sind in der Bernard-Koch'schen Musteranstalt zwölf in zwei parallelen Reihen, eine der andern gegenüber aufgestellt. Zwischen den zwei Reihen sind Röhren angebracht, welche mittelst Hähnen Dampf in ein horizontales Schlangenrohr leiten, das unter einem doppelten Boden circulirt, auch das verdichtete Wasser und die Flüssigkeit in den Kufen nach der Gährung ableiten. Die Kufen sind zur Raumersparung elliptisch; jede hat 14 Fuß im größern und 10 Fuß im kleinern Durchmesser und 4 Fuß Höhe; sie stehen auf steinernen Würfeln; im falschen Boden (unter welchem das Schlangenrohr circulirt) befinden sich Löcher wie in einem Braubottich. Der Lein wird zusammengedrängt auf diesem falschen Boden aufrechtgestellt; man kann von ihm ungefähr 1550 Kil. hineinbringen. Man befestigt auf dem Lein einen an mehreren Stellen durchlöcherten falschen Boden, mittelst Stangen und Vorsteckkeilen, damit der Lein vom Wasser nicht in die Höhe gehoben wird. Ist nun die Kufe mit Wasser angefüllt, so daß der Lein ganz unter Wasser taucht, so läßt man Dampf in das Schlangenrohr treten, um die Temperatur nach und nach auf 90° F. (26° Reaumur) zu steigern.Man hat bemerkt, daß der Proceß langsamer von statten gebt und der Erfolg geringer ist, wenn man das Wasser schon vorher erwärmte Dieß ist wohl darin begründet, daß die der Einleitung der Gäbrung so förderliche Luft dann zum Theil schon ausgetrieben ist. Demselben Einfluß ist es vielleicht beizumessen, daß Hr. Marshall ein vollkommeneres Rösten durch Wiederholung derselben Operation nach dem Austrocknen des aus der Kufe genommenen Leins erzielt. Die Gährung beginnt bald; sie kündigt sich durch zahlreiche Gasblasen an, und unterhält allein schon die Wärme fast 60 Stunden lang. Es verbreitet sich anfangs ein aromatischer Geruch, auf welchen aber der des Schwefelwasserstoffs folgt. Die Röstung ist beendigt, wenn die Gährung fast ganz aufgehört hat; man erkennt dieß übrigens auch daran, daß bei der Prüfung einiger Leinhälmchen die Faser sich überall leicht ablöst. Wenn man gyps- oder kalkhaltiges Wasser anwendet (wie bei Hrn. Marshall zu Leeds), so ist das Rösten vor 90 Stunden nicht beendigt. Wenn das Rösten beendigt ist, läßt man das Wasser aus der Anstalt abfließen, nimmt den Lein heraus und legt ihn in Schichten von je einem starken Bündel, den man flach ausbreitet, zwischen zwei Latten welche das Ende nahe an der Wurzel klemmen und mit einem drehbaren Vorsteckeisen zusammengehalten werden. Alle so ausgebreiteten Bündel werden nun in den Trocknenraum im Freien gebracht, indem man die Enden der Latten horizontal auf schwache Querhölzer auflegt.Sechs Räume zum Trocknen an der Luft befinden sich um die Anstalt herum. Die in Irland beständig herrschenden Winde sind dieser Austrocknung sehr günstig; sie dauert im Durchschnitt nur drei Tage, ebenso lange das Rösten und die Arbeiten des Füllens und Entleerens der Kufen, das Ausbreiten etc. Wie man sieht, folgen diese beiden Operationen regelmäßig auf einander. Man vollendet das Austrocknen, indem man den Lein vor dem Hecheln noch in einen an die Oefen stoßenden Raum bringt, welcher mittelst der von den Kesseln der Dampfmaschine ausströmenden Wärme geheizt wird. Brechen und Hecheln. — Zwei neue, sehr sinnreiche, einfache und wirksame Maschinen, construirt von den HHrn. Ad. Brothers und Comp. (Soho foundry Belfast), dienen hierzu. Die erste besteht aus fünf Walzenpaaren von 6½ Zoll Durchmesser, mit stufenweise feiner werdender Cannelirung. Jeder zu einer Schicht ausgebreitete Leinbündel passirt nach und nach alle fünf Walzenpaare. Nachdem die Stengel zwischen den Cannelirungen zerquetscht sind, müssen alle Bruchstücke von ihnen getrennt werden, um den gehechelten Flachs zu erhalten. Zu diesem Behufe wird jede Schicht auf einer Bank zwischen zwei mit geschwefeltem Kautschuk überzogenen Linealen befestigt, und man führt alle diese Schichten in eine Nuth der zweiten Maschine ein, worin sie nach einander von einer endlosen Kette weiter geschoben werden. Ungefähr zwei Drittel der Schicht, welche unter der Nuth hängen, werden auf ihrem Wege von eisernen Stangen geklopft, die nach den Erzeugenden zweier Kegel angeordnet sind, zwischen welchen der gehechelte Flachs auf den zwei Seiten der Schichten gerieben wird. Am andern Ende angekommen, sind die Schichten in dem Theil, welcher sich unter den Linealen befand, von aller Schabe (Achel) vollkommen gereinigt. Man bringt sie nun in umgekehrtem Sinne zwischen zwei andere Lineale, damit der nicht gehechelte Theil obenauf kommt, welcher nun unter der Nuth hängt, und auf seinem Wege geklopft wird. Der Lein kommt aus der Maschine vollkommen gereinigt, und ohne soviel Verlust erlitten zu haben, wie bei den bisher angewandten Maschinen und Werkzeugen. Von diesen Maschinen kostet die erste 40 Pfd. Stl. (1000 Frc.), die zweite, mit Bank, Linealen und Zugehör 100 Pfd. Stl. (2500 Frc.); sie können täglich 3000 Kilogr. Lein brechen und hecheln, welche 500 Kilogr. gehechelten Flachs geben. Die Bernard-Koch'sche Anstalt ist zur Behandlung des von 700 Acres (310 Hektaren) geernteten Leins eingerichtet, welche nach der angenommenen Wechselwirthschaft eine 4 bis 5mal so große Feldfläche repräsentiren. Dieses neue Verfahren ist, ebenso wie in der Anstalt zu Cregagh, bereits eingeführt zu Newport und Ballina, Grafschaft Majo; zu Drimilague, Grafschaft Cork; zu Celbridge, Grafschaft Kildare, und zu Ballibay, Grafschaft Monaghan. Vortheile des neuen Verfahrens. — Unstreitig werden diese Centralfabriken die Verbreitung des Leinbaues sehr befördern, weil sie die Arbeit der Pächter vereinfachen und Verluste beim Rösten und Dörren sowie beim Hecheln vermieden werden. Eine einzige Nacht ist bei stürmischem Wetter bekanntlich hinreichend, um in den bisherigen Rösten den rechten Zeitpunkt zu versäumen, wo dann die Abfälle beim Hecheln sehr groß sind. An solchen Orten, wo man warmes Wasser aus den Condensatoren der Dampfmaschinen haben kann, braucht man zum Erwärmen der Gährkufen kein Brennmaterial. Man kann jetzt das Wasser von den Rösten ohne Nachtheil ablaufen lassen, während früher der üble Geruch der Rösten und die durch sie erzeugte Feuchtigkeit des Bodens, zu gewissen Jahreszeiten auf dem Lande endemische Krankheiten verursachte. Ueberdieß kann der bisher zum Flachsrösten verwendete Boden trocken gelegt werden, wodurch er für jeden Anbau, wie auch für den des Leins, geeignet wird. Nach den Versuchen, welche Hr. Marshall anstellte, ist es keinem Zweifel mehr unterworfen, daß die durch das neue System erhaltenen spinnbaren Fasern von der besten Qualität sind. Die Resultate dieser Versuche sind in folgender Tabelle aufgeführt. Vergleichende Versuche mit Flachs vom Jahr 1849. In Holland. Zu Cregagh (Irland). Zu Patrington (England). Gewicht vor dem Rösten Cntr. 49,7 12,5 12,3 Gewicht nach dem Rösten Cntr. 40,3 10,2 9,8 Gewichtsverlust Proc. 18,9 18,9 20,5 Gewicht vor dem Hecheln Cntr. 40,3 10,2 9,5 Gewicht nach dem Hecheln Cntr. 7,4 1,84 1,5 Gewicht erhaltenes Proc. 18,4 18,1 15,7 Werth des gehechelten Flachses per Cntr. 55,10 63,10 74,— vom Acre gewonnener Flachs Cntr. 118,— 214,— 210,— Festigkeit des grauen Fadens Cntr. 7,7 7,8 7,7 Festigkeit des braunen Fadens Cntr. 7,6 7,5 7,4 Festigkeit des gebleichten Fadens Cntr. 6,9 6,7 7,— „Ich betrachte, schrieb Hr. Marshall an die HHrn. Bernard und Koch, die hier aufgeführten Resultate als entschieden zu Gunsten des Röstverfahrens mit lauwarmem Wasser sprechend. Leeds, den 27 Juli 1850.“ Man hat in Irland und England mehrere andere Verfahrungsweisen versucht, um das Rösten zu ersetzen, namentlich verdünnte Auflösungen von Schwefelsäure oder Aetznatron, Kalkmilch; dieselben zeigten sich aber so ungenügend, daß man sie wieder aufgab. Anwendung der Rückstände. — Wenn das Auskörnen in Centralfabriken geschieht, so können die Hüllen und Samenabfälle, getrennt vom Leinsamen, gesammelt werden. Diese Rückstände, mit Dampf gekocht und mit anderm geeigneten Futter vermengt, liefern ein schätzbares Nahrungsmittel für das Vieh. Die holzigen Abfälle (Schäbe, Achel) benutzten die HHrn. Bernard und Koch bereits mit gutem Erfolg zum Heizen ihrer Dampfkessel; sie liefern Wärme genug, um die Temperatur des ganzen Röstwassers auf 26° R. zu steigern. Das nach der Gährung aus den Kufen abgelassene Wasser wurde an mehreren Orten zum Begießen und Düngen des Bodens angewandt. Ich hatte Gelegenheit, mich von dessen guter Wirkung auf einer Wiese zu überzeugen. Schon im Jahr 1844 empfahl Rob. KaneSeine Untersuchungen über den Flachsbau wurden im polytechn. Journal Bd. XCII S. 54 und Bd. CVI S. 136 mitgetheilt. das in den Rösten zurückbleibende Wasser zum Düngen zu benützen, wobei er sich auf Analysen dieses Wassers stützte, welche ihm ergaben, daß es 0,9 von der organischen Materie enthält, welche die Pflanze dem Boden entzog. Das Extract des bei 80° R. abgedampften Röstwassers hatte folgende Zusammensetzung: Kohlenstoff 30,69 Wasserstoff 4,24 Sauerstoff 20,80 Stickstoff 2,24 Asche 42,01 ––––––––    100 Die Asche enthielt im 100: Kali 9,78 Natron 9,82 Kalk 12,33 Magnesia 7,79 Thonerde 6,08 Kieselerde 21,35 Phosphorsäure 10,84 Chlor 2,41 Kohlensäure 16,95 Schwefelsäure 2,65 ––––––––    100 Wenn man durch Wässerung dem BodenDerselbe sollte mit Abzugsröhren versehen werden, damit er die fruchtbarmachenden Stoffe zurückhalten und das überflüssige Wasser abfließen lassen kann. die im Röstwasser enthaltenen Stoffe zurückerstattet, ferner die Samen oder Oelkuchen zum Futtern oder Mästen des Viehs verwendet, und dessen Dünger, sowie die Asche der unter den Dampfkesseln verbrannten Acheln der Erde zurückgibt, so kann der Leinbau den Boden gewiß nicht erschöpfen, sondern dürfte eher die Fruchtbarkeit des Bodens erhöhen; denn es wird dem Boden am Ende nichts entzogen seyn als die aus fast reiner Zellensubstanz bestehende spinnbare Faser, welche keinen Stickstoff und nur solche Elemente enthält, die sich in jedem cultivirten Boden in Ueberfluß befinden. Es verhielte sich sonach mit dem Leinbau wie mit dem Anbau der Runkelrüben zur Zucker-Gewinnung, wobei dem Boden an Schaum, Rückständen, Rübenblättern und Dünger alles zurückerstattet wird, was die Pflanze ihrem Wachsthum Zuträgliches, sowohl der atmosphärischen Luft als dem Boden entzogen hat. Aber sowie diese wissenschaftlichen Lehren in Frankreich zahlreichen Widerspruch fanden, so stießen auch Kane's Schlüsse in Irland auf ungünstige Vorurtheile, bis die von allen Landwirthen, welche Wässerungen mit Röstwasser anstellten, zunächst aber die von den Mitgliedern der Pächter-Gesellschaft zu Markethill berichteten Thatsachen, den wirklichen Werth dieses Düngers nachwiesen. Besonderer Dünger für den Lein. — Oben angeführte Analysen veranlaßten die Gesellschaft für Leinproduction folgende Zusammensetzung eines besondern Düngers anzuempfehlen: Knochenmehl 54 Pfd. Chlorkalium 30 Pfd. Chlornatrium (See- oder Kochsalz) 28 Pfd. gebrannter Gyps, gemahlen 34 Pfd. schwefelsaure Magnesia (Bittersalz) 56 Pfd. ––––––––– 202 Pfd. Mittlere Flachsproduction in Irland. — Eine unter den Pächter-Gesellschaften in Irland angestellte Untersuchung ergab folgende statistischen Resultate: Der Leinbau wiederholt sich bei der Wechselwirthschaft nach 3, 4 oder 5 Jahren; durchschnittlich nach 4 Jahren. Die Ernte gibt 3½ bis 6 Centner per Acre (gesetzlicher Acre), oder 4, 5 bis 11 Centner per irländischen Acre. Letzte Folge der zunehmenden Leinproduction.— Nach der Ansicht der Sachverständigen, mit welchen ich in England über den Endzweck des Leinbaues gesprochen habe, bieten der Zuwachs der Production, die Verbesserung der Qualität und die Verminderung des Preises nicht bloß die Mittel dar, um dem Elend in Irland abzuhelfen; sie haben eine viel größere Tragweite; das eigentliche Ziel ist, durch den Lein größtentheils die Baumwolle zu ersetzen, deren Erzeugung unzureichend wird; schon im vorigen Jahre überstieg in Folge der schlechten Ernte der Preis dieses Rohstoffs denjenigen des Leins. Die Ersetzung der Baumwolle durch den Lein, wodurch wir in nicht zu ferner Zeit schönere, bessere und wohlfeilere Gewebe erhalten werden, dürfte dem Fabrikwesen und dem Handel Großbritanniens einen neuen Aufschwung geben; sie bereitet eine industrielle Revolution vor. Großbritannien macht es mit der Baumwolle, welche es durch den Lein ersetzt, wie es Frankreich mit dem Rohrzucker machte, als es den Runkelrübenzucker an dessen Stelle setzte. Beide Länder suchten ihre Landwirthschaft durch den Anbau einer großen Absatz darbietenden Industriepflanze zu heben.