Titel: Der Elektromagnetismus als bewegende Kraft; von Prof. G. Page.
Fundstelle: Band 119, Jahrgang 1851, Nr. LXXXVIII., S. 430
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LXXXVIII. Der Elektromagnetismus als bewegende Kraft; von Prof. G. Page. Aus Silliman's American Journal of Science, Novbr. 1850, S. 343. Page, über den Elektromagnetismus als bewegende Kraft. Da wir demnächst eine Beschreibung der neuen elektrischen Kraftmaschine von Page geben können, so beschranken wir uns hier auf das Grundprincip dieser neuen Maschine, und auf den Bericht, den derselbe über die Fortschritte seiner Forschungen dem Marineminister erstattete. Man weiß, daß wenn ein schraubenförmig gewundener Draht von hinreichender Stärke mit den Polen einer in Thätigkeit befindlichen Batterie in Verbindung gesetzt wird, derselbe durch den inducirten Magnetismus die Kraft erhält, einen Eisenstab, welcher in ihn gebracht wird, zu halten, obgleich sich der Draht in verticaler Lage befindet; und daß, wenn man diesen Stab etwas mit der Hand herauszieht, er augenblicklich wieder zurückgeht, sobald man ihn nicht mehr hält. Diese Wirkung des schraubenförmig gewundenen Drahtes auf den metallenen Stab, welcher sich innerhalb der Spirale befindet, wird bei Page's Maschine als Kraft benutzt. Diese Kraft hat aber bei Anwendung eines einfachen Gewindes ihre Punkte des Maximums und Minimums, und insofern lassen sich manche Einwendungen gegen sie machen. Wird das Gewinde jedoch so construirt, daß es aus einer Reihe kurzer unabhängiger Schrauben besteht, welche nach einander in Wirkung versetzt werden, so geht der metallene Stab mit großer Geschwindigkeit und gleichförmiger Bewegung im Gewinde hin und her. Bei allen bis jetzt angewendeten Maschinen findet ein Verlust an Kraft im Augenblicke des Stromwechsels statt, in Folge der Erzeugung eines secundären Stromes, welcher sich in entgegengesetzter Richtung bewegt. Diesem Verluste ist es zuzuschreiben, daß diese Maschinen noch nichts Ersprießliches geleistet haben. Page's Absicht bestand nun darin, dieser Schwierigkeit zu begegnen, und er hat seinen Zweck bei seinen neuen Forschungen auch vollkommen erreicht. Die ersten Versuche stellte er mit einer für diesen Zweck construirten kleinen Maschine an; dieselbe ließ bezüglich der mechanischen Genauigkeit nichts zu wünschen übrig. Sie war mit einem Dynamometer von neuer Construction versehen, welches mit hinreichender Genauigkeit die dynamische Kraft der Maschine bei jeder gegebenen Geschwindigkeit maß — ein Haupterforderniß, wenn man diese neue Kraft schätzen will. Mit dieser Maschine wurden nun folgende wichtige Punkte bestimmt: 1) die dynamischen Werthe verschiedener Sorten von weichem Eisen; 2) die dynamischen Werthe von hartem und weichem Stahl; 3) der dynamische Werth des Gußeisens. Die statischen Werthe aller dieser Körper wurden durch einen zu diesem Zwecke besonders construirten Apparat, welchen Page Axial-Galvanometer nennt, bestimmt. Die zu den Versuchen verwendeten Stäbe waren alle von gleichen Dimensionen, nämlich 1 Fuß lang und 1 Zoll im Durchmesser; es ergab sich, daß die statischen Eigenschaften den dynamischen entsprechen. 4) Die Verhältnisse des spiralförmig gewundenen Drahtes wurden annähernd bestimmt, obgleich über diesen wichtigen Punkt noch manches schwankend bleibt. 5) Die Vortheile, welche die Unterhaltung des Magnetismus im Axialstab gewährt, wurden zur Genüge nachgewiesen. 6) Es wurden verschiedene Verfahrungsarten versucht um die Bewegung der Maschine umzukehren, welche von Erfolg waren. 7) Verschiedene Arten von Mutatoren (was der schwierigste und wichtigste Gegenstand bei der Construction der Maschine ist) wurden versucht. 8) Die Wirkung geschlossener Ketten und secundärer Ströme wurde durch zahlreiche Versuche, welche große Sorgfalt und Genauigkeit erheischen, nachgewiesen. 9) Die geeignetste Geschwindigkeit dieser Maschine und ihre absolute Kraft bei einer gegebenen Batterie wurden vollkommen bestimmt. 10) Das Verhältniß der Zunahme der Kraft zu derjenigen der Stromstärke, so wie 11) die Werthe verschiedener Metalle zur Bildung von Stromunterbrechern (Mutatoren) wurden ermittelt. Nach diesen Versuchen wurden mit einer kleineren und etwas roher gearbeiteten Maschine Versuche angestellt, um die neue Anordnung der Axialstäbe zu probiren, sodann wurden Versuche in einem größeren Maaßstabe angestellt, hauptsächlich um zu ermitteln, ob man mit einer größeren Maschine in demselben Verhältniß mehr Kraft erhalten könne als mit einer kleineren, was für die dereinstige praktische Anwendung natürlich die Hauptfrage bildet und vorerst genügend beantwortet werden muß. Nach einer großen Anzahl mit verschiedenen Apparaten angestellter Versuche ergab sich, daß die Kraft mit welcher die Maschine arbeitet, proportional den Dimensionen derselben ist, und daß dagegen die Consumtion des Materials, oder die Kosten der Kraft, in demselben Verhältniß abnehmen. Diese Resultate waren im höchsten Grade ermuthigend, und veranlaßten Hrn. Page eine Maschine von solcher Größe zu construiren, wie bis jetzt noch keine existirt. Dieser Apparat ist eine stehende Maschine von zwei Fuß Hub; und um leichter vergleichende Versuche anstellen zu können, war es nöthig eine Doppel-Maschine herzustellen, deren zwei Theile einander genau entsprechen. Zwei Stangen aus weichem Eisen, von sechs Zoll Durchmesser und drei Fuß Länge, waren die primären Motoren, welche mittelst Verbindungsstäben und Kurbeln auf eine Schwungradwelle wirkten; das Schwungrad und die Welle wiegen zusammen 600 Pfund. Als diese Maschine zum erstenmal mit derselben Batterie probirt wurde, welche früher mit einer kleineren Maschine 1/5 Pferdekraft gegeben hatte, erzielte man nur ⅓ Pferdekraft. Bei sorgfältiger Aufmerksamkeit auf die Adjustirungen und besonders auf den Stromunterbrecher, welches hier eine weit schwierigere Aufgabe, als bei kleineren Apparaten ist, lieferte die Maschine bald eine Pferdekraft. Im Verhältniß zur Größe der Batterie war dieses 18 Proc. Gewinn, ja sogar mehr, wenn man berücksichtigt, daß die Kosten für eine Pferdekraft geringer waren als für 1/5 derselben, welche die kleinere Maschine lieferte. Nach mehreren genügenden Versuchen mit dieser Maschine nahm man sie auseinander und benutzte ihre verwendbaren Theile bei der Construction einer einfachen horizontalen Maschine. Diese Aenderung wurde hauptsächlich vorgenommen, um den Magnetismus der Treibstange unterhalten zu können. Alsbald stieg nun der Gewinn auf eine halbe Pferdekraft, und durch Zusatz von einigen Quadratfuß Batteriefläche erzielte man vier Pferdekräfte; auch ist kein Grund vorhanden, warum man die Kraft dieser Maschine, durch weitere Vermehrung der Batteriefläche, nicht auf zehn Pferdekräfte steigern könnte, nur bleibt noch zu ermitteln, ob es ökonomisch wäre, diesen Zweck bloß durch Vergrößerung der Batterie erreichen zu wollen. Der nächste wichtigste Punkt war zu bestimmen, welches die Kosten dieser Kraft seyen. Sie sind nach Page geringer als die der kostspieligsten Dampfmaschinen, obgleich in Europa Physiker kürzlich behauptet haben, daß die Kosten der elektrischen Triebkraft diejenigen der theuersten Dampfmaschinen um das Fünffache übersteigen. Ehe jedoch diese Maschine für die Praxis wirklich ersprießlich werden kann, muß noch viel für die galvanische Batterie gethan werden, um deren Wirkung regulär und andauernd zu machen; andererseits muß auch eine gewisse Sicherheit ihrer Wirkung erzielt werden, damit die elektrischen Kraftmaschinen von Personen bedient werden können, welche in die Geheimnisse der Elektricität und des Magnetismus nicht eingeweiht sind. Es wäre jetzt nur noch der Beweis zu liefern, daß die Kraft mit der Größe der Maschinen in der That wächst. Aus den angestellten Versuchen scheint sich ein solches Gesetz zu ergeben; es kann jedoch noch nicht durch den Calcül oder durch Räsonnement bestätigt werden. Die Versuche müssen daher aufs neue begonnen werden und soweit gehen daß durch sie alle Ungewißheiten beseitigt werden; auch ist es nothwendig über jeden einzelnen wichtigen Punkt besondere Versuche in großem Maaßstabe anzustellen. Die neue Kraft scheint hauptsächlich für die Schifffahrt sehr geeignet zu seyn, wenn man sie einmal dienstbar gemacht hat.