Titel: Verbesserungen in der Talbotypie; von Gustav Lutze.
Fundstelle: Band 119, Jahrgang 1851, Nr. LXXXIX., S. 434
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LXXXIX. Verbesserungen in der Talbotypie; von Gustav Lutze. Aus der Zeitschrift des niederösterreichischen Gewerbevereins, 1851, Nr. 11. Lutze's Verbesserungen in der Talbotypie. Seit zwei Jahren beschäftige ich mich mit der Erzeugung von Papierbildern, leider nur mit wenig Zeitaufwand, doch nicht mit Unglück; und in diesem Augenblicke darf ich mich rühmen so günstige Resultate zu erreichen, daß meine positiven Bilder in Feinheit der Zeichnung und besonders im Ton nichts zu wünschen lassen. Ich sah neulich die Copie eines auf Glas erzeugten Bildes, und obwohl sehr gelungen, so hielten meine positiven Bilder (selbst ganz ohne Retouche) den Vergleich ganz vollständig aus. Ja im Ton waren die meinigen noch bedeutend reicher und saftiger, was eben das Resultat meines eigenthümlichen Verfahrens seyn mag. Meine Lösungen sind für positive Bilder: 20 Loth Wasser, 1 Loth Kochsalz, 20 Loth Wasser, 3 Loth Silbersalz, 20 Loth Wasser, 2 Loth unterschwefligsaures Natron, ½ Loth Kochsalz Ich tauche mein Papier (das nicht sehr stark ist) ganz unter in die Salzlösung und lasse es 1 Minute darin, nehme es heraus und hange es an einem Faden in der Nähe des warmen Ofens zum Trocknen auf. An der unteren Ecke hänge ich ein Stückchen Fließpapier an zum Ablaufen der überschüssigen Flüssigkeit; sobald es ganz trocken ist, tauche ich es gleichfalls auf beiden Seiten in die Silberlösung und hänge es dann wieder in derselben Art in die Ofenwärme. Auch in dieser Silberlösung lasse ich es eine volle Minute. Dieß so erzeugte Papier würde im frischen Zustande nicht schönere Resultate ergeben; allein wenn man es einige Tage in einer Mappe liegen läßt, bis es eine röthliche oder schöne Rosa-Färbung angenommen hat und es dann erst zum Gebrauch nimmt, so wird die Zeichnung außerordentlich zart und sanst. Im Fixationsmittel wird das Papier dann wieder vollständig weiß. Allein das unterschwefligsaure Natron muß auch in der Art angewendet werden, wie ich nachfolgend beschreiben will. Das Kochsalz gebe ich deßhalb unter die Natronlösung, weil man dann nicht mehr den lästigen Bodensatz hat und die Lösung immer durchaus klar und weißlich blaßgelb bleibt. Ich kann übrigens nicht dafür einstehen, ob der Natronsalzgehalt meiner Lösung wirklich genau 2 Loth beträgt, weil ich durch Erneuerung bei den vielfachen Versuchen immer Quantitäten von Salz oder Wasser hinzusetzte; allein sehr abweichend kann meine Angabe nicht seyn, jedenfalls kann ich aber die Kennzeichen angeben, ob die Lösung zu stark oder zu schwach an Salzen ist. Die Lösung muß zunächst so viel Zusatz von Silbersalz haben, daß sie intensiv süß schmeckt, wenn. man den Finger eintaucht und davon kostet. Hat sie diesen Geschmack, und das Bild, welches man hineinlegt (ohne es auszuwässern), röthet sich alsbald in dem bekannten häßlichen Ton, dann muß man die Lösung nur mit Wasser verdünnen, denn sie ist alsdann zu stark im Natrongehalt. Sie soll insoweit verdünnt werden, daß das Bild beim Hineinlegen einen sehr schönen sammtbraunen Ton annimmt; überhaupt aber darf die Lösung nicht anders als lauwarm angewendet werden. (Auch die Kochsalz- und Silberlösung, sowie bei Bereitung des Negativpapiers die Jod- und Silberlösung wende ich stets nur in einer Temperatur von circa 20 bis 24° R. an. Sehr kalte Lösungen geben geringere Resultate.) Also ein schönes Braun soll die Färbung seyn, und nach 5 bis höchstens 10 Minuten muß die röthliche Farbe des Papieres (freiwillige Färbung) ganz verschwunden seyn. Verschwindet das Rosa nicht, so ist die Lösung zu schwach an Natron und muß also davon zugesetzt werden. In dieser Lösung fällt sich das Silbersalz nicht, und gibt daher keinen Bodensatz; benutzt man sie also sehr oft, so muß man auch häufig Natronsalz und Wasser hinzusetzen. Ich nehme das Bild, sobald die Lösung entsprechend ist, schon nach 10 Minuten heraus und lasse es am Ofen mit der Lösung (also unausgewaschen) eintrocknen; dann aber nehme ich ein Gefäß mit lauwarmem Wasser, in welchem ich endlich das Bild auswässere, wozu ich nie länger als höchstens eine Stunde gebrauche, denn das Natron löst sich in lauer Temperatur sehr leicht auf; außerdem kann man eine Ecke des Papieres in den Mund nehmen und zwischen Lippe und Zunge drücken; hat es noch einen feinen süßlichen Geschmack, so muß es noch ferner gewässert werden. Fixirt sind dann diese Bilder ganz vollkommen. Diese, so zu sagen, kurze Fixation, hat den Vorzug der Zeitersparniß für sich und außerdem bleibt die Zeichnung saftiger. Ich habe nur noch zu bemerken, daß ich die Bilder vor der Fixation nicht wie früher viel dunkler halte, da sie sich auf diese Weise fixirt fast gar nicht verändern. Die endliche Grundfarbe des Bildes ist nach dem letzten Trocknen ein ausgezeichnet schönes kraftvolles Schwarz. Wenn ich die Natronlösung neu bereiten würde, so gäbe ich das Kochsalz erst dann hinzu, wenn die Lösung den süßen Geschmack hat, der bei wenigerem Silber zwar auch auftritt, aber erst als späterer Nachgeschmack, als ein Gemisch von salzig-bitter und endlich süß. Der süße Geschmack muß aber gleich hervortreten, sonst ist noch zu wenig Silbergehalt da. Bei Erzeugung der Negativbilder habe ich die Erfahrung gemacht, daß man Winter wie Sommer gleichmäßig gut und sicher arbeite, wenn man die Vorbereitungen immer nur in sehr warmem Zimmer und mit ganz schwach erwärmten Lösungen ausführt. Die Kälte im Freien während der Dauer der Exposition in der Camera hat wenig Einfluß, wenn man beim Hervorrufen Gallussäure anwendet, die bis auf 30° R. erwärmt ist. Ich rufe das Bild in einer flachen, sehr schwach erwärmten Tasse hervor, indem ich sehr wenig erwärmte Gallussäure auf dem Boden derselben ausbreite. Jetzt decke ich das exponirte Papier darauf und kehre es alsbald um, damit auch die Rückseite naß werde, dann decke ich die Tasse mit einer rothen Glasscheibe zu und bringe sie ans Tageslicht, um die Wirkung zu beobachten; nach einigen Minuten gebe ich einige Tropfen der sauren Silberlösung hinzu und wälze das Bild darin im Dunkeln einige Male um, worauf es nach weiteren fünf Minuten höchstens überkräftig dasteht und mit einer Zeichnung, die fast glasartig fein zu nennen ist. Je schneller sich die Bilder in der Gallussäure ohne größere Erwärmung entwickeln, je feinkörniger ist die Zeichnung. Ich habe vor meinem Fenster innerhalb des Zimmers, worin ich operire, einen rothen Vorhang, der nur rothes Licht hindurchläßt; das Zimmer ist sehr hell, besonders wenn die Sonne den Vorhang bestrahlt, nichtsdestoweniger kann ich ohne den geringsten Nachtheil das empfindlichste Papier in diesem Licht bereiten und zur Exposition in den Rahmen bringen, ebenso das Hervorrufen dicht am Vorhang bewerkstelligen. Ist man genöthigt auf frisch präparirtem Positivpapier zu arbeiten, so läßt man das Papier ein wenig vom Licht bestrahlen (in der Sonne etwa zwei Secunden). Es bekommt dann einen leisen bläulichen Anflug, gibt aber dann ebenfalls sehr zarte sanfte Bilder, wenn auch nicht mit so kräftigen Lichtern, als wenn das Papier von selbst gedunkelt. Meine Iodlösung zu negativen Bildern ist 20 Loth Wasser, 180 Gran Iodkalium, 20 Tropfen concentrirtes Cyankalium. Hierin tauche ich mein Papier ganz unter und lasse es 1 Minute höchstens darin, dann aber hänge ich es ohne abzuwaschen auf und zwar an sehr warmem Ofen, indem ich unten ein Stückchen Fließpapier anhänge. Sehr kalte Iodkaliumlösung wirkt beeinträchtigend. Ja es steht sogar ganz fest, daß wenn ich gut zubereitete Papiere in kaltem oder feuchtem Zimmer aufbewahre, so verlieren sie fast ganz ihre hohe Empfindlichkeit, während trocken und nicht zu warm aufbewahrte Papiere dieselbe ganz und gar conserviren. Auf den Temperaturzustand der sauren Silberlösung hat man ganz besonders Rücksicht zu nehmen, will man auch im Winter mit der größten Sicherheit arbeiten. Dieselbe muß so gehalten werden, daß sie während des Gebrauchs weder kalt noch warm ist, denn nur unter dieser Bedingung scheint die Verbindung des Jod mit dem Silber gleichmäßig und entsprechend vor sich zu gehen; ist die Verbindung einmal geschehen, so thut die Kälte bei der Exposition, sollte diese im Freien geschehen, keine schlimme Wirkung. Selbst im Sommer wende ich immer mit gleichem Erfolge Wärme bei allen Lösungen an. Thue ich es nicht und habe zufällig ein besonders kühles Zimmer, so kann ich sicher auf unangenehme Erscheinungen rechnen. Auch beim Hervorrufen von Plattenbildern durch Quecksilber stellt sich die Wärme als ein merkwürdiger Hebel heraus. Ehe ich nämlich die Platte in den Quecksilberkasten bringe — was bei mir mit dem Rahmen geschieht — nehme ich die Holzwand der Rückseite weg und lege eine vorher stark erwärmte Holztafel an dieselbe Stelle. Sogleich bringe ich nun aber die Platte in den Quecksilberkasten, ehe sie zu stark durchwärmt. Die Wirkung ist merkwürdig, besonders wenn man dieselbe bei wechselnder Behandlung von kalt und erwärmt beobachtet. Außerdem kann man eine solche Platte, wenn man die Erwärmung wiederholt, so oft dämpfen als man will, ohne daß sich sogenannte dämpfige oder Pelzbilder bildeten.