Titel: Das neue Schlachthaus in Augsburg.
Fundstelle: Band 120, Jahrgang 1851, Nr. XXXVIII., S. 183
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XXXVIII. Das neue Schlachthaus in Augsburg. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Das neue Schlachthaus in Augsburg. Für die schon in den Jahren 1609 und 1634 erbaute sehr geräumige und zweckmäßige Augsburger Fleischverkaufshalle mit 126 Bänken, fehlte es an einem den salubritäts- und sanitätspolizeilichen Anforderungen der Jetztzeit entsprechenden Schlachthause. Im Jahre 1850 ließ der Stadtmagistrat nach Erwerbung eines geeigneten Bauplatzes in die unmittelbare Nähe der Fleischhalle an einem wasserreichen Lechcanale, mit einem Aufwande von fast 20,000 fl. nach dem Plane und unter der Leitung des städtischen Bauraths Hrn. F. J. Kollmann ein allen praktischen Anforderungen entsprechendes Schlachthaus erbauen und analog den sanitätspolizeilichen Vorschriften für die Gemeindeschlachthäuser in FrankreichMitgetheilt im polytechn. Journal Bd. CXVI S. 80. einrichten; dasselbe wurde am 30. Decbr. v. J. miethweise der Metzgerinnung, welche jährlich bei 5000 Rinder und 20,000 Stück Jungvieh schlachtet, zum Gebrauche übergeben. Dieser Schlachthausneubau steht von allen vier Seiten frei, stößt auf westlicher Seite an die öffentliche Straße, auf nördlicher und südlicher Seite an geräumige Privathöfe und mit der östlichen Seite an den mittlern Lechcanal. Die Länge beträgt 100 Fuß (bayer. Maaß) und die Breite 50 Fuß. Der Oberbau vom Niveau der Straße bis zum Dachgesimse mißt 30 Fuß Höhe. Die Mauerwerke sind 8–10 Fuß tief unter der Bodenfläche und 2 Fuß im Grundwasser fundirt und angelegt, und bestehen theils aus großen Tuffsteinquadern, theils aus guten Backsteinen. Die Umfangswände sind 2½ Fuß stark, wornach für den inneren nutzbaren Raum des Hauses volle 95 Fuß Länge und 45 Fuß Breite bleiben. Das ganze Bauwerk ist, mit einigen zeitgemäßen Modificationen im deutschen Rundbogenstyl, als sogenannter Rohbau ausgeführt; es hat drei Haupteingänge, wovon der mittlere eine Lichtweite von 8 Fuß und eine Höhe von 13¾ Fuß, die beiden Seitenthore jedes 6 Fuß Breite und 12 Fuß in der Höhe hält. Der 4184 Quadratfuß haltende Fußboden besteht aus vierzölligen 20 Quadratfuß großen Sandsteinplatten der härtesten Gattung, aus den Steinbrüchen von Rettenberg im Allgäu. Das Pflaster hat fünf Neigungen, vier nach der Quere und eine nach der Länge vom Eingang gegen den Canal, d. h. von vorn nach rückwärts mit einem Gefäll von 10 Zoll; es ist mit zwei offenen muldenförmig profilirten steinernen Ablaufrinnen, je 8 Fuß von den Seitenwänden abstehend, versehen, welche das Blut und alle Unreinigkeiten der Schlachtung aufnehmen, und vereinigt in den östlich vorbeifließenden Lechcanal mittelst einer senkrechten in das Wasser eintauchenden Röhre abführen. Zwei gußeiserne gefällig geformte und verschlossene Wasserreservoirs, an den Wandpfeilern zwischen den Eingangsthoren angebracht, werden stündlich mit 8 Eimer Wasser gespeist und liefern den erwähnten Ablaufrinnen zum Fortschaffen des Blutes und Unrathes und zum anderweitigen Schlachtgebrauche fortwährend das nöthige Brunnenwasser. Außer diesen zwei Wasserreserven und dem laufenden Röhrwasser, dient, zur Vorsorge bei eintretenden Unterbrechungen im Röhrwasserzuflusse bei Brunnenablässen, ein im Treppenhause errichteter hinlänglich tiefer Pumpbrunnen mit mechanischem Druckwerke, noch zu Reinlichkeitszwecken. Das Wasser dieses Brunnens kann mittelst des Druckwerkes in Gefäße, oder mittelst Schläuchen an jede beliebige Stelle des Schlachtraumes gepumpt werden, was die Reinigung des Bodens und der senkrechten Wände befördert und beschlcunigt. Wegen Raumgewinnung für die Schlachtung ist für die Auszugmaschinen (Krahne) in einer Höhe von 15 Fuß über dem Fußboden, auf 24 zierlichen freien Trägern und Tragbalken an drei Seiten des innern Baues eine aus Holz construirte Gallerie mit Geländer erbaut, zu welcher eine verborgene, den Beschäftigten leicht zugängliche Treppe führt. Die zwanzig Zugmaschinen, deren specielle Beschreibung unten folgt, sind in der mechanischen Werkstätte des Hrn. Jos. Kirner in Augsburg gefertigt und dienen insbesondere zum Aufziehen der großen Schlachtstücke und einzelner Theile derselben. Zum Anbinden des Schlachtviehes vor und während der Schlachtung, welche in der Regel durch Knicken vorgenommen wird, ist im Steinpflaster eine geeignete Anzahl fester eiserner Ringe angebracht. Für die Schlachtung von Kleinvieh sind vier Rechen vorhanden, deren zwei links und rechts an den Umfangsmauern, und zwei frei über den Abwässerrinnen längs denselben in gefällig geformten Eisenhängwerken schwebend, hergestellt worden. Letztere sind theils an der Decke, theils an den Gallerieträgern befestigt. Diese vier Schlachtrechen sind zusammen mit 373 eisernen Haken versehen. Zur Förderung der Reinlichkeit an den Wänden und zum Schutze derselben gegen die Einwirkung der Nässe, sind die Backsteinmauern im Innern des Schlachtraumes am Sockel ringsum mit 3 Fuß hohen 2½ Zoll dicken Solenhofer Steinplatten verkleidet, und der 2½ Fuß hohe Zwischenraum über demselben bis an die Schlachtrechen wurde mit starker rother Cementschichte und mit gleicher blutrother Oelfarbe überzogen. Der ganze innere zwei Stockwerke bildende Schlachtraum wird durch 21 große Bogenfenster im obern und 13 kleinere dergleichen im untern Raume vollkommen mit Tageslicht erhellt. Auf zwei steinernen Treppen östlich gelangt man in ein kleines Souterrain und von da auf eine 40 Fuß lange, 6 Fuß breite gedeckte Brücke, welche längs dem Gebäude über dem Lechcanale zum Waschen und Mickern der Eingeweide zweckmäßig erbaut ist. Gleichwie für die Haupt- und Gallerietreppe befindet sich im innern Schlachthausraume unter der Gallerie ein geeigneter symmetrischer Einbau als Requisitendepot. Der Dachstuhl des Gebäudes ist 22 Fuß hoch und besteht aus Hängwerken mit 6 Bundgespärren, jedes mit zwei gekuppelten Hängsäulen und doppeltem Sprengwerke; dann 26 Lehrgespärren. Die Construction des Dachstuhls ist einfach und solid genug, um außer seinem und dem Gewichte der Eindeckung, auch mehrfach die ganze Last von 20 Stück 15–18 Centner schwerer Rinder und 200 Stück Kälber zu tragen. Das Hauptgebälk nebst den Hängsäulen, Streben und Spannriegeln besteht aus 10/12″ starken, das Gespärre und die Pfetten aus 8/8zölligem Fichtenholz. Das Dach selbst ist mit ziegelplatten doppelt und dicht eingedeckt. Der Dachraum ist für geeignete Benützung mit gehobelten und gefalzten 5/4zölligen Brettern belegt. Die dahin führende Treppe wird durch eine mechanische Vorrichtung leicht bewegt und schließt zugleich die Plafond-Oeffnung horizontal ab. Zur innern Verzierung des Schlachtraumes ist alles Holzwerk mit lichtbrauner Lasurfarbe bemalt, und Gallerie, Schürbalken, Durchzüge und Thore mit rothen Linien auf passende Weise façettirt. Als Akroterium der Vorderfaçade ist das plastische Standbild eines am alten Schlachtgebäude angebracht gewesenen lebensgroßen Ochsen angewendet, und zur Bekrönung des östlichen Giebels sind in gleicher Art die plastischen Standbilder von zwei lebensgroßen Jungviehstücken, eines Widders und eines Kalbes, aufgestellt. Der Steinverband wechselt mit gelblichen und rothen Ziegeln in horizontalen Bändern und Bogenschnitten gefällig ab. Beschreibung der im Augsburger Schlachthaus aufgestellten Krahne. Diese von Hrn. Otto Beylich construirten Krahne gehören der Kategorie der unbeweglichen, an die Mauer befestigten an, sind ganz aus Eisen hergestellt und mittelst zwei Paaren Stirnräder übersetzt. Für die Uebersetzung ergibt sich aus nachstehenden Daten, nämlich: Länge der Kurbel = 14″, erstes Räderpaar mit 11 und 44 Zähnen, zweites Räderpaar mit 11 und 55 Zähnen, Durchmesser des Seilcylinders = 14″, das Verhältniß = 1 : 40. Sonach erfordert die Last eines Rindes, im Mittel = 1000 Pfd. mit Hinzurechnung von 10 Proc. zur Ueberwindung der Reibungs- und Seilsteifheits-Widerstände angenommen, 27,5 Pfd. Kraft, mittelst welcher bei einer Geschwindigkeit von 40 Umdrehungen jene Last auf eine Höhe = 7′ 4″ gehoben wird. Die Seile dieser Krahne sind von den Seilwalzen aus unter einem Winkel von circa 45° über an den Durchzügen der Decke angebrachte Rollen geführt, und hängen von da frei herab. Am Ende derselben befinden sich die mittelst Haken waagrecht eingehängten Querhölzer, an welchen die Rinder auf allgemein bekannte Weise befestigt werden. Zu größerer Bequemlichkeit beim Herablassen der Lasten sind die Krahne mit Bremsscheiben versehen, und haben daher auch Vorrichtungen zum seitlichen Ausrücken der Treibachsen aus dem Eingriffe. Fig. 15 und 16 veranschaulichen genau die Construction aller Einzelheiten. a, a sind zwei Lagergestelle, welche durch drei Stangen b, b, b miteinander verbunden und mittelst vier Schraubenbolzen an der Mauer befestigt sind. c, c, c sind Achsenlager. d ist der hohlgegossene auf seiner Achse e aufgekeilte Seilcylinder, mit einem Haken f zur Aufnahme des Seilohres versehen. g und h zeigen das zweite, i und k das erste Räderpaar. Das Rad g ist auf der Achse e, die Räder h und i sind auf l und das Rad k ist auf m mittelst Keilen befestigt. Die Achse m bildet die Triebachse und ist an beiden Enden mit Kurbeln n, n versehen. Zur Verhütung rückgängiger Bewegung ist auf dieser Achse auch das Sperrrädchen o angebracht. Der einfallende Sperrkegel p dreht sich auf der mittlern Verbindungsstange zwischen zwei Stellringen. Die Bremsscheibe q befindet sich neben dem Rade i und ist mit diesem aus einem Stücke gegossen. r zeigt den Bremshebel, welcher auch seinen Stützpunkt in der mittleren Verbindungsstange hat. s ist ein Anpaß auf der Achse m, welcher mit der Nabe des Rädchens k die Nuth t bildet, in welche der Schieber u eingelegt ist, wenn eine Last aufgezogen wird. Soll aber beim Herablassen die Bremse benützt werden, so ist der Schieber u zu heben und die Achse m von links nach rechts zu schieben, wodurch die Räder k und i aus dem Eingriffe kommen und die Achse m isolirt wird. Der Schieber u legt sich jetzt links des Anpasses s ein, und hält die Achse ausgerückt.

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Tafel Tab.
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Tab. IV