Titel: Ueber die Preßkuchen der Oelsamen, ihre Anwendung als Viehfutter und als Dünger; von E. Soubeiran und J. Girardin.
Fundstelle: Band 120, Jahrgang 1851, Nr. LXXXIII., S. 375
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LXXXIII. Ueber die Preßkuchen der Oelsamen, ihre Anwendung als Viehfutter und als Dünger; von E. Soubeiran und J. Girardin. Aus dem Journal de Pharmacie et de Chimie, Febr. 1851, S. 87. Soubeiran und Girardin, über die Preßkuchen der Oelsamen. Die Oelkuchen sind für die Landwirthschaft in zweierlei Beziehung wichtig. In Pulverform oder mit Harn gemengt bilden sie ein kräftiges Düngmittel; andererseits bieten sie ein ausgezeichnetes Viehfutter dar, das mit Vortheil zum Mästen benutzt wird. Die außerordentliche Ausfuhr dieses Artikels nach England ist ein Beweis für den Werth desselben. Von 1836–1840 wurden aus Frankreich nach England mehr als 120 Millionen Kilogramme transportirt, und in den Jahren 1840–1847 steigerte sich die Quantität bis auf 254,361,000 Kilogramme. Bis jetzt sind die Oelkuchen noch nicht vollständig analysirt worden; Boussingault und Payen bestimmten nur die Menge des darin enthaltenen Stickstoffs und suchten nun durch die Quantität desselben das Aequivalent einer jeden Sorte zu ermitteln. Wenn es gleich nicht in Abrede zu stellen ist, daß eine Düngersorte einen um so größern Werth hat, als die Menge der darin enthaltenen stickstoffhaltigen organischen Substanz beträchtlich ist, so ist es doch jetzt auch nicht zu verkennen, daß auch einige andere Bestandtheile, die zuweilen in beträchtlicher Menge, wie die Mineralsalze, im Dünger vorkommen, wesentlichen Einfluß an den düngenden Eigenschaften haben. Die Praxis hat sich hierüber bereits ausgesprochen, und um den comparativen Werth eines Düngers zu bestimmen, scheint es ausgemacht zu seyn, daß zugleich die Menge des Humus oder derjenigen Substanz, aus welcher sich Humus bilden kann, die Natur und die Menge der Salze und endlich die Quantität der stickstoffhaltigen Substanz in Betracht gezogen werden muß. Von dieser Ansicht ausgehend, unternahmen wir eine vergleichende Untersuchung der im Handel vorkommenden Oelkuchensorten. Im Folgenden sind unsere Versuche und die dabei erhaltenen Resultate enthalten. 1. Die erste Operation bezweckte die Bestimmung der Wassermenge, die sich in dem trockenen Oelkuchen, so wie er verkauft wird, befindet. Zu diesem Zweck wurden zwei Gramme fein gepulverter verschiedener Oelkuchen bei 100° C. in einem Strom trockener Kohlensäure getrocknet. Es wurde dabei der Zutritt der Luft vermieden, da das noch in dem Pulver befindliche Oel Sauerstoff absorbiren konnte, und dadurch die Resultate unrichtig ausgefallen seyn würden. Die Quantität des Wassers in 100 Theilen verschiedener Oelkuchen betrug: in Kuchen von Leindotter 14,5 Bucheckern 14,0 Hanf 13,8 Kohlreps 13,2 Erdnuß (Arachis hypogaea) 12,0 Leinsamen 11,0 Mohn 11,0 Sesam 11,0 2. Um die Menge des noch in den Kuchen zurückgehaltenen Oeles zu bestimmen, wurden die fein gepulverten Kuchen mit wasserhaltigem Aether ausgezogen. Die Operation wurde mit 2 Gram. Pulver ausgeführt. Letzteres wurde nach dem vollständigen Ausziehen getrocknet. Der Verlust gab das Wasser und das Oel; es läßt sich daraus leicht die wirkliche Menge der fetten Substanzen berechnen. Wir erhielten folgende Resultate: Kuchen von Mohn enthielt 14 Proc. Oel, Kohlreps 14,1 Sesam 13,0 Leindotter 12,2 Lein 12,0 Erdnuß 12,0 Hanf 6,3 Bucheckern 4,0 3. Die Quantität des Stickstoffs wurde dadurch bestimmt, daß ein Gramm der nicht getrockneten Substanz mit Natronkalk gemischt, nach Varrentrapp und Will behandelt wurde. Aus der sauren ammoniakhaltigen Flüssigkeit bestimmte man das Ammoniak nach Péligot's Methode mit Hülfe von zuckersaurem Kalk. Diese Analyse gab folgende Resultate: Kuchen von Mohn enthielt 7,00 Proc. Stickstoff, Hanf 6,20 Erdnuß 6,07 Lein 6,00 Sesam 5,57 Leindotter 5,57 Sommerreps 5,55 Bucheckern 4,50 Boussingault und Payen fanden in den Erdnußölkuchen 8,33 Proc. Stickstoff, also weit mehr als wir; es ist aber hinzuzufügen, daß diese Chemiker die von ihrer äußern Hülle befreiten Körner anwendeten. Diese Hülle zeigt keine der Eigenschaften der Körner und macht mindestens den dritten Theil der gewöhnlichen Oelkuchen aus. Der Werth dieser Oelkuchensorte ist demnach von den genannten Chemikern viel zu hoch bestimmt worden. Der Oelkuchen der Bucheckern zeigte sich bei unsern Versuchen am stickstoffärmsten; Boussingault und Payen haben dasselbe gefunden. 4. Zur Bestimmung der Aschenmenge wurde ein Gramm einer jeden Oelkuchensorte in einem Porzellannachen im Muffelofen verbrannt; wir erhielten dabei folgende Resultate: Kuchen von Mohn gaben 12,5 Proc. Asche, Hanf 10,5 Sesam 9,5 Leindotter 8,2 Lein 7,0 Kohlreps 6,5 Bucheckern 6,2 Erdnuß 5,0 Die Aschen der Erdnüsse, der Bucheckern und des Sesams reagiren stark alkalisch; die anderen zeigen eine ähnliche, obgleich bei weitem schwächere Reaction. In allen, ausgenommen in der Asche des Hanfs, kommen schwefelsaure Salze vor. In allen Aschen geben Reagentien die Gegenwart von Chlor, phosphorsauren und Kalksalzen an. Letztere sind besonders in der Asche der Bucheckern und des Mohns in großer Menge vorhanden; die Asche der Erdnüsse allein zeigt keine Spur. Die Verhältnisse zwischen den löslichen und unlöslichen Bestandtheilen der Asche wurden folgendermaßen gefunden. In 100 Gewichtstheilen dieser Asche waren enthalten: Lösliche Salze. Unlöslicher Theil. Kuchen von Leindotter 1,2 98,8 Rohlreps 2,0 98,0 Mohn 5,0 95,0 Erdnuß 5,5 94,5 Hanf 5,5 94,5 Sesam 6,0 94,0 Bucheckern 7,0 93,0 Lein 10,0 90,0 5. Die Bestimmung der Menge der phosphorsauren Salze in der Asche bot größere Schwierigkeiten dar. Die Untersuchung dieser Salze fand sich durch den Umstand vereinfacht, daß die Thonerde, welche in diesen Aschen enthalten ist, sich bei der Digestion mit Chlorwasserstoffsäure nicht löst. Wir überzeugten uns davon auf folgende Weise. Nachdem die Lösung der Asche in Chlorwasserstoffsäure filtrirt und mit Wasser verdünnt worden war, wurde dieselbe durch überschüssiges Aetzkali gefällt. Zu der filtrirten Flüssigkeit wurde eine Lösung von Wasserglas gesetzt und das Gemisch bis zum Sieden erhitzt. Es zeigte sich nicht die geringste Trübung, die eingetreten seyn müßte, wenn die ursprüngliche Lösung Thonerde enthalten hätte. Darauf wurde die Quantität der phosphorsauren Salze nach Raewsky's Verfahren bestimmt. Diese Methode ist allerdings nicht diejenige, welche die genauesten Resultate gibt; sie ist aber diejenige, die am einfachsten und am leichtesten auszuführen ist. Die nach derselben erhaltene Menge Phosphorsäure fällt aber stets etwas zu gering aus. Die Asche wurde mit Chlorwasserstoffsäure in der Wärme behandelt, die Flüssigkeit mit Wasser verdünnt, filtrirt, mit Ammoniak übersättigt und der entstehende Niederschlag in überschüssiger Essigsäure gelöst. Darauf wurde eine Lösung von gleichen Gewichtstheilen essigsaurem Natron und Eisenalaun zugesetzt, der entstandene Niederschlag von phosphorsaurem Eisenoxyd auf einem Filter gesammelt, gewaschen und darauf in verdünnter warmer Chlorwasserstoffsäure gelöst. Die Lösung des Eisenoxyds wurde durch Zink zu Oxydul reducirt und die Operation dadurch beendigt, daß man die Menge einer zur Entfärbung nothwendigen titrirten Lösung von mangansaurem Kali bestimmte. In 100 Theilen der Asche fanden sich folgende Mengen phosphorsaurer Kalk, der als mit der Knochenerde gleich zusammengesetzt betrachtet wurde. Kuchen von Mohn enthielten 70 Proc. Knockenerde. Lein 68 Hanf 68 Sommerreps 66 Leindotter 50 Sesam 33 Bucheckern 33 Erdnuß 24 6. Folgende Tabelle enthält die verschiedenen Resultate unserer Analysen: In 1000 Theilen Oelkuchen fanden sich: Textabbildung Bd. 120, S. 379 Erdnuß.; Leindotter.; Hanf.; Sommerreps.; Bucheckern.; Lein.; Mohn.; Sesam.; Wasser; Oel; organische Substanzen; Asche and Mineralsalze In den organischen Substanzen der Oelkuchen fanden sich: Stickstoff 60,7 55,7 62,0 55,5 45,0 60,0 70,0 55,7 In derAsche lösliche Salze phosphors.Kalk 2,712 0,9842 5,7771 1,365 1,2421 7,049 6,263 5,732 Diese Resultate sind für die Praxis nur als approximative zu betrachten, denn es ist gewiß, daß jeder Oelkuchen bei der Analyse Differenzen zeigen wird, die von dessen Ursprung und der Bereitungsweise abhängig sind. Bucheckerölkuchen aus dem Departement der Oise gaben uns nur 4,5 Proc. Asche anstatt 6,2 Proc. Die Farbe dieser Asche war weit dunkler und der Kuchen enthielt nur 17 Proc. phosphorsauren Kalk anstatt 21. Alle anderen Bestandtheile mußten demnach ebenfalls variiren. Will man für einen speciellen Fall eine neue Analyse anstellen, so kann man eine detaillirte Untersuchung ersparen. Die beiden wesentlichen Bestandtheile eines Oelkuchens sind der Stickstoff und die phosphorsauren Salze, die Analyse braucht sich deßhalb nur auf diese beiden Elemente zu erstrecken. Schlüsse und Anwendungen. 7. Wie die vorstehenden Analysen zeigen, haben die verschiedenen Oelkuchen des Handels durchaus keine gleiche Zusammensetzung und enthalten Stickstoff und phosphorsaure Salze nicht in demselben Verhältnisse. Nach der Menge der in ihnen enthaltenen wirksamen Bestandtheile folgen sie in der nachstehenden Reihe auf einander: In Bezug auf den Stickstoff. In Bezug auf die phosphorsauren Salze. Kuchen von Mohn 7,0 Proc. Kuchen von Hanf 7,10 Proc. Hanf 6,20 Sommerreps 6,50 Erdnuß 6,07 Mohn 6,30 Lein 6,00 Lein 4,90 Sasam 5,57 Leindotter 4,20 Leindotter 5,57 Sesam 3,20 Sommerreps 5,55 Bucheckern 2,10 Bucheckern 4,50 Erdnuß 1,20 8. Bei Vergleichung der Oelkuchen unter sich in Bezug auf ihren Gehalt an phosphorsauren Salzen wird man veranlaßt, dieselben in zwei Gruppen zu theilen. Einige Oelkuchensorten sind reich an diesen Salzen, da die Menge derselben 4,20 bis 7,0 Proc. beträgt; zu ihnen gehören die Kuchen von Leindotter, Lein, Mohn, Sommerreps und Hanf. Die anderen enthalten wenig, nämlich nur 1,20–3,20 Proc. phosphorsaure Salze; solche Kuchen sind die von Erdnuß, Bucheckern und Sesam. Dieser Unterschied findet seine natürliche Erklärung in den Bedingungen der Cultur, welche gewöhnlich bei den in Frage stehenden Oelpflanzen angewendet wird. Die Pflanzen der ersten Gruppe werden gewöhnlich in reichlich gedüngtem Boden cultivirt; sie finden demnach in dem Boden eine reichliche Menge von Salzsubstanzen, hauptsächlich von phosphorsauren Salzen, die in großer Menge aufgenommen werden. Für die Pflanzen der zweiten Gruppe verhält es sich anders. Der Sesam wächst gewöhnlich in Aegypten nach dem Getreide und dem Welschkorn auf einem Boden, der keine andere Düngung erhält, als diejenige, welche ihm die periodischen Ueberschwemmungen des Nils zuführen; die Buche, welche die Bucheckern producirt, auf thon-kalkhaltigem Boden. Die Erdnuß endlich wird in der neuen Welt wie am Senegal in einem leichten, sandigen Boden gebaut, welchem man nur sehr selten animalischen Dünger gibt. Es darf daher nicht Wunder nehmen, daß diese drei Pflanzen vergleichungsweise mit den europäischen Oelpflanzen sehr arm an phosphorsauren Salzen sind. 9. Wenn man, gestützt auf unsere Analysen, die Quantitäten dieser verschiedenen Oelkuchensorten erfahren will, die zur Düngung einer Hektare erforderlich sind, als Vergleichungspunkt guten Stalldünger annimmt und sich nur auf die beiden Hauptbestandtheile des Düngers, den Stickstoff und die phosphorsauren Salze beschränkt, so gelangt man zu folgenden Resultaten: In 30,000 Kilogrammen Stalldünger, den man gewöhnlich bei der Wechselwirthschaft anwendet, sind enthalten: 124 Kilogramme Stickstoff, und 81 Kilogramme Knochenerde. Um dieselben Mengen dieser Substanzen mit Anwendung der Oelfuchen zu haben, bedarf es folgender Quantitäten: Fur den Stickstoff Fur die phosphors Salze Kuchen von Hanf 2000 Kil 1140 Kil Lein 2066 1174 Sommerreps 2234 1246 Mohn 1171 1285 Leindotter 2226 1930 Sesam 2226 2531 Bucheckern 2755 3810 Erdnuß 3031 6750 Hauptsächlich wendet man den Sommerrepsölkuchen als Düngemittel an. Im Departement du Nord und in Flandern wendet man 12–1500 Kilogr. auf die Hektare an; in der Ebene von Caen 1200 Kilogr.; in England ungefähr 1000 Kilogr.; das Mittel beträgt demnach 1200 Kilogr. Wenn man diese Zahlen mit denen der vorstehenden Tabelle vergleicht, so findet man, daß diese 1200 Kilogr. Sommerrepskuchen, welche die Praxis für hinreichend für eine Hektare Land erkannt hat, genau dieselbe Menge von phosphorsauren Salzen enthalten, als der Dünger; in dieser Quantität enthält aber dieses Düngemittel ein Drittel weniger Stickstoff. Für die Oelkuchen des Hanfes, Leins und Mohns, welche minder häufig als Düngmittel Anwendung finden, gilt fast das nämliche. Wollte man auf die Theorie gestützt, aus den vorstehenden Thatsachen Schlüsse ziehen, so müßte man sagen: 1. Daß es gleichgültig ist, welche von den vier Oelkuchensorten man anwendet, und daß nur der Preis und die Leichtigkeit, mit der man sich die eine oder die andere Sorte verschaffen kann, über die Wahl entscheidet. 2. Daß der chemischen Zusammensetzung dieser Oelkuchen nach zu urtheilen, sie in der gewöhnlich angewandten Quantität nicht allen Anforderungen, die man an einen bei der Wechselwirthschaft angewandten Dünger macht, entsprechen können, daß dieselben aber wohl geeignet sind, wo es sich darum handelt, Pflanzen zu cultiviren, welche noch in dem nämlichen Jahre eine große Menge von wirksamen Bestandtheilen dem Boden entziehen. So hat auch in der That die Praxis schon seit langer Zeit entschieden. Mathieu de Dombasle spricht sich darauf bezüglich folgendermaßen aus: „Ich habe die Beobachtung gemacht, daß die Kohlrepsölkuchen, in der Menge von 1250 Kilogr. auf die Hektare gebracht, gewöhnlich, vorausgesetzt indeß, daß die Jahreszeit nicht zu trocken ist, eine Wirkung hervorbringen, welche man mit der reinen Stalldüngung von 300 bis 400 Centnern vergleichen kann, im ersten Jahre; die Wirkung der Oelkuchen erstreckt sich nicht weiter.“ „Bei dem gewöhnlichen Preis der Oelkuchen ist es nicht ökonomisch, dieselben zur Düngung der Cerealien anzuwenden; das Getreide müßte denn sehr hoch im Preise stehen. Wenn aber auf eine künstliche Wiese Getreide gesäet worden ist, so ändern sich die Verhältnisse, denn in diesem Falle tragen die Kuchen wesentlich zum Erfolge der Wiese bei, so daß die Oekuchen in der That die Ausbeute mehrerer Ernten vergrößern. Dieselbe Beobachtung läßt sich auch auf mehrere pulverförmige oder flüssige Düngerarten anwenden, deren Wirkung gewöhnlich nur ein Jahr dauert und in dieser Combination auf vortheilhaftere Weise Anwendung finden können.“ Der in der Menge von 2200–2500 Kilogram. auf die Hektare angewendete Sesamölkuchen enthält genau dieselbe Quantität an Stickstoff und phosphorsauren Salzen als der Stalldünger. Diese Substanz ist aber selten auf den nördlichen Märkten anzutreffen. Mit dem in dem Verhältnisse von 2000–2200 Kilogram. auf die Hektare angewendeten Leindotterkuchen verhält es sich eben so; der Preis derselben ist aber nie so hoch, daß diese Kuchensorte nicht angewendet werden kann. Die Erdnuß und die Bucheckern sind arm an phosphorsauren Salzen. Zu einer Quantität an phosphorsauren Salzen, welche der gleich ist, die sich in 30,000 Kilogr. Dünger findet, brauchte man nicht weniger als 6750 Kilogr. Erdnußölkuchen. Da aber andrerseits 3000 Kilogr. dieses Kuchens die verlangte Menge Stickstoff enthalten, so folgt, daß dieser Dünger nur dann mit Nutzen angewendet werden kann, wenn er mit Substanzen gemischt wird, welche reich an phosphorsauren Salzen sind, wie z. B. mit Knochen oder Beinschwarz. Dasselbe läßt sich auch von dem Oelkuchen der Bucheckern sagen, von welchem man 3810 Kilogr. zu der in dem Dünger enthaltenen Menge phosphorsaurer Salze und 2750 Kilogr. nur für die äquivalente Menge Stickstoff bedarf, so daß dieß Verhältniß, in welchem phosphorsaure Erde beigemengt werden müßte, ein niedrigeres wäre, als bei dem Erdnußölkuchen. Die Anwendung des Bucheckerölkuchens ist außerdem minder kostspielig, da sein Preis derselbe wie der Erdnußölkuchen ist, man aber eine geringere Menge braucht. 10. Unter allen bekannten Düngern hat die Poudrette die meiste Aehnlichkeit Mit den Oelkuchen. Wir ermittelten diejenige Quantität, welche zur Ersetzung des Stickstoffes und der phosphorsauren Salze des Mohnkuchens nothwendig ist, und fanden, daß 7000 Kilogr. Poudrette für den ersten, 1100 Kilogr. für den zweiten Fall erforderlich seyen. Um eine Hektare Land zu düngen, braucht man nach Jacquemin 20 Hektoliter Poudrette = 1560 Kilogr.; unseren Versuchen zufolge bedarf man 22 Hektoliter = 1750 Kilogr. Diese 1750 Kilogr. Poudrette enthalten: Stickstoff 31 Kilogr. phosphorsauren Kalk 315 d. h, 93 Kilogr. Stickstoff weniger und 234 Kilogr. phosphorsauren Kalk mehr. Es folgt aus dem Vorstehenden, daß eben so, wie in den Oelkuchen des Sommerrepses, Mohns, Hanfs und Leins, in der Poudrette der Stickstoff mangelt und die phosphorsauren Salze in reichlicher Menge vorhanden sind. Trotzdem ist die Poudrette ein sehr kräftigwirkendes Düngemittel, welches vor den Oelkuchen den Vorzug hat, daß es die stickstoffhaltigen Substanzen in einer in Wasser wenig löslichen Form enthält, so daß dieselben durch den Regen während des Winters und Frühjahres nicht entfernt werden können. Man kann vielleicht den Oelkuchen dieselbe Eigenschaft ertheilen, wenn man unter dieselben eine gewisse Menge Kalk mengt, denn das Pflanzenalbumin und das Pflanzencaseïn, welche in den Kuchen das stickstoffhaltige Princip bilden, gehen mit dem Kalk eine unlösliche Verbindung ein, welche nur sehr langsam fault und nur allmählich das Ammoniak entwickelt, das die Pflanzen absorbiren sollen. Es ist bemerkenswerth, daß die Praxis genau zu demselben Schlusse geführt worden ist. Denn die Landwirthe aus der Ebene von Caen haben gefunden, daß die Oelkuchen ausgezeichnet auf Kalk- oder Kalkmergelboden wirken, auf thonigem Boden aber fast unwirksam sind. Schwerz empfahl seinerseits zu sechs Theilen Oelkuchen einen Theil Kalk zu setzen, wenn thoniger Boden gedüngt werden sollte; denselben Rath hat der eine von uns schon vor mehreren Jahren den Landwirthen der Normandie gegeben. 11. Wenn man zur Bestimmung des vergleichenden Werthes der Oelkuchen nur ihren Stickstoffgehalt berücksichtigt, wie es von Boussingault und Payen geschehen ist, so erhält man Resultate, welche von denen der Praxis durchaus verschieden sind. Der Preis dieser Düngungsmethode auf eine Hektare wird alsdann ein so hoher, daß man diese Düngemittel nicht mehr verwenden kann. Nach dieser Bestimmungsweise erhält man folgende Zahlen: Kilogr. Frank. Cent. Frank. Cent. Kuchen von Mohn 1771 à 12 212 50 Hanf 2000 à 12 50 250 Lein 2066 à 15 50 320 Leindotter 2226 à 12 75 283 80 Sommerreps 2234 à 12 75 284 80 Bucheckern 2755 à 6 165 30 Erdnuß 3031 à 6 181 85 Sesam Preis unbekannt. Mit Ausnahme des Oelkuchens des Mohns, der Bucheckern und der Erdnuß ist der Preis dieser Düngungsmethode niedriger als der mit gewöhnlichem Stalldünger, alle andern sind bei weitem theurer. Diese theoretischen Bestimmungen sind aber so sehr von denen der Praxis entfernt, daß man wohl einsehen kann, daß die Bestimmung von Boussingault und Payen keine genauen Resultate gibt. Und dieß ist in der That leicht zu begreifen, da die genannten Chemiker den phosphorsauren Salzen in den Oelkuchen und in der Poudrette keine Rechnung tragen, obgleich diese Salze so nothwendig zur Vegetation der Cerealien sind. 12. Eine andere Benutzung der Oelkuchen in der Landwirthschaft ist die als Zuschlag zum Viehfutter und zum Mästen der Thiere. Praxis und Theorie sprechen sich einstimmig günstig über die nährenden Eigenschaften dieser Rückstände aus. Es ist auch leicht einzusehen, warum diese Kuchen so nährend sind. Alle ölhaltigen Samen enthalten eine nicht unbedeutende Menge einer stickstoffhaltigen Substanz, die durch ihre Zusammensetzung und ihre Eigenschaften dem Caseïn der Milch gleicht. Der in der Presse zurückbleibende Kuchen enthält die ganze Menge dieser stickstoffhaltigen Substanz, in welcher 16 Proc. Stickstoff enthalten sind; diese Menge entspricht 42 Proc. Fleisch. Neben dieser zur Ernährung so geeigneten Substanz finden sich in dem Oelkuchen 10–12 Proc. fette Substanz, die ohne weiteres assimilirt werden kann, endlich phosphorsaure Erdsalze, welche zum Bau des Knochengerüstes beitragen. Die Physiologie lehrt uns, daß diejenige Nahrungssubstanz, welche zugleich die Elemente der Knochen und die zur Fleischbildung nothwendige stickstoffhaltige Substanz enthält, die zur Ernährung eines erwachsenen Thieres geeignetste ist. Beide Arten von Bestandtheilen finden sich in den Oelkuchen. Außerdem findet sich aber darin auch ein anderer Körper von nicht geringerer Wichtigkeit, nämlich die fette Substanz, welche direct zur Bildung des Fettes, indirect zur Erzeugung der thierischen Wärme bei dem Respirationsacte beiträgt. Aus allen diesen Gründen bilden diese Oelkuchen eines der nützlichsten Nahrungsmittel. Boussingault fand durch die Erfahrung, daß es weit vortheilhafter sey, dem Mastvieh fertig gebildete Fettsubstanzen als solche Nahrungsmittel zu geben, welche erst Fett bilden müssen. So ist der Leinsamen besser als der Leinölkuchen; letzterer wirkt dann besser als die Futterkräuter, wenn es sich darum handelt, schnell und möglichst wohlfeil zu mästen. Jeder erfahrene Landwirth weiß, daß Wurzeln, Mohrrüben, Runkelrüben und Kartoffeln erst dann zur Mästung geeignet sind, wenn man sie mit fetthaltigen Substanzen wie mit Stroh, Getreidekörnern, Kleie, Oelkuchen u. s. w. mengt. Für die Erzeugung der Milch, deren wichtigster und kostbarster Bestandtheil die Butter ist, würde es demnach vortheilhaft seyn, die fetten Nahrungssubstanzen bei der Fütterung der Kuh vorwalten zu lassen. Und in der That vermehrt ein Gemenge von Futterkraut oder Rüben mit Oelkuchen die Milchproduction und erzeugt eine an Butter sehr reiche Milch. Die Benutzung von Oelkuchen hat außerdem den Vortheil, daß man dadurch weniger gutes Futter, das zu arm an fetten Bestandtheilen, oder zum Mästen oder zum Unterhalte von Milchkühen nicht geeignet ist, verbessern kann. Und in den Mißjahren können die Oelkuchen sehr gut die Wurzeln und die Futterkräuter ersetzen. Die Praxis hat indeß nicht diese Theorie abgewartet; denn schon seit langer Zeit hat der Gebrauch, die Oelkuchen zur Ernährung der Milchkühe und des Mastviehes anzuwenden, auf positive Weise die ernährenden Eigenschaften der Oelkuchen gezeigt. Die beste Art und Weise die Oelkuchen zu geben, besteht darin, sie mit warmem Wasser anzuweichen und damit andere Nahrungsmittel, wie Getreidekörner, Repsspreu, Kohl, Kartoffeln, Rüben, Heu, Häcksel, Kleie, Schrot u. s. w. zu digeriren. Die Thiere fressen dieses Gemenge begierig. In Flandern gibt man den Kühen das erwähnte Gemenge in Form eines dicken Breies, der mit Malzwasser zubereitet wird. Da dieses Gemenge sehr schnell sauer wird, so richtet man es nur einige Stunden vor der Fütterung zu. Im Norden Frankreichs gibt man einem Arbeitsochsen oder einem Zugpferde täglich 500 Gram. Leinölkuchen; einem Hammel 280 Gram. Mohnölkuchen und 95 Gram. Leinölkuchen; einer Mastkuh 500 Gram. Leinölkuchen den ersten, 1000 Gram. den zweiten, 1500 Gram. den dritten Monat, außerdem Lein- und Bohnenmehl in derselben Menge. Die Mengung des Futters mit Oelkuchen oder ölhaltigen Samen hat die Viehmast in England, Belgien und im nördlichen Frankreich zu einem Gewerbe gemacht. 14. In der Praxis betrachtet man die Leinölkuchen als die nahrhaftesten. Ihre schleimige Natur, ihre lindernden Eigenschaften und ihr nicht hoher Preis machen sie besonders als Futter für kranke Thiere geeignet. Für Milchkühe werden sie allen anderen Oelkuchen vorgezogen. Die Repsölkuchen nehmen den zweiten Rang ein. Sie werden eben so wie die Rübsenölkuchen zum Futter für brandige Schafe benutzt. Die Oelkuchen des Hanfs und der Bucheckern sind weniger gesucht. In größerer Menge angewendet, hält man sie für schädlich. Sie erzeugen leicht Diarrhöe. Grognier betrachtet den Wallnußölkuchen als den reichhaltigsten. Die Oelkuchen des Sommerrepses, des Rübsens, des Leindotters und des Senfs enthalten das scharfe Princip dieser Pflanzen, das der Verdauungskraft widersteht und sich in den Excrementen dieser Thiere findet. Es hat den Uebelstand dem Dünger eine Schärfe zu ertheilen, die oft ein kleines Fußleiden der in diesem Dünger stehenden Thiere hervorruft. Die Lein-, Hanf-, Mohn- und Erdnußölkuchen bringen dieses Uebel niemals hervor. 15. Wenn wir nun, gestützt auf die chemische Zusammensetzung der Oelkuchen, den Werth derselben als Nahrungsmittel ermitteln wollen und von dem Wiesenheu als Vergleichungspunkt ausgehen, so erhalten wir folgende Resultate. Nach Boussingault beträgt die Ration eines Ochsen 12 Kilogr. trockenes Heu täglich; diese Quantität enthält 138 Gram. Stickstoff, 84 Gram. phosphorsauren Kalk. Um dieselben Quantitäten dieser Substanzen in der täglichen Ration Oelkuchen zu haben, müßte man folgende Mengen geben: Fur den Stickstoff. Fur die phosphors. Salze. Kuchen von Mohn 1,970 Kil. 1,330 Kil. Hanf 2,225 1,183 Lein 2,300 1,710 Sommerreps 2,486 1,300 Sesam 2,477 2,625 Leindotter 2,477 2,000 Erdnuß 2,273 7,000 Bucheckern 3,066 4,000 Nimmt man die auf die Stickstoffmenge basirten Quantitäten an, so bemerkt man, daß bei Anwendung der Oelkuchen des Mohns, Leins, Hanfs, Sommerrepses und Leindotters die Thiere eine weit größere Menge phosphorsaurer Salze erhalten als sie brauchen. Daß die Quantitäten der phosphorsauren Salze in dem Futter zu bedeutend sind, kann von keinem Nachtheil seyn, da der Landwirth sie ja immer in dem Dünger wiederfindet; wohl aber müßte es wünschenswerth seyn, auf experimentellem Wege den Einfluß einer zu geringen Menge dieser Salze auf die Gesundheit des Thieres, wie es bei den Oelkuchen der Bucheckern und besonders der Erdnüsse der Fall ist, zu constatiren. Wenn wir nun vom ökonomischen Standpunkte aus den Nutzen der Anwendung der Oelkuchen zu ermitteln suchen, so erhalten wir folgende Resultate: 12 Kilogr. trockenes Heu und Luzerne, à 46 Fr. die 1000 Kilogr., kosten 50 7/10 Centimes. Die Rationen der Oelkuchen sind alle weit wohlfeiler, wie aus der folgenden Tabelle hervorgeht: Oelkuchen von Lein 346/10 Centimes Leindotter 326/10 Sommerreps 316/10 Hanf 27 Mohn 23 Bucheckern 18 Erdnuß 136/10 Sesam unbekannter Preis In dieser Tabelle zeichnet sich der Oelkuchen aus Bucheckern durch den billigen Preis aus. Dieser Umstand gäbe den praktischen Versuchen ein großes Interesse, die zur Beantwortung der Frage angestellt würden, ob die geringe Menge von phosphorsauren Erden, welche in diesem Oelkuchen enthalten ist, ohne nachtheiligen Einfluß auf die Ernährung der Thiere bleibt. Wäre dieser Punkt außer allem Zweifel, so gewönne der Erdnußölkuchen eine Bedeutung, welche ihm bis jetzt verweigert wird. Es ist noch zu bemerken, daß der Zusatz von Kochsalz zu dem Oelkuchen immer vortheilhaft seyn wird; er ist bei der Anwendung der Erdnußölkuchen selbst unerläßlich, da die Thiere dieselben wegen des faden Geschmackes zu fressen verweigern, während sie ihn, nachdem er gesalzen worden ist, eben so gern wie jeden anderen Oelkuchen verzehren. 16. Die Quantitäten Oelkuchen, die einem Thier gegeben werden müssen, sind nach einigen Oekonomen weit größer als die von uns angegebenen. So gibt Mathieu de Dombasle die tägliche Ration von Leinölkuchen zu 6 Kilogr. 840 Gram.,Block zu 5 Kil.; Bouscaren zu 6 Kilogr. an; Perrault benutzt 5 Kilogr. 320 Gramme Sommerrepsölkuchen. Bouscaren ist der einzige, der speciell angibt, daß er die Thiere nur mit Oelkuchen ernährt habe. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die anderen unter denselben Bedingungen experimentirten; dadurch wurden sie ohne Zweifel veranlaßt, die Mengen der Oelkuchen so zu steigern. Denn ein Herbivore, dessen Magen eine so große Capacität hat, kann nicht ohne Beschwerde mit einer Substanz genährt werden, welche die nährenden Bestandtheile in einem so kleinen Volumen enthält; daraus folgt die Nothwendigkeit, die Masse der Nahrungsmittel zu vermehren, daraus resultirt ohne Zweifel auch, daß ein Theil der Nahrungssubstanz unverändert fortgeht. In den südlichen Ländern, in welchen Futter, Milch und Fleisch gleich theuer und selten sind, wo man nicht selten die größte Mühe hat, die Wolle tragenden Thiere vom Hungertode zu retten, hat der ausschließliche Gebrauch von Oelkuchen wesentliche Dienste geleistet. In den nördlichen Ländern dagegen, wo es an Weiden nicht fehlt, würden die ausschließlich mit Oelkuchen gefütterten Thiere ohne Käufer bleiben. Denn diese Fütterung gibt schlechtes Fleisch, ölartiges Fett, unangenehme Milch und eine sehr dünnflüssige Butter. Man muß deßhalb die Oelkuchen nur in begränzten Verhältnissen mit anderem trockenen oder frischen Futter gemischt anwenden und die Benutzung in den letzten Perioden des Mästens einstellen, damit das Fleisch der Thiere keinen fremden Geschmack beibehalte. Mit Vorsicht gebraucht, können daher die Oelkuchen beitragen zur Ernährung des Zugviehes, zur Unterhaltung der Milchsecretion und zur Mästung. Abgesehen von der Wichtigkeit der Oelkuchen als Nahrungssubstanz kann man dieselben unter gewissen Umständen als Dünger benutzen, und es ist zu wünschen, daß ihr Verbrauch immer allgemeiner würde und daß unsere Landwirthe das Beispiel der Engländer und Belgier befolgten, welche dem Boden Frankreichs jährlich eine ungeheure Quantität dieser Substanzen entziehen.