Titel: Dampfbremse für Locomotiven; von dem belgischen Civil-Ingenieur G. Maughan.
Fundstelle: Band 121, Jahrgang 1851, Nr. LIX., S. 264
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LIX. Dampfbremse für Locomotiven; von dem belgischen Civil-Ingenieur G. Maughan. Aus dem Bulletin du Musée de l'Industrie, März 1851, S. 129. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Maughan's Dampfbremse für Locomotiven. Die Fig. 13 und 14 stellen die neue Bremse in theilweiser Seitenansicht und im verticalen Querdurchschnitte nach einer durch die Mitte zwischen den beiden Triebräderpaaren gehenden Ebene dar. Das ganze System besteht darin, daß man an einem passenden Theil des Kessels K einen Dampfcylinder a von sechs bis acht Zoll Durchmesser anbringt, dessen Kolbenstange mit den Enden zweier zweiarmigen Hebel b, b verbunden ist, welche die Bremsschuhe aufnehmen. Der Cylinder a steht mittelst einer Röhre e mit dem Dampfraume des Kessels in Verbindung, und diese Röhre ist mit einem Hahn versehen, den der Locomotiveführer von seinem Standpunkt aus zu bewegen im Stande ist. Wenn der Dampf in den Cylinder dringt, so hebt er den Kolben und folglich auch die beiden Hebel b, b, so daß die Bremsschuhe c, c auf die Schienen niedergehen und dieser Druck steigt nach und nach, bis die Dampfspannung im Cylinder gleich derjenigen im Kessel ist. Hat der Kolben das Ende seines aufwärtsgehenden Laufs erreicht, so ist der Druck auf die Schienen gleich der Kolbenfläche multiplicirt mit dem Dampfdrucke pro Quadrateinheit und mit dem Umsetzungsverhältnisse der Hebel. Diese Kraft hört sogleich zu wirken auf, wenn man den in dem Cylinder enthaltenen Dampf ausströmen läßt, nachdem man die Verbindung zwischen demselben und dem Kessel durch Verschluß des Hahns unterbrochen hat. Es muß auch noch bemerkt werden, daß die durch diese Bremse hervorgebrachte Wirkung nach Belieben langsam, schnell, ja augenblicklich seyn kann, indem es zu dem Ende hinreichend ist, das Einströmen des Dampfes in den Cylinder zu mäßigen, oder den an der Dampfröhre angebrachten Hahn augenblicklich zu öffnen. Das neue Bremssystem ist bereits an einer Locomotive angebracht, welche auf der Eisenbahn von Mons nach Manage im Betriebe steht. Es haben sich dabei nachstehende Vortheile herausgestellt: 1. Im Fall einer Gefahr kann die Bremse augenblicklich wirken, da sie von dem Locomotiveführer regiert wird, der fast stets der erste ist, welcher die Ursachen wahrnimmt, die ein Hemmen des Bahnzuges bedingen. 2. Die Elasticität des Dampfes, welcher wie eine Feder wirkt und daher die Stöße an den Schienenfugen, Kreuzungen, Weichen etc. vermindert, indem sich die beiden Bremsschuhe heben können, sobald der Widerstand größer wird als die auf die Bremsen wirkende Kraft. 3. Einer der wesentlichsten Vortheile dieser Bremse besteht in der Ersparung, die sie veranlaßt. Bei Anwendung dieses neuen Systems erspart man nämlich: 1) einen Bremswaggon, der ungefähr kostet 5500 Franken, 2) jährliche Reparaturen an den Rädern, etwa 400 3) einen Bremser, der jährlich Lohn erhält 1000 Durch das Wegbleiben des Bremswaggons wird der Zug um etwa 5000 Kilogr. erleichtert und dadurch an Betriebskosten (Zugkraft) erspart. Die Unterhaltungskosten der Dampfbremse sind nur gering, weil die Bremsplatten die einzigen Gegenstände sind, welche Abnutzung erleiden, indem sie unmittelbar auf die Schienen einwirken. Da nun diese Platten aus alten Radreifen geschmiedet oder sogleich aus Stahl angefertigt werden können, so sind die Kosten im Allgemeinen unbedeutend Bei dem jetzt gebräuchlichen Bremssysteme werden die Tenderräder sehr rasch abgenutzt und müssen häufig ausgewechselt werden, welches bei einem Räderpaare 400 Franken, oder bei sechsräderigen Tendern 1200 Fr. kostet. Bei dem hier vorgeschlagenen Bremssysteme ist es aber ganz unnöthig, die Räder auf den Schienen schleifen zu lassen. Man stellte unter anderen auch einen Versuch mit den neuen Bremsen auf einer Rampe an, deren Neigung 0,01 per Meter beträgt und welche eine Länge von 5000 bis 6000 Meter hat. Um die Geschwindigkeit des abwärtsfahrenden, aus 40 Waggons bestehenden Zuges zu reguliren, brauchte man einen einzigen Bremswagen (Personenwagen mit Bremse) und die Dampfbremse, während bei dem gewöhnlichen Betriebe zwei Bremswagen und die Bremsen des Tenders erforderlich waren. Es sind also in letzterem Falle vierzehn Räder einer schnellen Abnutzung ausgesetzt, während bei dem neuen Bremssysteme nur vier Räder auf den Schienen schleiften. Dieser Versuch allein würde daher für die neue Art des Bremsens sprechen, wenn nicht ihre Vorzüge schon anderweitig erwiesen worden wären. Während man durch Wegbleiben eines Bremswagens und des Bremsers jährlich 2000 Fr. erspart, kostet die Anbringung einer Dampfbremse nur ungefähr ein Drittel dieser Summe.

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