Titel: Reise-Notizen; von Karl Karmarsch.
Fundstelle: Band 123, Jahrgang 1852, Nr. LXXIX., S. 418
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LXXIX. Reise-Notizen; von Karl Karmarsch. Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1851, Lief. 63. Mit Abbildungen auf Tab. VI. (Schluß von Seite 357 des vorhergehenden Heftes.) Karmarsch's Reise-Notizen. 8. Ueber Verfertigung der Stahlfedern (stählernen Schreibfedern.) (Hierzu Fig. 16 bis 24 auf Tafel VI.) Ueber die Fabrication der Stahlfedern, obschon sie gegenwärtig einen sehr bedeutenden Industriezweig, namentlich in Birmingham, bildetFolgende Betrachtung und annähernde Berechnung mag einen Begriff von der erstaunlichen Größe dieser Fabrication geben. In Hunt's Handbook to the official Catalogues of the great Exhibiton wird die in England jährlich in Schreibfedern wirklich umgewandelte Menge Stahl auf ungefähr 150 Tons = 325,770 köln. Pfund geschätzt. Auf 1 Pfd. kann man, meinen Wägungen zufolge, durchschnittlich 1500 Stück Federn rechnen, was also eine jährliche Production = 488,655,000 Stück ergäbe. Die größte Fabrik in Birmingham, jene von Joseph Gillott, hat i. J. 1842 allein 70,612,000 Stück verfertigt, im J. 1843 schon 105,125,493 Stück, und gegenwärtig wird ihr jährliches Erzeugniß auf 180 Millionen Stück angegeben, dazu sind etwas über 500 Personen (worunter 400 Mädchen) fortwährend beschäftigt. Nach diesem Verhältnisse berechnet, würde das Personal zur Fabrication obiger 488,655,000 Stück an 1400 Köpfe betragen; wahrscheinlich ist es aber größer, da nach der raschen Erweiterung von Gillott's Fabrik angenommen werden darf, daß jährlich in der That bedeutend über 489 Millionen Federn producirt werden., ist durch Druckschriften äußerst wenig bekannt. Ure gibt in seinem Dictionary of Arts, Manufactures and Mines (Artikel Steelpens) nur eine sehr kurze und oberflächliche Notiz, welche aus Barlow's Treatise on the Manufactures and Machinery of Great Britain geschöpft ist. C. Hartmann beschreibt in seinem Encyklopädischen Wörterbuche der Technologie, Bd. II, Augsburg 1839, S. 594–595, eine Anfertigungsart der Stahlfedern, welche mit der in England jetzt gebräuchlichen nichts gemein hat und im Vergleich mit derselben sehr unvollkommen ist. Das von Neukrantz herausgegebene Berliner Gewerbe-, Industrie- und Handelsblatt brachte vor mehreren Jahren (im 10ten Bande, 1844, S. 175) einen Aufsatz von H. Weigert jun. in Berlin, welcher weit lehrreicher ist, aber ungeachtet eines sehr wesentlichen Zusatzes der Redaction, doch Vieles unberührt läßt und selbst Einiges enthält, was auf Mißverständniß zu beruhen scheint. Endlich findet sich in Dingler's polytechn. Journal (Jahrg. 1844, Bd. XCIV S. 260) die aus dem Repertory of Patent-Inventions übersetzte Beschreibung einiger die Stahlfedernfabrication angehenden Erfindungen, für welche Hincks, Wells und Finnemore zu Birmingham am 4. Januar 1844 ein Patent erhalten haben. Andere nennenswerthe Nachrichten über den in Rede stehenden Industriezweig sind mir nicht bekannt; und so mag der Umstand, daß die vorliegenden den Gegenstand nicht entfernt erschöpfen, mich entschuldigen, wenn ich meinerseits Notizen mittheile, welche zwar für sich genommen eben so wenig vollständig sind, aber theils bestätigend, theils ergänzend und selbst einigermaßen berichtigend auftreten können. Ich benutze dabei, außer meinen eigenen Wahrnehmungen, einen kurzen aber authentischen Artikel aus einer auf Veranlassung der Londoner Industrie-Ausstellung erschienenen, die Birminghamer Fabriken betreffenden Gelegenheitsschrift, welche mir von dem Verfasser – Hrn. W. C. Aitken in Birmingham – mitgetheilt wurde.Ich kann obige Worte nicht niederschreiben, ohne den Ausdruck der lebhaftesten Erkenntlichkeit hinzuzufügen für die außerordentlich freundliche und entgegenkommende Art, in welcher Hr. Aitken – einsichtsvoller und höchst gewandter Dirigent der großen Metallfabrik von R. W. Winfield – nach meiner und Anderer Erfahrung fremde Besucher aufnimmt, die in der Absicht sich zu unterrichten nach Birmingham kommen. Die mir namentlich bekannten Stahlfedernfabriken Birminghams (außer welchen es noch viele andere gibt) sind sieben an der Zahl, und ihre Firmen: Joseph Gillott, – William Mitchell, – John Mitchell, – Mason and Elkington, A. Kell and Comp., – M. Myers and Son. – Hincks, Wells and Comp. Die letztgenannte Fabrik, in welche ich Zutritt erhielt, ist von ansehnlichem Umfange und beschäftigt wenigstens ein Paar Hundert Personen. Als ich dieselbe besichtigte, ist es mir gegangen, wie wahrscheinlich Hrn. Weigert auch: ich hatte nicht Gelegenheit, alle Arbeiten vollständig und in der natürlichen Ordnung, wie sie beim Gange der Fabrication auf einander folgen, zu sehen. Mehreres mußte daher errathen oder aus den gesammelten Proben abgeleitet werden; und so blieb manche Lücke und manche Ungewißheit, welche man mir nachsehen wird. Das Material zu den Federn ist raffinirter Cementstahl; Gußstahl soll dazu nicht tauglich seyn, was seinen Grund darin haben mag, daß derselbe beim Härten eine zu große, hier gerade besonders übel angebrachte Sprödigkeit annimmt.Hincks, Wells und Finnemore haben sich (s. Dingler's polytechn. Journal Bd. XCIV S. 260) das Verfahren patentiren lassen, die zu den Federn dienenden kleinen Blättchen aus Eisenblech zu schneiden und hiernach durch Einsetzen (Glühen zwischen Kohlenpulver) erst in Stahl zu verwandeln. Ich weiß nicht, ob diese Methode wirklich in Ausübung ist, halte mich aber überzeugt, daß sie gute Federn nicht liefern kann, da das eingesetzte und nicht weiter bearbeitete Eisen jedenfalls zu brüchig seyn muß. Der Stahl wird in 3 bis 5 Fuß langen und 2 bis 3 Fuß breiten Blechtafeln aus Sheffield bezogen; man zerschneidet diese Tafeln in Streifen, befreit sie durch Abbeizen von Zunder, und walzt sie zu der erforderlichen geringen Dicke aus, welche für die gewöhnlichsten Federngattungen den 120sten bis 100sten Theil eines hannoverschen Zolls, für einige starke Sorten noch etwas mehr beträgt. Ich sah einen eigenen Apparat, womit man das Blech auf feine Dicke untersucht, und auf die gleiche Stärke an verschiedenen Stellen der Tafeln prüft. Fig. 16 ist eine flüchtig und nur aus dem Gedächtnisse entworfene Skizze hiervon. a, a bezeichnet den senkrechten Durchschnitt eines Tischblattes, durch dessen Oeffnung eine stählerne Walze oder Scheibe b – von etwa 2 1/2 Zoll Durchmesser und ein Achtelzoll Dicke oder Breite – oben ganz wenig hervorragt. Eine gleiche Scheibe c ist in einer Gabel an dem krummen, um d drehbaren, eisernen Hebel d, e, f angebracht, der mit dem Ende f gegen den kurzen Arm des Fühlhebels g, h wirkt. Letzterer bildet in h den Zeiger auf einem Gradbogen. i bedeutet eine Gabel, welche den großen Hebel bei feinem Auf- und Niedersteigen leitet und ihn von Seitenschwankungen abhält; k eine Feder für den Fühlhebel g, h, wodurch derselbe in steter Berührung mit l gehalten wird. Der Hebel d, e, f sinkt vermöge seines eigenen Gewichts bis zur Berührung der Scheibe c mit b oder mit einem zwischen beiden Scheiben eingebrachten Gegenstande. Die Prüfung des Blechs geschieht, indem man dasselbe zwischen den Scheiben durchschiebt. Ich fand den Apparat in verschiedenem Maaßstabe ausgeführt; bei dem größten Exemplare hatte der Hebel d, e, f ungefähr 2 Fuß Länge und wohl 3 bis 4 Zoll Breite oder Höhe. Da die Scheibe c etwa t Fuß weit vom Drehpunkte d des Hebels entfernt ist und nur dünne Bleche gemessen werden, so ist die bei verschiedenen Blechdicken unvermeidlich erfolgende Schiefstellung der oberen Scheibe so gering, daß sie vernachlässigt werden kann. Dagegen wird die größte Sorge zu tragen seyn, daß die beiden Scheiben aufs Genaueste rund gedreht sind und auch ganz richtig rund laufen. Nachdem die dünnen Stahlblechstreifen in einer Breite von etwas weniger als der doppelten Länge der daraus herzustellenden Federn vorgerichtet sind, folgen die einzelnen Operationen in nachstehender Ordnung auf einander: 1) Das Ausschneiden. – Blättchen (blanks oder flats genannt), von der Gestalt und Größe, wie sie zur Anfertigung der Federn nöthig ist, werden aus dem Bleche in solcher Weise geschnitten, daß von letzterem möglichst wenig in Abfall kommt. Man bildet deßhalb aus einem Blechstreifen zwei Reihen Blättchen, mit den Spitzen gegen einander gewendet und zwischen einander hineingreifend. Eine Probe des hiernach übrig bleibenden Bleches ist in Fig. 17 abgebildet; eine zweite von Federn anderer Form, in Fig. 18 (beide in der wirklichen Größe und mit den zufälligen Ungenauigkeiten copirt, weßhalb in Fig. 17 die Oeffnungen ein wenig schief gegen den geraden Blechrand stehen, und in Fig. 18 die Spitzen der einen Reihe nicht völlig in der Mitte zwischen den Spitzen der andern Reihe liegen). 1 und 2 in diesen beiden Zeichnungen geben die Gestalt sowohl der herausgeschnittenen Blättchen als der davon entstandenen Oeffnungen an; diese beiden Formen kehren in Fig. 21, 22, 24 auf einer vorgerückten Stufe der Bearbeitung wieder, dagegen zeigen Fig. 19, 20 zwei andere Formen unmittelbar nach dem Ausschneiden, und Fig. 23 ist wieder eine verschiedene Form, an der schon die Wirkung einer späteren Operation sichtbar wird. Fig. 19 ist das Blättchen zu einer Rohrfeder (barrel pen), dessen oberer breiter Theil später zu einem cylindrischen Rohre (darre!) zusammengerollt wird, damit man einen Stiel von Holz hineinstecken kann. Ungeachtet der sparsamsten Benutzung des Bleches ist doch der Antheil desselben, welcher in sogenannten Schroten (wie Fig. 17, 18) zurückbleibt, nicht unbeträchtlich; nach genauen vergleichenden Wägungen beläuft er sich bei Fig. 17 auf 41 Proc., bei Fig. 18 auf 25 Proc., so daß man aus 101) Pfd. Blech im ersteren Falle nur 59, im letzteren Falle 75 Pfd. Blättchen oder Federn bekommt. Die Maschine zum Ausschneiden ist ein sogenannter Durchstoß von bekannter Bauart, mit startsteigender Schraube (zweifachem Gewinde) und einem oben an letzterer befestigten Schwengel mit zwei Schwungkugeln. Der hierin gebrauchte Stempel und dessen Matrize mit dazu passender Oeffnung haben eine Beschaffenheit, welche sich errathen läßt, wenn man den bei so vielen anderen Gelegenheiten in der Blechverarbeitung gebräuchlichen Durchstoß (Durchschnitt) und seine Wirkungsweise kennt. Jeder Stoß schneidet zwei oder sogar mehrere Blättchen auf einmal aus; daher ist Weigert's Schätzung, daß das die kleine Maschine bedienende Mädchen in einer Minute an 300 Stück liefern könne, nicht übertrieben. 2) Das Durchlöchern und Einschlitzen. – Die jetzt gebräuchlichen Stahlfedern enthalten der Regel nach im Schnabel (siehe Fig. 21, 22, 23) ein längliches Loch a und ein Paar Seitenspalte b, c, b, c, welche letztere vom Rande anfangend, auf eine größere oder geringere Tiefe hineinreichen. Hierdurch wird die Steifheit der Feder gemildert und sie an Biegsamkeit und Elasticität einer Gänsefeder näher gebracht, obschon ihre Breite groß genug bleibt, um die nöthige Menge Tinte zu fassen. Perry, der (im J. 1830) diese wesentliche Verbesserung erfand, hat gerade dadurch die allgemeine Anwendung der Stahlfedern möglich gemacht, deren dieselben gegenwärtig sich erfreuen. Das Loch und die zwei Schlitze oder Seitenspalte werden gleichzeitig in Einer Operation hervorgebracht. Die dazu dienliche Maschine ist jener zum Ausschneiden (1ste Operation) im Allgemeinen gleich; nur wird jetzt jedes Blättchen einzeln behandelt, wobei dessen nöthige Lage dadurch erreicht und gesichert wird, daß man es mit dem Schnabel e, d, e in den gleichgestalteten Winkelausschnitt einer auf der Matrize angebrachten Erhöhung einschiebt. Der Oberstempel dieses zweiten Durchschnittes hat in zweierlei Weise zu wirken: zur Bildung des Loches nämlich muß er ein entsprechendes kleines Stückchen Stahl herausstoßen, was mittelst eines gleichen Loches in der Matrize auf die gewöhnliche und hier keiner Erklärung bedürftigen Art geschieht; die Seitenspalte aber sind Schnitte, welche eine Trennung des Metalls bewirken, ohne das mindeste Theilchen davon wegzunehmen. Für diesen letzteren Zweck müssen demnach Oberstempel und Matrize völlig nach Art der beiden Blätter einer Schere zusammenwirken. Es wird dieß erreicht, indem für jeden der beiden Spalte auf dem Oberstempel eine kleine Erhöhung angebracht ist, deren nach der Linie bc laufende rechtwinkelige Kante sowohl über b als c noch etwas hinausragt, d.h. länger ist als der zu machende Schnitt, zugleich aber nicht in einer horizontalen Ebene liegt, sondern von c nach b ganz wenig ansteigt. Auf der horizontalen Fläche der Matrize befindet sich ein Ausschnitt, dessen rechtwinkelige Kante gleichfalls nach der Linie bc gerichtet ist, so daß an ihr beim Niedergange des Oberstempels die Kante des letzteren mit genauester Berührung vorbeistreift. Vermöge der erwähnten geneigten Lage der Schneiden am Oberstempel fängt die Bildung des Schnittes am Rande des Stahlblättchens in c an, und setzt sich – gerade wie beim Einschneiden mit einer gewöhnlichen Schere der Fall seyn würde – von hier bis b fort. Die beiden außerhalb der Schnittlinie bc liegenden Flügel bce werden hierbei ein wenig aus der Ebene des Plättchens heraus nach unten gebogen, was aber bei der ferneren Bearbeitung nicht hinderlich ist, namentlich beim Hohlbiegen der Feder von selbst sich verliert. Es gibt auch Federn, welche statt der Seitenspalte wirkliche offene (wiewohl sehr schmale) Schlitze enthalten: Fig. 24 zeigt ein Beispiel dieser Art. Da solche Schlitze durch Herausstoßen eines Streifchens entstehen, wie das ringsum begränzte Loch in der Mitte, so ist die Einrichtung des Oberstempels und der Matrize hierzu mit jener für das Mittelloch übereinstimmend. 3) Das Ausglühen (annealing). – Um die so weit in der Bearbeitung fortgeschrittenen Blättchen recht weich und für die nächstfolgenden zwei Operationen geschmeidig zu machen, werden sie jetzt – eine sehr große Anzahl zusammen – in einer Muffel schwach rothglühend gemacht und dem langsamen Erkalten überlassen; sie laufen dabei, durch Bildung einer geringen Menge Oxyd auf ihren Oberflächen, schwärzlich an. 4) Das Prägen (stamping). – Der Name der Fabrik, die Benennung der Federn-Sorte, wohl auch eine Zeichnung (z.B. eine kleine Napoleons-Figur, wie ich in einem Falle sah), wird nun aufgeprägt oder gestampft, wozu das Blättchen einen kurzen, aber kräftigen Stoß zwischen einem Relief-Oberstempel und einem, durch Abdruck desselben entstandenen, vertieften Unterstempel zu erleiden hat. Zum richtigen Auflegen auf den letzteren dient wieder die schon bei der zweiten Operation beschriebene Einrichtung; allein die Prägmaschine wirkt nicht mittelst einer Schraube, sondern ist ein kleines, auf dem Arbeitstische stehendes Fallwerk, worin der Oberstempel an einem schweren Eisenkörper befestigt ist, welcher durch Schnur, Hebel und Fußtritt gehoben, dann zur Ausübung des Stoßes dem Niederfallen überlassen wird. – In Ansehung der Fabrik-Firmen mag bemerkt werden, daß die Birminghamer Fabriken durchaus nicht darauf bestehen, ihr Product mit ihrem eigenen Namen versehen in die Welt zu schicken, sondern gerne bereit sind, jenen des Bestellers aufzuprägen, wornach man denn in Birmingham Federn mit deutschen, belgischen und anderen Personen- und Ortsnamen machen sieht; ein Umstand, welcher erkennen läßt, was man von angeblichen Stahlfedern-Fabriken außerhalb Englands in der Regel zu halten hat. Das Hohlbiegen. – Bis zu diesem Zeitpunkte waren die Blättchen immer noch flach. Die rinnenartige (fast oder völlig halbcylindrische) Biegung wird ihnen nach dem Prägen in einer kleinen Schraubenpresse gegeben, welche im Allgemeinen der Construction einem Durchschnitte oder einer starken Siegelpresse gleicht, aber einen halbcylindrisch convex gerundeten Oberstempel und eine Matrize oder einen Unterstempel mit entsprechender halbcylindrischer Vertiefung enthält. In letztere wird ein Blättchen nach dem andern horizontal eingeschoben, wornach man auf jedes durch eine rasche Wendung der Schraubenspindel einen Stoß mit dem Oberstempel gibt. Diese Arbeit erfordert wenig Kraft und geht daher sehr schnell von statten. – Soll die Feder ein Rohr zum Einstecken eines hölzernen Stiels bekommen, so findet das Rollen desselben auch in diesem Zeitpunkte der Fabrication statt. Das für diesen Fall wie Fig. 19 gestaltete Blättchen erlangt durch denselben Stoß, welcher dem übrigen Theile die rinnenartige Gestalt gibt, auch an seinem obern breiten Theile m, n, p, o den Anfang der Biegung, wodurch die Form U herauskommt, nämlich die Seitentheile des Bleches fast parallel in die Höhe gerichtet werden; dann aber wendet man, um die Kreisbiegung zu vollenden und die Ränder m, o, n, p an einander zu schließen, eine zweite Presse an, in welcher der Oberstempel eben sowohl wie der Unterstempel eine halbcylindrische Vertiefung enthält, so daß die Aushöhlung des Oberstempels die gedachten Ränder nach innen und gegen einander treibt, und schließlich aus den Linien mn und op richtige Kreise entstehen. 6) Das Härten. – Die Federn – welche nun, den Hauptspalt abgerechnet, rücksichtlich ihrer Gestalt gänzlich vollendet sind, werden gehärtet, indem man eine große Menge derselben auf einmal in flachen Eisenblechgefäßen unter einer Muffel rothglühend macht, und dann schnell in ein Gefäß voll Oel ausschüttet. Diese Arbeit erfordert, wie leicht zu erachten, bei so zarten und kleinen Gegenständen eine große Gewandtheit und Behutsamkeit, in deren Ermangelung die Federn durch das Glühen leicht verbrannt und gänzlich verdorben werden könnten. (Vom Härten spricht, auffallender Weise, Weigert gar nicht, oder er scheint es vielmehr mit dem schließlichen Firnissen – siehe unten – verwechselt zu haben, wodurch seine Nachricht in dieser Beziehung ganz undeutlich wird.) 7) Das Entfetten. – Das den Federn nach dem Härten anhängende Oel wird dadurch beseitigt, daß man dieselben in einem um seine Achse gedrehten eisenblechernen Cylinder anhaltend schüttelt (ohne Zweifel mit Zusatz von Sägespänen oder feinem trockenem Sande). 8) Das Scheuern (scouring). – Sodann folgt das Blankscheuern, wodurch die vom Ausglühen (3te Operation) entstandene und beim Härten (6te Operation) vermehrte Oxydkruste weggeschafft, die reine Farbe des Stahls zum Vorschein gebracht wird. Man bedient sich hierzu ebenfalls eines um seine Achse gedrehten Cylinders, in welchen die Federn nebst feinem scharfem Sande, zerstoßenen Schmelztiegelscherben und dergl. eingefüllt und wohl 3 bis 4 Stunden lang bearbeitet werden. Um hierbei das Durcheinanderrütteln der Federn mit dem Scheuermaterial gehörig zu bewirken, wird es nöthig seyn, im Innern des Cylinders rundherum Längenrippen oder eine ähnliche Vorrichtung anzubringen. Barlow gibt an, daß der Cylinder (der 3 Fuß Länge und 9 Zoll Durchmesser habe) an seinen beiden Enden an Krummzapfen aufgehangen sey, durch deren Drehung er wechselweise gehoben, gesenkt, vor- und rückwärts geschoben werde. Die Thür zum Füllen und Entleeren des Cylinders ist in der Mitte seiner Länge. – Ich selbst habe den Scheuerapparat nicht zu sehen bekommen. 9) Das Schleifen (grinding). – Um die Spitze nöthigenfalls zu berichtigen, hauptsächlich aber um dem Schnabel eine größere Biegsamkeit zu verleihen, wird nun jede Feder einzeln vorgenommen und einige Augenblicke an eine rasch umlaufende Schmirgelscheibe gehalten. Dieses Anhalten erfolgt in solcher Weise, daß auf der äußern (convexen) Seite des Schnabels zuerst feine Schleifstriche nach der Länge, dann theilweise dergleichen in die Quere entstehen, wie man an den käuflichen Federn sehen kann. Durch dieses Abschleifen wird der vorderste Theil der Feder etwas dünner, folglich biegsamer. 10) Das Anlassen. – Sehr oft kommen die Stahlfedern blau oder gelb angelaufen in den Handel. Diese Farben ruft man durch Erhitzen hervor, indem man eine große Menge Federn in einen eisernen Cylinder gibt, der dann wie eine große Kaffeetrommel über Holzkohlen feuer um seine Achse gedreht wird, bis die gewünschte Farbe erscheint. Diese Behandlung mildert zugleich die Sprödigkeit der Federn. Ich bin ungewiß, ob die nicht angelaufenen (mit natürlicher Stahlfarbe in den Handel gebrachten) Federn überhaupt nicht angelassen werden, oder ob man sie anläßt und nachher noch einmal blank scheuert; vermuthlich schlägt man bald das eine, bald das andere Verfahren ein, das letztgenannte ist jedenfalls das bessere. 11) Das Spalten (slitting). – Jetzt erst wird der Hauptspalt gebildet, welcher von der Spitze d (Fig. 21, 22, 23) bis in das Loch a sich erstreckt. Weigert hat den Zeitpunkt, wo man den Spalt macht, unrichtig aufgefaßt und zu früh gesetzt; ich kann wenigstens nicht glauben, daß es Fabriken gebe, welche das Spalten vor dem Schleifen und Härten stattfinden lassen. Es ist nach meiner Ueberzeugung höchst wesentlich, daß die ganze Bearbeitung vorgenommen werde, während die Feder noch ungespalten ist, denn im entgegengesetzten Falle würden nicht nur Beschädigungen weit leichter eintreten, sondern auch ein Verziehen der zwei Spitzentheile beim Härten zu fürchten seyn, wogegen keine genügende Abhülfe vorläge. Die zum Spalten dienende Maschine (slitter genannt) ist wieder nach Art des Durchschnitts oder der Stoßpresse in den Operationen 1, 2, 5 gebaut, wirkt nämlich ebenfalls mittelst einer an ihrem Schwengel umgedrehten Schraube mit stark steigendem Gewinde. Stempel und Matrize sind in Einrichtung und Wirkungsart wesentlich übereinstimmend mit denjenigen Theilen, welche in der 2ten Operation die Seitenspalte der Federn erzeugen. Der Redacteur des Berliner Gewerbeblattes hat über diesen Punkt eine sehr treffende Anmerkung zu Weigert's Aufsatz gemacht. Ich beobachtete, daß die gespaltenen Spitzen völlig unverbogen aus der Maschine hervorgehen; die Elasticität der Federn (welche ja nun gehärtet sind, weßhalb der Fall nicht mit dem bei Bildung der Seitenspalte in Operation 2 zu vergleichen ist) reicht nämlich hin zu bewirken, daß die beim Spaltungsproceß niedergedrückte Hälfte des Schnabels von selbst sich wieder aufrichtet und mit der andern Hälfte gleichstellt, wie man sich durch einen einfachen Versuch mit einer käuflichen Feder überzeugen kann. 12) Das Firnissen oder Lackiren. – Manche Sorten Stahlfedern (gewiß nicht alle, wahrscheinlich nicht einmal die meisten) werden zur Verschönerung, namentlich zur Erhöhung des Glanzes, wohl auch um das Rosten zu erschweren, mit einem Firnisse überzogen. Ich kann darüber nichts anführen, als was Aitken ganz kurz bemerkt. Er sagt, man gebrauche eine Auflösung von Schellack (lac) in Naphtha, welcher letztere Ausdruck wohl ohne Zweifel „Holzgeist“ bezeichnen soll, da dieses eine dem Weingeist ähnliche, in England statt des letztern viel gebrauchte, und zur Auslösung des Schellacks geeignete Flüssigkeit ist. Durch Erwärmung wird der Firniß auf den Federn getrocknet. Die Fabrication der Stahlfedern ist, wie man aus vorstehender kurzer Darstellung ersieht, aus einer ziemlichen Anzahl auf einander folgender Operationen zusammengesetzt, wodurch sie bei dem nöthigen bedeutenden Umfange eines derartigen Geschäfts eine große Menge Maschinen und arbeitende Personen in Anspruch nimmt. Um in diesen beiden Beziehungen zu sparen und die Fabrication zu beschleunigen, haben Hincks und Wells in Birmingham Maschinen entworfen, welche selbstthätig wirken, also der Menschenhand gar nicht oder nur zum Vorlegen des Materials bedürfen (siehe polytechnisches Journal Bd. XCIV S. 261–263), zum Theil auch mehrere der zur Federnbildung nöthigen Operationen in unmittelbarer Aufeinanderfolge verrichten. Namentlich sollte letzteres bei einer Maschine der Fall seyn, welche in einem von ihr selbst schrittweise eingezogenen Blechstreifen die Fabrik-Firma prägt, das Mittelloch durchstößt, die Seitenspalte einschneidet, endlich nach diesen Vorbereitungen die Blättchen ausschneidet. Eine andere selbstthätige Maschine wurde zum Hohlbiegen der Federn bestimmt. Ungeachtet es gerade die Fabrik der genannten Herren war, welche ich besichtigte, so war doch von jenen Erfindungen (für mich wenigstens) nichts sichtbar. Ob hieran Zurückhaltung Ursache war, oder ob anzunehmen ist, daß die patentirten Maschinen sich nicht bewährt haben, muß ich unentschieden lassen.

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Tafel Tab.
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