Titel: Beschreibung eines Wassermeßapparates auf dem Bahnhof zu Chartres; von Hrn. Phillips.
Fundstelle: Band 124, Jahrgang 1852, Nr. V., S. 7
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V. Beschreibung eines Wassermeßapparates auf dem Bahnhof zu Chartres; von Hrn. Phillips. Aus den Comptes rendus, 1851 2me Sem., Nr. 8. Phillips' Wassermeßapparat. In Folge eines zwischen der Direction der französischen Westbahn und der Stadt Chartres abgeschlossenen Vertrags für die Lieferung des auf dem Bahnhofe dieser Stadt erforderlichen Wassers hat die Eisenbahn letzteres nach dem gelieferten Quantum zu bezahlen, und es mußte daher ein Apparat hergestellt werden, welcher das von der Stadt gelieferte Wasserquantum genau mißt. Derjenige, welchen ich construiren ließ, wurde zwischen die allgemeine Wasserleitung der Stadt und den großen Behälter des Bahnhofs eingeschaltet. Er besteht aus einer mit einem Zufluß- und einem Abflußventil versehenen Kufe; diese zwei Ventile sind so mit einander verbunden, daß wenn das eine sich öffnet, das andere sich gleichzeitig schließt; die Bewegung derselben erfolgt durch die plötzliche Wirkung von Gegengewichten, welche im geeigneten Augenblicke durch Ansätze an der verticalen Stange eines Schwimmers ausgelöst werden. Ein erstes Gegengewicht A hält das Zuflußventil geschlossen und öffnet das Abflußventil. Während der Zeit des Zuflusses wird dieses Gegengewicht durch eine Klinke festgehalten; sobald aber der Schwimmer in der Kufe an seinem höchsten Stande ankommt und letztere einen Kubikmeter Wasser empfangen hat, löst ein an der Schwimmerstange befestigter Ansatz die Klinke aus, welche das Gegengewicht A zurückhielt. Der Zufluß wird hierdurch plötzlich unterbrochen und die Entleerung beginnt. Der Schwimmer sinkt nun; nachdem ein Kubikmeter Wasser aus der Kufe abgeflossen ist, löst ein auf der Schwimmerstange angebrachtes Röllchen ein zweites Gegengewicht B aus, welches auf den Hebel des ersten Gegengewichtes A fällt und dasselbe hebt; dadurch tritt letzteres wieder in seine Klinke, eröffnet folglich wieder den Zufluß und schließt den Abfluß. Der Schwimmer steigt jetzt abermals; bevor er aber seinen höchsten Stand erreicht, hebt seine Stange mittelst eines zweiten an ihr angebrachten Röllchens das Gegengewicht B und bringt es wieder an seine Stelle; hierbei verläßt B den Hebel des Gegengewichts A und dieses bleibt von seiner Klinke gehalten; kommt der Schwimmer dann an seinem höchsten Stande an, so löst seine Stange wieder das Gegengewicht A aus, und dasselbe Spiel beginnt von Neuem, um sich stets zu wiederholen. Ein Zähler mit vier Zifferblättern, welcher durch die Stange des Zuflußventils bewegt wird, zeigt die Zahl der Schwimmerspiele und folglich die Zahl der in die Kufe zugeflossenen und daraus abgeflossenen Kubikmeter Wasser an. Bei der Ausführung dieses Wassermeßapparates schienen mir einige Vorsichtsmaßregeln nöthig. Es war von Wichtigkeit, die Zu- und Abflußmündungen groß zu machen und das Oeffnen der Ventile sehr schleunig zu bewirken, damit das Wasser weder zu langsam zufloß noch abfloß; dieß ist ein Fehler der Kegelventile, welche überdieß, wenn sie einen großen Durchmesser und eine etwas starke Belastung haben, zum Heben eine bedeutende Kraft erfordern. Diese Uebelstände verschwinden bei Anwendung zweisitziger Ventile, wie sie bei den großen Dampfmaschinen von Cornwallis gebräuchlich sind und seitdem bei den Pumpen selbst eingeführt wurden. Solche Ventile habe ich bei dem Meßapparat angewandt. Die unter sich verbundenen beiden Ventile mußten auch stets genau schließen. Hierzu wurden die zur Bewegung derselben dienenden Hebel unter sich durch zwei verticale Zugstangen verbunden, die durch ein Spannglied mit Schraube so vereinigt sind, daß man die gegenseitige Stellung beider Hebel stets genau zu reguliren im Stande ist; dadurch wird es nicht allein möglich zu bewirken, daß die Ventile sich stets genau auf ihre Sitze aufsetzen, sondern man kann auch den Hub eines jeden der Ventile nach Belieben reguliren. Sobald das Gegengewicht A sich in Folge des vom Gegengewicht B empfangenen Stoßes hebt, öffnet sich das Zuflußventil und das Abflußventil schließt sich plötzlich. Um den Stoß zu verhindern, welcher zwischen dem Abflußventil und seinem Sitze stattfinden würde, trifft der Hebel des Gegengewichts B kurz vor Beendigung seines Falles auf eine stählerne Blattfeder, welche das Moment des Stoßes verhindert, jedoch dem Hebel gestattet seinen Niedergang vollends zu beendigen. Diese stählerne Blattfeder ist so angebracht, daß man sie mittelst eines Keiles mehr oder weniger spannen kann; man kann sie folglich in der Art reguliren, daß das Moment des erwähnten Hebels nach Erforderniß aufgehoben wird und das Gegengewicht B doch noch seinen vollen Niedergang bewirkt. An der Stelle wo der Stoß zwischen den Hebeln der zwei Gegengewichte stattfindet, ist derjenige des Gegengewichts B mit einem Stück weichen Holzes belegt. Ueber dem Niveau des höchsten Wasserstandes ist im oberen Theile der Kufe eine große Oeffnung angebracht, welche als Freifluther dient. Falls an dem Meßapparat eine unvorhergesehene Störung eintreten würde, flösse folglich das Wasser durch die Freiflutherröhre in das Hauptreservoir ab, anstatt das Local zu überschwemmen. Da das Abflußventil am Boden der Kufe angebracht ist, so bedarf dieselbe keines besondern Ablaßhahnes behufs ihrer Reinigung. Die zwei Röllchen und der Ansatz an der Schwimmerstange sind daran mittelst Druckschrauben befestigt, so daß man den Hub des Schwimmers und folglich die bei jedem Spiele zu- und abfließende Wassermenge beliebig reguliren kann; hierdurch war es möglich den Schwimmerhub so zu adjustiren, daß man bei jedem Spiele genau einen Kubikmeter Wasser erhält. Das Gegengewicht A besteht aus einer Reihe ringförmiger Gewichte, deren Zahl man nach Erforderniß vermehren oder vermindern kann. Das Gegengewicht B besteht aus einem einzigen Stücke, das sich aber auf seinem Hebel verschieben und mittelst einer Druckschraube an geeigneter Stelle befestigen läßt. Die Kufe ist mit einer Glasröhre versehen, welche den Wasserstand anzeigt und zu den Adjustirungen von Nutzen ist. Um den Schwimmer vertical führen zu können, ist die Stange desselben hohl und schiebt sich an einer verticalen Eisenstange auf und nieder, deren unteres Ende am Boden der Kufe, und deren oberes Ende an einem Balken des den Meßapparat enthaltenden Häuschens befestigt ist. Eine andere verticale Stange, welche neben der inneren Wandfläche der Kufe angebracht ist, dient ebenfalls zur Führung des Schwimmers und verhindert eine Drehung desselben um seine Achse. Auf dem Bahnhof von Chartres sind zwei gleiche Meßapparate vorhanden, welche jeder für sich oder zusammen arbeiten; einer reicht für den Dienst aus. Bei dem von der Wasserleitung der Stadt herbeigeführten Wasserquantum sind, wenn ein einziger Apparat arbeitet, 15 bis 17 Minuten zum Zufluß eines Kubikmeters Wasser erforderlich; zwei Minuten reichen zur Entleerung desselben hin. Wenn beide Apparate gleichzeitig in Thätigkeit sind, so vertheilt sich das ankommende Wasser auf beide, und das Ausflußquantum nimmt um sehr wenig zu. Dieser Apparat hatte bei Abfassung dieser Beschreibung seit zwei Wochen gearbeitet und täglich 60 bis 80 Kubikmeter Wasser gemessen. Das durch den Schwimmer bewirkte Ein- und Auslegen der Klinken geschieht mit großer Regelmäßigkeit und versagt niemals; auch halten die Ventile vollkommen wasserdicht.