Titel: Prüfung des Braunsteins und Chlorkalks auf deren Gehalt an Mangansuperoxyd und wirksames Chlor; von Dr. L. Müller.
Fundstelle: Band 124, Jahrgang 1852, Nr. XIV., S. 50
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XIV. Prüfung des Braunsteins und Chlorkalks auf deren Gehalt an Mangansuperoxyd und wirksames Chlor; von Dr. L. Müller. Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1851, Bd. IV S. 98. Müller, Prüfung des Braunsteins und Chlorkalks auf deren Gehalt an Mangansuperoxyd etc. Für wenige in der Technik Anwendung findende Substanzen sind so viele Prüfungsmethoden vorhanden, wie für den Braunstein, und doch wird der Techniker gerade bei dessen Untersuchung den Mangel einer solchen Methode empfinden, die mit leichter Ausführbarkeit einen hinreichenden Grad von Genauigkeit verbindet. Verf. dieses glaubt durch Aufstellung folgender Prüfungsmethode diesem Mangel abgeholfen zu haben. Es gründet sich dieselbe auf die Eigenschaft des Zinnchlorürs, eine Menge von Körpern zu reduciren, Oxyde in Oxydule, Chloride in Chlorüre und namentlich auch das Eisenchlorid in Eisenchlorür überzuführen, während es selbst, ganz oder theilweise in Zinnchlorid übergeht. — Es ist leicht, sich von dieser Wirkung des Zinnchlorürs auf das Eisenchlorid durch den Farbenwechsel zu überzeugen, welchen eine Auflösung des letzteren auf Zuthun einer Auflösung des ersteren erleidet; die braune, braungelbe und gelbe Farbe des Eisenchlorids verschwindet successive und man erhält eine farblose oder schwach grün gefärbte Flüssigkeit, in welcher das Eisen als Chlorür enthalten ist. Es kann dieser Farbenwechsel noch mehr in die Augen fallend gemacht werden, wenn man der Auflösung von Eisenchlorid vor dem Versuch einige Tropfen einer Auflösung von Rhodankalium (Schwefelcyankalium) zusetzt; es bildet sich hierbei Rhodaneisen, welches der Flüssigkeit eine tief dunkelrothe Färbung ertheilt, welche verschwindet, sobald eine hinreichende Menge Zinnchlorür hinzugesetzt worden ist. Es ist nun klar und wurde bereits von Prof. Schulze in Rostock darauf aufmerksam gemacht, daß dieses gegenseitige Verhalten von Zinnchlorür und Eisenchlorid dazu benutzt werden kann, um Auflösungen des einen Salzes durch eine solche des anderen, deren Salzgehalt bekannt ist, zu analysiren; denn damit nach dem Versuch nur Zinnchlorid und Eisenchlorür vorhanden sey, muß ein ganz bestimmtes Mengenverhältniß von Zinnchlorür und Eisenchlorid vor dem Versuch stattgefunden haben. Es entsteht nämlich aus: Sn Cl und Fe2 Cl3 Sn Cl und Fe2 Cl2 = 2Fe Cl, oder 1178,574 Zinnchlorür und 1990,894 Eisenchlorid geben 1621,854 Zinnchlorid und 1547,614 Eisenchlorür. Um nun aus diesem Verhalten von Zinnchlorür und Eisenchlorid für die Braunsteinprobe einen Vortheil zu ziehen, konnte auf zweierlei Weise verfahren werden. Erstens nämlich konnte man eine Auflösung von Eisenchlorür durch das mittelst Salzsäure aus dem zu prüfenden Braunstein entwickelte Chlor in Eisenchloridauflösung überführen und in dieser das gebildete Eisenchlorid mittelst einer Auflösung von Zinnchlorür von gegebenem Gehalt an letzterem bestimmen, welcher Weg sich jedoch nicht als anwendbar erwies, da das Chlor von einer Eisenchlorürauflösung nicht schnell genug absorbirt wird, um jedem Verluste vorzubeugen. Oder zweitens es konnte das entwickelte Chlor durch eine Auflösung von Zinnchlorür geleitet und das erzeugte Zinnchlorid mittelst einer bekannten Eisenchloridauflösung bestimmt werden, und diese zweite Methode hat sich als vollkommen praktisch bewährt, indem das Chlor von einer Zinnchlorürauflösung rasch und vollständig absorbirt wird. Der Gang der Untersuchung ist nun folgender: Eine von Salpetersäure so wie von Chlor freie Eisenchloridauflösung wird genau auf ihren Eisenchloridgehalt geprüft, indem man aus 50 Kubikcentimeter Auflösung das Eisen nach bekannter Methode mittelst Ammoniak ausfällt und als Eisenoxyd bestimmt. Eine solche chemisch genau dargestellte und analysirte Eisenchloridauflösung ist, wie wir bald sehen werden, nur für das erstemal erforderlich. — Man löst darauf Zinnchlorür in Wasser auf und setzt der Auflösung so viel Chlorwasserstoffsäure zu, daß dieselbe vollkommen klar wird. Von dieser Zinnchlorürlösung wird alsdann aus einer Bürette so lange tropfenweis zu 50 Kubikcentimeter Eisenchloridauflösung, welcher man einige Tropfen Rhodankalium zugefügt hat, gegossen, bis die Färbung verschwindet. Man erfährt hierdurch den Gehalt der Zinnchlorürauflösung an Zinnchlorür; denn gesetzt, die Eisenchloridauflösung enthalte in 50 Kubikcent. 19,9 Grm. Eisenchlorid, so würden in den verbrauchten Graden der Zinnchlorürflüssigkeit 11,78 Zinnchlorür enthalten seyn. Diese Berechnung des Gehaltes der Zinnchlorürauflösung hat man indeß bei der Prüfung des Braunsteins nicht nöthig, wenn nur die Anzahl der Grade, die zur Reducirung einer bestimmten Menge Eisenchlorid in Chlorür erforderlich ist, bekannt sind; bei dem Bestreben jedoch der Zinnchlorürauflösung, durch Aufnahme von Sauerstoff ein basisches Salz zu bilden, welches sich niederschlägt, ist es allerdings unerläßlich, die Zinnauflösung vor jeder Braunsteinuntersuchung zu prüfen. Nach dieser Voruntersuchung wird die doppelte Quantität Zinnchlorürauflösung in ein Rohr gegossen, welches in 200 halbe Theile getheilt ist, das Rohr etwa bis 90 mit Wasser nachgefüllt und alsdann das aus einer bestimmten Menge des zu untersuchenden Braunsteins entwickelte Chlor hindurchgeleitet. — Die Quantität des zur Prüfung anzuwendenden Braunsteins richtet sich nach der Concentration der Eisenchloridauflösung, und zwar hat man stets so viel Braunstein zur Untersuchung anzuwenden, daß, wäre derselbe reines Mangansuperoxyd, er ebensoviel Chlor entwickeln würde, als von 50 Kubikcentimet. Eisenchloridauflösung bei deren Uebergang in Eisenchlorür an das Zinnchlorür abgegeben werden. Oder da 1 Mischungsg. Eisenchlorid (Fe2Cl3) 1 Mischungsgewicht Chlor abgibt, um in Eisenchlorür überzugehen, ferner 1 Mischungsgewicht Mangansuperoxyd (Mn O2) ebenfalls 1 Mischungsgewicht Chlor zu entwickeln im Stande ist, so müssen die Quantitäten Eisenchlorid und Braunstein stets in dem einfachen Verhältniß ihrer Mischungsgewichte zu einander stehen. Enthalten mithin 50 Kubikcentimeter Eisenchloridlösung a Gram. Eisenchlorid, so hat man: Textabbildung Bd. 124, S. 52 als die zur Untersuchung anzuwendende Quantität Braunstein. Es wird diese Quantität Braunstein in einem kleinen Glaskolben, in dessen Halse mittelst eines gut schließenden Korkes ein Gasleitungsrohr befestigt ist, mit der nöthigen Menge Salzsäure übergossen, im Sandbade mäßig erwärmt und das sich entwickelnde Chlor in die Zinnchlorürauflösung geleitet; nach vollendeter Chlorentwickelung das Gasleitungsrohr aus der Zinnchlorürlösung entfernt, diese bis zum hundertsten Theilstrich aufgefüllt und nun untersucht, wie viel Theile dieser der Einwirkung des Chlors ausgesetzt gewesenen Zinnsolution nöthig sind, um wiederum 50 Kubikcentimeter Eisenchloridauflösung (nach Zusatz einiger Tropfen Rhodankalium) in Eisenchlorürlösung überzuführen. — Wie man aus den verbrauchten Theilen dieser veränderten Zinnsolution den Procentgehalt des Braunsteins an Mangansuperoxyd zu berechnen im Stande ist, ergibt sich leicht aus folgender Betrachtung: da nämlich diese Zinnsolution ursprünglich doppelt so viel Zinnchlorür enthält, als zur Reducirung des in 50 Kubikcentimeter enthaltenen Eisenchlorids erforderlich war, so ist zunächst ersichtlich, daß der Braunstein 0 Proc. oder gar kein Mangansuperoxyd enthielte, wenn von der veränderten Zinnsolution die Hälfte oder 50 Theile verbraucht würden; werden jedoch mehr erfordert, so rührt das daher, daß durch das entwickelte Chlor ein Theil des Zinnchlorürs in Zinnchlorid übergeführt, die Auflösung mithin in Bezug auf das Zinnchlorür eine verdünntere geworden ist, und es ist eben so einleuchtend, daß verbrauchte 100 Theile auch 100 Procent Mangansuperoxyd entsprechen. Wie viel Procente Mangansuperoxyd aber durch die zwischen 50 und 100 liegenden Theile ausgedrückt werden, ergibt sich durch einfache Rechnung. Es sey n die Zahl der verbrauchten Theile, so enthalten diese nun eben so viel Zinnchlorür als 50 Theile der unveränderten Solution, und der Gehalt an Zinnchlorür in der veränderten verhält sich zu dem in der unveränderten wie 50 zu n, oder jener ist gleich 50/n von diesem, mithin beträgt die Quantität des gebildeten Zinnchlorids n - 50/n oder in Procenten des ganzen Gehaltes 100 n - 50/n; da jedoch die Quantität des angewendeten Braunsteins im besten Falle nur die Hälfte des Zinnchlorürs in Zinnchlorid überführen könnte, hat man auch die Quantität des gebildeten Zinnchlorids als Procente der halben Zinnsolution zu berechnen und erhält für diese 200 n - 50/n, welches zu gleicher Zeit die Procente von Mangansuperoxyd sind. Sind also z. B. 62,5 Theile der veränderten Zinnsolution verwendet worden, um 50 Kubikcentimeter Eisenchloridauflösung in Eisenchlorürlösung überzuführen, so enthält der Braunstein 200 · 62,5 - 50/62,5 = 200 · 12,5/62,5 = 40 Proc. Mangansuperoxyd. Folgende Tabelle überhebt dieser Rechnung in den einzelnen Fällen. Tabelle, welche den Gehalt eines Braunsteins an Mangansuperoxyd in Procenten angibt, wenn die zur Prüfung angewandten Quantitäten sich verhalten wie : 1990,894 Eisenchlorid : 2357,148 Zinnchlorür : 544,684 Braunstein. Textabbildung Bd. 124, S. 54 Verbrauchte Grade der Zinnauflösung; Procente an Mangansuperoxyd; Verbrauchte Grade der Zinnauflösung; Procente an Mangansuperoxyd; Verbrauchte Grade der Zinnauflösung; Procente an Mangansuperoxyd; Verbrauchte Grade der Zinnauflösung; Procente an Mangansuperoxyd. Die Ausführung dieser Prüfung des Braunsteins ist so einfach und ihre Vorzüge allen übrigen gegenüber sind so in die Augen fallend, daß ein besonderer Hinweis darauf überflüssig erscheintDie Redaction der Annalen der Chemie und Pharmacie bemerkt hierzu: „Die Methode des Hrn. Verfassers, den Gehalt an Hyperoxyd im Braunstein zu bestimmen, ist sinnreich und genau und mag für manche Fälle Anwendung finden; sie hat aber vor den gewöhnlichen Prüfungsmethoden, namentlich vor den der HHrn. Will und Fresenius, keine Vorzüge; sie übertrifft sie weder an Einfachheit noch Genauigkeit. Was die Bestimmung des Gehalts an bleichendem Chlor im Bleichkalk betrifft, so gibt eine titrirte Eisenoxydullösung, deren Gehalt an Eisenoxydul man nach dem Zusatz einer bekannten Menge Bleichkalklösung mittelst der Margueritte'schen Methode (polytechn. Journal Bd. C S. 380 und Bd. CIV S. 111), bestimmt, bei größerer Einfachheit noch genauere Resultate.“, und möge daher hier noch bemerkt werden, daß die umständliche Analyse der Eisenchloridauflösung auch nur für den Beginn derartiger Untersuchungen erforderlich ist. Hat man nämlich nur eine Eisenchloridauflösung von bekannter Zusammensetzung, so kann man mittelst derselben leicht den Gehalt an Eisenchlorid einer zweiten Auflösung bestimmen, indem man ganz einfach gleiche Quantitäten von beiden mit derselben Zinnsolution in Eisenchlorür verwandelt; die Quantitäten Eisenchlorid verhalten sich direct wie die nöthigen Quantitäten Zinnsolution. Hat man hierbei wieder 50 Kubikcentimeter Eisenchloridauflösung angewendet, so hat man die in der neuen Auflösung gefundene Menge Eisenchlorid nur mit 0,274 zu multipliciren, um die zur Untersuchung zu nehmende Quantität Braunstein zu erhalten. Wir wenden uns nun zur Anwendung des Zinnchlorürs zur Untersuchung des Chlorkalks auf dessen Gehalt an wirksamem Chlor. Nach dem, was vorangegangen, wird es erlaubt seyn, uns hier sehr kurz zu fassen. Es wird wiederum eine Zinnchlorürauflösung mittelst einer bekannten Eisenchlorürauflösung geprüft, die doppelte Quantität, welche nöthig war, um 50 Kubikcentimeter Eisenchloridlösung in Eisenchlorürlösung zu verwandeln, in ein 100theiliges Rohr gegossen und dasselbe zunächst mit der Auflösung einer bestimmten Quantität Chlorkalk und endlich mit Wasser bis 100 aufgefüllt. Das sonst bleichende Chlor bewirkt hier die Bildung von Zinnchlorid, dessen Quantität wiederum leicht durch die Eisenchloridauflösung ermittelt wird. — Der Chlorkalk, selbst der beste, enthält nicht über 30 Procent wirksames Chlor, jedoch ist in folgender Tabelle ein Chlorkalk von 50 Procent vorausgesetzt, theils um dieselbe auch für andere Bleichsalze brauchen zu können, theils um gerade für die zwischen 20 und 30 liegenden Procente passende Angaben zu erhalten; 443,28 Chlor mußten demnach als 50 Procent betrachtet und daraus die Menge Chlorkalk berechnet werden, welche eine gleiche Quantität Zinnchlorür in Chlorid zu verwandeln vermag, wie 1990,894 Eisenchlorid, woher die Zahl 886,56. Die Quantität des jedesmal anzuwendenden Chlorkalks berechnet sich mithin aus der Menge a des in 50 Kubikcentimeter enthaltenen Eisenchlorids mittelst der Proportion Textabbildung Bd. 124, S. 55 Aus dem gewählten Mengenverhältniß der einzelnen Substanzen ist nun wieder ersichtlich, daß bei der Prüfung der gemischten Auflösung von Zinnchlorür und Chlorkalk durch 50 Kubikcentimeter Eisenchloridauflösung 50 Theile 0 und 100 Theile 50 Procenten Chlor entsprechen; die Berechnung aber der Procente aus dem Verbrauch von Theilen zwischen 50 und 100 geschieht einfach aus der Formel Textabbildung Bd. 124, S. 56 In folgender Tabelle ist diese Rechnung für jeden einzelnen Theil ausgeführt: Tabelle, welche den Gehalt eines Chlorkalks an wirksamem Chlor in Procenten angibt, wenn die zur Prüfung angewandten Quantitäten sich verhalten wie: 1990,894 Eisenchlorid: 2357,148 Zinnchlorür:886,56 Chlorkalk. Verbrauchte Grade der Zinnauflösung. Procente an wirksamem Chlor. Verbrauchte Grade der Zinnauflösung. Procente an wirksamem Chlor. 50 0       76 34,210 51 1,960 77 35,065 52 3,846 78 35,897 53 5,660 79 36,708 54 7,407 80 37,500 55 9,090 81 38 271 56 10,714 82 39,024 57 12,280 83 39,754 58 13,793 84 40,476 59 15,254 85 41,176 60 16,666 86 41,860 61 18,032 87 42,528 62 19,354 88 43,181 63 20,634 89 43,820 64 21,875 90 44,444 65 23,076 91 45,054 66 24,242 92 45,760 67 25,373 93 46,236 68 26,470 94 46,808 69 27,536 95 47,368 70 28,571 96 47,916 71 29,571 97 48,453 72 30,555 98 48,979 73 31,506 99 49,494 74 32,432 100 50,000 75 33,333