Titel: Ueber die Absorption der auflöslichen humussauren Salze durch die Pflanzen; von J. Malaguti.
Fundstelle: Band 124, Jahrgang 1852, Nr. LXXI., S. 311
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LXXI. Ueber die Absorption der auflöslichen humussauren Salze durch die Pflanzen; von J. Malaguti. Aus den Comptes rendus, Januar 1852, Nr. 3. Malaguti, über die Rolle des Humus. Hr. SoubeiranPolytechn. Journal Bd. CXVII S. 61. hat die Absorption der humussauren Alkalien während des Wachsthums der Pflanzen durch zwei Versuche nachgewiesen. 1. Versuch. Eine Rainkohl- (Lampsana-) Pflanze, deren Wurzeln in eine Lösung von humussaurem Ammoniak tauchten, wuchs gedeihlich fort. Die täglich erneuerte Lösung entfärbte sich zum Theil. 2. Versuch. Bohnen und Hafer machten alle Stadien ihres Wachsthums in einem Boden sehr gut durch, welcher gar keine organische Materie, hingegen etwas schwefelsauren und phosphorsauren Kalk enthielt und von Zeit zu Zeit mit humussaurem Ammoniak begossen wurde. Diejenigen, welche an die Absorption des Humus nicht glauben, werden wohl auch schwerlich die mit der Pflanze (dem Rainkohl) erhaltenen Resultate gelten lassen, da sich dieselbe in einem anormalen Zustand befand; sie werden ferner sagen, nichts beweise daß die Bohnen und der Hafer ihr Wachsthum unter dem Einfluß des humussauren Ammoniaks vollendet haben, weil im Boden phosphorsaures und schwefelsaures Ammoniak enthalten seyn mußte. Wenn man nämlich schwefelsauren Kalk oder Pulver von gebrannten Knochen mit humussaurem Ammoniak zusammenbringt, so bildet sich humussaurer Kalk und zugleich schwefelsaures und phosphorsaures Ammoniak; ebenso findet auch eine gegenseitige Zersetzung statt, wenn man phosphorsaures und schwefelsaures Ammoniak mit humussaurem Kalk zusammenbringt; in beiden Fällen erfolgt eine Theilung und es bilden sich vier Salze. Ich wollte Soubeiran's Beweisführung durch einen quantitativen Versuch ergänzen. Ich füllte die Hälfte zweier großen Trichter mit Kiessand, die andere Hälfte mit gepulvertem Ziegelstein an, welcher ein Procent gebrannter Knochen und ebenso viel Kreide enthielt. Auf diese zwei künstlichen, mit destillirtem Wasser begossenen Böden säete ich eine gleiche Menge Kressesamen. Die Keimung abwartend, bereitete ich aus Torf vollkommen neutrales humussaures Ammoniak, welches ich in zwei gleiche Loose, jedes von zwei Liter Volum abtheilte. Das eine dieser Loose bewahrte ich auf, das andere bestimmte ich zum Begießen eines der zwei Böden. Als vier Tage nach der Saat die Samen aufgingen, begann man sie täglich, die einen mit 100 Kubikcentimetern destillirten Wassers, die andern mit demselben Volum humussauren Ammoniaks zu begießen. Schon nach fünf Begießungen war der Unterschied zwischen beiden Vegetationen sehr auffallend; die zeitweise mit dem humussauren Ammoniak begossene war dunkelgrün, die mit Wasser begossene hellgrün. Nach achtzehn Begießungen, d. h. nach 22 Tage fortgesetztem Versuch, schritt ich, da die üppigste Pflanze sich umzulegen drohte, zur Ernte. Zu diesem Behuf nahm ich aus jedem Trichter eine dicke Schicht Erde horizontal heraus und brachte sie auf ein Sieb, dessen weitmaschiges Drahtgewebe unter Wasser getaucht war. Die Erde ward vom Wasser bald aufgenommen, ging durch das Sieb und die Pflanzen konnten dann mit ihren Wurzeln herausgenommen werden. Von den beiden Ernten, welche an der Luft unter gleichen Umständen ausgetrocknet wurden, wog die mit Wasser begossene 12,550 Gramme; die mit humussaurem Ammoniak begossene 15,150 Gr. Die mit humussaurem Ammoniak getränkte Erde wurde ausgewaschen, bis das Wasser hell und farblos ablief; hierauf wurde verdünnte Salzsäure aufgegossen und der Trichter, sobald bas abtropfende Wasser eine schwach saure Reaction zeigte, verstopft; nach 24 Stunden wurde er wieder geöffnet und mit dem Auswaschen wieder begonnen und so lange damit fortgefahren, bis das Wasser neutral wurde. Auf diese Behandlung mit Salzsäure folgte ein Auswaschen mit ammoniakalischem Wasser. Dieses lief anfangs sehr schwarz aus dem Trichter, wurde aber später farblos. Mit diesen beiden Behandlungen wurde abgewechselt, bis man sicher war, daß die Erde keine Spur Humussäure mehr enthielt. Alle durch das humussaure Ammoniak gefärbten Wasser wurden mit dem Rückstand des angewandten Looses vereinigt. Dieses wurde dann neutral gemacht und auf das Volum von zwei Litern ergänzt. Hierauf wurden beide Loose mit gleichen Quantitäten aufgelösten Chlorcalciums versetzt; die zwei Niederschläge wurden gesondert auf zwei Filter von gleichem Papier und gleichem Gewicht gebracht. Beide Niederschläge wurden sorgfältig ausgewaschen und zuerst an freier Luft, hierauf unter der Luftpumpe ausgetrocknet, und dann mit derselben Waage gewogen, auf welcher die beiden leeren Filter ins Gleichgewicht gebracht worden waren. Der humussaure Kalk aus der zur Vergleichung aufbewahrten Flüssigkeit wog 2,600 Gr. mehr als der andere. Humussaurer Kalk der Gegenprobe 5,700 Gr. Humussaurer Kalk des Versuchs 3,100 Gr. Nun lieferten 0,590 Gr. Dieses Salzes 0,130 Gr. schwefelsauren Kalk = 0,053 Gr. Kalk; folglich hat das zum Begießen der Kresse angewandte humussaure Ammoniak 2,367 Gr. Humussäure verloren, wie sich dieselbe in dem im Bacuum getrockneten, humussauren Kalk befindet. Man könnte annehmen, daß die Humussäure in einer unbekannten Form, welche der Einwirkung der Reagentien entging, im Boden zurückgeblieben sey; aber diese Umwandlung könnte nicht durch die Berührung der Humussäure mit den erdigen Theilen oder mit den äußern Theilen der Wurzeln veranlaßt worden seyn. Hier handelt es sich aber bloß um den Beweis, daß diese Säure absorbirt wird, und nicht darum, was nach der Absorption aus ihr wird. Dieser Versuch und diejenigen des Hrn. Soubeiran scheinen mir die Absorption der auflöslichen humussauren Salze während der Vegetation und zugleich den Nutzen dieser Salze darzuthun.