Titel: Ueber ein neues Verfahren bei der Abscheidung des Arseniks aus organischen Substanzen.
Fundstelle: Band 124, Jahrgang 1852, Nr. LXXXII., S. 356
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LXXXII. Ueber ein neues Verfahren bei der Abscheidung des Arseniks aus organischen Substanzen. Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1852, Nr. 3. Ueber ein neues Verfahren bei der Abscheidung des Arseniks aus organischen Substanzen. Die Ausscheidung des Arseniks aus organischen Substanzen, besonders wenn diese schon in Fäulniß übergegangen sind, wie dieß namentlich bei ausgegrabenen Leichnamen der Fall ist, ist auch noch jetzt sehr umständlich, und kann, wenn sie von einem Ungeübten ausgeführt wird, leicht zu unrichtigen Resultaten Veranlassung geben. Die Zerstörung der organischen Stoffe vermittelst oxydirender Substanzen kann selten so vollkommen geschehen, daß nicht durch die Gegenwart des noch unzerstörten organischen Stoffs Täuschungen in dem Verhalten gegen Reagentien entstehen können. Es ist bekannt, daß Fleisch, wenn es viel Fett enthält, mit Salpetersäure behandelt, eine Flüssigkeit geben kann, welche auch bei Abwesenheit von Arsenik vermittelst Schwefelwasserstoffgas einen gelben Niederschlag gibt, der viel Aehnlichkeit mit dem Schwefelarsenik hat. Hr. Schneider, Privatdocent an der Universität zu Wien, hat eine Methode zur Isolirung des Arseniks, wenn dasselbe mit großen Mengen organischer Substanz gemengt ist, bekannt gemachtMitgetheilt in den Berichten der k. k. Akademie der Wissenschaften zu Wien. 1851. — In England empfahl gleichzeitig Dr. Fyfe (S. 118 in diesem Bande des polytechn. Journals) dieselbe Methode zur Isolirung des Arseniks. A. d. Red., welche sehr zweckmäßig zu seyn scheint. Sie beruht auf der Eigenschaft der arsenigen Säure bei Gegenwart von Chlormetallen und Schwefelsäure sich in Chlorarsenik zu verwandeln, das sich mit den Dämpfen der Chlorwasserstoffsäure schon bei einer Temperatur unter 100° C. verflüchtigt. Durch Destillation kann man daher das gebildete Chlorarsenik von den organischen Stoffen leicht trennen. Vielfache Versuche haben gezeigt, daß die Gegenwart organischer Substanzen, selbst wenn diese in überwiegender Menge vorhanden sind, die Bildung des Chlorarseniks nicht hindern, und daß alle arsenige Säure auf diese Weise von der organischen Substanz isolirt erhalten werden kann. Die Bedingungen des Gelingens sind, daß das Arsenik oxydirt oder als Chlorid, und daß eine andere oxydirende Substanz nicht vorhanden sey. So bestillirt z. B. wenn viel Salpetersäure vorhanden ist, kein Chlorarsenik ab. Diese Operation wird auf folgende Weise ausgeführt: man bringt die zu untersuchende Substanz, in grobe Stücke zerschnitten, in eine tubulirte Retorte, fügt Stücke von geschmolzenem Chlornatrium hinzu, und soviel Wasser, daß das Gemenge mit letzterem überdeckt wird. In dem Tubus der Retorte bringt man eine Welter'sche Trichterröhre an, um concentrirte Schwefelsäure in kleinen Portionen eintragen zu können. Mit der Retorte verbindet man einen kleinen tubulirten Ballon, und diesen vermittelst einer zweischenkligen Glasröhre mit einem Kölbchen. Der Ballon ist leer, das Kölbchen enthalt etwas destillirtes Wasser und wird gut abgekühlt, um die Absorption der Chlorwasserstoffsäure zu begünstigen. Man erwärmt die Retorte sehr langsam. Gewöhnlich steigt zuerst ein weißer dichter Nebel auf, der in dem Retortenhalse zu ölichten Tropfen zusammenfließt und in dem Ballon sich zu einer schweren Flüssigkeit verdichtet, zugleich destillirt wässerige Chlorwasserstoffsäure ab. Sehr fettreiche Substanzen geben zuweilen bei dieser Operation einen flüchtigen Körper ab, der in dem gut abgekühlten Kölbchen zu weißen Schüppchen sich verdichtet. Man setzt das Kochen so lange fort, als eine vom Destillat genommene Probe mit Schwefelwasserstoffwasser eine gelbe Färbung erzeugt. Vortheilhaft ist es, eher überschüssiges Kochsalz, als überschüssige Schwefelsäure in der Retorte zu haben, weil dadurch die Entstehung von schwefliger Säure vermieden wird, welche das Destillat zur unmittelbaren Untersuchung im Marsh'schen Apparat ungeeignet macht. Aus demselben Grunde ist es auch anzurathen, mit Wasser einen dünnflüssigen Brei zu bilden. Geschmolzenes Chlornatrium gibt eine constantere, und länger anhaltende Gasentwickelung; übrigens erhält man auch mit gewöhnlichem Kochsalz gute Resultate. Bei einer genügenden Menge Wasser findet immer ein nur mäßiges Aufschäumen statt, und die Destillation geht ruhig ohne besonderes Aufstoßen vor sich. In dem Rückstände in der Retorte läßt sich, nach vollkommener Zerstörung der organischen Substanz, vermittelst des Marsh'schen Apparats kein Arsenik nachweisen. Da also die Isolirung des letzteren vollkommen gelingt, so eignet sich diese Methode auch zur quantitativen Bestimmung des Arseniks, welche von den gerichtlichen Behörden verlangt wird. Man braucht nur die abdestillirte Flüssigkeit vermittelst Salpetersäure oder besser vermittelst chlorsauren Kalis sehr vorsichtig zu oxydiren, um die so erhaltene Arseniksaure als arseniksaure Ammoniak-Magnesia zu fällen. Ist man sicher, keine organische Substanz im Destillate zu haben, was bei vorsichtiger Destillation gewöhnlich der Fall ist, so kann auch vermittelst Natriumgoldchlorids aus der Menge des gefällten Goldes der Gehalt der Flüssigkeit an arseniger Säure berechnet werden. Die Ausmittelung des Arseniks nimmt nach diesem Verfahren nicht viel mehr als anderthalb oder zwei Stunden in Anspruch.