Titel: Weiteres über die Krankheit des Weinstocks.
Fundstelle: Band 124, Jahrgang 1852, Nr. LXXXVIII., S. 391
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LXXXVIII. Weiteres über die Krankheit des Weinstocks.Man vergleiche polytechn. Journal Bd. CXXI S. 240 und Bd. CXXII S. 385. A. Ueber das Wesen der Traubenkrankheit und die Mittel dagegen; von Lettelier. Ueber die Krankheit des Weinstocks. Man hat in jüngster Zeit die Traubenkrankheit einer Milbe zugeschrieben (siehe Robineau-Desvoiby's Bemerkungen im polytechn. Journal Bd. CXXII S. 388). Ich habe die Milbe auf den Blättern des Weinstocks und des Johannesbeerstrauchs ebenfalls oft gesehen; die Blätter hatten aber nicht dadurch gelitten und auf den kranken Beeren habe ich die Milbe nie gefunden. Es frägt sich übrigens: 1) wie sollen seit einem Jahrhundert bekannte Geschöpfe diese Krankheit noch niemals hervorgebracht haben, bis zum letzten Jahr; 2) wie sollen mikroskopische Thierchen solche Verheerungen anstellen, während die Blattläuse den von ihnen ganz überzogenen Pflanzen beinahe gar nichts thun, und Insecten den obern Theil, das Chlorophyll der Weißbuche verzehren, ohne sonst etwas zu verletzen. etc; 3) wie soll dieselbe Species zwei so verschiedene Krankheiten hervorbringen, wie das Hartwerden, das Zerreißen und das Aufhören der Entwickelung bei der Traube und andererseits bei der Kartoffel die faule Erweichung ohne Aufhören der Entwickelung (a. a. O. S. 392) während der Stengel der Kartoffeln sehr krank seyn kann, ohne daß der Knollen das mindeste davon verspürt, wie dieß auf den Feldern unseres Thales zu sehen war; 4) wie soll endlich die Erschöfung des Stengels nur auf die eine oder andere Beere und nicht auf alle Beeren derselben Traube, noch auf das von dem Thiere so gerne heimgesuchte Laub wirken? — Die Milbe ist mithin auch nur eine die Krankheit begleitende Erscheinung; um die Ursachen zu finden, muß man weiter zurückgehen. Das von Guérin-Mèneville auf mehreren Pflanzen beobachtete Oïdium (a. a. O. S. 387) ist wahrscheinlich O. leucoconium von Desmazières (meine Monilia hyalina). Als Mittel gegen die Krankheit hatte ich früher reines Wasser, Theerwasser oder Seifenwasser empfohlen; seitdem angestellte Versuche bestimmen mich, das letztere (1 Thl. Seife auf 250 Thle. Wasser) vorzugsweise zu empfehlen. Diese Flüssigkeit tödtet alle Schmarotzerthiere, wie Blattläuse, Milben, Raupen etc. und benetzt vollständig die graugrünen Theile, die Schmarotzerpilze, wie Oïdium, Penicillium, Botrytis, Erysiphes. welche sie tödtet, ohne den Blättern oder den Trauben zu schaden, welche man hineintaucht. (Comptes rendus Septbr. 1851, Nr. 13.) B. Kampher gegen die Traubenkrankheit; von Gensoul. Ich hoffe, ein Mittel gefunden zu haben, um die Milbe, welche ich als die Ursache dieser Krankheit erkenne, zu zerstören. Ich habe nämlich den Versuch gemacht, die in meinem Treibhause befindlichen, von Insecten, Cochenillen, Pilzen, heimgesuchten Cacteen durch Waschungen mit Alkohol, der mit Kampher gesättigt war, davon zu befreien, was vortrefflich gelang; die Pflanzen wuchsen herrlich fort. Bei einigen Weinreben verfuhr ich ebenso; da diese aber schon zu vegetiren aufgehört hatten, kann ich über den Erfolg noch nichts sicheres mittheilen. Da Kamphergeist zur Anwendung beim Weinstock im Großen zu theuer zu stehen käme, so könnte man statt desselben stark gekamphertes Wasser nehmen, welches man dadurch bereitet, daß man den Kampher in heißem Weingeist auflöst und die Auflösung in lauwarmes Wasser übergießt. Das Waschen der Rebe würde zur Zeit des Schneidens vorgenommen, wie beim Vertilgen des Blattwicklers und zwar kalt, besser aber lauwarm. Sollte es sich bestättigen, daß die Kartoffelkrankheit ebenfalls von dieser Milbe herrührt, so wäre es vielleicht gut, die zum Legen bestimmten Kartoffeln in solches Kampherwasser zu tauchen. (Comptes rendus, October 1851, Nr. 15.) C. Ein anderes Mittel; von Chenot. Von allen Mitteln, die der Verfasser versuchte, besteht dasjenige, welches ihm die besten Dienste that, darin, die Trauben in ein Bad von Thon und metallischem EisenschwammUeber dessen Bereitung siehe polytechn. Journal Bd. CXIV S. 431. zu gleichen Theilen einzutauchen, also ihnen einen Ueberzug durch Beguß zu geben, wie die Töpfer der Fayence zum Glasiren. Wie der Verfasser sagt, sah er die Traube unter diesem Ueberzug, wenn man ihn nicht zu spät anwandte, wieder gesund werden und sich regelmäßig entwickeln. (Comptes rendus. October 1851, Nr. 15.) D. Ueber die Traubenkrankheit und die verschiedenen Rebensorten hinsichtlich ihrer Fähigkeit der Krankheit zu widerstehen; von Bouchardat. Die folgenden allgemeinen Resultate sind einer Tabelle entnommen, welche 2050 Beobachtungen enthält, die in der Rebensortensammlung des Lurembourg gemacht wurden. Es gibt gewisse Gruppen von Rebensorten, deren Varietäten sämmtlich von der Krankheit stark ergriffen wurden; andere wieder, die verhältnißmäßig ziemlich verschont blieben; merkwürdig ist aber, daß die natürlichen Gruppen, welche sich auf wichtige Merkmale gründen, wie die Muskateller-, Gutedel-, Tinto-Sorten, von der Krankheit gleichmäßig ergriffen wurden, während die minder natürlichen Gruppen, wie die Auvergner Trauben, die Gouais-, die Sauvignon-Sorten bedeutend von einander abweichen. Auffallend ist, daß von den eigentlich französischen Gewächsen, von denen so viele Sorten (die wir hier nicht einzeln aufzählen) der Krankheit unterlagen, diejenigen welche die schweren Bordeauxweine liefern, in die erste Reihe jener gehören, welche verschont blieben. Die besten und kostbarsten Traubensorten blieben leider nicht am meisten verschont, wohl aber diejenigen welche die natürlichste und ausgezeichnetste Gruppe bilden, nämlich die, welche Amerika in die Luxembuurger Sammlung lieferte; nur unter diesen Rebensorten waren völlig gesunde zu finden, Zu diesen glücklichen Ausnahmen gehören in erster Reihe die Catawbe rose, die beste amerikanische Traube, dann die Isabelle, die White-fox rose und vorzüglich die schwarze Yorck-Madeira und die blaßrothe Vitis muncy. Im übrigen zieht der Verfasser aus seinen Beobachtungen folgende Schlüsse: Die Krankheit des Weinstocks wird nicht durch eine Milbe erzeugt. Die Hypothese ihrer Entstehung durch das Oïdium Tuckeri erklärt alle Erscheinungen besser. Die Verjüngung der Weinstöcke, wie sie in mehreren Weingärten des Marne-Departement vorgenommen wird, ist das geeignetste Verfahren um den Ausbruch der Krankheit zu verhindern. Das von Prangé angerühmte Umlegen (provignage, polytechn. Journal Bd. CXXII S. 389) gibt unstreitig gute Resultate. Die französischen Rebensorten welche am besten widerstanden, gehören der Gruppe der Cots und Sauvignons (Sorten der oben erwähnten Borbeaur-Gewächse) an. (Comptes rendus, Decbr. 1851, Nr. 22.)