Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 124, Jahrgang 1852, Nr. , S. 394
Download: XML
Miscellen. Miscellen. Ueber verbesserte Glockenvorrichtungen auf den württembergischen Telegraphen-Zwischenstationen. Bei der großen Verbreitung des Systems von Morse für Telegraphen-Apparate, welches zuerst in Württemberg in größerer Ausdehnung zur Anwendung kam, und auch auf auswärtigen Telegraphenlinien nach und nach die andern Telegraphen-Apparate durch den Vorzug seiner größern praktischen Tauglichkeit verdrängt hat, dürfte es nicht uninteressant seyn einer Verbesserung an den Glockenvorrichtungen der württembergischen Zwischen-Apparate zu erwähnen. Bekanntlich werden in einer Telegraphen-Leitung Zwischenapparate eingeschalten, um die Kosten für mehrere Drähte zu ersparen, und wurde der Morse'sche Apparat bisher wegen des großen Widerstandes, den er in einer Leitung verursacht, nur zum Gebrauch auf Endstationen tauglich erachtet. Um nun aber den Morse'schen Apparat auch für Zwischenstationen mit Umgehung der nachtheiligen Wirkung auf die Leitung brauchbar zu machen, wurden in Württemberg auf diesen Zwischenstationen Glockenvorrichtungen mit den Apparaten in Verbindung gebracht, durch welche, neben dem Vortheil der Beseitigung des starken Widerstandes in der Leitung noch weiter bezweckt wird: 1) daß die Haupt- und Zwischenstationen direct miteinander telegraphiren können, ohne daß die dazwischen oder rückwärts gelegenen Stationen von dem Inhalt der telegrapischen Depesche Kenntniß erhalten; 2) daß es aber dennoch allen Stationen möglich ist jeder beliebigen andern Station Zeichen zu geben, woraus letztere erkennen kann daß und von welcher Seite her mit ihr telegraphirt werden will, und 3) daß die Telegraphisten zu noch andern Diensten verwendet werden können, weil die Glockenzeichen von einer Stärke find, welche die auch außerhalb des Telegraphen-Bureau befindlichen Bediensteten die Zeichen ihrer Station erkennen läßt. Es ist zu diesem Zweck bei der gewöhnlichen Stellung des Apparats einer Zwischenstation der zur Ingangsetzung des Glockenwerks bestimmte Elektromagnet, welcher Umwindungen von bedeutend stärkerm Draht und geringerer Anzahl hat, als der zur Bewegung des Schreibapparats dienende Elektromagnet, mit der Leitung in Verbindung gebracht, wodurch der starke Widerstand in der Leitung umgangen ist. Um nun aber die Glocke zum Tönen zu bringen wenn eine Station aufgerufen werden soll, waren auch — der geringern Anzahl von Umwindungen des Elektromagnets entsprechend — stärkere Batterien nöthig, und hiebei bat sich herausgestellt daß, um bei der Veränderlichkeit der Stromstärke, welche bei längern Leitungen immer vorkommt, zuverlässigere Glockenzeichen geben zu können und zu gleicher Zeit das Tönen der Glocke beim Telegraphiren zu verhüten, die Feder, wodurch der am Anker des Elektromagnets befestigte und zur Ingangsetzung der Glocke bestimmte Hebel regulirt wird, sehr stark angezogen werden muß. und zu deren Ueberwindung bei Anwendung der Glockenzeichen sehr starke Reservebatterien nöthig find, welche den Betrieb redeutend vertheuern würden. Der Mechanikus Geiger in Stuttgart, der die württembergischen Apparate fertigte, machte deßhalb den Vorschlag zum Telegraphiren einen galvanischen Strom zu benützen, welcher eine dem Strom zur Bewegung der Glocke entgegengesetzte Richtung hat, wobei er sich auf die bekannt und schon bei andern telegraphischen Apparaten angewendete Eigenschaft eines auf gewöhnliche Art gewundenen Elektromagnets stützte, daß je nachdem in das eine Ende der Umwindungen ein positiver oder negativer Strom eintritt, ein magnetischer Südpol oder Nordpol entsteht. Es wurden nun zwei einander entgegenstehende Elektromagnete angewendet, zwischen welchen als gemeinschaftlicher Anker ein künstlicher Magnet schwebend erhalten wird, und dessen Pole gegen die Pole der Elektromagnete so regulirt sind, daß beim Telegraphiren der an dem Anker angebrachte Hebel eine dem Ingangsetzen der Glocke entgegengesetzte Bewegung macht. Werden aber die Pole der Batterie mittelst einer einfachen Vorrichtung umgedreht und nun ein Strom von der zum Telegraphiren angewandten entgegengesetzten Richtung der Leitung entlang gesendet, so ändern sich augenblicklich die Pole der Elektromagnete, während der künstliche Magnet seine Pole unverändert behält, und hiedurch erhält der Hebel eine Bewegung welche augenblicklich die Glocken in Bewegung setzt. Da die Feder des Ankers nur so stark angezogen ist, um das Gewicht desselben zu überwinden und also schwebend zwischen den beiden Elektromagneten gehalten wird, so ist zur Bewegung des Ankers und demnach auch des Hebels nach der einen oder andern Seite nur sehr wenig Kraft erforderlich, so sind alle Reserve- oder Verstärkungsbatterien erspart, und es dient die beim Telegraphiren rückwärts gehende Bewegung des Hebels als Erkennungszeichen, ob von andern Stationen telegraphirt wird, damit nicht durch Verstellen einer Ausrückvorrichtung in der Absicht selbst mit einer Station zu telegraphiren, eine Depesche unterbrochen wird. Die so ausgestatteten Glockenvorrichtungen der württembergischen Zwischenstationen lassen seit ihrer jahrelangen Benützung nichts mehr zu wünschen übrig. (Allg. Zeitung 1852, Nr. 148.) Zur Theorie der Reactions-Wasserräder. Die Angriffe, welche sich Hr. Prof. G. Decher in seiner Abhandlung über die Reactionsräder im polytechn. Journal Bd. CXXI S. 241 ff. gegen mich erlaubt hat, sollen in einem zweiten Hefte von meiner Schrift „Versuche über die Krast des Wassers“ demnächst gründlich widerlegt werden. Dieß zur Nachricht für die geehrten Leser meiner Schrift. Freiberg, im Mai 1852. Julius Weisbach. Duvoir's Ventilation des Amphitheaters im Conservatorium ber Gewerbe zu Paris. Hr. Morin hat über die Ventilation des großen Amphitheaters im Conservatorium der Künste und Gewerbe zu Paris eine Reihe von Versuchen angestellt, welche ihn auf die Construction eines neuen Anemometers von sehr kleinem Volum führten, der selbst bei der Geschwindigkeit von 40 Metern per Secunde anwendbar und mit einem Zähler mit Zeigern versehen ist, welcher die Anzahl der Umdrehungen des Rädchens für die gewöhnlichen Geschwindigkeiten während einer Stunde, und bei sehr großen Geschwindigkeiten für fünfzehn bis 30 Minuten registrirt. Das große Amphitheater des Conservatoriums faßt sieben bis acht hundert Zuhörer; es wird während der Stunden wo öffentliche Vorlesungen stattfinden, gewöhnlich auf eine Temperatur von 16° Reaumur geheizt, welche nie unter 12° R. sinkt. Diese hohe Temperatur der Luft, welche man einathmet, ist nachtheiliger als die geringe Menge verdorbener Luft, welche sie enthalten kann. Um die zur Ventilation nöthige Luftmenge auszuziehen, hat Hr. Leon Duvoir unter den Stufenbänken, unter den Beinen der Zuhörer, neununddreißig Oeffnungen angebracht, welche mit Canälen communiciren die sich in einer Kammer vereinigen, worin sich der Ofen der Heißwasserheizung befindet. In dieser Kammer sind vier Zugmündungen mit eben so vielen verticalen Canälen verbunden, welche in ein einziges horizontales Rohr ausmünden, und communiciren so mit einem großen Zugkamin. Der Boden des horizontalen Canals ist mit Heißwasserröhren versehen, um die Luft darin zu erhitzen und so das Abziehen der dem Amphitheater entzogenen Luftmasse zu bewirken. Versuche haben erwiesen, daß diese durch die Röhren ausgezogene Luftmenge beiläufig zwölftausend Kubikmeter beträgt. An den Tagen wo die Versammlung zahlreicher nnd die Ventilation stärker ist. betrug das à Person per Stunde ausgezogene Luftvolum fünfzehn Kubikmeter; es beträgt zehn Kubikmeter bei weniger lebhafter Ventilation. Hr. Morin glaubt, daß dieses Verhältniß von fünfzehn bis sechzehn Kubikmetern vollkommen genügt und für die Ventilation von Sälen als Grundlage angenommen werden könnte, vorausgesetzt daß sich in denselben Personen von guter Gesundheit versammeln; denn in den Sälen worin Kranke und Verwundete liegen, sind vierzig Kubikmeter für einen Kranken per Stunde kaum hinreichend, wenn schwere Verwundungen vorkommen. Bei einem großen Zuströmen von Arbeitern, welche den Tag in ihren Werkstätten zugebracht hatten, blieb die Luft des Amphitheaters im Conservatorium ziemlich rein und ohne unangenehmen Geruch, obgleich 48 Carcel'sche Lampen brannten. Der Apparat von Leon Duvoir-Leblanc bewirkt daher sowohl eine gute Heizung als eine reichliche Ventilation. (Comptes rendus vom 26. April 1852.) Zimmeröfen nach neuem Princip zur Brennmaterial-Ersparung. Der Mechanikus Hr. Friedrich Flor jun. in Augsburg hat ein neues Princip bei der Construction der Zimmeröfen angewandt. Bei seinem Heizapparat strömen die Flammen und heißen Gase, welche von dem in der obern Hälfte des Ofens (unter einer Kochröhre) angebrachten Feuerherde ausgehen, abwärts in den untersten Raum des Ofens, und ziehen von da durch eine senkrechte Rauchröhre in den Schornstein ab; nach dem für die Luftcirculation angenommenen neuen Princip wird die zu erwärmende Zimmerluft in solcher Weise an den Leitungsröhren für die durch das Brennmaterial unmittelbar erhitzte Luft hingeführt, daß die letztere nur mit der für den Zug durchaus nothwendigen höheren Temperatur in den Rauchfang entweicht und alle ihre übrige Wärme an die circulirende Zimmerluft abgibt. Dieser Ofen ist deßhalb ganz geeignet, seinen Zweck mit dem möglich geringsten Aufwand von Brennmaterial zu erreichen, und wird, in einer dem zu heizenden Raum entsprechenden Größe ausgeführt, allen Anforderungen genügen, welche mit Berücksichtigung des Materials, aus welchem er hergestellt wird, an ihn gemacht werden können. Das neue Princip kann bei jeder Heizung angewendet werden, z. B. bei großen Luftheizungen, Darren für Bierbrauereien etc. Ein in einer hiesigen Fabrik im Gebrauch befindlicher derartiger Ofen gibt die mit 9° R. einströmende Luft auf 200° R. erhitzt in das Zimmer ab. Die unter der Leitung Sachverständiger hier angestellten Versuche haben ergeben, daß bei den nach dem neuen Princip construirten Zimmeröfen im Vergleich mit den besten gegenwärtig gebräuchlichen Oefen 30 bis 40 Procent an Brennmaterial erspart werden; mit 7 Pfd. Buchenholz wurden in einem solchen Ofen 3200 (bayer.) Kubikfuß Luft, nämlich der cubische Inhalt eines Zimmers, von 10° auf 18° R. erwärmt, und dabei im Kochrohr 2 Pfd. Ochsenfleisch gesotten und im Bratrohr 3 Pfd. Kalbfleisch gebraten. Die nach dem neuen Princip construirten Oefen, sowohl irdene als eiserne, kommen unbedeutend theurer zu stehen als die bisherigen, und können von kleinerem Volum hergestellt werden. Nachdem die Erfindung in sämmtlichen deutschen Staaten patentirt ist, werden solche Oefen durch mebrere Eisengießereien etc. in den Handel gebracht werden. E. D. Kupferproduction in Rußland. Die Kupserhüttenwerke, welche Rußland besitzt, liegen in dem Ural, dem Altal, dem Kaukasus und Finnland vertheilt. Die jährliche Production an Rohkupfer beträgt daselbst: Hütten, die zur Krone gehören 16,000 Puds Hütten von Perm 15,000 Hütten von Bogosloff 15,000 Hütten am Altaï 16,000 Hütten, welche Privaten gehören: Hütten von Perm 90,000 Hütten von Tahil 60,000 den ebengenannten nahegelegene Hütten 10,000 Hütten in Finnland 12,000 Hütten am Kaukasus 3,000 ––––––––––––––––––––– Summe 175,000 Puds. Man kann also das Kupfer, welches jährlich in Rußland gewonnen wird, auf 200,000 Puds anschlagen. Das Quantum kann sich sogar über 330,000 Puds belaufen, wenn die Production der Hütten von Tahil in der Folge bei demselben Verhältniß stehen bleibt, wie sie 1848 war. Während des Zeitraums von 1845 bis 1847 betrug die Kupferausfuhr aus Rußland: Verkehr mit Europa, Asien. Summe (Puds) Im Jahre 1845 73,792 9,171 82,993 1846 119,105 7,541 126,645 1847 126,101 7,012 133,113 Das Mittel zwischen der Ausfuhr von diesen drei Jahren belief sich auf 114,240 Puds. Nehmen wir an, der Durchschnittspreis per Pud sey 9 Rubel, so kann der Ertragswerth des außer Landes gezogenen Metalls auf 1 Million geschätzt werden. Die Ausfuhr fand besonders nach Frankreich, der Türkei und Persien statt. (Annales des mines, 4te Reihe, Bd. XX S. 675.) Bereitung der Molybdänsäure und der Wolframsäure zu technischen Zwecken. Um die Molybdänsäure aus Gelbbleierz (molybdänsaurem Bleioxyd) zu bereiten, schmelze ich gleiche Theile gepulvertes Erz und (calcinirte) Soda in einem eisernen Tiegel, gieße das wolframsaure Natron vom ausgeschiedenen metallischen Blei und der Glätte ab, und löse ersteres in heißem Wasser zu einer concentrirten Lauge; letztere wird mit überschüssiger Salpetersäure versetzt und gekocht, bis sich die Molybdänsäure als schön hellgelber Niederschlag ausgeschieden hat; derselbe beträgt beiläufig den dritten Theil vom Gewicht des angewandten Erzes. — Auf dieselbe Weise bereite ich Wolframsäure aus dem Wolfram (wolframsauren Gisenmangan); um die Säure aber schön gelb zu erhalten, fälle ich das wolframsaure Alkali mit Chlorcalcium und zersetze dann den wolframsauren Kalk mit heißer Salzsäure oder Salpetersäure. K. Christl. Färben des Kautschuks. Hr. Breard in Paris färbt den Kautschuk, indem er dünne Platten desselben in einen Absud von Lohe oder Galläpfeln einweicht; er schlägt auch vor, sich eines mit schwefliger Säure gesättigten Wassers zu bedienen und dasselbe hernach durch eine Mischung von gleichen Theilen Holzsäure und rothem Wein (oder geistiger Alkannawurzel-Tinetur) zu ersetzen. Diese Präparate ertheilen dem Kautschuk eine Farbe, welche die Nüance der Haut ist; man muß ihn aber in diesen Lösungen aufbewahren, sonst nimmt er seine braune Farbe wieder an. (Génie industriel, Mai 1852, S. 279.) Ueber Verfälschungen des schwefelsauren Chinins und dessen Prüfung. Von Dr. Zimmer. Der hohe Preis der ächten bolivianischen China Calissaya, veranlaßt durch das bekannte Ausfuhrmonopol, hat uns aus andern Distrieten Chinarinden zugeführt, deren Qualität von der der Calissaya sehr abweicht, indem dieselbe vorzugsweise Chinidin enthalten. Ihrer ungleich größern Billigkeit halber sind diese Rinden, ohne Rücksicht auf den vorhandenen Gehaltunterschied, in vielen Chininfabriken rasch in Anwendung gekommen, so daß wir bereits Massen chinidinhaltigen Chinins im Handel sehen, was das Präparat auf eine beispiellose Weise entwerthet hat. Durch die Elementaranalyse, die Eigenthümlichkeit einiger Salze, und erhebliche Reactionsunterschiede ist die früher bezweifelte Existenz dieses dritten China-Alkaloides entschieden festgestellt, und es unterliegt keiner Frage mehr, daß das Chinidin, mit demselben Rechte wie Cinchonin, vom Chinin unterschieden werden muß. — Schon im Aeußeren unterscheidet sich schwefelsaures Chinidin von schwefelsaurem Chinin durch seine größere specifische Schwere und weniger flockige Krystallisation. Es verliert in trockner warmer Luft sein Krystallisationswasser, ohne zu verwittern oder sein krystallinisches Ansehen zu verlieren; ferner ist es in kaltem Wasser sowohl als in absolutem Weingeist bei weitem löslicher, als schwefelsaures Chinin. Eine der unterscheidendsten Eigenschaften der drei in Frage kommenden Alkaloide — nämlich ihr Verhalten zu Aether — gibt uns ein Mittel an die Hand, das Cinchonin sowohl, als das Chinidin in Mischungen mit Chinin mit Leichtigkeit nachzuweisen. Schon Schweitzer hat sich des Aethers zur Entdeckung des Cinchonins bedient, und sein Verfahren hat seitdem mit Recht in den meisten Lehrbüchern Aufnahme gefunden, indem es seinem Zwecke vollkommen entspricht; denn Cinchonin ist bekanntlich in Aether fast unlöslich und darum die vorgeschriebene große Menge des letzteren ohne Nachtheil. — Nicht so verhält es sich mit Chinidin, doch ist die Löslichkeit desselben in Aether im Vergleich mit Chinin immerhin sehr gering: es lösen fich nämlich mindestens 10 Gran reines schwefelsaures Chinin in 60 Tropfen Aether und 20 Tropfen Salmiakgeist, während sich in der gleichen Menge dieser Flüssigketten nur 1 Gran schwefelsaures Chinidin löst; es wird sich also von chinidinhaltigem Chinin stets entsprechend weniger als von reinem schwefelsaurem Chinin lösen. Gestützt auf diese Thatsache, kann ich nun folgendes einfache und jedermann zugängige verfahren zur Prüfung auf Chinidin und Cinchonin empfehlen: Man wäge von dem zu untersuchenden Salze genau 10 Gran ab, bringe solche in ein starkes Probirröhrchen, wozu man einen gutschließenden Korkstopfen zu Hand hat, setze 10 Tropfen verdünnte Schwefelsäure (1 Thl. Säure auf 5 Thl. Wasser) und 15 Tropfen Wasser zu und erwärme gelinde, um die Auflösung etwas zu beschleunigen. — Ist diese erfolgt und alles wieder vollständig erkaltet, so bringe man 60 Tropfen gewöhnlichen officinellen Schwefeläther und sodann 20 Tropfen officinellen Salmiakgeist hinzu, und schüttele tüchtig um, wobei man das Gläschen nur mit dem Daumen verschließt. Darauf verstopfe man dasselbe gut, und rüttle nur von Zeit zu Zeit wenig, damit die Luftblasen leichter die Aetherschicht durchdringen. War das der Prüfung unterworfene Salz frei von Cinchonin und Chinidin, oder enthielt es von letzterem nicht über 10 Procent, so hat sich alles vollständig gelöst, und es werden sich auf der Berührungsfläche der beiden klaren Flüssigkeitsschichten nur die etwa in dem Chinin enthaltenen mechanischen Unreinigkeiten abscheiden (in welcher Beziehung die verschiedenen — wenn auch chemisch reinen — Sorten des Handels etwas von einander abweichen). — Nach längerer Zeit wird die ganze Aetherschicht fest, gallertartig, wo dann keine weitere Beobachtung mehr möglich ist. Aus dem vorhin über die Löslichkeit des Chinidins in Aether Gesagten erhellt, daß die 10 Gran des der Prüfung unterworfenen Salzes 1 Gran Chinidin enthalten können, und doch noch eine vollständige Lösung mit Aether und Ammoniak erfolgen wird. In diesem Falle wird aber das Chinidin in der Aetherschicht bald zu krystallisiren beginnen. — Noch bestimmter kann man die letzte Spur von Chinidin nachweisen, wenn man sich zu dem Versuche, statt des gewöhnlichen Aethers, eines solchen, der bereits mit reinem Chinidin gesättigt ist, bedient, indem dann alles in dem Salze enthaltene Chinidin ungelöst bleiben muß. Es ist namentlich bei diesem letzteren Versuche nöthig, sogleich nach stattgcfundenem Umschütteln zu betrachten, ob sich alles gelöst hat; denn bei der großen Neigung des Chinidins zum Krystallisiren wird sich dasselbe alsbald wieder krystallinisch ausscheiden, was zu Täuschungen veranlassen könnte. War dagegen mehr als 1/10 Chinidin oder Cinchonin zugegen, so bleibt auf der Gränze der beiden Flüssigkeitsschichten ein ungelöstes Pulver zurück. — Bei Gegenwart von Chinidin wird sich dieses auf Zusatz einer entsprechend größern Menge Aether lösen, während Cinchonin ungelöst bleibt. Es ist noch ausdrücklich zu bemerken, daß die Nothwendigkeit einer Prüfung des schwefelsauren Chinins auf andere betrügerische Beimischungen durch die eben besprochene Untersuchung nicht aufgehoben ist. Man hat sich deßhalb noch besonders von der Abwesenheit unorganischer Substanzen zu überzeugen, was durch anhaltendes Glühen auf Platinblech oder einfacher durch Auflösen fraglichen Salzes in Alkohol geschieht. Bei Gegenwart von Gyps, Kreide, Magnesia u. s. w. würden dieselben ungelöst bleiben; Boraxsäure würde dagegen in dem Alkohol aufgelöst, an der grünen Flamme erkannt werden, mit der die Auflösung brennt. Die Abwesenheit organischer Substanzen, wie Salicin, Zucker, Stärkmehl, Stearinsäure u. s. w. wird durch die ohne Färbung in der Kälte erfolgende Auflösung in reiner concentrirter Schwefelsäure erkannt Es ist rathsam, die Schwefelsäure einige Stunden lang einwirken zu lassen. Endlich können noch Ammoniaksalze an dem, beim Uebergießen des fraglichen Salzes mit Aetzkalilauge, fich verbreitenden ammoniakalischen Geruche erkannt werden. (Buchner's neues Repertor. für Pharmacie, Bd. I, S. 142.) Ueber eine inländische Cochenille, welche auf der Saubohne lebt; von Guérin-Mèneville. Ich habe im vorigen Jahr im südlichen Frankreich eine neue Cochenille-(Schildlaus-) Art entdeckt. Wenn man diese Cochenille (Coccus fabae) so probirt, wie die im Handel vorkommende Cochenille, nämlich sie auf Leinwand oder Papier zerdrückt, so gibt sie eine so satte rothe Farbe, daß man glauben sollte, sie enthalte eben so viel Farbstoff als die fremde Cochenille. Sehr beachtenswerth ist, daß es möglich wäre ihre Zucht industriell zu betreiben und regelmäßige Ernten von ihr zu erhalten. Sie lebt auf der Saubohne und zwar so zahlreich, daß ich in einigen Stunden durch Abbürsten der mit diesen Cochenillen bedeckten Pflanzen über einem Tuch eine ziemlich große Menge dieser Insecten sammeln konnte. Ich behandelte sie wie die Cactusschildlaus mittelst Abtödtens in siedendem Wasser und nachherigen Trocknens an der Sonne. Die so erhaltenen Muster haben viel Aehnlichkeit mit der im Handel vorkommenden Cochenille, und es ist daher wünschenswerth daß Färbeversuche damit angestellt werden. Bei dem mit den lebenden Thierchen in Paris fortgesetzten Studium ihrer Lebensweise fand ich, daß die von ihnen im Herbst gelegten Myriaden Eier im Winter auskrochen und die jungen Thierchen, ohne Nahrung zu sich zu nehmen, leben können, um den Augenblick abzuwarten wo sie stch auf die Pflanzen begeben. In St. Tulle konnte ich ihre Zucht in ziemlich großem Maaßstab versuchen, und ich hoffe in diesem Jahre eine hinlänglich große Ernte für Färbeversuche im Großen zu machen. Sehr seltsame Schmarotzerthierchen wurden diesen Winter auf dieser Cochenille entdeckt, die zu interessanten wissenschaftlichen Beobachtungen Anlaß geben dürften. (Comptes rendus, März 1852, Nr. 9.) Seidenzucht in Deutschland. Eine sehr empfehlungswerthe gedrängte Anleitung zum vortheilhaftesten Betriebe der Seidenzucht, für das große, mit diesem Industriezweig nicht vertraute Publicum berechnet, erschien unter dem Titel: „Die Seidenzucht in Deutschland, ihre Behandlung und Vortheile, von H. W. Landgrebe. Mit Holzschnitten. Kassel 1852. Verlag von G. C. Vollmann.“ Den Verfasser veranlaßte zur Herausgabe dieser Schrift zunächst die durch fünfzehnjährigen eigenen Betrieb des Seidenbaues gewonnene und durch Reisen und Beobachten in Seidenbau treibenden Ländern befestigte Ueberzeugung, daß dem Gedeihen und der Einführung dieses edlen und einträglichen Erwerbszweiges in unserem Vaterlande weder Klima noch Boden, sondern lediglich Vorurtheil und Mangel an Einsicht und Energie hindernd im Wege stehen.