Titel: Der Zucker-Verdampf- und Koch-Apparat von Norbert Rillieux; beschrieben vom Ingenieur B. Dureau in Paris.
Fundstelle: Band 126, Jahrgang 1852, Nr. VIII., S. 22
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VIII. Der Zucker-Verdampf- und Koch-Apparat von Norbert Rillieux; beschrieben vom Ingenieur B. Dureau in Paris. Aus Armengaud's Génie industriel, 1852, Nr. 1. Mit Abbildungen auf Tab. I. Rillieux's Zucker-Verdampf- und Kochapparat. Von den verschiedenen Systemen, welche man bisher zum Abdampfen des Zuckerrohrsaftes anwandte, geben nur zwei gute Resultate, nämlich 1) das gänzliche Verkochen im Vacuum und bei hohem Druck (Apparat von Degrand oder von Derosne und Cail); 2) das gänzliche Verkochen im Vacuum und bei niederm Druck (Apparat von Rillieux). Ich habe mich selbst in Louisiana überzeugt, daß Zuckerrohr aus neuem Boden, welches bekanntlich viel Salze enthält, nur Melasse liefern kann, wenn man den Saft in offenen Pfannen abdampft, während derselbe Saft, im Vacuum behandelt, nicht bloß krystallisirbaren Zucker liefert, sondern auch Syrupe welche 40 bis 50 Proc. guten Zucker zweiter Krystallisation geben. Der Apparat von Rillieux beruht auf der Anwendung der latenten Wärme des Wasserdampfs, welcher beim Verdampfen des Rohrsafts und beim Verkochen des aus diesem Saft erhaltenen Syrups im Vacuum entweicht; dadurch wird eine beträchtliche Menge Wärmestoff benutzt, welcher bei den offenen Pfannen ganz verloren geht, oder nur auf unvollkommene Weise und unter dem atmosphärischen Druck verwendet wird, wie bei Degrand's Apparat. Das Princip des Apparats von Rillieux ist nicht neu, aber die Anwendung desselben zur Zuckerfabrication und die sinnreichen Anordnungen wodurch sich der Apparat auszeichnet, bilden eine wahrhaft originelle und schätzbare Erfindung, worauf Hr. Rillieux zuerst im Jahr 1843 ein Patent nahm, welchem ein Patent für Verbesserungen im December 1846 nachfolgte. Aber erst seit dieser Zeit gelang es nach zahlreichen Proben und Versuchen den guten Erfolg des Apparats ganz sicher zu stellen. Dieser Apparat besteht aus drei oder vier cylindrischen Pfannen (Kesseln)Bei dem Apparat mit drei Pfannen wirkt der Dampf nur zweimal, man kann ihn daher doppeltwirkenden Apparat nennen. Dreimal wirkt der Dampf in dem Apparat mit vier Pfannen. von Eisenblech, welche bei 3 1/2 Fuß Durchmesser 10 Fuß lang sind; sie liegen parallel neben einander, an jedem Ende auf einer gußeisernen Säule, in deren Innerem der Dampf circulirt, welcher von einer Pfanne in die anderen mittelst eines Systems von Ventilen und Röhren übergeht. Jede dieser Pfannen ist mit einem Dom versehen und hat daher einige Aehnlichkeit mit einem Locomotivenkessel. Beschreibung des Apparats mit vier Pfannen. Nachdem der Rohrsaft geklärt und durch eine sechs Fuß hohe Schicht Knochenkohle filtrirt worden ist, läuft er in ein eisernes Reservoir, aus dem er in die erste Pfanne A mittelst eines Rohrs gepumpt wird, welches in den hinteren Theil der Pfanne mündet. Dieses Rohr ist mit einem Sperrhahn versehen, welchen der Arbeiter an der Vorderseite des Apparats mittelst eines Griffs öffnen oder schließen kann; indem er diesen Griff mehr oder weniger dreht, kann er die Speisung dieser Pfanne reguliren. Am Vordertheil derselben Pfanne ist ein anderes Rohr c, Fig. 28, welches den Rohrsaft zum Hintertheil der zweiten Pfanne B führt; auf diesem Rohr und unter der zweiten Pfanne befindet sich ebenfalls ein Sperrhahn, welchen man mittelst des Griffs e dreht; von diesem Hahn führt ein anderes Rohr e' zum Hintertheil der Pfanne C den Rohrsaft, welcher bereits die Dichtigkeit von 15° Baumé erreicht hat;Auf der Tafel ist nicht der ganze Apparat mit seinen vier Pfannen abgebildet; man braucht sich aber nur vorzustellen, daß nach den zwei ersten Pfannen noch zwei Pfannen C und D angebracht sind. endlich führt von der Pfanne C ein anderes mit Hahn versehenes Rohr zu einer Pumpe, welche den Syrup (der nun 28° B. zeigt) in zwei Koch- oder Klärpfannen hinauftreibt. In diesen Klärpfannen, welche mittelst Schlangenröhren geheizt werden, wird der Syrup auf den Kochpunkt gebracht, dann sorgfältig abgeschäumt; von da geht er ein zweitesmal durch die Kohlenfilter G, G, und lauft in einen besondern Behälter H, Fig. 27, um die vierte Pfanne D zu speisen welche die Verkochpfanne ist. Wir wollen nun den Gang des Dampfes verfolgen. Der in der Hochdruck-Dampfmaschine benutzte Dampf gelangt durch das Rohr I, Fig. 28 und 27, zur ersten Pfanne A. Unter diesem Rohr ist ein anderes K, welches nöthigenfalls directen Dampf aus den Dampfkesseln zubringt, überdieß sowohl die erwähnten Klärpfannen (Kochpfannen E, E) als die kleine Maschine L zum Treiben der Pumpen speist. M (Fig. 27) ist ein Ventil, welches die zwei Dampfröhren in Communication setzt und mittelst dessen man directen Kesseldampf – wenn solcher außer dem in der Dampfmaschine benutzten Dampf zum Verdampfen des Saftes erforderlich ist – in das Rohr I gelangen läßt. Der Dampf welcher beim Verdampfen des Safts in der Pfanne A erzeugt wird, zieht in dem Rohr h (Fig. 29 und 30) in die Säule i hinab, dann in das gußeiserne Gehäuse K. Ein Theil dieses Dampfs steigt wieder in der Säule hinauf, um die zweite Pfanne B zu speisen, zieht durch ein horizontales Rohr, dann in eine andere Säule, um die Verkochpfanne D zu speisen. Der Dampf welcher vom Saft in der zweiten Pfanne B erzeugt wird, zieht in die Säule n, in das Gehäuse K' und in der folgenden Säule hinauf, um die Pfanne C ins Sieden zu bringen. Der Dampf von C, D zieht in zwei Säulen und gelangt durch ein horizontales Rohr in den Condensator S, wo er mittelst eines Wasserstrahls verdichtet wird. Das Vacuum wird mittelst einer sehr kräftigen Luftpumpe T unterhalten. Das Condensationswasser der ersten Pfanne A lauft durch das Rohr t (Fig. 30) in einen gußeisernen Kasten unter der Bodenplatte der Maschine hinab, von wo es eine Druckpumpe in die Dampfkessel zurück treibt. Das Condensationswasser der zweiten und dritten Pfanne (nämlich der verdichtete Dampf des Safts in diesen Pfannen) lauft in ein besonderes Rohr ab, welches mit Zweigröhren und Regulirventilen versehen ist, um sich in die kleine Luftpumpe u zu begeben, welche es in eine Kufe hinauftreibt, von wo es als Waschwasser für alle Reinigungsoperationen abgelassen wird (wegen seiner ätzenden Eigenschaften kann es nicht zum Speisen der Dampfkessel benutzt werden). Beschreibung des Apparats mit drei Pfannen. Bei Anwendung dieses Apparats pumpt man den Rohrsaft in die erste Pfanne A; aus dieser gelangt er in die dritte C; die zweite mit B bezeichnete Pfanne fällt weg. Aus der Pfanne C wird der Saft mittelst der Pumpe in die Koch- oder Klärpfannen geschafft, worauf er denselben Weg macht, wie bei dem vorher beschriebenen Apparat mit vier Pfannen. Der benutzte Maschinendampf und der directe Dampf der Dampfkessel werden in die erste Pfanne mittelst des erwähnten Ventils M gelassen; der Dampf welchen der in dieser Pfanne enthaltene Saft erzeugt, speist die Pfanne C und die dritte Pfanne D, während die Dämpfe welche sich aus dem Syrup und dem Saft entwickeln, wie bei dem vorigen Apparat in den Condensator übergehen. Das Condensationswasser der zweiten Pfanne C und der dritten D lauft ebenfalls in die sogenannte kleine Luftpumpe ab. Da die Verdampfung in diesem Apparat größtentheils mittelst des verbrauchten Maschinendampfs bewerkstelligt wird, so muß die Zuckermühle stets mit gleichförmiger Geschwindigkeit und regelmäßiger Beschickung mit Zuckerrohr in Betrieb erhalten werden; da anderseits die Kraft der Dampfmaschine durch die Differenz des Drucks zwischen dem Dampf in den Kesseln und dem Dampf im Ausblaserohr regulirt wird, welche Differenz man durch das aus dem Hebel des Ventils M angebrachte Gewicht bestimmen kann, so ergibt sich, daß man durch größere oder geringere Belastung dieses Ventils den effectiven Dampfdruck so zu adjustiren vermag, daß die Mühle genau die zur Speisung des Apparats erforderliche Saftmenge liefert, also die Klärpfannen, die Filter und der Behälter des filtrirten Safts beständig gefüllt sind. Der Rohrsaft lauft von der Mühle in die Klärpfannen, von da in die ersten Filter (Rahmenfilter) und dann in die Kohlenfilter, in demselben Verhältniß als er von der Mühle kommt, um dann die erste Pfanne, hierauf die zweite oder dritte zu speisen, bis er die Dichtigkeit von beiläufig 28° Baumé erreicht; nachdem er diesen Grad erreicht hat, wird er mit derselben Regelmäßigkeit mittelst der Pumpe aufgesogen, um neuerdings die Knochenkohle zu passiren. Dieser Apparat ist leicht zu dirigiren; der Arbeiter muß nur besorgt seyn, den Saft und den Syrup in der ersten und in der zweiten Pfanne auf dem geeigneten Niveau zu erhalten, so daß der Syrup in der zweiten oder dritten Pfanne keine größere Dichtigkeit als 29° B. erreicht; hierzu genügt es den Speisehahn zu reguliren und den Dampfdruck der Menge oder der Dichtigkeit des zu verdampfenden Safts anzupassen. Das Condensationswasser der Klärpfannen kehrt nicht direct in die Dampfkessel zurück; es begibt sich in das Dampfgehäuse der ersten Pfanne; das Rohr welches es dahin leitet, ist mit einem Dreiweghahn versehen, damit man bei momentaner Unterbrechung der Verdampfung es direct der Speisepumpe zuführen kann, ohne die Klärpfannen außer Thätigkeit zu setzen. Wie man leicht sieht, wird bei dem Apparat von Rillieux aller in den Kesseln erzeugte Dampf – mit Ausnahme des kleinen Theils welcher wegen Undichtheit der Stopfbüchsen und Sicherheitsventile entweicht – vollständig verdichtet und benutzt, wodurch der Erfinder eine große Ersparniß an Brennmaterial realisirte; die Anwendung der latenten Wärme ist bei diesem Apparat auf einen bisher nicht erreichten Grad von Vollkommenheit gebracht. Bemerkungen über den Apparat von Rillieux. Es kann der Fall eintreten, daß es an Rohrsaft fehlt oder daß die Verdampfung sehr schnell geschieht; alsdann muß man die zwei ersten Pfannen außer Gang setzen, indem man alle Ventile schließt und den Dampf absperrt; um aber dennoch aus dem verbrauchten Maschinendampf Vortheil zu ziehen, leitet man diesen Dampf sämmlich auf die Verkochpfanne, was die Verdampfung des Syrups sehr beschleunigt; man braucht dann zu einem Verkochen nur noch zwei Stunden, anstatt vier. Die Ventile durch welche das vom Dampf des Rohrsafts erhaltene Condensationswasser zurückgeleitet wird, erheischen viel Aufmerksamkeit. Wenn man sie nicht mit Sorgfalt regulirt, kann es geschehen daß der Dampf, in Folge seiner schwachen Spannung, gänzlich in eine der Pfannen strömt und die andere keinen empfängt, daher vollständig außer Gang kommt; die Größe der Ventilöffnungen läßt sich nur durch Erfahrung bestimmen. Häufig kommt es vor, daß das Dampfgehäuse auf welchem die Säulen stehen, sich mit Condensationswasser füllt und daß der Dampf des Rohrsafts nicht mehr circuliren kann; um diesen Uebelstand zu vermeiden, muß man das Gehäuse täglich mehrmals reinigen. Manchmal findet man in demselben Zucker, weil der Sudmeister den Saft steigen ließ oder seine Pfanne zu hoch anfüllte; anstatt sich auf die Sorgfalt desselben verlassen zu müssen, wäre es daher wünschenswerth daß an dem Apparat ein Sicherheitsgefäß angebracht würde. Die erste Pfanne des Apparats kann als der Dampferzeuger der zwei anderen betrachtet werden; wie bei jedem Generator ist daher der Druck veränderlich, und je nach der Dichtigkeit des Rohrsafts oder dem verbrauchten Maschinendampf ist er mehr oder weniger stark; bisweilen beträgt der Druck in der ersten Pfanne 1/8 oder 1/10 Atmosphäre, und manchmal besteht darin ein Vacuum. Damit der Druck nicht zu stark werden kann, ist die erste Pfanne mit einem Federventil versehen, welches sich von selbst öffnet, und daher den Sudmeister sogleich benachrichtigt wenn ein Ueberschuß von Druck stattfindet. Dasselbe Ventil dient um das Vacuum in dieser Pfanne aufzuheben. Die zwei oder drei anderen Pfannen besitzen ein ähnliches Ventil, welches am Vordertheil im Bereich der Hand des Sudmeisters angebracht ist. Der Syrup darf niemals über 28 bis 29° Baumé verdampft werden, nicht nur weil dieser Grad der geeignete zum Filtriren über Knochenkohle ist, sondern hauptsächlich weil bei diesem Grad die im Syrup zu verdampfende Wassermenge nicht mehr groß genug ist um allen Dampf zu absorbiren, welcher sich aus dem Rohrsaft entwickelt; in diesem Falle zeigt sich ein schwacher Druck in der ersten Pfanne, welcher den Sudmeister benachrichtigt daß die Syruppfanne neuen Saft erfordert. Hr. Rillieux glaubte zwei kleine Kochpfannen (Klärpfannen) anbringen zu müssen, um den Syrup, welcher aus der zweiten Pfanne kommt, auf den Kochpunkt zu bringen und ihn abzuschäumen ehe man ihn die Filter passiren läßt; ich habe mich aber durch die Erfahrung überzeugt, daß er sich in dieser Hinsicht täuschte. Diese Operation färbt den Syrup, und der Vortheil welchen das Abschäumen gewährt, ist kein genügender Ersatz für jenen Nachtheil. In der Zeichnung sind diese zwei Klärpfannen nicht abgebildet. Es wäre viel zweckmäßiger, die Operation des Abschäumens durch eine vollständige Klärung zu ersetzen, wie es in den Rübenzuckerfabriken geschieht, aber diese Operation ist bei den Pflanzern in Louisiana nicht immer möglich. Gewöhnlich braucht man zu einer Verkochung vier Stunden; wenn der Rohrsaft 8 bis 9° B. wiegt, so ist der Dampfkessel beständig in Gang; ist der Saft schwächer, so wird der Kesseldampf weniger in Anspruch genommen und man verwendet ihn daher noch zum Verkochen des Syrups vom Zucker erster Krystallisation, welcher mittelst dieses Apparats einen Zucker liefert, der sich hinsichtlich der Farbe vom ersten wenig unterscheidet. Ich habe die Syrupe verarbeitet, und nie über 30 Procent grünen Syrup erhalten, welcher noch einen dritten Zucker liefern kann. Der Apparat von Rillieux eignet sich besonders für das Verkochen zu Korn, welches System seit einigen Jahren in allen Zuckerfabriken von Louisiana eingeführt ist. Die Pflanzer benutzen dabei ein Reinigungsverfahren, welches die Centrifugalapparate ersetzt; sie verwenden nämlich Saugapparate (tigers), um mittelst des Vacuums das Ablaufen des grünen Syrups und des Klärsels zu befördern. Wenn man in dem Apparat von Rillieux einen hinreichend entfärbten Syrup körnt, so erhält man mittelst eines einzigen Klärsels einen ganz weißen Zucker, welchen man 24 Stunden nach dem Ausquetschen des Saftes aus dem Rohr verkaufen kann. Der beschriebene Apparat besteht ganz aus Eisenblech, was keinen Nachtheil bringt, weil er ununterbrochen in Gang bleibt und nicht Zeit hat sich zu oxydiren. Jede Pfanne ist übrigens mit einem Hahn versehen, durch welchen man Dampf behufs der Reinigung einströmen lassen kann. Dieser Apparat verbraucht um die Hälfte weniger Brennmaterial als derjenige von Degrand. Es ist Thatsache, daß ein Pflanzer in Louisiana, wenn die Ernte gut ist, mit dem Apparat von Rillieux in einem Jahre das ganze in seiner Maschinerie steckende Capital tilgen kann.Hr. Rillieux ist zu New-Orleans geboren; sein Apparat wurde für das Königreich Preußen dem Hrn. A. Tischbein in Buckau bei Magdeburg patentirt.A. d. Red.

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