Titel: Ueber eine Vereinfachung der Construction und des Gebrauchs der stationären Barometer; von L. G. Treviranus.
Autor: Ludwig Georg Treviranus [GND]
Fundstelle: Band 126, Jahrgang 1852, Nr. XVIII., S. 90
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XVIII. Ueber eine Vereinfachung der Construction und des Gebrauchs der stationären Barometer; von L. G. Treviranus. Mit Abbildungen auf Tab. III. Treviranus, über eine Vereinfachung der Construction und des Gebrauchs der stationären Barometer. Das Barometer hat, seitdem es von Toricelli erfunden wurde, wie aus den Lehrbüchern der Physik, unter andern aus dem neueren Werke von Dr. J. Ferdinand Heßler, Wien 1852, ersichtlich ist, je nach dem Zweck, zu welchem es insbesondere dienen sollte, mancherlei Veränderungen in seiner Form und Einrichtung erlitten, wovon indessen nur wenige als wirkliche Verbesserungen anerkannt und beibehalten worden sind. Von den noch im allgemeinen Gebrauch befindlichen Barometern lassen sich drei Arten unterscheiden: 1) Das Gefäß-Barometer ist das ursprünglich Toricelli'sche; es besteht aus einem einfachen geraden, mit dem Quecksilber gefüllten Glasrohre, dessen unteres Ende in einem ebenfalls, jedoch nur zum Theil mit Quecksilber gefüllten Gefäße eintaucht. 2) Das Heber-Barometer besteht aus einer Glasröhre, die unten aufwärts gebogen ist und zwei nebeneinander liegende parallele Schenkel von ungleicher Länge bildet, wobei Erforderniß ist, daß beide Schenkel, soweit sich die Veränderungen in den Quecksilberstand erstrecken, genau gleichweit seyen. 3) Das Flaschen-Barometer, eine Glasröhre, welche ebenfalls unten aufwärtsgebogen und an diesem Ende mit einer Flasche, gewöhnlich in der Form einer Kugel, einer Birne, mitunter auch eines Cylinders, als Behälter für den nöthigen Ueberschuß von Quecksilber, versehen ist. Die beiden zuerst genannten Barometer sind gegenwärtig, besonders für reisende Naturforscher, so sicher und complet eingerichtet, daß sich an diesen Instrumenten schwerlich noch wesentliche Verbesserungen dürften machen lassen. Als Reisebarometer wüßte ich demnach gar nichts daran auszusetzen. Beide Barometer führen jedoch bekanntlich die Unbequemlichkeit mit sich, daß es, um über den jedesmaligen Barometerstand zu einem verläßlichen Schluß zu kommen, nicht genügt das Absehen nur regelrecht auf die Kuppe der Quecksilbersäule einzurichten, und demnächst, mittelst des Nonius, an der Scala den Barometerstand abzulesen, sondern auch der Stand des Quecksilbers, beim Gefäß-Barometer in dem Behälter, beim Heber-Barometer in dem kurzen Schenkel, dabei in Anschlag kommt; im ersten Falle der Quecksilberspiegel erst auf ein bestimmtes festes Zeichen gerichtet, im letzteren ermittelt werden muß: um wieviel die Kuppe des Quecksilbers im kurzen Schenkel unter den 0 Punkt der Scala, und um wieviel sie im längeren Schenkel darüber liegt, so daß in diesem Fall erst die Summe beider Maaße den Barometerstand für die stattfindende Temperatur ergibt. Lassen sich nun diese Umständlichkeiten und Unbequemlichkeiten bei den Reisebarometern auch nicht vermeiden, so hoffe ich doch darzuthun, daß es bei den stationären Barometern, namentlich bei den Gefäß- und den Flaschen-Barometern, oder den sogenannten Wettergläsern, durch eine verkürzte Scala und ein dazu correspondirendes Verhältniß des Querschnitts vom Rohr zum Querschnitt des Gefäßes oder der Flasche möglich ist, so daß, wenn Alles regelrecht angefertiget und die Scala ein für allemal richtig befestigt ist, man auf den Stand des Quecksilbers in dem Behälter gar keine Rücksicht mehr zu nehmen braucht, sondern er sich von selbst regulirt, somit die bloße Beobachtung des Barometerstandes an der Scala auch gleich den richtigen Stand gibt. Daß übrigens bei genau seyn sollenden Beobachtungen die Reduction der gefundenen Barometerhöhen auf eine gewisse Temperatur noch wie gewöhnlich stattzufinden hat, glaube ich kaum bemerken zu müssen. Hiezu gehört also auch die Zugabe im Barometerstand, entsprechend der Capillar-Depression des Quecksilbers; rückt man übrigens die Scala um so viel höher, als dieser constante Fehler nach Poisson's Untersuchungen ausmacht, dann ist der Gebrauch des Barometers noch weiter vereinfacht, und man hat bloß noch den Einfluß der Temperatur in Rechnung zu bringen. In Fig. 1 ist ein verbessertes Wetterglas in Naturgröße und im Verticaldurchschnitt, nur des Raums wegen mit abgebrochenem Rohr, abgebildet, sammt den verschiedenen Hülfslinien und Maaßen, um augenscheinlich zu machen, daß bei einer cylindrischen Form der Flasche, deren Weite = 14,7, sowie die des Rohrs = 3''', also bei einem Verhältniß der Querschnitte = 3² : 14,7² = 1 : 24, für jeden Zoll wirklichen Steigens oder Fallens der Quecksilbersäule, die Abtheilungen der Scala 11 1/2''' betragen müssen. In Fig. 2 ist der untere Theil eines Gefäß-Barometers, ebenfalls im Verticaldurchschnitt, für ein 4''' weites Rohr sammt dem Schwimmer, zur Ermittelung der Höhe, auf welcher die Scala zu befestigen ist, dargestellt. Das Verhältniß der Querschnitte wurde wie vorher = 1 : 24 angenommen, wo sich dann, mit Berücksichtigung des Quecksilbers, welches durch die Wand der Glasröhre verdrängt wird, 20,1''' als Weite des cylindrischen Gefäßes ergaben. Uebrigens ist zu bemerken, daß das Verhältniß der Querschnitte = 1 : 24 durchaus kein Erforderniß ist, sondern eines Jeden Gutachten überlassen seyn kann, wiewohl unter der Voraussetzung, daß auf das gewählte Verhältniß bei der Eintheilung der Scala gebührende Rücksicht genommen wird. Wenn im Allgemeinen das Verhältniß des Rohrs zur Gefäß- oder Cylinderweite durch 1 : n ausgedrückt wird, so ergibt sich als Verhältniß der Querschnitts-Flächen 1 : n² = 1 : α. Beträgt nun die Variation im Barometerstand ein gewisses Maaß, steigt z.B. das Barometer um 1 Zoll, nach der Quecksilbersäule gerechnet, so sinkt das Quecksilber in dem Gefäße im umgekehrten Verhältniß der Querschnitte α : 1 = 1 : x = 1/α Theil eines Zolles. Die Theilung wird = α : (α – 1)/α kleiner als 1 Zoll. Nur wenn das Verhältniß α : 1 ein sehr bedeutendes, etwa = 250 : 1 wäre, dann könnte, wenn es sich sonst nicht um große Genauigkeit handelt, die Größe 1/α vernachlässigt werden, und 1 Zoll Steigen der Quecksilbersäule würde somit sehr nahe 1'' an der Scala entsprechen. Den Quecksilberspiegel des Gefäßes nimmt man in diesem Falle als unveränderlich an, mindestens für die wenigen Zolle, um welche der Barometerstand variirt. Ist indessen das Verhältniß α : 1 ein viel niedrigeres als vorher, etwa nur wie bei den zwei abgebildeten Barometern = 24 : 1, dann muß die Größe 1/α = 1/24 bei der Eintheilung der Scala mit in Anschlag kommen. Man argumentirt in diesem Fall: wenn beim Steigen des Barometers die Differenz der Höhen 1 Zoll betragen soll und hiezu das Sinken des Quecksilbers in dem Gefäße 1/24 eines Zolles beträgt, so braucht es (vom anfänglichen Quecksilberspiegel des Gefäßes gerechnet) im Rohr nur noch 1 – 1/24'' = 23/24'' = 11 1/2''' zu steigen, und soviel muß auch nur die Theilung der Scala per Zoll Steigung der Säule seyn. Oder soll, mit Bezug auf das Flaschen-Barometer Fig. 1, das Quecksilber von 26 auf 27'', also um 1'' = 12''' steigen, so wird bei dem Verhältniß α : 1 = 24 : 1, und 26'' als Norm der Höhe angenommen, von diesem Punkt bis auf den neuen Quecksilberspiegel herunter gemessen, die Höhe = 26'' + 12/24''', welche von 27'' subtrahirt, geben 11 1/2''' als wirkliche Steigung des Quecksilbers im Rohr, wie vorher. Soll das Quecksilber von 26 auf 28'' = 2'' = 24''' steigen, so sinkt der Quecksilberspiegel des Gefäßes von 26'' auf 26'' 1'''; für 2'' der Scala ergeben sich 28'' – 26'' 1''' = 23'''; per Zoll der Scala wieder 23/2 = 11 1/2''' u.s.w. Umgekehrt kann man auch den Schluß von einem höheren auf einen niedrigeren Barometerstand machen, und gelangt in Bezug auf die Eintheilung der Scala zu dem gleichen Resultate. Wer viele Barometer anzufertigen hat und einen ganz verläßlichen sogenannten Normal-Barometer besitzt, wird sich desselben mit Vortheil bedienen können, um die Scala der neuen Art Barometer damit übereinstimmend anzubringen; wem aber solch ein Normal-Barometer nicht zu gebote steht, der muß sich auf eine andere Art zu helfen suchen. Bei einem Barometer der gewöhnlichen Art, wobei sich fand, daß die Scala um mehrere Linien zu hoch am Brette befestigt war, hat mir ein Schwimmer der Art, wie er bei dem Gefäß-Barometer Fig. 2 gezeichnet ist, zur Berichtigung des Höhenpunktes der Scala gute Dienste geleistet. Er besteht unten aus einer durchlochten Scheibe a von weichem Holz, in welche ein dünner möglichst gerader Strohhalm von etwa 2 1/2 Fuß Länge gesteckt und mit Siegellack befestigt ist; ein oben angeschobener Ring b von Papier, dessen obere Kante entweder mit dem Absehen des Nonius, oder wo dieser fehlt, mit der Kuppe der Quecksilbersäule in gleicher Höhe geschoben wird, dient, um die Höhe der Quecksilbersäule abnehmen und nach einem richtigen Maaßstab messen zu können. Soviel als nun dieses Maaß, nach Abzug einer Kleinigkeit für die Tauchung des Schwimmers ins Quecksilber beträgt, eben soviel muß auch die Scala als Barometerstand angeben. Die Tauchung des Schwimmers läßt sich übrigens nicht leicht verläßlich beobachten oder messen, aber durch eine Berechnung wie folgt finden. Sie muß nämlich, nach hydrostatischem Gesetz, gleich der Höhe eines Quecksilberkörpers seyn, welcher mit dem Schwimmer gleiche Basis und gleiches Gewicht hat. Es hat z.B. die Scheibe des Schwimmers, welchen ich benutzte, 4''' Durchmesser und sein Gewicht beträgt 0,03 Loth. Da nun ein Quecksilber-Cylinder von 4''' Durchmesser und 12''' Höhe 1,239 Loth öfter. wiegt, so verlangt einer von 0,030 Loth Gewicht 1,239 : 0,030= 12 : x = 0,291''' Höhe, oder soviel betrug die Tauchung des Schwimmers. Er muß, da er bei mir nicht constant in dem Quecksilber des Gefäßes bleibt, aber beim Gebrauch desselben der Stand des Quecksilbers im Gefäß und Rohr etwas erhöht wird, um diese Erhöhung nicht erst wieder in Rechnung bringen zu dürfen, möglichst leicht seyn. Bei dem Flaschen-Barometer Fig. 1, also einer Weite des Rohrs = 3, der Flasche = 14,7 und einem Durchmesser der Scheibe = 4''', würde durch den Schwimmer der Quecksilberstand erhöht um (4² × 0,291)/(3² + 14,7²) = 0,021 = 1/50 +, was also nicht in Anschlag kommt. Die Sache ist nämlich so zu nehmen, als wenn zum Quecksilber des Gefäßes ein Tropfen Quecksilber = dem Gewicht des Schwimmers hinzukäme und sich auf einer Oberfläche = dem Querschnitt des Gefäßes + demjenigen des Rohrs ausbreitete. Dieses Verfahren wird unter der Voraussetzung richtig befunden werden, daß das Rohr mit chemisch reinem Quecksilber, also von einem bestimmten specifischen Gewichte, gefüllt und dieses in dem Rohre selbst ausgekocht wird. Die Fixirung der Scala kann, wie sich aus dem Vorangegangenen genügend ergeben haben wird, bei jedem Barometerstand geschehen, nur wird man wohlthun, sie stets bei einer gewissen Temperatur, etwa der mittleren von 14° R. vorzunehmen, wie auch sonst üblich ist. Weitere Instructionen für die Anfertigung der neuen Barometer kann man von mir, der ich in jüngeren Jahren wohl mathematische, weniger physikalische Instrumente anfertigte, und mit der Herstellung der Barometer aus eigener Erfahrung nicht bekannt bin, natürlich nicht erwarten. Nur glaube ich noch bemerken zu müssen, daß wer, wie ich dieses so oft fand, den groben Fehler begeht, bei einem Flaschenbarometer die Flasche nicht bis zu dem Punkt mit Quecksilber zu füllen, wo sie schon cylindrisch ist, sondern nur bis zu etwa der halben Höhe des Trichters, auch mit der neuen Art Barometer keine Ehre einlegen wird. Von einigen, welche von der Glasröhrenfabrication auf den Glashütten Kenntniß haben können, ist mir der Einwand gemacht worden, „daß es schwer halten würde, die Röhren immer genau in der vorgeschriebenen Weise zu bekommen; wenn man aber bei einer gegebenen Weite der Flasche, bei jedem Barometer welchen man zu machen habe, auf das Verhältniß des Rohrs zur Flaschenweite bei der Eintheilung der Scala Rücksicht nehmen solle, dieß nicht nur zu umständlich seyn, sondern auch das Instrument zu sehr vertheuern würde; den Flaschen eine bestimmte Weite zu geben, habe weniger Schwierigkeiten, weil sie sich in einer Form blasen und nachher mit dem Rohr verschmelzen ließen.“ Wenn aber auch auf den Glashütten die Röhren bei ihrer ersten Darstellung nicht immer eine bestimmte Weite haben können, lassen sich dann weiterhin die 6–8 Zoll am oberen Ende des Rohrs, welche man allein von der bestimmten Weite braucht, durch neues Anwärmen und andere Manipulationen nicht nöthigenfalls etwas erweitern oder verengen? Bei gutem Willen dürften im Laufe der Zeit die Flaschenbarometer nach dem beschriebenen neuen System für den gleichen Preis geliefert werden, wie die bisherigen höchst unvollkommenen Wettergläser. Daß die besseren Instrumente mit weiterm Rohr, worunter ich die Gefäßbarometer verstehe, weil man dabei gar keine Vorrichtung zur Beobachtung und Berichtigung des Quecksilberspiegels im Gefäße mehr nöthig hat, dadurch sehr vereinfacht und deßhalb nun mit geringeren Kosten herstellbar sind, leidet wohl keinen Zweifel.Allerdings verdunstet das Quecksilber im Laufe der Zeit, selbst bei mittlerer Temperatur, ein wenig, was jedoch nicht in Anschlag kommen dürfte, wo es sich nicht um sehr große Genauigkeit handelt. Auch die Zeitersparung bei den Beobachtungen dürfte nicht ohne Werth seyn, sowie auch der Umstand, daß man sich ein solches Barometer bezüglich der Scala in der für das Auge passendsten Höhe aufhängen kann, weil die Beobachtung des Spiegels der Büchse wegfällt, was insbesondere älteren Personen, die sich jetzt über zwei Fuß tief bücken müssen, sehr angenehm seyn wird. Brünn, Anfangs October 1852.

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