Titel: Ueber einen Unfall, welcher beim Legiren von Gold mit Silber eintreten kann; von Hrn. A. Levol.
Fundstelle: Band 127, Jahrgang 1853, Nr. LXXIV., S. 347
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LXXIV. Ueber einen Unfall, welcher beim Legiren von Gold mit Silber eintreten kann; von Hrn. A. Levol. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Januar 1853, S. 24. Levol, über einen Unfall, welcher beim Legiren von Gold mit Silber eintreten kann. Samuel Lucas entdeckte vor dreißig Jahren, als er reines Silber in Berührung mit Luft schmolz, die merkwürdige Eigenschaft dieses Metalls, im geschmolzenen Zustande Sauerstoff zu absorbiren, welchen es beim Erstarren fahren läßt; er bemerkte außerdem, daß vorhandenes Kupfer sich dieser Absorption widersetzt, und daß der von reinem Silber absorbirte Sauerstoff mittelst Kohlenpulver sehr schnell davon abgeschieden werten kann. Bald darauf wiederholte Chevillot die Versuche von Lucas, und leitete daraus eine rationellere Erklärung der Erscheinung ab, welche die Probirer das Spratzen nennen. Einige Jahre später beschäftigte sich Gay-Lussac mit demselben Gegenstand; er zeigte, daß das geschmolzene Silber sein 22faches Volum Sauerstoffgas absorbiren kann, ferner daß die Gegenwart von ein wenig Gold sich einer derartigen Absorption gerade so widersetzt, wie ein wenig Kupfer. Meinerseits hatte ich seit langer Zeit beobachtet (und ohne Zweifel auch andere Probirer), daß die Gegenwart des Goldes, im Verhältniß von 1/4 auf 3/4 Silber, das Eintreten des Spratzens keineswegs verhindert. Die Probekörner des Feingoldes, welche die zwei Metalle genau in diesem Verhältniß enthalten, sind auch stets zum Spratzen sehr geneigt, daher die Probirer gewisse Vorsichtsmaßregeln ergreifen müssen, um die Nachtheile zu vermeiden, welche dadurch veranlaßt werden könnten; aber über einer gewissen Gränze, welche ich durch synthetische Versuche bestimmt habe, nämlich so ziemlich bei dem Verhältniß von 1 zu 1 zwischen den zwei Metallen, hört die Legirung vollständig zu spratzen auf. Der Versuch welchen ich nun mittheile, lehrt einerseits ein Mittel kennen, um geschmolzenem Silber den Sauerstoff zu entziehen, welchen es absorbirt hatte, so daß sauerstofffreies flüssiges Silber entsteht, und andererseits dient er, um bei der Darstellung der Legirungen von Gold und Silber sich gegen einen Unfall zu schützen, welcher bei dieser einfachen Operation eintreten kann. Ich wollte mit reinen Metallen beiläufig 1 Kilogr. der aus 2 Aequiv. Gold und 1 Aequiv. Silber bestehenden Legirung herstellen, welche in 1000 Theilen besteht aus: 645,1 Gold, 394,9 Silber; ich schmolz wie gewöhnlich das strengflüssigste Metall, nämlich das Gold, zuerst, und setzte dann das Silber zu, so daß die zwei Metalle (wegen des sehr großen Unterschieds zwischen ihren Dichtigkeiten und ihrer sehr schwachen Verwandtschaft) geschmolzen und übereinander gelagert bleiben konnten, ohne sich zu verbinden; als ich aber ein Stäbchen in den Tiegel einführte, um sie zu vermischen, veranlaßte die Bewegung sogleich ein so heftiges und so augenblickliches Aufbrausen, daß ein Theil der geschmolzenen Metalle über den Rand des Tiegels stieg, obgleich derselbe mehrere Centimeter über den Spiegel des Metallbades hinaufreichte; die Folge war, daß sich Metall im Ofen verbreitete. Dieser Unfall ist leicht zu erklären; die zwei Metalle waren zwar in demselben Tiegel geschmolzen worden, aber doch getrennt geblieben, und da das Silber sich oben befand, so konnte es aus der Luft Sauerstoff aufnehmen, wie wenn es für sich allein geschmolzen worden wäre; da nun durch das Umrühren seine Vereinigung mit dem Gold veranlaßt wurde, so mußte es nothwendig den Sauerstoff fahren lassen, dessen es sich bemächtigt hatte und welchen es bei einer Verbindung mit dem Gold nicht mehr zurückhalten konnte; daher das Aufbrausen und folglich der Unfall. Nach den mitgetheilten Thatsachen ist es einleuchtend, daß man bei der Darstellung einer Legirung von Gold und Silber, um diesen nachtheiligen Umstand zu vermeiden, das Schmelzen der zwei Metalle mit Zusatz von Kohlenpulver vornehmen müßte. Ich brauche kaum zu bemerken, daß jede Substanz, welche, wie das Gold, sich mit dem Silber zu verbinden vermag und zugleich nur eine sehr schwache Verwandtschaft zum Sauerstoff hat, wahrscheinlich dieselbe Wirkung hervorbringen wird; dahin dürften das Platin und einige andere Metalle gehören.