Titel: Versuche über den Einfluß der Salze, Basen, Säuren und organischen Substanzen auf das Wachsthum der Pflanzen, insbesondere der Kartoffeln; von Ad. Chatin.
Fundstelle: Band 128, Jahrgang 1853, Nr. XIX., S. 62
Download: XML
XIX. Versuche über den Einfluß der Salze, Basen, Säuren und organischen Substanzen auf das Wachsthum der Pflanzen, insbesondere der Kartoffeln; von Ad. Chatin. Aus den Comptes rendus, Novbr. 1852, Nr 22. Chatin, Versuche über den Einfluß der Salze etc. auf das Wachsthum der Pflanzen. Die Versuche, deren Resultate ich hier mittheile, wurden zu Mormant auf dem Gute des Hrn. Guillotaux angestellt und zwar auf einem Morgen Thonkiesellandes, auf welchem man die von Hrn. Boussingault zu Bechelbrunn eingeführte Wechselwirthschaft angenommen hatte. Am 1 April 1852 wurde die Einpflanzung auf freiem Felde (nach dreimaligem Umackern) mittelst der Hacke vorgenommen, und zwar fern von Baumreihen und Gräben, um möglichst gleiche Verhältnisse beizubehalten. Die Einpflanzung geschah in 100 Meter langen und 80 Centimeter voneinander entfernten Reihen. Für jede zu versuchende Substanz wurden zwei bis vier Reihen an verschiedenen Stellen verwendet. Reihen ohne jeglichen Zusatz isolirten jede der Reihen, welchen Salze zugesetzt wurden; Reihen, welche eine gute Halbdüngung erhalten hatten, waren hie und da zwischen die Reihen ohne Zusatz eingeschaltet und faßten auch das Ganze ein; auf jeder Reihe waren die Knollen 80 Centimeter voneinander entfernt. Die vorher gepulverten Salze wurden um die Knollen herum in die Löcher gelegt; ihr Gewicht entsprach folgenden Quantitäten, auf die Hektare berechnet:    Kil.    Kil. Kohlensaures Kali 161,250    Wasserfreies kohlens. Natron 125 Schwefelsaures Kali 204,500    Krystall. schwefelsaures Natron 246,600 Salpetersaures Kali 237,500    Salpetersaures Natron 204,250 Chlorkalium 193,500    Verwittertesphosphors. Natron 160,250 Chlornatrium 137,307    Schwefelsaures Mangan 249 Schwefelsaures Ammoniak 153,307    Schwefelsaures Eisenoxydul 304,602 Salzsaures Ammoniak 135,625    Schwefelsaures Kupferoxyd 289,602 Gebrannter, schwefelsaurer Kalk 160,500    Essigsaures Blei 445,120 Schwefelsaure Talkerde 275    Schwefelsaures Blei 355,250 Schwefelsaures Zink 335,705 Das Wachsthum der grünen Theile war bei den Kartoffeln, welchen Ammoniaksalze und phosphorsaure Alkali zugesetzt wurden, sehr kräftig, bei jenen hingegen, welche schwefelsaure Talkerde (Bittersalz), schwefelsaures Natron (Glaubersalz), Chlornatrium (Kochsalz), essigsaures Blei (Bleizucker), hauptsächlich aber schwefelsaures Zink oder Kupfer (Zink- oder Kupfervitriol) erhalten hatten, sehr mager. Die Lebensdauer der Blätter stund im Verhältniß zu ihrer Kraft. So waren z.B. am 30. August unter dem Einfluß des Salmiaks noch einige grüne Theile vorhanden, während die Wirkung der Kupfer- und Zinksalze jede Spur von Vegetation schon am fünften desselben Monats verschwinden gemacht hatte. Am 1. September wurde die Ernte gleichzeitig vorgenommen (verhältnißmäßig zu früh für jene Kartoffeln, welche ihre Lufttheile am längsten behalten hatten). Die jeder angewandten Substanz entsprechende durchschnittliche Ernte ist aus folgender Tabelle ersichtlich, worin der Ertrag einer 100 Meter langen Reihe (durch 1 × 120) auf die Hektare berechnet ist. Dem Boden zugesetzte Substanzen und durchschnittlicher Ertrag an Kartoffeln per Hektare.      Kil.      Kil. Stallmist 23820,200    Salpetersaures Natron 15375 Schwefelsaures Ammoniak 21750    Chlorkalium 15000 Salzsaures Ammoniak 21156,200    Kohlensaures Natron 14062,500 Phosphorsaures Natron 18530,200    Schwefelsaures Blei 13812,500 Kohlensaures Kali 16875    Schwefelsaures Eisen 13562,500 Schwefelsaurer Kalk 16790,600    Schwefelsaures Mangan 13375 Salpetersaures Kali 16750    Schwefelsaures Natron 12750 Schwefelsaures Kali 15937    Schwefelsaure Talkerde 12718,700 Essigsaures Blei 12512,500    Schwefelsaures Zink 11437,500 Chlornatrium 12187,500    Schwefelsaures Kupfer 11437,500 Nichts oder ohne Zusatz 14703,100 Kil. Man ersieht hieraus, daß die Hälfte der versuchten Substanzen den Ertrag des ohne Zusatz gelassenen Bodens erhöhte, während die andere Hälfte ihn verminderte; daß die Ammoniaksalze, deren Wirkung derjenigen des Stalldüngers beinahe gleich ist und die den Ertrag um 50 Proc. vermehrten, an der Spitze der günstigen Substanzen stehen, während der Zink- und Kupfervitriol sogar schädlicher waren als das Kochsalz und das essigsaure Blei. Man wird auch bemerken, was nicht zu erwarten war, daß, mit Ausnahme des phosphorsauren und salpetersauren Natrons, alle Natronsalze schadeten, während die Kalisalze ohne Ausnahme nützten, und daß weit vom schwefelsauren Kalk (Gyps), dessen Wirkung sehr gut war, die schwefelsaure Magnesia (Bittersalz) zu stehen kömmt, welche durch ihren nachtheiligen Einfluß sich neben den Bleizucker und das Kochsalz reiht. Obwohl die ersten Versuche mit Salzen angestellt wurden, so können sie doch zur Beurtheilung der speciellen Wirkung der Säuren und Basen dienen, welche ihre Bestandtheile sind. Um den Einfluß der Säuren kennen zu lernen, brauchte man nur den Einfluß der mit ihnen verbundenen Basen dadurch aufzuheben, daß man die Basis zu einer gemeinschaftlichen machte, und ebenso genügte es zur Beurtheilung der Basen, sie alle mit derselben Säure verbunden in Betracht zu ziehen. Diese Untersuchung führt (unter den gegebenen Umständen des Bodens, der Pflanzenspecies etc.) zu folgender Ordnung dieser Körper in abnehmendem Verhältniß der günstigen Wirkung; Basen: Ammoniak, Kalk, Kali, Eisenoxydul, Manganoxydul, Natron, Talkerde, Bleioxyd, Zinkoxyd und Kupferoxyd; Säuren: Phosphorsäure, Salpetersäure und Kohlensäure oder Schwefelsäure, Salzsäure. Die Vergleichung der so verschiedenen Wirkung des salpetersauren Kalis und Natrons einerseits und des schwefelsauren und salzsauren Ammoniaks andererseits, von denen die einen wie die anderen dasselbe Aequivalent Stickstoff enthalten, führt zu dem Schlusse: daß es nicht gleichgültig ist, ob man den Pflanzen den Stickstoff in dieser oder jener chemischen Verbindung darbietet. Hinsichtlich der Fragen: ob alle Mineralstoffe von den Pflanzen absorbirt werden; ob der Stickstoff des Düngers nach den Ansichten Payen's und Boussingault's nur dann absorbirt wird und nützlich wirkt, wenn er vorher in die Form eines Ammoniaksalzes oder freien Ammoniaks übergeführt wurde; endlich ob der Stickstoff, welcher in einem andern Zustand als in Form von Ammoniak in die Pflanzen einzudringen vermochte, ganz oder zum Theil assimilirt werden kann – begnüge ich mich zu bemerken: Daß der Eisengehalt der Kartoffeln, welche dem Einfluß des Eisenvitriols ausgesetzt waren, merklich zugenommen hatte; daß das Blei und Kupfer in den Kartoffeln leicht nachzuweisen waren; daß die salpetersauren Salze als solche in den unter ihrem Einfluß entwickelten Knollen enthalten waren.