Titel: Das Schöpfradgebläse von Dr. Th. Lüders zu Mägdesprung.
Autor: Th. Lüders
Fundstelle: Band 128, Jahrgang 1853, Nr. LXXIV., S. 321
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LXXIV. Das Schöpfradgebläse von Dr. Th. Lüders zu Mägdesprung. Mit Abbildungen auf Tab. V. Lüder's Schöpfradgebläse. Obgleich dieses Gebläse schon seit beinahe zwanzig Jahren im Betriebe ist, so blieb dasselbe doch bisher im Allgemeinen unbekannt, und es dürfte daher diese Beschreibung dem technischen Publicum um so mehr interessant seyn, als sich die Vortheile dieses Gebläses durch die langjährige Erfahrung immer mehr und mehr herausgestellt haben. Im Jahre 1828 machte der Erfinder die ersten Versuche mit einem Modelle dieses Gebläses, welche den besten Erfolg für die Ausführung im größern Maaßstabe versprachen, hatte jedoch erst 1834 Gelegenheit in Mägdesprung wirklich ein solches Gebläse auszuführen, das seit jener Zeit auf einem der dortigen Frischfeuer in Thätigkeit ist.In den Annales des Mines VI. Série, T. XII, ist die Zeichnung und Beschreibung dieses Gebläses zum erstenmal veröffentlicht. In der encyklopädischen Zeitschrift 1848, S. 540, und im polytechnischen Centralblatt 1849, S. 448, wird es von Hrn. Dr. Schofka empfohlen; auch findet man im Polytechnischen Centralblatt 1850, S. 127, eine kurze Beschreibung desselben. Das Princip des Schöpfradgebläses besteht darin, daß mehrere, an der Peripherie einer sich theilweise unter Wasser drehenden Trommel befindliche Kammern sich mit Luft füllen, diese dann durch Umdrehung der Trommel unter Wasser bringen und in umgekehrte Trichter entweichen lassen, aus denen sie zu dem Orte ihrer Verwendung gelangt. Durch irgend eine, auf das äußere Ende der Welle A ausgeübte bewegende Kraft wird das Gebläse in Betrieb gesetzt. Es geschieht dieses bei dem in Mägdesprung arbeitenden Gebläse mittelst zweier Zahnräder B und C durch ein Wasserrad. An einer auf der Welle A aufgekeilten gußeisernen Scheibe D ist die oben erwähnte Trommel E befestigt und dadurch die Verbindung dieser mit der Welle hergestellt. Die den hohlen Raum der Trommel einschließende äußere Wand wird durch einfache Bretter, und die Seitenwände derselben werden durch zwei gußeiserne Kränze a, a gebildet.Zur Deckung der Fugen dieser Bretter ist unter jede derselben eine Latte genagelt, wie man es bei b, b, Fig. 3, angedeutet findet. Um eine feste Verbindung dieser Theile herzustellen, ist auf jeder Seite der Mittlern gußeisernen Scheibe D, sowie an der nach innen gekehrten Seite jedes der gußeisernen Kränze a, a ein aus eichenen Bohlen bestehender Kranz von gleicher Größe der gußeisernen angebracht, an welche Kränze die einzelnen Bretter der äußern Trommelwand durch starke Nägel befestigt sind. Innerhalb der Trommel wird, concentrisch mit der äußern Trommelwand, ein zweiter Cylinder durch an die innere Peripherie der Bohlenkränze genageltes Blech gebildet. Jeder der so entstehenden hohlen körperlichen Ringe zu beiden Seiten der Mittlern Scheibe ist durch radial stehende hölzerne Scheidewände c, c, c in zehn gleiche Abtheilungen oder Kammern getheilt, und es werden diese Scheidewände sowohl an die äußere hölzerne, als auch an die innere blecherne Wand mit Nägeln gehörig befestigt.Die Eintheilung der Trommel in 10 Kammern hat sich als am zweckmäßigsten herausgestellt. Zur sicherern Verbindung der einzelnen Theile der Trommel unter einander dienen noch fünf Schraubenbolzen, die man bei d, d, d, Fig. 2 und 3, sieht. In jeder Kammer ist in ihrer ganzen Länge in der äußern und dieser gegenüber auch in der innern Wand der Trommel eine unmittelbar an die Scheidewand gränzende schmale Oeffnung angebracht, und kommt es auf das richtige Verhältniß der Breite dieser Oeffnungen hauptsächlich an. Die ganze Trommel befindet sich in einem Kasten F, der bis beinahe zur innern Trommelwand mit Wasser angefüllt ist. Man hat besonders Sorge zu tragen, daß der richtige Wasserstand, der durch die innere Trommelwand bestimmt wird, stets beibehalten werde, was man leicht durch einen fortwährenden geringen Zufluß in den Wasserkasten und ein in der richtigen Höhe angebrachtes Abflußrohr erlangen kann. Wird die Trommel nach der mit einem Pfeile bezeichneten Richtung gedreht, so füllt sich die oben stehende Kammer mit Luft, diese wird dann durch das von unten in die Kammer tretende Wasser von der äußern Luft abgeschnitten und immer tiefer unter Wasser gebracht, wobei sie sich mehr und mehr verdichtet. Beinahe auf dem tiefsten Punkte angelangt, entweicht sie durch die innere Oeffnung der Kammer und wird dann in den Hauben G, G aufgefangen, steigt aufwärts und geht in das Rohr H über, durch welches sie nach der Düse des Frischfeuers geleitet wird. Die theils aus Gußeisen, theils aus Blech zusammengesetzten Hauben G, G ragen von beiden Seiten in die Trommel hinein und reichen möglichst nahe an die mittlere Scheibe D heran. Zu beiden Seiten der Trommel gehen sie etwas tiefer im Wasserkasten hinunter, als innerhalb derselben, damit etwa seitwärts aus der Trommel entweichende Luft noch von ihnen aufgefangen wird. Zwischen das von jeder Haube aufsteigende und das horizontale Rohr H ist ein gußeiserner Kasten I geschraubt, dessen obere Oeffnung seitwärts von der untern steht, damit etwa aufwärts spritzendes Wasser nicht mit in den Windstrom des Rohres gelangt, sondern sich über der untern Oeffnung des Kastens I an der Decke desselben bricht und zurückfällt. Ein solches Spritzen kommt bisweilen bei einem unregelmäßigen oder zu schnellen Gange des Gebläses vor. Die Trommelwelle A ruht innerhalb des Wasserkastens in zwei Zapfenlagern; außerhalb ist auf einer Seite derselben ein drittes Lager K angebracht, neben welchem das zum Betriebe erforderliche Zahnrad B befestigt ist. Zur Dichtung der Welle in der Wand des Wasserkastens dient ein Lederring von der bei e, Fig. 2, ersichtlichen Form. Der leichtern Auseinandernahme wegen ist die Trommelwelle bei f gekuppelt. Als vortheilhafteste Geschwindigkeit hat sich die von 10 Umdrehungen pro Minute bei den Dimensionen des Mägdesprunger Gebläses herausgestellt. Nach dem Gesagten wird man leicht die Vortheile dieses Gebläses vor allen übrigen bisher bekannten anerkennen, die in völlig gleichmäßigem Windstrome, sehr geringer Betriebskraft, Einfachheit der Construction, leichter und wenig kostspieliger Anfertigung und sehr geringen Erhaltungs- und Reparaturkosten bestehen. Das in Mägdesprung arbeitende Gebläse wird von einem oberschlägigen Wasserrade von 9 Fuß Durchmesser und 3 Fuß Breite betrieben und bedarf beim regelmäßigen Gange einer Schützöffnung von nur 1/2 Zoll, bei 1 1/2 Fuß Wasserstand über derselben, wobei es pro Minute 250 Kubikfuß Wind mit einem Drucke von 2 1/2 bis 3 Zoll Quecksilbersäule gibt. Die Zapfen der Trommelwelle verursachen sehr geringe Reibung in ihren Lagern, da die Trommel fast gänzlich vom Wasser getragen wird. Sowohl Welle als Lager sind aus Gußeisen und die Zapfen haben sich, trotzdem sie nie geschmiert werden, bereits über 15 Jahre sehr gut gehalten. Alle Theile dieses Gebläses sind sehr kunstlos und einfach anzufertigen, es bedarf keiner Klappen, keiner Kolben, keiner schwierig herzustellenden Dichtungen, und läßt sich selbst von weniger geschickten Arbeitern und ohne theuere Werkzeugsmaschinen anfertigen. Die Dimensionen des obigen Gebläses sind in rheinländischem Maaß folgende: Durchmesser der Trommel im Lichten 6 Fuß   –    Zoll Länge der Trommel im Lichten, nach Abrechnung der Kränze 6   „   3       „ Breite der Kammern im Lichten –   „ 10       „ Breite der äußerninnern Oeffnungen in den Kammern –   „–   „   3 1/4  „  4 1/2  „ Höhe vom Wasserspiegel bis zum innern Boden der Trommel –   „   1/2     „ Höhe vom Wasserspiegel bis zur untern Kante der Hauben innerhalb der Trommel 3   „   6        „ Um das Schöpfradgebläse zum Betriebe eines Hohofens benutzen zu können, würde eine Trommel von 8 Fuß Durchmesser und der erforderlichen Länge ausreichend seyn. Man würde damit eine Windpressung von etwa 4 Zoll Quecksilbersäule erreichen. In jedem Falle, wo man eine stärkere Windpressung, als die durch einen Ventilator erzeugte gebraucht, und wo man diesen nicht der Raumersparung wegen anwenden will, dürfte dieses eigenthümliche, so lange Zeit als höchst zweckmäßig bewährte Gebläse anzuempfehlen seyn. Möchte es doch in dem lieben deutschen Vaterlande recht bald Nachahmung finden, damit durch Anerkennung seines Werthes der Erfinder einigermaßen für die Kämpfe, die er um seinetwillen in der ersten Zeit des Betriebes gehabt, entschädigt würde!

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