Titel: Ueber Beschleunigung des Trocknens der Oele durch Metallsalze; von den HHrn. E. Barruel und Jean.
Fundstelle: Band 128, Jahrgang 1853, Nr. XCI., S. 374
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XCI. Ueber Beschleunigung des Trocknens der Oele durch Metallsalze; von den HHrn. E. Barruel und Jean. Aus dem Moniteur industriel, 1853, Nr. 1746. Barruel, über Beschleunigung des Trocknens der Oele durch Metallsalze. Beauftragt, die Mittel aufzusuchen, welche das Austrocknen der zum Malen (Anstreichen) dienenden Oele beschleunigen, untersuchten wir vor allem, welche Veränderung die trocknenden Oele in Berührung mit der Luft unter dem Einfluß verschiedener Agentien erleiden, welche dadurch, daß sie den Sauerstoff der Luft begierig anziehen, das Austrocknen dieser Oele mehr oder weniger rasch herbeiführen. Ein Blick auf Bertholet's und Theod. v. Saussure's Versuche zeigt, daß die trocknenden Oele, der Luft ausgesetzt, den Sauerstoff lange Zeit nicht beträchtlich absorbiren; auf einmal folgt auf diese Trägheit aber eine lebhafte, beinahe stürmische Thätigkeit, welche sich durch eine bedeutende Entwickelung von Kohlensäure, ohne merkliche Wasserbildung, zu erkennen gibt, und zu gleicher Zeit trocknet das Oel mit Gewichtszunahme aus. Wir überzeugten uns zuvörderst, daß ein Oel, welches kein fettes Oel oder irgend ein Trocknenmittel enthielt, erst nach 5–6 Tagen Kohlensäure zu entwickeln begann; im entgegengesetzten Fall trat die Kohlensäure-Entbindung schon nach 8–10stündiger Berührung ein. Eine sehr wichtige Thatsache, die aus unsern Versuchen hervorging, ist, daß wenn die innere Bewegung sich auf merkliche Weise offenbaren soll, eine mittlere Temperatur von + 8 bis 12° R. stattfinden muß, während unter diesem Wärmegrad, bis zu 0°, die Einwirkung des befördernden oder anregenden Körpers immer schwächer wird. Die Nothwendigkeit einer mittleren Temperatur deutete auf eine Analogie dieser Erscheinung mit der Gährung. Wir bemerken hier, daß die Gewichtszunahme eines Anstrichs auf Zinn, nachdem er ganz getrocknet war, 16 Proc. vom Gewicht des angewandten Oels betrug. Ferner ging aus unsern Versuchen hervor, daß das directe oder reflectirte Sonnenlicht auf die Erscheinungen beim Austrocknen der Oele einen augenfälligen Einfluß hat. So hatte eine Fläche von 1 Quadratmeter Zinn, auf welche ein 69 Gr. wiegender Anstrich von mit Braunstein gekochtem OelPolytechn. Journal Bd. CXXII S. 427. und Zinkweiß aufgetragen war, an einem dunkeln Ort nach 7 Stunden nur um 1,1 Gramm zugenommen; nach 21 Stunden betrug die Zunahme erst 2,23 Gramme; während eine gleiche Fläche, in einem Laboratorium bei derselben Temperatur dem Licht des heitern Himmels ausgesetzt, in 7 Stunden um 3,33 Gramme und nach 21 Stunden um 4,42 Gramme zugenommen hatte. Unter dem directen Einfluß des Sonnenlichtes ist die Absorption eine noch raschere als in den vorhergehenden Fällen. Bei einem Versuche von 24stündiger Dauer nahm eine Fläche von 1 Quadratmeter, welche mit 35 Grammen eines Zinkweißanstrichs mit Siccatifzusatz überzogen worden war, um 4 Gramme zu und entwickelte 345 Milligr. Wasser und 1 Gramm Kohlensäure. Das erhaltene Wasser schien von den großen Oberflächen der zum Versuche angewandten gläsernen Gefäße herzurühren; denn es war bei den verschiedenen Wägungen nicht proportional der entwickelten Kohlensäure. Aus Obigem geht hervor, daß die Absorption des Sauerstoffs durch die trocknenden Oele unter dem Einfluß des Lichts und der Wärme die Folge einer innern Bewegung ist, die nach Art der Fermente wirkt. Diese unsere neue Ansicht wird durch zahlreiche Thatsachen unterstützt, indem wir Körper fanden, welche unter dem Einfluß des Sonnenlichts und bei mittlerer Temperatur in beinahe unendlich kleiner Menge und in sehr kurzer Zeit die Austrocknung der trocknenden Oele, oder vielmehr deren Verharzung bewirken, wobei sich Kohlensäure entwickelt und der Sauerstoff von den Oelen fixirt wird. Es gibt sonach unseres Dafürhaltens eine ölige Gährung, analog der milchsauren Gährung. Bei der Fabrication der fetten (trocknenden) Oele werden die von ihnen aufgenommenen Oxyde unvollkommen reducirt, wodurch, wie wir uns überzeugt haben, Kohlensäure erzeugt wird; das reducirte Oxyd wird dadurch in einen Körper verwandelt, der auf das Oel nach Art der Fermente wirkt; der Beweis dafür ist, daß das gekochte Leinöl keineswegs die trocknenden Eigenschaften hat, wenn es kein Oxyd aufgelöst enthält. Wir fanden, daß die Körper, welche dieses anregende Vermögen im höchsten Grade besitzen, die meisten Protoxyde der Metalle der dritten Classe nach Thenard Mangan, Zink, Eisen, Zinn, Kobalt, Cadmium. sind, und unter diesen lieferten uns die Protoxyde des Kobalts und des Mangans die befriedigendsten Resultate. In einigen Fällen verhielt sich das Eisenoxydul aus ähnliche Weise, jedoch minder kräftig. Um ein unschädliches Ferment oder Siccatif zu finden, welches auf die trocknenden Oele rasch wirkt, mußten wir folglich Verbindungen obenerwähnter Oxyde ermitteln, welche diesen Oxyden ihre anregende Kraft belassend, leicht und fabrikmäßig zu bereiten sind) bei den obenerwähnten Protoxyden ist dieß nicht der Fall, denn sie sind schwierig zu bereiten und lassen sich nicht in Berührung mit der Luft aufbewahren. Wir richteten unsere Aufmerksamkeit also zuerst auf die anorganischen und organischen Verbindungen des Kobalt- und Manganoxyduls. Wir fanden, daß die Kohlensäure, Phosphorsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure und Salzsäure, sowie die meisten Wanzensäuren, die genannten Oxyde zu kräftig zurückhalten und deren Wirkung fast ganz aufheben; dieselben Salze im basischen Zustande haben schon eine merklichere Wirkung. Von allen anorganischen Säuren aber ist es die Vorsäure, welche in Verbindung mit dem Kobalt- und Manganoxydul die befriedigendsten Resultate lieferte; das Verhältniß des borsauren Manganoxyduls, welches die trocknenden Oele in Gährung zu versetzen vermag, ist 1 bis 1 1/2 Tausendtheile vom Gewicht des Oeles. Wir bemerken, daß das borsaure Mangan, welches wir anwenden, und mit dessen Studium wir jetzt beschäftigt sind, kein wasserfreies Salz ist, sondern 25 Proc. Wasser enthält; es scheint uns auf folgende Weise zu wirken: Ein Theil des Oxyduls wird unter dem Einfluß des Lichts und der Wärme abgeschieden; es absorbirt den Sauerstoff der Luft, um in Oxydul-Oxyd überzugehen und alsdann bemerkt man, daß das Oel zu pichen beginnt. Merkwürdig ist, daß der Anstrich in diesem Augenblick sich etwas färbt, aber diese Färbung verschwindet, wenn der Anstrich trocken ist. Nimmt man 1–2 Procent vom Gewichte des Oels borsaures Manganoxydul, so wird die bräunliche Färbung des Anstrichs eine bleibende. Zwei organische Säuren lieferten uns mit dem Mangan- und Kobaltoxydul den borsauren analoge Salze, nämlich die Benzoësäure und die Hippursäure; die Harze verhielten sich wie Säuren, nur in schwächerem Grade. Die Anwendung der Hippursäure scheint uns durch die Verwendung eines bei der Landwirthschaft meistentheils verloren gehenden Products vortheilhaft zu seyn. Die lebhafte Wirkung des borsauren Manganoxyduls und die Färbung welche es dem Anstrich ertheilt, könnten Nachtheile von demselben befürchten lassen; wenn man dasselbe aber bei seiner Bereitung mit einer gewissen Quantität zum Anstreichen tauglicher Substanz vermengt, wird diesem Uebelstand vollkommen begegnet und dieses Trocknenmittel (Siccatif) völlig unschädlich.