Titel: Neue galvanische Batterie; von Hrn. E. Guignet.
Fundstelle: Band 130, Jahrgang 1853, Nr. VIII., S. 44
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VIII. Neue galvanische Batterie; von Hrn. E. Guignet. Aus den Comptes rendus, August 1853, Nr. 5. Guignet's neue galvanische Batterie. Wenn man für wissenschaftliche Untersuchungen oder technische Zwecke galvanische Ströme anwenden muß, welche lange Zeit eine gewisse Stärke behalten, so zieht man gewöhnlich die Bunsen'sche Batterie allen andern bisher bekannten vor. Diese Batterie bietet jedoch mehrere Uebelstände dar, wovon folgende die bedeutendsten sind: 1) Die Zersetzung der Salpetersäure durch den bei der Einwirkung der verdünnten Schwefelsäure auf das Zink freiwerdenden Wasserstoff, veranlaßt eine Entbindung röthlicher Dämpfe (Salpetergas), deren Einathmung der Gesundheit nachtheilig ist; überdieß greifen diese sauren Dämpfe rasch die metallenen Gegenstände an. Man muß daher die Batterien in einem von dem Arbeitsort getrennten Local aufstellen. 2) Da der Wasserstoff auf Kosten des Sauerstoffs der Salpetersäure beständig Wasser bildet, so wird diese Säure bald so sehr verdünnt, daß sie den Wasserstoff nur wenig mehr absorbirt; man muß sie dann durch concentrirte Säure ersetzen. Die verdünnte und viel Untersalpetersäure enthaltende Säure läßt sich aber nur auf die Art nutzbar machen, daß man sie durch Destillation concentrirt, oder sie in salpetersaures Kali oder Natron verwandelt. 3) Der hohe Preis der Salpetersäure vergrößert die Unterhaltungskosten der Batterie bedeutend, daher die Anwendung der Bunsen'schen Säule bisher ziemlich beschränkt blieb. Nach der gegenwärtig angenommenen Theorie beruhen die Wirkungen der Bunsen'schen Batterie hauptsächlich auf zwei chemischen Processen: der Zersetzung des Wassers durch das Zink unter dem Einfluß der Schwefelsäure; dann der Reduction der Salpetersäure durch den bei der Zersetzung des Wassers freiwerdenden Wasserstoff. Es bildet sich so Untersalpetersäure, wovon sich ein Theil auflöst und der andere entbindet, nebst einer gewissen Menge salpetersauren Ammoniaks, welches aufgelöst bleibt. Alle erwähnten Uebelstände kommen von der Anwendung der Salpetersäure her; ich war längst bemüht, die Anwendung dieser Batterie bequemer und hauptsächlich wohlfeiler zu machen, was mir dadurch gelang, daß ich die Salpetersäure durch eine oxydirende Mischung ersetzte, welche dieselbe Wirkung hat und jener Säure in jeder Hinsicht vorzuziehen ist. Man hat bereits verschiedene oxydirende Körper anstatt der Salpetersäure in Grove's und Bunsen's Batterie angewandt. Hr. de la Rive bediente sich anfangs zur Construction des nach ihm benannten Elements des feingepulverten und trockenen Manganhyperoxyds, welches er zu beiden Seiten der Platinplatte des Grove'schen Elements anschichtete; später ersetzte er es durch Bleihyperoxyd, welches bessere Resultate gab.Annales de Chimie et de Physique, 1843, t. VIII p. 36. Man könnte statt Salpetersäure die Eisenoxydsalze anwenden, welche durch den Wasserstoff leicht reducirt werden. Sowohl hinsichtlich der Wohlfeilheit als der leichten Anwendbarkeit schien mir aber als oxydirender Körper ein Gemenge von Schwefelsäure und Manganhyperoxyd (Braunstein) den Vorzug zu verdienen, welches bei gewöhnlicher Temperatur keinen Sauerstoff entbindet und den Wasserstoff im Entstehungsmoment leicht absorbirt. Ich habe im Laboratorium der polytechnischen Schule (zu Paris) vergleichende Versuche mit zwei Batterien von gleicher Anzahl einfacher Ketten gemacht, von denen die eine Salpetersäure, die andere ein Gemenge von Schwefelsäure und Manganhyperoxyd enthielt. Vorläufige Versuche hatten ergeben, daß es nicht nöthig ist, concentrirte Schwefelsäure anzuwenden; ich benutzte Säure von 52° Baumé, wie sie aus den Bleikammern kommt, und man könnte sogar eine noch verdünntere Schwefelsäure anwenden. Das Manganhyperoxyd war in Form eines groben Pulvers; man kann es in Ueberschuß anwenden, weil es sich durch Waschen des Gemenges, dessen Wirkung erschöpft ist, immer leicht absondern läßt. Das Zink war auf gewöhnliche Weise amalgamirt. Unter diesen Umständen erhielt ich folgende Resultate: 1) die Ablenkung der Nadel einer Sinusboussole war für die zwei Batterien genau dieselbe; 2) die zwei Batterien zersetzten in derselben Zeit die gleiche Menge Wasser. Die neue Batterie liefert also einen eben so starten Strom wie die bisherige; überdieß bleibt die Stromstärke constant, bis die Wirkung der Schwefelsäure auf das Zink erschöpft ist. Man sieht, daß diese Beobachtungen die Theorie der Bunsen'schen Säule bestätigen, weil die Wirkung der Salpetersäure durch diejenige eines andern oxydirenden Körpers ersetzt werden kann. Ich habe einige Versuche mit einer gewöhnlichen Bunsen'schen Batterie gemacht, bei welcher ich die porösen Diaphragmen wegließ; das Zink und die Kohle jedes Elements waren in ein Gemenge von Manganhyperoxyd und mit ihrem dreifachen Volum Wasser verdünnter Schwefelsäure getaucht. Wenn das Zink gut amalgamirt ist, erhält man mit einer solchen Batterie einen Strom von merkwürdiger Stärke, welche aber nicht über zwei Stunden andauert; der Strom wird dann schwächer und verbleibt so während sehr langer Zeit. Die Hauptvortheile meiner neuen Batterie sind also: 1) sehr beträchtliche Ersparniß an den Unterhaltungskosten der Batterien; nach dem gegenwärtigen Preise der Salpetersäure und Schwefelsäure, und des Manganhyperoxyds, macht dieselbe über 50 Procent aus; 2) das Wegfallen der salpetrigen Dämpfe, welche unbequem und für den Operirenden sogar gefährlich sind.