Titel: | Neues Verfahren um den technischen Werth der Knochenkohle zu bestimmen; von Hrn. Corenwinder. |
Fundstelle: | Band 130, Jahrgang 1853, Nr. LIII., S. 221 |
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LIII.
Neues Verfahren um den technischen Werth der
Knochenkohle zu bestimmen; von Hrn. Corenwinder.
Aus den Comptes rendus, Octbr. 1853, Nr.
16.
Corenwinder's Verfahren um den technischen Werth der Knochenkohle
zu bestimmen.
Man hat längst gewünscht, eine Methode zu besitzen, wodurch Jedermann in Stand
gesetzt wäre, den Werth der Knochenkohle für die Rübenzuckerfabriken in Ziffern zu
bestimmen. Gegenwärtig pflegt man, wenn der technische Werth einer Knochenkohle
ermittelt werden soll, ihr Entfärbungsvermögen im
Vergleich mit einer Knochenkohle von bekannten Eigenschaften zu bestimmen, indem man
sie so gut als möglich in denselben physischen Zustand versetzt wie die zur
Vergleichung dienende Kohle.
Das Entfärbungsvermögen der Knochenkohle muß ohne Zweifel in Betracht gezogen werden,
aber eine andere Eigenschaft dieses Körpers wurde bisher nicht genug berücksichtigt,
nämlich sein Absorptionsvermögen
27) (für den Kalk). Letzteres ist aber für die Zuckerfabrication noch mehr zu beachten als das
Entfärbungsvermögen, weil man mittelst der Centrifugalapparate die Zuckerkrystalle
vollkommen von dem mehr oder weniger gefärbten Syrup befreien kann, womit sie
geschwängert sind. Uebrigens wirkt das Absorptionsvermögen der Knochenkohle auf
dieselbe Weise wie das Entfärbungsvermögen, denn letzteres beruht offenbar auf der
Absorption der im Saft oder den Syrupen aufgelösten, mehr oder weniger gefärbten
Substanzen.
Der relative Werth der Knochenkohle läßt sich daher nach der Kalkmenge festsetzen,
welche ein bestimmtes Gewicht der Kohle zu absorbiren vermag. Da ich sehr oft
beobachtet hatte, daß diese Absorption, welche bei der neuen Knochenkohle sehr
beträchtlich ist, bei der wiederbelebten Kohle viel geringer ist, so dachte ich, daß
man auf diese Eigenschaft ein genügendes Verfahren gründen könne, um den relativen
Werth dieses Products zu bestimmen, umsomehr, da diese Eigenschaft für den Fabrikant
offenbar die wichtigste ist, weil durch sie den Syrupen ein Körper entzogen wird,
welcher beim Verkochen schadet und die Krystallisation einer gewissen Menge
Zuckerstoffs verhindert.
Hiervon ausgehend, fand ich bald eine leicht ausführbare Methode um den technischen
Werth der Knochenkohle zu bestimmen.
Angenommen man habe eine Auflösung von Zuckerkalk bereitet, so kann man leicht
bestimmen wie viele Grade der zu den alkalimetrischen Proben gebräuchlichen
(verdünnten) Schwefelsäure nöthig sind, um ein gewisses Volum (z.B. 30
Kubikcentimeter) dieses Zuckerkalks zu sättigen.
Wenn ich nun mehrere Muster von Knochenkohle zu prüfen habe, so bringe ich sie zuerst
soweit als möglich in den gleichen Zustand der Zertheilung, indem ich jede einzelne
durch dasselbe Sieb passire; hierauf gebe ich ein bestimmtes Gewicht (50 Gramme) von
jedem Muster in eine besondere Flasche, versetze jedes mit demselben Volum (1
Deciliter) Zuckerkalk, und lasse die Berührung eine Stunde dauern.
Nachdem diese Zeit verflossen ist, filtrire ich jede Flüssigkeit besonders; von jeder
nehme ich dann 50 Kubikcentimeter, bestimme wie viele Grade
Normal-Schwefelsäure nöthig sind um die Sättigung vollständig zu machen, und
die Differenz ergibt mir dann die proportionalen Grade von Kalk welche jedes
Kohlenmuster absorbirt hat. Diejenige Knochenkohle welche am meisten Kalk absorbirt
hat, ist natürlich für den Fabrikant die günstigste, ihr muß er den Vorzug
geben.
Diese Probe ist so einfach und leicht auszuführen, daß sie in allen Zuckerfabriken
angewandt werden kann. Um ihr jedoch mehr Genauigkeit zu geben, bereite ich den
Zuckerkalk und die (verdünnte oder) Normal-Schwefelsäure auf folgende
Weise:
Ich verdünne zuerst 20 Gramme reine einfach-gewässerte Schwefelsäure mit
Wasser genau auf das Volum von 1 Liter.
Andererseits bereite ich eine Auflösung von Zuckerkalk28) von solcher Stärke, daß das Volum von 1 Liter derselben durch den Liter
Normal-Schwefelsäure genau gesättigt wird. Nimmt man also z.B. 50
Kubikcentimeter von diesem Zuckerkalk, so wird er durch das gleiche Volum, nämlich
50 Kubikcentimeter Normalschwefelsäure, welche man aus einer graduirten Bürette
hineingießt, nothwendig gesättigt werden.
Nachdem man nun auf oben angegebene Weise die zu prüfenden Kohlenmuster mit
Zuckerkalk in Berührung gebracht hat, sucht man wie viele Grade der Bürette
erforderlich sind um die Sättigung von 50 Kubikcentimetern der nach ihrer Berührung
mit der Kohle filtrirten Flüssigkeit zu vervollständigen. Sind z.B. 35 Grade hiezu
nothwendig, so ist 100–35 oder 65 das Verhältniß des von der Kohle
absorbirten Kalks; durch diese Ziffer kann man also den Gehalt oder Grab der
Knochenkohle ausdrücken.
Wenn man eine Bürette mit 0° am unteren Theil anwendet, so liest man direct
den Grad der geprüften Kohle ab.
Man würde sich übrigens täuschen, wenn man glauben würde mittelst dieser Ziffern das
absolute Absorptionsvermögen der Kohle für den Kalk berechnen zu können; denn ich
habe mich durch Versuche überzeugt, daß die Knochenkohle um so mehr Kalk absorbirt,
je mehr von demselben in der Auflösung enthalten ist. Es stellt sich ein
Gleichgewicht zwischen der Wirkung der Knochenkohle, dem Auflösungsvermögen des
Wassers und der Sättigungscapacität des Zuckers her, welches nach der Menge der in
der Auflösung enthaltenen einzelnen Bestandtheile variirt.