Titel: Verbessertes Verfahren zur Verfertigung galvanoplastischer Formen, von den HHrn. Lefèvre und Thouret.
Fundstelle: Band 131, Jahrgang 1854, Nr. XIX., S. 52
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XIX. Verbessertes Verfahren zur Verfertigung galvanoplastischer Formen, von den HHrn. Lefèvre und Thouret. Aus Armengaud's Publication industrielle, t. VIII p. 473. Lefèvre's verbessertes Verfahren zur Verfertigung galvanoplastischer Formen. Unter den vielen Erzeugnissen der Galvanoplastik auf der Londoner Industrieausstellung erregten auch einige Gegenstände Aufmerksamkeit, welche mittelst eines sehr sinnreichen Verfahrens dargestellt waren, dessen Erfinder Hr. Lefèvre zu Paris ist. Diese Artikel verloren sich jedoch unter einer Menge anderer und wurden daher nicht so genau untersucht, als es wohl sonst der Fall gewesen wäre. Sie haben aber Eingang beim Publicum gefunden und bilden jetzt einen wirklichen Handelsartikel. Ehe wir dieses Verfahren beschreiben, worauf der Erfinder, für die Firma Lefèvre und Thouret, in Frankreich und in mehreren anderen Ländern patentirt ist, geben wir zuvörderst nach Dr. Boulogne die Beschreibung der Verfahrungsarten, welche früher beim Abguß von Medaillen, Basreliefs, Siegeln und Statuetten angewendet wurden, um die interessantesten Werke der Sculptur zu den niedrigsten Preisen nachzubilden. Die erste Operation, woran der Galvanoplastiker denken muß, ist die Anfertigung der Formen, weil der zu copirende Gegenstand häufig von solcher Beschaffenheit ist, daß er von den anzuwendenden Salzlösungen verändert wird. Die zur Anfertigung der Formen dienenden Substanzen sind der Gyps, das Wachs, das Stearin, leichtflüssiges Metall, galvanisch gefälltes Kupfer, Leim und Gutta-percha. Gyps-Formen. – Man beginnt damit, die Medaille oder das Siegel mit einem Rande von sehr dünner Kartenpappe zu umgeben, der, je nach dem Hervortreten des Reliefs, welches das Original bildet, mehr oder minder hoch is. Man nimmt Formgyps, so fein als möglich, den man mit soviel Wasser anrührt, daß man einen dünnen Brei erhält. Zu gleicher Zeit überzieht man mit einem langhaarigen und feinen Pinsel das Modell mit einer dünnen Schicht Seifenwasser; dann trägt man mit einem kurzen Dachshaarpinsel eine erste, 1 bis 2 Millimeter dicke Gypsschicht auf. Damit der Gypsbrei in alle Vertiefungen des Modelles eindringt, muß man mit dem Pinsel nachdrücken. Darauf gießt man flüssigen Gyps darüber, bis die Form gefüllt ist. Nun stößt man die Form sehr schwach auf den Tisch auf, indem man sie horizontal hält, und wiederholt diese Stöße während einiger Minuten, wodurch alle in den Vertiefungen des Modelles noch zurückgebliebenen Luftblasen aufsteigen und dem Gyps Platz machen. Nach Verlauf einiger Zeit hat die Form hinreichende Consistenz erlangt, und man hebt sie dann von dem Modell ab, was durch den erwähnten Seifenwasser-Ueberzug sehr erleichtert wird. Wendet man zum Abguß Wachs, Stearin, oder ein Gemisch von beiden an, so erwärmt man das Modell, umgibt es mit einem Rande von Kartenpappe, überpinselt es noch mit einer dünnen Oelschicht, und gießt dann das geschmolzene Gemisch von Wachs und Stearin darüber her. Die Erwärmung des Modelles ist nothwendig, damit sich die Formmasse nicht abschreckt, und die Oelschicht, um deren Adhärenz zu verhindern. Auch muß man besorgt seyn, die Luftblasen welche zwischen dem Abdruck und dem Modell hängen bleiben könnten, zu entfernen. Wenn man, wie es häufig der Fall ist, einen Abdruck nur von einem Gypsmodell nehmen kann, so verfährt man folgendermaßen: Man umgibt es mit einem Rande von Kartenpappe oder besser von Metallblech und legt es auf ein Tellerchen, in welchem sich etwas warmes Wasser befindet, dessen Temperatur man durch eine Weingeistlampe unterhalten kann. Der Gypsabguß absorbirt das Wasser durch seine untere Oberfläche, welche mit der Flüssigkeit in Berührung ist, und nach und nach wird das ganze Medaillon von der Flüssigkeit durchdrungen. Sobald die Feuchtigkeit die obere Fläche des Gypses erreicht hat, gießt man das geschmolzene Gemisch langsam darauf, nachdem man mit einem Pinsel sorgfältig alle Luftbläschen von der Oberfläche des Modelles entfernt hat. Diese Vorsicht ist jedesmal dann unerläßlich, wenn man die Formen mit Wachs oder Stearin machen will, welche alle Details des Originals wieder geben. Die Formen von bloßem Wachs oder Stearin haben ihre Nachtheile; das Wachs ist zu bindend und hat eine zu geringe Festigkeit, und das Stearin ist zu zerbrechlich; es ist daher zweckmäßiger, Gemische von Stearin und etwas Wachs anzuwenden. Die Gemische können verschieden seyn. Folgende haben sehr gute Resultate gegeben: Stearin 2 Theile Wachs 2    „ pulverisirter Graphit     1    „ Diese Composition trennt sich, nach Verlauf von einer halben Stunde, sehr gut von der Medaille los. Weißes Wachs     1 Theil Bleiweiß 1    „ Die damit erhaltenen Formen sind sehr glatt, hart, und trennen sich, wenn alle erwähnten Vorsichtsmaßregeln angewendet worden sind, vollkommen ab. Anwendung leichtflüssiger Legirungen. – Wenn man Blei, Wismuth und Zinn in gehörigem Verhältniß zusammenschmilzt, so erhält man mehrere Legirungen, von denen einige schon bei Temperaturen unter dem Siedepunkt des Wassers schmelzen. Diese Legirungen, welche von Hrn. Darcet herrühren, lassen sich zur Anfertigung galvanoplastischer Formen benutzen. Sie haben vor den vorhergehenden den Vorzug, daß sie gute Leiter der Elektricität sind, und daß sich folglich der metallische Niederschlag auf ihrer Oberfläche ohne alle Vorbereitung derselben bilden kann. Die zweckmäßigste Legirung besteht aus: Wismuth     8 Theilen Blei 8     „ Zinn 3     „ Man schmilzt diese drei Metalle in einem Tiegel zusammen und gießt sie dann auf eine recht trockne Platte aus, so daß die Legirung in Tropfen zertheilt wird, welche gesondert erstarren. Will man nun diese Legirung anwenden, so läßt man eine Quantität davon schmelzen und gießt sie in eine Schale, worin sie sich zu einer kreisförmigen Fläche ausdehnt, welche etwas größer als die der abzuformenden Medaille ist. Dann läßt man die letztere von 1 1/2 bis 2 Zoll Höhe und in dem Augenblick auf das Metall fallen, wo dieses anfängt teigig zu werden. Die Bestimmung dieses Augenblicks ist sehr schwierig; man erkennt ihn durch eine Veränderung der Oberfläche des Metalles, indem dasselbe den Glanz verliert und matt wird. Die Medaille muß sehr kalt seyn, wenn das Verfahren gelingen soll. Man erreicht den Zweck leichter, wenn man folgendes Verfahren anwendet: Sobald die Legirung flüssig ist, gießt man sie in ein niedriges Pappschächtelchen aus, welches etwas größer als die abzuformende Medaille ist, und rührt dann das geschmolzene Metall mit einem rothglühenden Eisendraht um, bis es fest zu werden beginnt. In dem Augenblick, wo das Metall eine teigige und gleichartige Masse bildet, drückt man die vorher erwärmte Medaille darin ab, und hält sie mittelst eines Korkstöpsels fest. Man nimmt die Form erst dann heraus, wenn sie gänzlich erkaltet und vollkommen fest geworden ist. Beim Schmelzen der Legirung muß man dahin sehen, daß nicht die geringste Spur von Oxyd entsteht, weßhalb man sie nicht zu lange geschmolzen erhalten darf. Bemerkt man einige Oxydhäutchen, so zieht man sie mit einer Karte ab. Anwendung von Bleiblech. – Man erhält auch gute Formen, wenn man ein Blatt gewalzten Bleies von höchstens 1 Millimeter Dicke nimmt, welches zuvörderst mit Aetzkalilauge gewaschen werden muß, um alle Unreinigkeiten seiner Oberfläche zu entfernen. Man legt das Bleiblech auf die Medaille, von der man einen Abdruck nehmen will, dann ein Blatt von befeuchteter Kartenpappe oder besser noch mehrere Blätter grauen, ebenfalls angefeuchteten Papiers darauf, und nöthigt mittelst einer Presse oder eines Hammers mit großer Bahn, das Blei in alle Vertiefungen der Medaille zu dringen. Der galvanische Niederschlag kann selbst als Form angewendet werden, um Petschafte, Medaillen etc. etc. zu copiren. Er bildet eine metallische Form, auf welcher man sehr leicht einen neuen metallischen Niederschlag erzeugen kann, der das Original genau wiedergibt. Elastische Formen. – Die verschiedenen, hier angegebenen Mittel sind sehr gut für alle Gegenstände, welche nur ein schwaches Relief haben; sie sind aber ganz unzulänglich bei Basreliefs, wie sie so häufig als OrnamenteOrnanamente angewendet werden, welche stark hervortretende Rundungen und dabei scharfe Umrisse darbieten. Wenn es auch möglich wäre, die obigen plastischen Gemische in alle Vertiefungen eines solchen Ornaments eindringen zu lassen, so könnte man doch die Form von dem Modell nicht ablösen, ohne daß sie zum Theil in den tiefsten Details hängen bleibt. Noch mehr ist dieß bei den eigentlichen Haut-Reliefs der Fall, wo die Figuren über die Fläche bedeutend hervortreten. Wer derartige Gegenstände sieht, wird gewiß fragen, durch welchen sinnreichen Kunstgriff die Galvanoplastik alle diese Einzelnheiten hervorbringen kann, da es ganz unmöglich ist, sie auf gewöhnliche Weise abzuformen. Man mußte elastische Formen erfinden, welche alle Vertiefungen ausfüllen, und aus denen man dann das Modell herausnehmen kann, ohne daß die Form im mindesten verletzt wird. Diese Aufgabe ist gelöst, und in den Ateliers des Hrn. Christofle in Paris werden jetzt Basreliefs für Silberarbeiter dargestellt, die sehr theuer zu stehen kämen, wenn man sie gießen und cisiliren wollte. Das Verfahren ist folgendes: Man nimmt 20 Theile Leim und 2 Theile braunen Candis, welche man in so viel heißem Wasser auflöst, daß das Gemisch erkaltet eine feste Gallerte bildet. Man gießt es warm auf das Modell, läßt es erkalten, und nimmt alsdann die Form von jenem ab. Mittelst dieser elastischen Form verfertigt man alsdann eine feste, indem man folgende Composition hineingießt: gelbes Wachs     24 Theile Hammeltalg 12     „ Harz 4     „ Diese Composition wird lauwarm angewandt; sie hat eine bedeutende Festigkeit. In einigen Ateliers benutzt man seit einiger Zeit die Gutta-percha. Die Formen von dieser Substanz haben den Vortheil, unter allen Umständen elastisch, bei einer gewissen Temperatur weich, und bei der gewöhnlichen Temperatur sehr fest zu seyn. Der Fabrikant Gueyton in Paris ließ sich diese Gutta-percha-Formen im Januar 1851 patentiren. Das von den HHrn. Lefèvre und Thouret befolgte Verfahren, worauf dieselben patentirt sind, ist nachstehendes. Es beruht auf der Anwendung einer gelatinösen Substanz, welche in den galvanischen Bädern unauflöslich und ein Leiter der Elektricität ist. Angenommen es soll irgend ein Modell in Metall durch Galvanoplastik copirt werden, so beginnt man damit, dieses Modell mit einem Rahmen aus einer nicht leitenden Substanz zu umgeben, und es auf den am meisten hervortretenden Theilen mit Draht oder sonstigen sehr dünnen metallischen Körpern zu bedecken, durch welche man die Form, wenn man sie in das galvanische Bad taucht, mit der Batterie in Verbindung bringen kann. Darauf gießt man über diejenige Seite des Modelles, welche man reproduciren will und die den Draht oder die metallischen leitenden Körper empfing, schmelzenden, d.h. auf den geeigneten Grad erhitzten Leim. Diese Substanz füllt nothwendig alle Vertiefungen des Modelles aus und gelangt bis zu den am meisten hervortretenden Theilen, indem sie sogar die Drähte überzieht. Um die Form zu conserviren, überzieht man die ganze, dem Modell entgegengesetzte Seite mit einer Schicht von Firniß oder irgend einer fettigen Substanz, welche das Auflösen des Leims in dem Bade, worin man operiren muß, verhindert. Wenn map alsdann, nach der Abkühlung, den Rahmen des Modelles wegnimmt, so hat man eine Leimform, deren eine Seite alles das vertieft enthält, was am Modell erhaben ist, und umgekehrt. Man bestreut diese Oberfläche mit einem sehr feinen Metallpulver. Die auf diese Weise dargestellte Form gibt mittelst der galvanischen Batterie eine höchst genaue Copie des Modelles, selbst in seinen zartesten Einzelnheiten. Nun taucht man die Form in das galvanische Bad, bringt sie mittelst ihrer Metalldrähte mit der Batterie in Verbindung, und steckt dann, die entsprechende Anode von Kupfer, Silber oder einem andern einfachen Metall oder einer Legirung in das Bad, worauf die ganze Oberfläche der Form, welche die Eindrücke des Modelles angenommen hat und neben der Anode befindlich ist, in allen ihren Theilen mit demselben Metall bedeckt wird, und zwar in einer Dicke, welche im Verhältniß zu der Zeit steht, während welcher das ganze System im Bad eingetaucht bleibt. Nach dieser Operation wird die Leimform von dem galvanisch gebildeten Abguß abgelöst und zwar durch Abschmelzen in siedendem Wasser oder auf irgend andere Weise, wobei zu gleicher Zeit die Metalldrähte weggenommen werden. Auf diese Weise kann man die einfachsten, wie die reichsten Kunstgegenstände nachbilden, und zwar mit großer Ersparung an Zeit und Handarbeit, sowie auch mit einer früher nie erreichten Vollkommenheit. Dieses Verfahren gewährt daher wesentliche Vortheile gegen die bis jetzt angewendeten. Man sieht, daß es, wie bemerkt, einerseits auf der Anwendung leimartiger Substanzen beruht, welche mittelst der Drähte zu vollkommenen Leitern der Elektricität gemacht sind, und andererseits auf dem Mittel um das Auflösen dieser Substanzen zu verhindern, nachdem sie in das galvanische Bad getaucht sind.