Titel: Ueber eine neue Darstellung von Eisenroth als Polirpulver für Glas und Metalle; von Prof. Dr. A. Vogel jun.
Fundstelle: Band 132, Jahrgang 1854, Nr. LXXXI., S. 275
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LXXXI. Ueber eine neue Darstellung von Eisenroth als Polirpulver für Glas und Metalle; von Prof. Dr. A. Vogel jun. Vogel, über Darstellung von Eisenroth als Polirpulver für Glas und Metalle. Bekanntlich verwendet man zum Poliren des Glases und der Metalle rothes Eisenoxyd (Colcothar, Caput mortuum) welches auf verschiedene Weise, gewöhnlich durch Glühen von Eisenvitriol, dargestellt wird. Bei jeder der bisherigen Darstellungsmethoden ist es nothwendig, das Pulver, bevor es angewendet werden kann, anhaltend zu schlämmen, um die bei einer höheren Temperatur zusammengebackenen Theile von den leichteren, feineren zu trennen. Die Operation des Schlämmens, welche an und für sich schon eine höchst zeitraubende Arbeit ist, gewährt indeß, wenn sie auch noch so lang fortgesetzt wird, niemals eine absolute Sicherheit, und es tritt nicht selten der Fall ein, daß eine Arbeit von Wochen durch eine, ungeachtet langen Waschens, in dem Polirpulver zurückgebliebene gröbere Partikel vernichtet wird. So kömmt es denn auch, daß dieses an sich werthlose Präparat zu sehr hohen Preisen gekauft wird; während das gewöhnliche Eisenoxyd 6 kr. per Pfd. kostet, wird für das geschlämmte 16 kr. per Loth gegeben. Diese Umstände haben mich veranlaßt, ein neues Verfahren zur Darstellung von Eisenroth aufzusuchen. Durch zahlreiche Versuche bin ich zu dem Resultat gelangt, daß das kleesaure Eisenoxydul sehr geeignet ist zur Gewinnung eines allen Bedingungen entsprechenden Colcothars. Dieses Salz gibt, wenn es unter Abschluß der Luft erhitzt wird, pyrophorisches Eisen, d.h. metallisches Eisen von so feiner Vertheilung, daß es an die Atmosphäre gebracht mit dem Sauerstoff unter Erglühen zu Eisenoxyd sich verbindet. Erwärmt man kleesaures Eisenoxydul auf einem Platinblech über der Weingeistlampe, so geht die Zersetzung in Eisenoxyd sehr rasch vor sich. Dabei findet eine bedeutende Raumvermehrung statt, indem sich Kohlensäure und Kohlenoxydgas entwickelt, wodurch das Präparat aus einander getrieben, endlich noch durch die Absorption von Sauerstoffgas um das Doppelte vermehrt und somit in das feinste Pulver verwandelt wird. Wir haben also hier durch die Entwickelung und Absorption von Gasarten eine Methode, um die möglichst große Vertheilung zu bewirken, so daß gleichsam, wenn man so sagen darf, Atom von Atom getrennt neben einander liegen. Im Allgemeinen besteht die Darstellung des Colcothars nach meiner Methode in Folgendem. Eisenvitriol wird in kochendem Wasser gelöst und dann so weit mit Wasser verdünnt, daß nach dem Erkalten keine Krystallisation mehr stattfindet. Der filtrirten Lösung setzt man so lange concentrirte Kleesäureauflösung hinzu, bis kein gelber Niederschlag mehr entsteht. Statt der Kleesäure kann auch Kleesalz oder kleesaures Ammon genommen werden, deren Anwendung aber ein längeres Waschen des Niederschlages erfordert. Das auf diese Weise hergestellte kleesaure Eisenoxydul läßt sich auf einem doppelt zusammengelegten Leintuch mit kaltem oder warmem Wasser sehr schnell auswaschen, bis die ablaufende Flüssigkeit nicht mehr sauer reagirt. Da die Kleesäure weit theurer ist, als der Eisenvitriol, so bedarf es kaum der Erwähnung, daß es vortheilhafter ist, das Eisensalz nicht gänzlich zu fällen, um einen Verlust an Kleesäure zu vermeiden. Das kleesaure Eisenoxydul wird nun, nachdem es durch Ausdrücken im halbtrockenen Zustande sich befindet, auf einem Eisenblech mit aufgezogenen Rändern oder in einem Metallkessel über sehr mäßigem Kohlenfeuer, auf einer Ofenplatte oder über der Weingeistlampe erhitzt. Schon bei 200° C. beginnt die Zersetzung des Salzes und bei etwas höher gesteigerter Temperatur wird das Eisenroth in der feinsten Vertheilung hergestellt. Die Darstellung bei einer verhältnißmäßig so niedrigen Temperatur gewährt den Vortheil, daß dadurch kein Zusammensintern der einzelnen Theile veranlaßt wird. Die bisher von mir angestellten Versuche haben indeß gezeigt, daß auch bei starker und anhaltender Glühhitze die außerordentlich feine Vertheilung des Eisenroths aus kleesaurem Eisenoxydul nicht verringert werde, sondern daß das Präparat dadurch an Härte zu gewinnen scheint. Auf solche Weise bereitetes Eisenroth steht in der Härte dem gewöhnlichen nicht nach und kann, da es eine absolute Sicherheit der feinsten Vertheilung gewährt, sogleich ohne Schlämmen verwendet werden. Versuche, welche damit bis jetzt zum Poliren von Metallen, namentlich von Gold und Silber, angestellt worden sind, haben gezeigt, daß ohne jemals zu kratzen, damit in kurzer Zeit die feinste Politur erzielt werde, weßhalb es auch auf Leder aufgetragen zu Streichriemen sehr geeignet ist. Zum Poliren der Daguerre'schen Silberplatten und der Teleskope entspricht es vollkommen. Aus den Versuchen, dieses Eisenoxyd zum Poliren der Gläser anzuwenden, hat sich herausgestellt, daß unter gehöriger Manipulation in ungewöhnlich kurzer Zeit eine glänzende Politur verliehen werden könne. Das Pfund des Präparats berechnet sich ungefähr auf 3 fl. – ein Preis, der indessen bei fabricationsmäßiger Darstellung noch sehr vermindert werden könnte. Das Verfahren ist natürlich auch anwendbar zur Darstellung anderer Metalloxyde in chemisch reinem, höchst vertheiltem Zustande. Um z.B. das kleesaure Zinnoxydul in reine Zinnasche zu verwandeln, bedarf es einer etwas höheren Temperatur, als zur Zersetzung des Eisensalzes erfordert wird. Die Masse bläht sich bei der Zersetzung sehr stark auf, das Volumen vermehrt sich bedeutend und es bleibt ganz weißes, leichtes Zinnoxyd zurück. Ueber meine Versuche mit kleesaurem Kobalt und Kupfer, welche ebenfalls günstige Resultate ergeben, behalte ich mir vor, in einer zweiten Abhandlung zu berichten. Durch diese Darstellungsweisen würde der Kleesäure eine neue und wichtige Rolle im Gebiete der Technik zugetheilt werden.